Den Gasschweißverfahren, zu denen das Brennschneiden, das Flammlöten und ‑wärmen sowie die Gasflammspritzprozesse gehören, ist das Verbrennen von Gasen mit Sauerstoff oder Luft gemeinsam. Hierbei kommen üblicherweise Acetylen, Flüssiggas oder Erdgas zum Einsatz, seltener Wasserstoff. Gemeinsam ist allen die Brand- und Explosionsgefahr.
Dipl.-Ing. Bodo Kälble
Brenngase
Das am meisten verwendete Acetylen ist geringfügig leichter als Luft und in nahezu jedem Mischungsverhältnis explosiv.
Die Zündtemperatur beträgt lediglich 305 °C,was durch Funken, Schweißperlen oder heiße Oberflächen schnell erreicht wird. In Räumen ausgeströmtes Acetylen birgt daher enorme Explosionsgefahren. Nach einem Flammrückschlag in die Acetylenflasche kann es zur Zersetzung kommen, was auch ohne Anwesenheit von Sauerstoff exotherm abläuft, also sehr viel Wärme freisetzt. Indizien dafür sind Rußaustritt aus der Flasche beim Öffnen des Ventils und die Erwärmung der Flasche. Betroffene Flaschen müssen, wenn noch möglich, umgehend ins Freie gebracht werden und sind mit Wasser aus der Ferne zu Kühlen. Sollten Flaschen bereits stark erhitzt sein, ist der Bereich großräumig zu evakuieren. In jedem Fall ist die Feuerwehr zu holen.
Flüssiggas, wie zum Beispiel Campinggas, ist schwerer als Luft und setzt sich in Vertiefungen ab. Die Lagerung unter Erdgleiche, beispielsweise in Kellern, ist daher nicht zulässig. Flüssiggas ist in Luft in Konzentrationen von 2 – 9,5% zündfähig, das heißt in den Randbereichen von Wolken immer zündfähig.
Ein Liter Flüssiggas ergibt freigesetzt rund 260 Liter Gas, was die rasche Ausbreitung von Wolken begünstigt.
Erdgas ist leichter als Luft und in Luft entzündlich in Konzentrationen von 5 – 15%. Also auch in den Randbereichen der Wolken immer zündfähig. Erdgas ist geruchslos und wird als Stadtgas zur Wahrnehmbarkeit mit Geruchsstoffen versetzt.
Sauerstoff
Sauerstoff ist für jede Verbrennung notwendig und fördert sie. Ein Ausblasen der Kleidung mit Sauerstoff kann dazu führen, dass selbst schwer entflammbare Schweißschutzkleidung brennt. Gelangen Fette oder Öle in die Sauerstoffleitung, können sich diese schlagartig entzünden. Alle Verbindungen müssen daher fett- und ölfrei gehalten werden.
Kennzeichnung und Anschlüsse
Zur Vermeidung von Verwechslungen sind die Anschlüsse von Gasflaschen unterschiedlich. So haben Acetylenflaschen einen Bügelanschluss, alle anderen brennbaren Gase werden mittels Linksgewinde angeschlagen.
Alle nicht brennbaren Gase sowie Sauerstoff und Druckluft haben ein Rechtsgewinde. Unzulässig sind Übergangsstücke, die ein Anschlagen einer anderen Gasarmatur ermöglichen.
Das große „N“ auf der Flasche zeigt an, dass es sich um die heute gültigen Farbkennzeichnungen handelt. Es gibt jedoch immer noch „Altflaschen“, ohne „N“die noch den alten Farbcode verwenden (siehe Abbildung Farbtafel oder in der BGI 554 auf Seite 9).
Handhabung und Transport von Gasflaschen
Erhalten Gasflaschen, zum Beispiel durch Werfen oder Rollen, Kerben, kann das ebenso wie Erwärmen zum Bersten führen. Einen sicheren und ergonomischen Transport ermöglichen Gasflaschengreifer. Die schwächste Stelle der Flasche ist ihr Ventil. Schutzkappen müssen daher immer, wenn keine Armatur angeschlagen ist, vollständig aufgeschraubt sein.
Zur Lagerung sind gut belüftete Lagerstätten außerhalb von Arbeitsräumen einzurichten. Verschiedene Gasarten sind dabei räumlich voneinander getrennt zu lagern. Die sogenannte Diagonallüftung, mit gegenüberliegenden Öffnungen am Boden und an der Lagerraumdecke, ermöglicht es, dass sich leichte und schwere Gase verflüchtigen können. Dies gilt auch für deren Transport in Fahrzeugen, wobei ein Transport auf einer Pritsche oder einem offenen Hänger, unter Verwendung geeigneter Ladungssicherungsmaßnahmen, in jedem Falle vorzuziehen ist. Ein Transport in unbelüfteten Kofferräumen oder Fahrgasträumen ist mehr als leichtsinnig und zudem verboten. Es macht Sinn, generell alle Gasflaschen stehend oder mit erhöhtem Ventil zu entleeren. Flüssiggas und viele Acetylenflaschen geben sonst Flüssigkeit ab. Stehende Gasflaschen müssen immer gegen Kippen gesichert werden.
Druckgasflaschen haben im vollen Zustand bis zu 300 bar Druck. Werden die filigranen Ventile beim Umkippen abgerissen, wird die Flasche zur Bombe!
Umfüllen von Gasen sollte nur durch Fachbetriebe erfolgen. Es ist zwar für sogenannte Handwerkerflaschen mit maximal 1 Liter Volumen erlaubt, birgt aber erhebliche Gefahren. Überfüllen führte schon zu schwersten Unfällen, wenn bei anschließender Erwärmung die Gasflaschen bersten. Es wird daher empfohlen, auch diese Kleingebinde nur von sachkundigen Fachfirmen füllen zu lassen.
Kleine Acetylenflaschenbatterien mit maximal 6 Flaschen dürfen zwar in Arbeitsräumen aufgestellt werden, sollten aber, wenn irgend möglich, aus Gebäuden ferngehalten werden. Um die Flaschenbatterie ist immer eine Schutzzone von mindestens 3 Meter einzurichten, in der keinerlei Zündquellen und keine leicht entzündlichen Stoffe sein dürfen.
Rückschlag- und Absperreinrichtungen sind bei Acetylen immer obligatorisch. Die Errichtung einer Acetylenstation sollte Fachleuten vorbehalten sein, die Gashersteller stehen bei neuen Projekten in der Regel gerne beratend zur Verfügung.
Druckminderer und Schläuche
Im rauen Werkstattbetrieb oft missachtet, sind Druckminderer feinmechanische Bauteile. Defekte Druckminderer dürfen nicht mehr verwendet werden und eine Reparatur dürfen nur Fachleute ausführen. Vor dem Anschrauben sind die Flaschenventile kurz zu öffnen, um etwaige Verschmutzungen herauszublasen. Die Druckeinstellschraube ist bis zur Federentlastung zurückzudrehen, bevor das Flaschenventil langsam geöffnet wird. Hohe Entnahmemengen können die Armatur vereisen, weil Gase beim Ausdehnen der Umgebung sehr viel Wärme entziehen. Wer sie jedoch durch Flamme oder glühende Teile auftaut, handelt mehr als fahrlässig. Druckminderer sind gasspezifisch. Ein Umbau auf andere Gase birgt immense Gefahren, bis hin zum Bersten.
Auch als Schlauch- und Brennerhalterungen taugen Gasarmaturen und Manometer nicht. Werden Flaschenwagen benutzt, können die Schläuche um die Griffe des Wagens gebunden werden. An festen Anlagen sollten Schlauchhalter vorgesehen werden. Knicken und Biegen schädigt Gasschläuche auf Dauer genauso wie intensive UV-Strahlung, durch das Schweißen, aber auch durch Sonnenstrahlung, was zur Versprödung führt. Zur fachgerechten Verbindung müssen Schläuche, Tüllen sowie die Schellen oder Klemmen zueinander passen. Draht ist gänzlich ungeeignet. Kupplungen oder Verbindungsstücke sollten zur Reparatur, der zusätzlichen, möglichen Leckagestellen wegen, vermieden werden. Sind sie notwendig, so sind sie, wie die gesamten Gasleitungen, regelmäßig auf Dichtheit zu kontrollieren. Die 3‑m-Schutzzone um Gasflaschen erfordert, dass die Gasschläuche auch mindestens diese Länge aufweisen.
Brenner
Auch die Brenner sind feinmechanische Bauteile, die sorgfältig behandelt, aber auch geprüft werden müssen. Hier sollten unbedingt die Herstellerangaben in der Bedienungsanleitung beachtet werden, auf deren Einzelheiten hier nicht eingegangen werden kann. Generell gilt, dass vor dem Zünden immer zuerst die Sauerstoffzufuhr zu öffnen ist und erst dann das Brenngas. Abgestellt wird in umgekehrter Reihenfolge. Andernfalls droht zündfähiges Gemisch im Brenner. Knallt ein Brenner mehrfach beim Zünden, ist der Düsensitz auf Dichtheit zu prüfen und der Düsenaustritt zu reinigen. Lässt sich das Knallen nicht abstellen, ist eine fachmännische Instandsetzung des Brenners erforderlich, er darf nicht verwendet werden. Brenner sind gasartenspezifisch gekennzeichnet. A steht für Acetylen, P steht für Propan (Flüssiggas), M steht für Methan (Erdgas), und H für Wasserstoff. Mit anderen Brenngasen dürfen sie nicht betrieben werden. Sind Brenner undicht oder defekt, können sich in ihnen und in den Schläuchen Brenngas-Sauerstoff Gemische bilden, die explosionsartig verbrennen und so Brenner und Schläuche zerreißen können. Im schlimmsten Fall kommt es zur Acetylenzersetzung in der Flasche durch Flammrückschlag.
Neben einwandfreiem Material bieten sogenannte Gebrauchsstellvorlagen oder Einzelflaschensicherungen zusätzliche Sicherheit. Hierbei handelt es sich um Flammensperren, Gasrücktrittssicherungen und um Nachströmsperren. Wo diese anzubringen sind, richtet sich nach der Art der Brenner und Gase. Druckbrenner benötigen zum Beispiel eine Einzelflaschensicherung direkt am Brenner in beiden Leitungen. Je nach Aufstellungsort und Größe der Gasanlage ist an der Gasanlage eine Entnahmestellensicherung vorzusehen. Bei der Einrichtung von Gasschweißanlagen sollte in jedem Fall eine sachkundige Person hinzugezogen werden. Richtig platzierte Sicherheitseinrichtungen sind im Gebrauch wartungsarm, müssen jedoch regelmäßig, mindestens jährlich, durch einen Fachkundigen geprüft oder durch neue Einrichtungen ersetzt werden.
Weitere Maßnahmen …
… sind zum sicheren und gesunden Gasschweißen aufgrund der optischen und der Wärmestrahlung sowie der gegebenenfalls entstehenden Gefahrstoffe notwendig, die insbesondere beim Schneiden und Beschichten auftreten. Diese werden im Teil 3 der Serie behandelt.
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