Ein Schreibtisch, ein Bürostuhl, Computer und Telefon: Ein Büroarbeitsplatz ist in der Regel schnell erfasst. Neue Kolleginnen und Kollegen in Büro und Verwaltung werden eher selten umfassend an ihren neuen Arbeitsplatz eingewiesen – frei nach dem Motto „kennt man einen Büroarbeitsplatz, kennt man alle Büroarbeitsplätze“. Doch damit verpassen viele Unternehmen die Möglichkeit, ihre Belegschaft für Sicherheit und Gesundheit zu sensibilisieren, und so den Grundstein für deren Leistungsfähigkeit, Motivation und Zufriedenheit zu legen.
Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck, heißt es in vielen Bewerberratgebern. Umgekehrt stehen auch die Unternehmen in den ersten Tagen und Wochen auf dem Prüfstand ihrer neuen Beschäftigten. „Dies ist der ideale Zeitpunkt, um sich auch in Sachen Arbeitsschutz von der besten Seite zu zeigen“, sagt Andreas Stephan von der gesetzlichen Unfallversicherung VBG. Der Leiter des Sachgebiets „Büro“ im Fachbereich „Verwaltung“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung weiß: „Wer seinen Beschäftigten von Anfang an das Gefühl gibt, dass er sich um ihre Sicherheit und Gesundheit bemüht, hat bereits einen entscheidenden Schritt in Richtung Mitarbeiterbindung getan.“ Dennoch unterschätzen viele Unternehmen aus dem Bereich Büro und Verwaltung die Risiken für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten. „Sicher sind diese geringer als bei körperlich belastenden Berufen“, sagt Stephan. „Doch wir verzeichnen gerade an Büroarbeitsplätzen immer mehr Fehltage, zum Beispiel aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen, aber auch psychischen Erkrankungen.“ Um die körperlichen und psychischen Belastungen an Büroarbeitsplätzen zu vermeiden, hat die gesetzliche Unfallversicherung eine Reihe von Handlungsanleitungen und Informationen zusammengetragen. „Die Ratgeberliteratur zur gesunden Gestaltung von Büroarbeitsplätzen ist umfangreich“, weiß Andreas Stephan. Gerade am Anfang sei es jedoch erst einmal wichtig, das Thema Schritt für Schritt anzugehen und sich zunächst den grundlegenden Aspekten zu Arbeitsplatz, Arbeitsmitteln und Arbeitsorganisation zu widmen.
Schritt 1: Die Büroraumgestaltung
„Bevor ein Büroarbeitsplatz eingerichtet wird, sollten einige wichtige Punkte der Arbeitsplatzgestaltung beachtet werden“, erklärt Stephan. So sollte ein Büro für eine Person mindestens acht Quadratmeter groß und 2,5 Meter hoch sowie ausreichend mit Tageslicht versorgt sein. Jedem Beschäftigten sollte hinter dem Schreibtisch eine Bewegungsfläche von 1,5 Quadratmetern zur Verfügung stehen. Schreibtische und Bildschirme sollten nach Möglichkeit parallel zur Fensterfront aufgestellt sein, um Reflexionen und Blendungen zu vermeiden.
Sonnenschutzvorrichtungen an Fenstern wirken übermäßiger Aufheizung der Räume an heißen Tagen sowie greller Sonneneinstrahlung entgegen.
Auch eine gute Beleuchtung ist für das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig.
Hier gilt: In den Arbeits- und Besprechungsbereichen sollte eine Beleuchtungsstärke von mindestens 500 Lux, in den umliegenden Bereichen mindestens 300 Lux eingesetzt werden. Schließlich sollte auch auf die Geräuschkulisse geachtet werden. „Lärmbelastungen, zum Beispiel durch übermäßig laute Straßengeräusche, können ein gravierender Stressfaktor sein“, sagt Andreas Stephan.
Schritt 2: Den Arbeitsplatz gesund einstellen
Tritt die neue Kollegin oder der neue Kollege den ersten Arbeitstag an, sollten Büroarbeitsplatz und Arbeitsmittel individuell auf sie oder ihn eingestellt werden. „Dies kann, je nach Betriebsgröße und Organisation der Arbeitgeber selbst, die Sicherheitsfachkraft oder der Sicherheitsbeauftragte übernehmen“, erklärt Stephan. Eine wesentliche Maßnahme sei dabei die Höheneinstellung von Tisch und Stuhl: „Optimales Sitzen bedeutet, dass die Unterarme waagrecht auf der Tischplatte aufliegen und Ober- und Unterschenkel zueinander einen rechten Winkel bilden. Wenn der Beschäftigte nicht mit der ganzen Fläche der Füße den Boden berühren kann, hilft eine zusätzliche Fußstütze.“ Zudem sollten die verschiedenen Verstellmöglichkeiten von Tischen und insbesondere Bürostühlen ausreichend erklärt werden. „Wir erleben oft, dass Unternehmen viel Geld in die Hand nehmen, um ergonomisches Mobiliar zu kaufen, dann aber gar nicht richtig wissen, wie dieses eingestellt wird“, sagt Andreas Stephan.
Bildschirm und Tastatur sollten gerade vor dem Nutzer stehen. Dabei sollte der Bildschirm so aufgestellt sein, dass der Sehabstand etwa 50 bis 80 Zentimeter beträgt und sich die Oberkante höchstens auf Augenhöhe befindet. „Ideal ist, wenn der Bildschirm mit einem leicht nach unten gesenkten Blick betrachtet werden kann. Dies entspricht der natürlichen Lesehaltung.“
Schritt 3: Die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung
Die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung ist für Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen zwar freiwillig, „in jedem Fall sind die Arbeitgeber jedoch verpflichtet, die Untersuchung anzubieten“, erklärt Stephan. Dabei werden die Beschäftigten durch einen Betriebsarzt oder Arbeitsmediziner über die Gesundheitsrisiken an ihren Arbeitsplätzen genau aufgeklärt und beraten. Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit sollen verhindert oder frühzeitig erkannt werden. „Hier testet der Arbeitsmediziner zum Beispiel, ob Sehprobleme die Arbeit am Bildschirm beeinträchtigen könnten und empfiehlt gegebenenfalls, eine Sehhilfe anzuschaffen“, so Stephan.
Schritt 4: Die Arbeitsbedingungen
Termindruck und große Herausforderungen müssen nicht immer negative Auswirkungen auf die Beschäftigten haben. Häufig fördert ein gewisses Maß an psychischen Belastungen sogar die Motivation bei der Arbeit. Doch angesichts der Verdichtung der Aufgaben, des zunehmenden Zeitdrucks und der ständig wechselnden Hard- und Software kann am Büroarbeitsplatz ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Bewältigungsmöglichkeiten entstehen. Ein betriebsinternes Stressmanagement kann hier helfen: „Das bedeutet zum Beispiel, dass die Aufgaben je nach Qualifikation und Beanspruchungen des Einzelnen vergeben werden. Aber auch die regelmäßige Anerkennung guter Leistungen durch Führungskräfte kann im Umgang mit Stress helfen“, erklärt Andreas Stephan. Nicht zuletzt sei das Thema Work-Life-Balance ein entscheidender Faktor, mit dem sich der Arbeitgeber sowohl bei potentiellen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern attraktiver machen als auch dazu beitragen kann, dass seine gesamte Belegschaft langfristig zufrieden bleibt. „Beispiele hierfür wären etwa flexible Arbeitszeitmodelle, Regeln zu Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten oder die Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements.“
Wer diese Faktoren in seinem Betrieb berücksichtigt, zeigt seinen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass er diese wertschätzt. Im Gegenzug bleiben die Beschäftigten gesund und motiviert und können ihr volles Leistungspotenzial in das Unternehmen einbringen. Mehr noch: Sie werden für das Thema Arbeitsschutz sensibilisiert und achten verstärkt auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Ein Aspekt, der insbesondere Auszubildenden zugutekommt: „Wer von Anfang an lernt, wie wichtig Arbeitsschutz ist, entwickelt ein Bewusstsein dafür, das ihn seine gesamte Berufslaufbahn hindurch begleitet. So werden schrittweise die Risiken für Unfälle und Erkrankungen vermindert und der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen gesichert“, so Andreas Stephan. „Mit Arbeitsschutz im Büro kann man also gar nicht früh genug beginnen.“
Sanja Zec
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