Gefährdungen der Hände durch mechanische Einwirkungen werden im beruflichen Alltag nahezu überall angetroffen, sei es beim Anfassen rauer, spitzer oder scharfkantiger Werkstücke, beim Bedienen von Maschinen oder beim Führen von Werkzeugen. Häufig sind schmerzhafte Schürfwunden, Schnitt- und Stichverletzungen die Folge.
Frank Zuther E‑Mail: zuther@frankzuther.de
Pro Jahr verzeichnen die Unfallversicherungsträger mehr als 900.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle. In etwa 40% der Fälle sind die Hände, Handgelenke und Unterarme betroffen. Viele dieser Unfälle hätten durch das Tragen geeigneter Schutzhandschuhe verhindert oder in ihrer Schwere verringert werden können.
Für Handschuhe zum Schutz vor mechanischen Gefährdungen können je nach Art der Gefährdung und zusätzlichen Anforderungen unterschiedliche Materialien geeignet sein. Bei rein mechanischer Belastung stehen Strickhandschuhe (mit und ohne Beschichtung) sowie Lederhandschuhe im Vordergrund. Kommen chemische Einwirkungen hinzu, müssen Chemikalienschutzhandschuhe verwendet werden.
In Teil eins der Serie wird der Schwerpunkt auf den Einsatz von Lederhandschuhe gelegt. Entsprechend werden in Teil zwei der Serie in der nächsten Ausgabe des Sicherheitsbeauftragten Strickhandschuhe das zentrale Thema sein.
Um eine vergleichende Leistungsbeschreibung für Handschuhe entsprechend der häufigsten Verletzungen zu ermöglichen, wurde 1994 die Norm EN 388 mit den standardisierten Prüfungen für die Abriebfestigkeit zum Schutz vor Schürfwunden, die Schnittfestigkeit zum Schutz vor Schnittwunden und die Durchstichfestigkeit zum Schutz vor Stichwunden veröffentlicht. Zusätzlich beinhaltet diese Norm noch eine Prüfung auf die Weiterreißfestigkeit, die sich jedoch nicht auf den Schutz vor Verletzungen bezieht, sondern als Materialprüfung zu sehen ist.
Auch Chemikalienschutzhandschuhe werden entsprechend dieser Norm geprüft. Zusätzlich müssen sie der EN 374 entsprechen, die mit dem Piktogramm „Becherglas“ oder dem Piktogramm „Erlenmeyerkolben“ inklusive drei Buchstaben gekennzeichnet werden (s. Abb. 3). Die Buchstaben geben an, gegen welche der Stoffe aus der Liste der 12 Prüfchemikalien der Handschuh mindestens 30 Minuten beständig ist.
Nachfolgend wird auf den Einsatz und die Anforderungen von Lederhandschuhen eingegangen.
Handschuhe aus Leder
Lederhandschuhe haben im Arbeitsschutzbereich eine sehr lange Tradition. Je nach Leder-Art und Gerbverfahren liegen ihre Vorteile vor allem in der guten Durchstichfestigkeit, ihrer Hitzebeständigkeit und dem, wenn auch begrenzten, Schutz vor Quetschungen.
Defizite im Einsatz gibt es jedoch bei Arbeitsvorgängen mit höheren Anfor- derungen an die Fingerbeweglichkeit und das Tastempfinden. Weiterhin bietet Leder bei Schnittgefährdungen oft keinen aus- reichenden Schutz. Durch individuelle Kombinationen mit Schnittschutzeinlagen kann dieser Nachteil jedoch umgangen werden.
Anwendungsbeschränkungen gibt es ferner bei Kontakten mit Flüssigkeiten und Ölen, da Leder dieses aufnimmt, so dass sie sich im Innern des Handschuhs anreichern können. Durch eine Hydrophobierung soll dieser Nachteil umgangen werden, jedoch ist anzuraten, dies vor dem Einsatz zu prüfen, da die Art der Hydrophobierung dabei eine große Rolle spielt. Oft steckt hinter dem Begriff „hydrophobiertes Leder“ nichts weiter als eine Bezeichnung. Flüssigkeitsdicht wird der Handschuh dadurch auch nicht, so dass sein Einsatzbereich immer bei trockenen oder allenfalls leicht feuchten Tätigkeiten liegen wird. Eine Ausnahme bilden Lederhandschuhe, die mit speziellen Nässeschutz-Membranen ausgestattet sind.
Weitere Materialkombinationen für spezielle Arbeitsplatzanforderungen sind beispielsweise Baumwoll-Einziehfutter für die Winterperioden oder Kältebereiche und hitzebeständige Nachrüstung bei Schweißerschutzhandschuhen.
Lederhandschuhe sind im Schweißerschutz obligat. Daneben sind sie bisher unübertroffen bei allen Tätigkeiten, bei denen mit spitzen, ungeschliffenen Gegenständen gearbeitet wird (Grate) sowie beim Handling mit heißen, öligen Blechen, da beschichtete Strickhandschuhe nur bedingt temperaturbeständig sind. Es sollten jedoch immer qualitativ hochwertige Lederhandschuhe zum Einsatz kommen. Im Kasten auf dieser Seite sind einige Tipps zur Auswahl aufgeführt.
Seit Jahren sinkt der Einsatz von Lederhandschuhen zugunsten von Strickhandschuhen. Trotzdem haben Lederhandschuhe in wichtigen Bereichen des Arbeitsschutzes eine Daseinsberechtigung. Sie sind im Schweißerschutz- und Hitzeschutzbereich bei vielen Tätigkeiten nicht ersetzbar.
Die „zweite Haut“ hat weiterhin gegenüber Strickhandschuhen den Vorteil der guten Durchstichfestigkeit, so dass sie bei Tätigkeiten mit spitzen Gegenständen bevorzugt verwendet werden.
Achten Sie bei der Auswahl von Lederhandschuhen immer auf gute Qualität. Produkte mit fehlender oder unzureichender Kennzeichnung, schlechter Verarbeitung sowie mit strengem Geruch sollten nicht eingesetzt werden. Auch beim Einsatz von Lederhandschuhen sollte deren Eignung für eine Tätigkeit in einem Praxistest bestätigt werden. Dieser lässt auch Rückschlüsse auf die Standzeiten und damit auf das reale Preis-Leistungsver-hältnis zu.
In der nächsten Ausgabe des Sicherheitsbeauftragten wird über Strickhandschuhe zum Schutz vor mechanischen Belastungen berichtet.
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