Gerüste sind auf Baustellen grundlegende Arbeitshilfen. Denn bei länger währenden Arbeiten in der Höhe helfen Arbeitsmittel mit gesicherter Plattform Absturzunfälle und physiologische Belastungen zu vermeiden. Es muss jedoch nicht immer gleich ein Fassadengerüst montiert werden. Je nachdem, welche Tätigkeit auf der Baustelle auszuführen ist, bieten moderne Fahrgerüste die gleiche Sicherheit, sind jedoch flexibler einzusetzen und deutlich zeitsparender aufzubauen.
„Die Entscheidung, welche Art von Gerüst ein Betrieb auf einer Baustelle einsetzen soll, ist immer individuell zu treffen“, meint Günther Hartmann, technischer Leiter bei Hymer-Leichtmetallbau. „Bei großflächigen Fassadenarbeiten an Gebäuden, die von allen Seiten bearbeitet werden müssen, oder bei Arbeiten in einer Höhe, die die maximal zulässige Standhöhe für Fahrgerüste überschreitet, sollte ein Fassadengerüst errichtet werden. Stehen jedoch Arbeiten an kleineren Flächen wie einem Einfamilienhaus oder partielle Ausbesserungsarbeiten an, ist der zeitliche Aufwand für den Aufbau eines Fassadengerüstes selten gerechtfertigt. Hier empfehlen wir den Einsatz eines Fahrgerüstes.“
Die flexiblere Variante bietet eine Reihe von Vorteilen: Auf- und Abbau sind schnell gemacht und setzen keine besonderen Fähigkeiten voraus. Auf kurzen Distanzen lässt sich ein Fahrgerüst schnell von einem Einsatzort zum nächsten bewegen, ohne dass es abgebaut werden muss. Die nötige Standfestigkeit wird durch Traversen oder durch Ausleger und ab einer bestimmten Höhe durch entsprechende Ballastierung erreicht – das erspart die Bohrlöcher für die Verankerung in der Fassade. Im Gegensatz zum Fassadengerüst kann ein Fahrgerüst zusätzlich für Arbeiten im Innenbereich von Gebäuden verwendet werden. Die in der Regel aus Aluminium gefertigten Bauteile eines Fahrgerüstes sind leicht und gut zu tragen und können dank ihrer kompakten Bauweise platzsparend in einem Sprinter zur Baustelle transportiert werden.
Maximal-Nutzlast entscheidet über Art des Einsatzes
Ein wichtiger Punkt schon bei der Auswahl der geeigneten Arbeitsbühne ist die maximale Gesamtbelastung. Je nach Belastbarkeit teilen sich die Gerüste in sechs verschiedene Lastklassen auf. „Ausschlaggebend für die Einteilung ist das flächenbezogene Nutzgewicht pro Quadratmeter“, erläutert Günther Hartmann. „Das beträgt für die Gerüste der Gruppe 2 zum Beispiel 1,5 kN/m². Sie dürfen nur für Arbeiten ohne Lagerung von Baustoffen oder Bauteilen verwendet werden. Bei der Lastklasse 3 hingegen beträgt das Nutzgewicht 2,0 kN/m². Diese Gerüste dürfen mit Personen und Materialien beispielsweise für Putz‑, Stuck- oder Dachdeckerarbeiten belastet werden, sofern die zulässige Gesamtlast nicht überschritten wird und trotz Lagerung von Materialien auf der Belagfläche eine Durchgangsbreite von mindestens 0,2 Metern gegeben bleibt. Der Anwender sollte sich somit bereits vor dem Kauf eines Gerüstes klar darüber sein, für welche Arbeiten er das Gerüst nutzen möchte.“
Vorgaben dienen der Unfallprävention
Wie bei jeder Art von Steighilfe gibt es auch bei der Herstellung und Nutzung von Fahrgerüsten eine Reihe von Vorkehrungen und Vorschriften, die zur Unfallverhütung beitragen sollen. Nach der Europäischen Norm für fahrbare Arbeitsbühnen EN 1004 müssen die Hersteller bei der Konstruktion dieser Steighilfen eine Reihe von Mindestnormen umsetzen, die der Sicherheit der Anwender dienen.
Doch auch für die Anwender gibt es bestimmte Reglements zu berücksichtigen. Die Hersteller sind verpflichtet, jedem Fahrgerüst eine ausführliche Aufbau- und Gebrauchsanweisung beizulegen, die vor der Montage des Gerüstes sorgfältig gelesen werden muss. Den hierin aufgeführten Anleitungen und Hinweisen ist unbedingt Folge zu leisten, denn sie bieten die Basis für den sicheren Aufbau in der korrekten Reihenfolge und die sichere Nutzung. Für die Montage gilt grundsätzlich: Fahrbare Arbeitsbühnen dürfen nur bei einem ebenen, tragfähigen Untergrund aufgestellt werden, die maximale Abweichung von der Senkrechten darf nicht mehr als 1 Prozent betragen. Gegebenenfalls sind lastverteilende Unterlagen zu benutzen. Falls vorhanden, unterstützen Ausgleichsspindeln das lotrechte Aufstellen. Eventuell störende Hindernisse müssen beseitigt werden. Bei einer Verwendung im Freien oder in offenen Gebäuden darf die Windgeschwindigkeit nicht mehr als 12 Meter pro Sekunde betragen – das entspricht Windstärke 6 nach der Beaufort-Skala. Fahrgerüste müssen frei stehen, sie dürfen nicht mit baulichen Anlagen oder einem anderen Fahrgerüst verbunden werden.
Weitere Vorschriften regeln die sichere Nutzung des Fahrgerüsts. Für jeden Anwender sollte es selbstverständlich sein, dass ein Gerüst nur in nüchternem Zustand und mit geeignetem, festem Schuhwerk bestiegen werden darf. Der Auf- und Abstieg darf nur innen an den Rahmenteilen erfolgen, niemals von außen. Keinesfalls zulässig ist das Auf- und Abspringen oder Umsteigen von Fahrgerüsten aus. Werkzeuge, Materialien oder andere lose Gegenstände dürfen nicht auf die fahrbare Arbeitsbühne geworfen werden. Optimalerweise führt der Anwender das benötigte Werkzeug in einem Werkzeuggürtel mit sich. Gefährlich und daher unzulässig ist es, die Standhöhe durch die Verwendung von Leitern, Kisten oder anderen Gegenständen zu erhöhen. Soll das Fahrgerüst versetzt werden, ist hierbei ebenfalls den Vorschriften der Gebrauchsanleitung zu folgen. So dürfen Fahrgerüste in aufgebautem Zustand niemals mit einem Kranlastzug oder Stapler verfahren werden, da hier das Risiko besteht, dass die einzelnen Gerüstteile sich lockern oder auseinanderfallen. Wichtig ist, dass sich zum Zeitpunkt des Versetzens keine Personen oder losen Materialien auf der fahrbaren Arbeitsbühne befinden – sie könnten herabstürzen oder ‑fallen und somit sich und andere gefährden.
Aufbauanleitungen auch im Internet abrufbar
Sollte die Aufbau- und Gebrauchsanleitung abhanden gekommen oder nicht mehr richtig lesbar sein, bieten Hersteller wie Hymer-Leichtmetallbau unkomplizierten Ersatz. „Im Downloadbereich unter www.hymer-alu.de können unsere Kunden die Anleitung zu jedem unserer Fahrgerüste jederzeit abrufen und ausdrucken. So gewährleisten wir, dass diese wichtigen Unterlagen immer zur Verfügung stehen“, erklärt Günther Hartmann. Piktogramme – also die grafische Darstellung der einzelnen Informationen – auf dem Fahrgerüst greifen die wichtigsten Aspekte der Gebrauchsanleitung noch einmal auf und weisen zusätzlich auf die korrekte Nutzung der Arbeitsbühne hin. Auch hierzu bietet Hymer-Leichtmetallbau eine mehrsprachig gehaltene Erläuterung im Downloadbereich der Internetseite an.
Korrekte Prüfung von Steigtechnik
Um die Verwendung beschädigter Teile zu verhindern, ist die Überprüfung des Zustandes und der Funktionsfähigkeit vor jedem Einsatz unabdingbar. Nach Paragraph 10 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet sicherzustellen, dass die Arbeitsmittel nach der Montage und vor der ersten Inbetriebnahme sowie vor jeder Inbetriebnahme nach einem Baustellen- oder Standortwechsel auf ordnungsgemäße Montage und sichere Funktion kontrolliert werden. Hierzu hat der Verband deutscher Leitern- und Fahrgerüsthersteller e.V. (VDL) in Zusammenarbeit mit dem Fachausschuss „Bauliche Einrichtungen“ der Berufsgenossenschaften einen praktischen Kontrollbogen erarbeitet, auf dem sämtliche relevanten Prüfkriterien gelistet werden: Sind Aufsteckrahmen, Streben, Geländer, Plattform, Bordbretter, Traversen und Lenkrollen noch intakt? Liegen Verformungen, Risse, Beschädigungen, scharfe Kanten, Splitter, Grate oder Verschmutzungen vor? Funktionieren die Schnellverschlüsse? Sind alle mechanischen Teile ausreichend geschmiert? Der Kontrollbogen steht auf der Internetseite von Hymer-Leichtmetallbau kostenfrei zum Abruf bereit.
Die Sicht- und Funktionsprüfung darf ausschließlich von entsprechend befähigten Personen durchgeführt werden. Hymer-Leichtmetallbau bietet hierzu die Weiterbildung „Seminar zur wiederkehrenden Prüfung von Leitern, Tritten und Fahrgerüsten (nach BGI 694 / BGI 663)“ an, mit der Mitglieder des Verbandes deutscher Sicherheitsingenieure (VDSI) gleichzeitig zwei Weiterbildungspunkte im Bereich Arbeitsschutz erhalten. Während des siebenstündigen Tagesseminars vermitteln Experten des süddeutschen Unternehmens grundsätzliche Informationen zu den verschiedenen Hilfsmitteln wie Typisierung oder Qualitätsmerkmale zur Herstellung, zu rechtlichen Normen und Rahmenbedingungen sowie zur sicheren Anwendung der Arbeitsmittel.
„Die Teilnehmer lernen, wie unter anderem Fahrgerüste sicher eingesetzt und Unfälle möglichst vermieden werden können. Weiterhin zeigen wir auf, wie die betriebliche Steigtechnik nach den Handlungsanleitungen der Berufsgenossenschaft korrekt geprüft wird“, so Günther Hartmann.
Spezielle Konstruktionen minimieren Absturzrisiko
Neben Überbelastung, fehlerhaftem Aufbau oder beschädigten Teilen zählt vor allem die fehlende Absturzsicherung bei der Montage oder Demontage zu den häufigsten Unfallursachen beim Einsatz von Fahrgerüsten. „Beim Auf- und Abbau des Gerüstes ist das Risiko eines Absturzes am höchsten, da zu diesem Zeitpunkt die sichernden Elemente wie Seitenschutzstreben teilweise noch nicht angebracht sind“, so Günther Hartmann. „Viele unserer Fahrgerüstsysteme verfügen daher über spezielle Konstruktionen, die das Absturzrisiko beim Aufbau minimieren.“
Die modulare Fahrgerüst-Serie Advanced Safe‑T von Hymer-Leichtmetallbau gewährleistet beispielsweise bereits während des Aufbaus kontinuierlichen Seitenschutz durch ein neu entwickeltes, einteiliges Sicherheitsgeländer. Das Geländer wird bequem von unten eingebaut und über selbstsichernde Haken arretiert. Aufeinander aufbauende Komplett-Module ermöglichen Arbeitshöhen von 3 bis 7 Metern im Innenbereich.
Bei der Variante für unebene Untergründe mit höhenverstellbaren, spindelbaren Lenkrollen sind Arbeitshöhen von bis zu 11 Metern möglich. Durch die kompakten Abmessungen und ein geringes Gewicht der einzelnen Komponenten kann das Gerüst selbst in kleineren Nutzfahrzeugen bequem transportiert werden.
Die Fahrgerüste des Hymer-Sortiments SC80 verfügen über den Hymer-Comfortaufbau, der basierend auf einer neu definierten Aufbaureihenfolge maximale Sicherheit, Funktionalität und Komfort bietet. Die Anwender sind beim Auf- und Abbau jederzeit durch Geländerstreben gesichert. Mit Hilfe des in der Praxis erprobten Auslegersystems mit Bajonettverschluss und der praktischen Aufbauhilfe, dem sogenannten Hymer-Lifter, werden schon vor Besteigen der Arbeitsbühne alle sicherheitsrelevanten Gerüstteile angebracht und die Gerüstmontage wird so einfach und sicher wie noch nie.
Drei Grundregeln
Günther Hartmann gibt den Anwendern drei entscheidende Grundregeln mit auf den Weg: „Generell sollten Gerüste bevorzugt werden, die eine sichere Aufbaumethode bieten. Der Auf- und Abbau sollte immer nach Anleitung gemacht werden. Hierbei sorgt das Vier-Augen-Prinzip – also die abschließende Überprüfung des korrekten Aufbaus vor der Nutzung durch eine zweite Person – für noch mehr Sicherheit. Und alle Gerüstteile müssen regelmäßig auf Beschädigungen untersucht werden.“
Unsere Webinar-Empfehlung
22.02.24 | 10:00 Uhr | Das Bewusstsein für die Risiken von Suchtmitteln am Arbeitsplatz wird geschärft, der Umgang mit Suchtmitteln im Betrieb wird reflektiert, sodass eine informierte Entscheidung über Maßnahmen zur Prävention von und Intervention bei Suchtmittelkonsum am Arbeitsplatz…
Teilen: