Um mehrere Tausend Farbgebinde in einer Schicht hantieren zu können, setzt ein Chemieunternehmen in seiner Abfüllstraße explosionsgeschützte Hebezeuge ein. Sie übernehmen die schwere Hebearbeit, damit das Abfüllen für die Beschäftigten nicht zur körperlichen Belastung wird, und erhöhen zugleich die Anlagenkapazität.
Heiko Wenke www.atlascopco.de
Der typische Geruch frischer Farbe liegt in der Luft, wo lange Rohrleitungsstränge die vielfältigsten Produkte in der zentralen Abfüllanlage zusammenführen. Die hier ankommenden Erzeugnisse enthalten Lösemittel in unterschiedlicher Konzentration, weshalb die Abfüllhalle dieses Chemiebetriebs als explosionsgefährdeter Bereich der Stufe II klassifiziert ist. Die Einstufung verlangt, jede Form von Funkenbildung und unkontrollierter elektrostatischer Entladung zu vermeiden.
Deshalb nehmen druckluftbetriebene LLA-Hebezeuge und Laufkatzen den Transport der Weißblechgebinde von den Lagerplätzen zu den Vorratstischen der einzelnen Abfüllanlagen vor. Ungeschützte Elektroantriebe könnten durch ihre bauartbedingte Erwärmung, ungewollte Kurzschlüsse oder Funken an den Schleifkohlen ein zündfähiges Lösemittel-Luft-Gemisch zur Explosion bringen. Deshalb müssten hier alle Elektroinstallationen aufwendig gekapselt werden, um dieses Risiko auszuschalten. „Das ist aber nicht nur zwei bis drei Mal so teuer, sondern würde die relevanten Komponenten vergrößern und obendrein deren Wartung und Instandhaltung erschweren“, erläutert Jörg Rüßmann, Produktmanager für Hebezeuge bei Atlas Copco Tools.
ATEX-Zertifizierung
Der Experte berichtet, warum als – noch dazu kostengünstigere – Alternative eine Ex-Schutz-sichere Pneumatiklösung bei diesem Kunden installiert wurde. „Der wichtigste Vorteil gegenüber elektrisch betriebenen Hebezeugen ist die unbedenkliche Einsatzfähigkeit in explosionsgefährdeten Bereichen, da Druckluft als Antriebsmedium keine Funken erzeugt und kühlend wirkt.“ Der Hersteller attestiert das seinen sieben LLA-Hebezeugmodellen für Lastaufnahmen bis 5000 kg mit einem ATEX-Zertifikat nach der Norm Ex II 2G T5 II B D100 °C und garantiert damit den sicheren Betrieb.
Bei den Abfüllanlagen des Chemiebetriebs stehen auf großen Paletten bis zu 230 Weißblechgebinde je Lage. Ihr Fassungsvermögen variiert von etwa einem Deziliter bis zu mehreren Litern. Ferngesteuert senkt das druckluftgetriebene LLA-Hebezeug eine Magnetplatte ab, nimmt alle 230 Dosen mit einem Mal auf und fährt sie die sechs Meter lange Strecke zum Vorratstisch. Dort setzt es seine silbern glänzende Fracht auf die rotierende Tischfläche. Während von hier die Blechbehälter einzeln unter den Fülltrichter und über ein Förderband zur Etikettierung und in den Versand gelangen, holt der LLA-Magnetheber bereits die nächste Lage Weißblechdosen von der Palette. In drei Schichten und auch an den Wochenenden.
Feinfühlig und produktiv
„Früher brachte das Bedienpersonal die Dosen von Hand zur Abfüllung. Wenn die Mitarbeiter gut waren, schafften sie mit jedem Gang zehn Stück heran – in puncto Produktivität kein Vergleich zu heute“, urteilt Rüßmann. Zudem barg das manuelle Transportieren noch ein Risiko, das mit den LLAs ausgeschaltet wurde: Trug man keine Handschuhe, konnte man sich beim Aufnehmen der Dosen an ihrem scharfen Innenrand verletzen; trug man welche, drohte das Doseninnere durch Abrieb von den Arbeitshandschuhen zu verschmutzen. Dieses Kontaminationsrisiko entfällt durch den Einsatz der Hebezeuge. Und weil diese gegenüber gewöhnlichen Pneumatikmotoren mit ölfreier Druckluft arbeiten, kam auch kein neues hinzu. „Industrielacke, Kunstharze und wasserbasierte Lacke reagieren sehr sensibel auf Verunreinigungen“, weiß Rüßmann. „Schon wenige Ölnebeltröpfchen im Produkt können katastrophale Auswirkungen auf das Lackierergebnis beispielsweise einer Luxuskarosse haben.
Die Werker schätzen vor allem die leichte und stufenlose Bedienbarkeit des Hebe-Equipments: Lediglich vier Taster umfasst die pneumatische Fernsteuerung. Deren Befehle „Heben“ „Senken“, „Rechts“ und „Links“ reichen vollkommen aus, die Last auf den Millimeter genau zu positionieren.
Und die Instandhalter profitieren nach Jörg Rüßmanns Angaben von dem besonders günstigen Verhältnis zwischen Baugröße, Gewicht und Leistung. „Das vereinfacht die Installation und Wartung, denn ein Luftmotor ist gegenüber einem gleich starken Elektromotor um bis zu drei Viertel kleiner und leichter.“
Apropos Wartung: Neben der berufsgenossenschaftlich vorgeschriebenen Hebezeugüberprüfung gemäß BGV D8 musste sich der Abfüllbetrieb erst ein einziges Mal um eines ihrer fünf LLA-Geräte kümmern: Am Ersten, einem LLA 250, den der Kunde 1996 zunächst für eine andere Abteilung angeschafft hatte, war nach 14 Jahren Betrieb lediglich ein Lamellensatz des Motors zu tauschen. „Die übrigen vier, Halb-Tonnen-Hebezeuge vom Typ LLA 500, laufen seit Mai 2009 ohne jede Störung.“
Unsere Webinar-Empfehlung
Es gibt viele Fälle, in denen die Fallhöhe für eine herkömmliche Absturzsicherung nicht ausreicht. Beispiele für Arbeiten in geringer Höhe sind z.B. der Auf- und Abbau von Gerüsten, die Wartung von Industrieanlagen und Arbeiten in Verladehallen sowie Anwendungen in der Bahn und…
Teilen: