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Sicherer Einsatz von Hubarbeitsbühnen!

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Sicherer Einsatz von Hubarbeitsbühnen!

Der Ein­satz von Hubar­beits­büh­nen ist weit ver­bre­it­et und mit vielfälti­gen Gefährdun­gen ver­bun­den. In der Aus­gabe 5/2013 berichtete der Autor an dieser Stelle bere­its über den sicheren Ein­satz von Hubar­beits­büh­nen (Titel: „Arbeit­en mit Hubar­beits­büh­nen – Kein leichter Job!“). Auf­grund häu­fig wiederkehren­der Anfra­gen sollen hier aktuelle Aspek­te zum sicheren Betrieb von Hubar­beits­büh­nen behan­delt wer­den. Nach­fol­gend geht es ins­beson­dere um die Frage, ob der Bedi­ener ein­er Hubar­beits­bühne seinen Arbeit­splatz in ange­hoben­er Posi­tion ver­lassen darf. Außer­dem befasst sich dieser Artikel mit der all­ge­meinen Absturzprob­lematik und der Fragestel­lung, welche Schutzaus­rüs­tung auf Hubar­beits­büh­nen zu tra­gen ist. Dabei wer­den neuere Erken­nt­nisse der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (DGUV) berücksichtigt.

Markus Tis­chen­dorf Präven­tions­di­enst Ham­burg BG ETEM

Eines vor­weg: Die nach­fol­gen­den Aus­führun­gen spiegeln nicht in vollem Umfang die Mei­n­ung des Autors wider. Vielmehr soll dem inter­essierten Leser aufgezeigt wer­den, dass es auch unter den Fach­leuten des Arbeits- und Gesund­heitss­chutzes unter­schiedliche Mei­n­un­gen zu bes­timmten The­men gibt. Das The­ma „Aus- und Über­steigen aus der Arbeits­bühne in der Höhe“ ist ein solch­es (Reiz-)Thema. Grund­sät­zlich ist jede Mas­chine, und damit auch jede Bau­form von Hubar­beits­büh­nen, bes­tim­mungs­gemäß zu ver­wen­den. Rechts­grund­lage hier­für ist u. a. § 15 Abs. 2 des Arbeitss­chutzge­set­zes (Arb­SchG), § 4 Abs. 1 der Betrieb­ssicher­heitsverord­nung (Betr­SichV) und § 17 der UVV „Grund­sätze der Präven­tion“ (BGV A1).
Eigentlich ver­boten, aber …
Die bes­tim­mungs­gemäße Ver­wen­dung ein­er Hubar­beits­bühne ist der Bedi­enungsan­leitung des jew­eili­gen Her­stellers zu ent­nehmen. Hier wird seit­ens der Her­steller das Aus- und Über­steigen aus der ange­hobe­nen Arbeits­bühne auf andere Gebäude­teile strikt unter­sagt! Auf der anderen Seite fordern der Geset­zge­ber und die Träger der geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (z. B. Beruf­sgenossen­schaften), dass der Unternehmer eine Gefährdungs­beurteilung erstellt. Dabei hat er alle vorherse­hbaren Risiken zu ermit­teln, zu bew­erten und geeignete Schutz­maß­nah­men zu ergreifen. Aus der Prax­is sind Arbeit­sauf­gaben bekan­nt, bei denen unter Berück­sich­ti­gung aller Risiken das Aus- und Über­steigen aus der ange­hobe­nen Arbeits­bühne im Einzelfall zuläs­sig sein kann. Näheres hierzu regelt die Hand­lung­shil­fe „Ver­lassen von ange­hobe­nen Arbeits­büh­nen von Hubar­beits­büh­nen“ des ehe­ma­li­gen Fachauss­chuss­es Förder- und Lagertech­nik [1] der DGUV. Zur vor­liegen­den Prob­lematik heißt es hier:
„Zur Lösung des Kon­flik­tes zwis­chen den Anforderun­gen der Prax­is und den Ver­boten bzw. Forderun­gen der Vorschriften trägt die mod­erne Konzep­tion des Arbeitss­chutzregel­w­erkes bei. […] Für das Ver­lassen der ange­hobe­nen Arbeits­bühne sollen die nach­fol­gend aufge­führten Maß­nah­men eine Hil­festel­lung geben. Voraus­set­zung für diese Tätigkeit ist in jedem Fall, dass die Gefährdungs­beurteilung ergibt, dass andere Maß­nah­men des Zuganges […] zu hoch gele­ge­nen Arbeit­splätzen tech­nisch nicht möglich oder gefährlich­er sind.“
Der Maß­nah­menkat­a­log, von dem hier die Rede ist, ist äußerst umfan­gre­ich. So wird u. a. vorgeschrieben, dass für das Aus- und Über­steigen aus der ange­hobe­nen Arbeits­bühne eine spezielle Gefährdungs­beurteilung zu erstellen ist. Hier­durch sollen die zusät­zlichen Absturz- und Quetschge­fahren beson­ders betra­chtet und berück­sichtigt wer­den. Fern­er sind die Mitar­beit­er beson­ders zu unter­weisen, wobei hier­für eine geson­derte Betrieb­san­weisung zu erar­beit­en ist. Die für das Aus- und Über­steigen ver­wen­dete Hubar­beits­bühne muss über eine aus­re­ichende Tragfähigkeit, Steifigkeit und Stand­sicher­heit ver­fü­gen. Die Her­stellerangaben zur max­i­malen Arbeit­shöhe bzw. zur seitlichen Reich­weite dür­fen nur bis zu max­i­mal 75 Prozent aus­genutzt wer­den. Das Über­steigen über das Gelän­der der Arbeits­bühne bleibt aus­nahm­s­los ver­boten. Die Arbeits­bühne muss über eine geeignete Tür ver­fü­gen, die zum Zeit­punkt des Aussteigens in die Rich­tung des Gebäudes auf­schlägt. Ein weit­er­er wichtiger Aspekt ist die spezielle Form der Absturzsicherung. Da beim Aus- und Über­steigen in der Höhe eine erhöhte Absturzge­fahr beste­ht, müssen sich die betrof­fe­nen Mitar­beit­er vor dem Ver­lassen der Arbeits­bühne mit­tels Per­sön­lich­er Schutzaus­rüs­tung gegen Absturz (PSA gA) sich­ern. Die geeigneten Anschlag­punk­te müssen außer­halb der Arbeits­bühne liegen und von hier aus sich­er erre­ich­bar sein. Die Anschlag­punk­te müssen vor Beginn der Arbeit­en fest­gelegt wer­den und so bemessen sein, dass sie ein­er sta­tis­chen Kraft von min­destens 7,5 kN stand­hal­ten. Geeignete Anschlag­punk­te kön­nen z. B. sta­bile Holz- oder Beton­träger sowie Stahlkon­struk­tio­nen sein. Ver­lässt der Bedi­ener die ange­hobene Arbeits­bühne, so muss ein zweit­er Bedi­ener vor Ort anwe­send sein. Die Kom­mu­nika­tion zwis­chen diesen bei­den Per­so­n­en muss sichergestellt wer­den (z. B. Sprech­funk). Um Quetschge­fahren zu ver­mei­den, muss ein aus­re­ichend großer ver­tikaler Abstand (z. B. 120 mm) zwis­chen der Arbeits­bühne und den fes­ten Bauteilen der Umge­bung einge­hal­ten wer­den. Zudem muss für die beschriebe­nen Arbeit­en ein Ret­tungskonzept vorliegen.
Auswahl der geeigneten Schutzaus­rüs­tung, oder: die Qual der Wahl!
Wie mit­tler­weile bekan­nt sein dürfte, ereigneten sich in den let­zten Jahren etliche schwere Arbeit­sun­fälle beim Umgang mit Hubar­beits­büh­nen. Ein Unfallschw­er­punkt dabei stellt das Abstürzen von Per­so­n­en dar. In der DIN EN 280 „Fahrbare Hubar­beits­büh­nen“ wer­den zum Schutz vor Her­auss­chleud­ern und Her­ab­stürzen von Per­so­n­en aus der Arbeits­bühne geeignete Befes­ti­gungspunk­te für Per­so­n­en­rück­hal­tesys­teme genan­nt. Diese Befes­ti­gungspunk­te soll­ten gemäß der Norm pro Per­son eine sta­tis­che Hal­tekraft von min­destens 3 kN besitzen.
Vor einiger Zeit hat der zuständi­ge Fach­bere­ich [2] der DGUV umfan­gre­iche Unter­suchun­gen zur Ermit­tlung der Kräfte auf die Befes­ti­gungspunk­te von Hubar­beits­büh­nen durchge­führt. Diese Ergeb­nisse ste­hen auf der Inter­net­seite der DGUV (www.dguv.de) zum kosten­losen Down­load zur Ver­fü­gung und sollen im Fol­gen­den kurz erläutert wer­den. Zunächst wurde seit­ens der Fach­leute der DGUV unter­sucht, wie sich die dynamis­chen Kräfte beim Ein­satz eines Rück­hal­tesys­tems, beste­hend aus Auf­fang­gurt sowie einem Verbindungsmit­tel mit Reib­schnalle (vgl. Abb. 3a) ver­hal­ten. Dabei stellte sich her­aus, dass die Fes­tigkeit des Befes­ti­gungspunk­tes um mehr als 100 Prozent über­schrit­ten wurde. Am Befes­ti­gungspunkt der Hubar­beits­bühne lag der max­i­male Wert bei 6,3 kN. An der Rück­enöse des Auf­fang­gur­tes war der Wert sog­ar noch größer, näm­lich 6,9 kN.
Schlussfol­gernd heißt es in dem Bericht, dass auf­grund der nachgewiese­nen hohen Kräfte von der Benutzung eines Rück­hal­tesys­tems abzu­rat­en sei. Vielmehr sollte auf Hubar­beits­büh­nen ein Sicherungssys­tem mit Energie absorbieren­der Wirkung (vgl. Abb. 3b) ver­wen­det wer­den. Durch weit­ere Unter­suchun­gen der Experten sollte nun die Eig­nung solch­er Sicherungssys­teme für das Arbeit­en mit Hubar­beits­büh­nen her­aus­ge­fun­den wer­den. Hierzu wurde das Her­auss­chleud­ern ein­er Per­son aus der Arbeits­bühne mit einem Dum­my nachgestellt. Getestet wur­den ver­schiedene Sicherungssys­teme mit Energie absorbieren­der Wirkung (z. B. Auf­fang­gurt mit ein­stell­barem Verbindungsmit­tel und einem Falldämpfer). Es zeigte sich, dass die getesteten Sicherungssys­teme ein Her­auss­chleud­ern von Per­so­n­en zwar generell nicht ver­mei­den kön­nen, die gemesse­nen Kräfte auf den Befes­ti­gungspunkt jedoch auf unter 3 kN reduzierten. Somit kon­nte nachgewiesen wer­den, dass die hier berück­sichtigten „Auf­fangsys­teme mit Falldämpfern“ bess­er geeignet sind als han­del­sübliche Rück­hal­tesys­teme. Fern­er wird eine max­i­male Länge des Verbindungsmit­tels von 1,80 Meter emp­fohlen. Die Befes­ti­gung des Verbindungsmit­tels sollte an der Brust- oder Rück­enöse des Auf­fang­gur­tes erfolgen.
Zusam­men­fas­sung
Einige Fragestel­lun­gen zum sicheren Ein­satz von Hubar­beits­büh­nen waren in der Ver­gan­gen­heit nicht hin­re­ichend gek­lärt. Zudem ver­trat­en einzelne Insti­tu­tio­nen und Fach­leute unter­schiedliche Auf­fas­sun­gen zur Sicher­heit beim Arbeit­en mit Hubar­beits­büh­nen. Im beru­flichen All­t­ag kön­nen im Aus­nah­me­fall Sit­u­a­tio­nen auftreten, die ein Ver­lassen bzw. Aussteigen der ange­hobe­nen Arbeits­bühne erfordern. Hier­bei sind aber umfan­gre­iche Schutz­maß­nah­men zu ergreifen, welche im Rah­men ein­er speziellen Gefährdungs­beurteilung indi­vidu­ell ermit­telt wer­den müssen. Grund­sät­zlich darf die ange­hobene Arbeits­bühne nur ver­lassen wer­den, wenn andere Ver­fahren (z. B. die Erstel­lung eines Gerüstes) tech­nisch nicht möglich sind oder zu einem größeren Risiko führen wür­den. Zu den ungek­lärten Sachver­hal­ten gehörte bis­lang auch die Frage nach der richti­gen PSA gegen Absturz beim Ein­satz von Hubar­beits­büh­nen. Das zuständi­ge Fachge­bi­et der DGUV hat sich auf der Grund­lage von eige­nen umfan­gre­ichen Unter­suchun­gen hierzu ein­deutig posi­tion­iert! Dies ist aus­drück­lich zu begrüßen. Es bleibt zu wün­schen, dass diese Erken­nt­nisse und die damit ver­bun­de­nen Empfehlun­gen nun auch Einzug in die betriebliche Prax­is find­en werden.
Quel­len­verze­ich­nis:
[1] heute: Fach­bere­ich „Han­del und Logis­tik“, Sachge­bi­et „Fördern, Lagern, Logis­tik im Warenumschlag“
[2] Fach­bere­ich „Per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung“, Sachge­bi­et „Per­sön­liche Schutzaus­rüs-tung gegen Absturz / Rettungsausrüstungen“
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