Krananlagen sind auf Baustellen und in den meisten Betrieben nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen den Transport von großen, sperrigen und schweren Bauteilen wie beispielsweise Stahlkonstruktionen, Betonfertigteilen, Maschinen und anderen Industriegütern. Dem Kranführer kommt hierbei eine wichtige Aufgabe zu. Aber auch der Anschläger der Last führt eine verantwortungsvolle Tätigkeit durch. Lesen Sie hier, wie und mit welchen Hilfsmitteln Lasten sicher angeschlagen werden können.
Markus Tischendorf, BG ETEM tischendorf.markus@bgetem.de
Beim Einsatz von Krananlagen und Hebezeugen haben sich einige Fachbegriffe etabliert, auf die an dieser Stelle zunächst kurz eingegangen werden soll. Im Kranbetrieb wird häufig der Begriff Lastaufnahmeeinrichtungen verwendet. Hierzu gehören Tragmittel, Lastaufnahmemittel und verschiedene Typen von Anschlagmitteln.
- Als Tragmittel werden die Einrichtungen und Bauteile des eigentlichen Hebezeuges (z. B. Seil- oder Kettentrieb, Kranhaken) bezeichnet.
- Lastaufnahmemittel sind nicht zum Hebezeug gehörende Einrichtungen, die zum Aufnehmen der Last mit dem Tragmittel des Hebezeuges verbunden werden können. Hierzu gehören z. B. Greifer, Klemmen und Traversen.
- Abweichend hiervon stellen Anschlagmittel (Seile, Ketten, Hebebänder, Rundschlingen) eine Verbindung zwischen Tragmittel und Last oder Tragmittel und Lastaufnahmemittel her.
Eine Übersicht über die genannten Begriffe zeigt die nebenstehende Abbildung.
Auswahl von Anschlagmitteln
Als Anschlagmittel kommen Stahldrahtseile, Anschlagketten sowie Hebebänder und Rundschlingen zur Anwendung. Jedes der hier genannten Anschlagmittel hat seine Berechtigung, da keines der Hilfsmittel zum Lastentransport alle Vorteile für sich beanspruchen kann. Denn wo Licht ist, da ist bekanntlich auch Schatten. Welches Anschlagmittel also das geeignetste Hilfsmittel ist, kann pauschal nicht beantwortet werden. Vielmehr kommt es auf die betriebliche Situation, das Lastgewicht sowie die individuellen Eigenschaften der Last (z. B. scharfe Kanten) an.
In vielen Betrieben werden Stahldrahtseile verwendet. Sie sind preisgünstig, schmiegsam und außerdem lastschonend. Zudem sind sie geeignet für glatte, rutschige oder ölige Oberflächen. Stahldrahtseile sind verhältnismäßig leicht und daher gut zu handhaben. Ein besonderer Vorteil ist, dass sich die Verschleißgrenze eines Stahldrahtseiles langsam ankündigt und durch den Anwender optisch gut zu kontrollieren ist (z. B. Anzahl der Drahtbrüche bezogen auf eine definierte Länge). Stahldrahtseile werden entweder als normales Litzenseil oder als sogenanntes Kabelschlagseil eingesetzt. Der Vorteil des Kabelschlagseiles liegt darin, dass es besonders biegsam ist und sich daher gut an die Lastgeometrie anpasst. Dieser Vorteil wird jedoch erstritten durch eine geringere Tragfähigkeit (verglichen mit einem Litzenseil bei gleichem Seildurchmesser) und einen höheren Preis. Als Seilendverbindungen von Anschlagseilen kommen Verpressungen, Spleiße oder deren Kombination („Flämisches Auge“) zur Anwendung.
Anschlagketten besitzen eine hohe Material- und Fertigungsgüte (z. B. Güteklasse 10, 12). Daraus ergeben sich für hochfeste Anschlagketten große Tragfähigkeiten bei gleichzeitig reduziertem Materialeinsatz, welcher wiederum das Gewicht vermindert. Dennoch bleibt das relativ hohe Gewicht der Anschlagkette ein Nachteil gegenüber anderen Hilfsmitteln zum Lastentransport. Vorteil der Anschlagkette ist, dass die Stränge durch Verkürzungselemente individuell, schnell und sicher ver-kürzt werden können.
Textile Anschlagmittel können als Hebebänder oder Rundschlingen ausgeführt sein. Hebebänder und Rundschlingen schmiegen sich gut an die Last an, sind einfach zu handhaben (geringes Gewicht) und außerdem die kostengünstigste Alternative. In der Regel werden sie aus dem Werkstoff Polyester gefertigt und sind beständig gegen Öle, Fette und Treibstoffe. Beim Kontakt mit Chemikalien ist Vorsicht geboten. Ein erheblicher Nachteil von textilen Anschlagmitten ist, dass sie besonders empfindlich gegenüber scharfen Kanten sind. Daher sind beim Vorhandensein von scharfen Kanten (Kantenradius kleiner als die Dicke des Anschlagmittels) geeignete Kantenschützer zu benutzen.
Für alle Anschlagmittel gilt, dass die maximal zulässige Tragfähigkeit nicht überschritten werden darf. Die Tragfähigkeit des Anschlagmittels ist der Kennzeichnung des Arbeitsmittels (Anhänger, Etikett) zu entnehmen. Jedoch ist zu beachten, dass die Tragfähigkeit des Anschlagmittels abhängig ist von der Anzahl der tragenden Stränge, der Anschlagart sowie dem Neigungswinkel.
Einfluss von Anschlagart und Neigungswinkel
Lasten können in unterschiedlichen Arten angeschlagen werden. Mögliche Varianten sind die Anschlagarten 1) Direkt, 2) Schnürgang und 3) Hängegang (vgl. Abb. 4). In der Anschlagart „Direkt“ beträgt die Tragfähigkeit des Anschlagmittels 100 Prozent. Werden Anschlagmittel im Schnürgang verwendet, so vermindert sich die Tragfähigkeit um 20 Prozent. Im Hängegang besteht die Gefahr, dass die Last aus den Anschlagmitteln heraus gleitet. Aus diesem Grund ist der Hängegang nur unter Einschränkung zulässig (bodennahe Lastführung, Kranbewegung nur quer zur Längsmittelachse der Last). Sowie Anschlagmittel „schräg“ zur Lotrechten verwendet werden, verlieren sie an Leistungsfähigkeit beziehungsweise werden bei gleichem Lastgewicht stärker belastet. Daher nimmt die Tragfähigkeit mit zunehmender Größe des Neigungswinkels ab. Größer als 60 Grad darf der Neigungswinkel allerdings nicht sein. In der Praxis haben sich sogenannte Belastungstabellen (z. B. BG-Information 622) als hilfreich erwiesen, welche die Ermittlung der realen Tragfähigkeit abhängig von den individuellen Einsatzbedingungen ermöglichen.
Schäden erkennen, Unfälle vermeiden
Um Unfälle wegen schadhafter Arbeitsmittel zum Lastentransport zu vermeiden, sind Anschlagmittel regelmäßig zu prüfen. Ziel ist es, Schäden an den Anschlagmitteln frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu beseitigen. Sofern eine Reparatur nicht möglich ist, muss das Arbeitsmittel der weiteren Benutzung entzogen werden. Als Prüfer können sachkundige Personen („befähigte Personen“ nach Betriebssicherheitsverordnung) tätig werden, die über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Beurteilung des arbeitssicheren Zustandes der Anschlagmittel verfügen. Die befähigte Person ist bei der Ausübung ihrer Prüftätigkeit unabhängig und muss vom Arbeitgeber schriftlich beauftragt werden.
Die Prüffristen sind gemäß der Gefährdungsbeurteilung und unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse eigenständig festzulegen. Das Ergebnis der regelmäßigen Prüfung durch die befähigte Person ist zu dokumentieren (Prüfprotokoll).
Neben der zuvor beschriebenen Prüfung ist es darüber hinaus erforderlich, die eingesetzten Seile, Ketten und textilen Anschlagmittel durch den Benutzer (Anschläger) arbeitstäglich zu prüfen. Die Prüfung des Anschlägers ist im Wesentlichen eine Sichtprüfung auf augenscheinliche Schäden (Risse, Brüche, Deformationen, fehlende Kennzeichnung usw.). Nähere Angaben zur Ablegereife von Anschlagmitteln sind der BG-Regel 500 Kapitel 2.8 „Lastaufnahmemittel im Hebezeugbetrieb“ zu entnehmen.
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