In Deutschland engagiert sich jeder Dritte ehrenamtlich und die Bereitschaft hierzu hat in den letzten zehn Jahren sogar zugenommen. Dabei leistet ein ehrenamtlich Tätiger im Durchschnitt 16,2 Stunden im Monat. Dabei kann es natürlich auch zu Unfällen kommen.
Der volkswirtschaftliche Nutzen der ehrenamtlichen Arbeit wurde von der Prognos AG ermittelt und immerhin mit 35 Millionen Euro bewertet. Die Menschen in ländlichen Regionen sind übrigens eher ehrenamtlich engagiert als die Städter.
Genau wie bei „hauptamtlichen“ Tätigkeiten kann es hier zu Unfällen mit schwerwiegenden und ggf. auch bleibenden Folgen kommen. Gerade dann stellt sich die Frage, ob auch hierfür die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt werden, ob d.h. die Tätigkeit im Ehrenamt unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht. Diese Frage soll im nachfolgenden Beitrag näher beantwortet werden.
„Unechte“ Unfallversicherung
Auch für zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten besteht Versicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Bereits seit 1928 wurde diese so genannte „unechte“ Unfallversicherung ins Leben gerufen. Im Vergleich zur „echten“ Unfallversicherung, bei der es historisch betrachtet im Wesentlichen um die Absicherung von abhängig Beschäftigten ging, wird bei der „unechten“ Unfallversicherung unter anderem die Ausübung von Tätigkeiten für die Allgemeinheit unter sozialen Schutz gestellt.
Pflichtversichert in der gesetzlichen Unfallversicherung sind:
- Ehrenamtlich Tätige in Rettungsunternehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB (Sozialgesetzbuch) VII),
- Personen, die im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII),
- Ehrenamtlich Tätige in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, deren Verbänden oder Arbeitsgemeinschaften und im Bildungswesen sowie Personen, die in Vereinen oder Verbänden im Auftrag oder mit Zustimmung von Kommunen ehrenamtlich tätig werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 a SGB VII),
- Personen, die für Kirchen und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit Zustimmung der Kirche ehrenamtlich tätig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 b SGB VII),
- Ehrenamtlich Tätige in landwirtschaftsfördernden Einrichtungen und in Berufsverbänden der Landwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 5d und e SGB VII),
- Ehrenamtlich oder bürgerschaftlich wie Beschäftigte Tätige (§ 2 Abs. 2 SGB VII).
Seit dem Jahr 2009 wurden auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer am entwicklungspolitischen Freiwilligendienst (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b SGB VII) und am Freiwilligendienst der Generationen (§ 2 Abs. 1a SGB VII) einbezogen.
Darüber hinaus können die Unfallkassen der Länder durch eine Satzungsregelung weitere ehrenamtliche Tätigkeiten unter Versicherungsschutz stellen.
Außerdem können sich beispielsweise gewählte Ehrenamtsmitglieder in gemeinnützigen Organisationen, Personen, die sich in Gremien für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen ehrenamtlich engagieren und Personen, die ehrenamtlich für Parteien tätig sind, freiwillig versichern.
Viele Länder haben eine private Unfall- und Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Diese greift nur dann, wenn kein anderer Versicherungsschutz (gesetzlich oder privat) besteht. Wenn der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht, sollten aber auch die Betroffenen privat Vorsorge leisten.
Wann Versicherungsschutz besteht
Voraussetzung ist immer, dass die ehrenamtliche Tätigkeit unentgeltlich ist und nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Unentgeltlichkeit liegt dann vor, wenn die Tätigkeit unabhängig von einer Gegenleistung erbracht wird.
Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung steht der Annahme der Unentgeltlichkeit dann nicht im Weg, wenn diese nicht eine solche Höhe erreicht, dass eigentlich ein verstecktes Entgelt anzunehmen ist. Daneben müssen die Betroffenen eine bestimmte Aufgabe oder Funktion, das heißt ein Amt übernommen haben. Die Tätigkeit muss also über die bloße Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Rechte hinaus gehen. Bei der Tätigkeit in einem Verein zum Beispiel muss die Tätigkeit konkret mit der übertragenen Aufgabe verbunden sein, zum Beispiel ein Schulverein renoviert die Klassenzimmer einer öffentlichen Schule oder ein Verein betreibt ein Freibad im Auftrag einer Kommune. Nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen allgemeine Vereinstätigkeiten wie etwa die Teilnahme an Mitgliederversammlungen.
Beispiele für Versicherungsschutz:
- Besuchsdienste in der Altenhilfe
- Elternbeiräte in Schulen und Kindergärten
- Kinderbetreuung durch Senioren
- Geldsammlungen für ein Unternehmen der Wohlfahrtspflege (Jugendherbergswerk)
- Hilfstransporte ins Ausland
- Mithilfe beim Pfarrfest
- Pflege von Grünanlagen usw.
Zuständigkeit und Leistungen
Abhängig vom Aufgabenbereich sowie der Organisations-/Rechtsform des durchführenden Unternehmens sind die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (Unfallkasse des Bundes, Landesunfallkassen, Feuerwehrunfallkassen) bzw. bei privater Trägerschaft eine gewerbliche Berufsgenossenschaft (z.B. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege oder Verwaltungsberufsgenossenschaft) zuständig. Die zuständigen Unfallversicherungsträger übernehmen beispielsweise die Kosten für die medizinische Betreuung ohne einen Eigenanteil der Versicherten (keine Praxisgebühr), gleichen Verdienstausfall durch die Zahlung von Verletztengeld aus, zahlen bei bleibenden Schäden ggf. eine Unfallrente oder im Todesfall eine Hinterbliebenenrente.
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