Epoxidharze können zu Allergien führen und sollten deshalb nicht mit der Haut in Kontakt kommen. Viele Beschäftigte wissen das jedoch nicht und verwenden sie ungeschützt. Helfen können Informationen und spezielle Schutz-Angebote der Hersteller. Beurteilt werden sie in einem Bewertungssystem für Epoxidharz-Produkte der INQA.
BG BAU Dr. Reinhold Rühl Referat Gefahrstoffe Hungener Straße 6 60389 Frankfurt
Epoxidharze sind heute Standardwerkstoffe in sehr vielen Bereichen des Handwerks und der Industrie. Ob bei der Pinselherstellung, beim Fliesenverlegen, Vergießen von Elektronikteilen, Verfestigen von Estrichen, Schrauben Fixieren oder Materialien Verkleben, Epoxidharze haben hier und in weiteren Bereichen Einzug gehalten. Sie bieten sehr oft Lösungen, die vorher nicht möglich waren.
Epoxidharze haben aber auch eine hohe allergene Potenz, das heißt, sie können sehr schnell zu Hautallergien führen. Da viele Beschäftigte ohne die notwendige Einweisung mit Epoxidharzen umgehen, bleiben Hautprobleme nicht aus. Zudem werden Epoxidharze häufig dort verwendet, wo bisher Arbeitsstoffe eingesetzt wurden, bei denen Hautkontakt eher unproblematisch war. Macht die Werbung dann noch einen ungeschützten Umgang vor (s. Abb. 1), halten weder Unternehmer noch die Beschäftigten Schutzmaßnahmen für notwendig.
Zu einem sorglosen Umgang führen auch die vielen Epoxidharz-Knetmassen: die benötigte Menge zuschneiden, kneten bis die Masse warm ist und die Farbe verändert hat und anwenden – rekonstruiert und füllt, dichtet ab, klebt und repariert. Inzwischen ist zwar wohl geklärt, dass diese hochmolekularen Epoxidharze nicht sensibilisierend wirken. Die Wirkung, dass Epoxidharze wie Knetmasse (also wie Kinderspielzeug) verkauft und verarbeitet wird, ist aber nicht zu unterschätzen. Warum soll dann mit anderen Epoxidharz-Produkten vorsichtiger umgegangen werden?
Epoxidharze sind hoch entwickelte Werkstoffe und kein Kinderspielzeug, das ist bei der Planung, beim Einkauf und beim Einsatz zu berücksichtigen. Der Planer wie der Unternehmer müssen die technischen Eigenschaften und die damit verbundenen Maßnahmen kennen, die Beschäftigten müssen die Epoxidharze vorschriftsmäßig einsetzen um die technischen Eigenschaften zu nutzen und sich optimal zu schützen.
Dazu
- muss deutlich gemacht werden, dass Epoxidharze „aggressive“ Stoffe sind,
- muss erklärt werden, wie damit sicher umgegangen werden kann und es
- müssen die Voraussetzungen für einen sicheren Umgang optimiert werden.
Der bei Gefahrstoffen übliche Weg, Ersatzstoffe einzusetzen, ist bei Epoxidharzen in der Regel nicht gehbar. In den meisten Bereichen sind Epoxidharze nicht zu ersetzen. Ob die Möglichkeit besteht, einzelne Bestandteile von Epoxidharzen, die besonders stark und schnell Allergien hervorrufen, durch geringer sensibilisierende Epoxidharz-Bestandteile zu ersetzen, wird noch geklärt.
Das INQA-Bewertungssystem für Epoxidharz-Produkte geht einen neuen Weg. Es wird das Prinzip verfolgt, „Man kann auch mit gefährlichen Stoffen sicher umgehen“. Bewertet werden Technisches Merkblatt und weitere Hersteller-Informationen, Gebinde sowie das Sicherheitsdatenblatt (s. Abb. 4).
Für die Planung und die Kaufentscheidung sind die Hersteller-Informationen wichtig, die allgemein verfügbar sind. Dazu gehören vor allem die Werbung, die Produktkataloge und die technischen Merkblätter. Aber auch Angebote zur Schulung des richtigen Einsatzes der Epoxidharze und die Möglichkeit, nicht nur die Chemikalie, sondern ein komplettes System mit Dosiereinrichtungen, Auftragswerkzeugen oder Schutzmaßnahmen zu erwerben, werden unter dem Kriterium „Technisches Merkblatt und weitere Hersteller-Informationen“ bewertet.
Nicht nur in der Bauwirtschaft bestimmen die Lieferformen der Epoxidharze wesentlich den Umgang. Ist das Gebinde so gestaltet, dass ich beim Dosieren und Mischen keinen oder kaum Hautkontakt habe (s. Abb. 2 und 3), sind Teilentnahmen vorgesehen oder muss ich beim Entleeren zwangsläufig in das Gebinde fassen und kann damit einen Hautkontakt kaum vermeiden? Diese Fragen werden im Kriterium ‚Gebinde’ bewertet. Dabei berücksichtigt das Bewertungssystem natürlich auch, dass bei Anlagen, in denen Epoxidharze verarbeitet werden, die Lieferform nur geringen Einfluss auf einen möglichen Hautkontakt hat.
Sicherheitsdatenblätter schließlich sind das dritte Bewertungskriterium. Sie haben die Aufgabe, den Unternehmer bei der Gefährdungsanalyse zu unterstützen und ihm die Auswahl der Schutzmaßnahmen zu erläutern. Da aber die allgemein bekannten eklatanten Defizite in den Sicherheitsdatenblättern ungeahndet bleiben, wird dieses wichtige Arbeitsschutzinstrument seiner Aufgabe nicht gerecht. Das INQA-Bewertungssystem für Epoxidharz-Produkte sieht daher vor, dass die Angaben zum Arbeitsschutz in den Sicherheitsdatenblättern richtig sein müssen.
Das INQA-Bewertungssystem beurteilt Epoxidharz-Produkte positiv, deren Gebinde einen sicheren Umgang ermöglichen, deren Technische Merkblätter nicht nur auf die technischen Verarbeitungsbedingungen, sondern auch auf die notwendigen Schutzmaßnahmen hinweisen, für die schon in der Werbung deutlich wird, dass hier mit Schutzhandschuhen gearbeitet werden muss, für die der Hersteller Schulungen anbietet, in denen auch auf die notwendigen Schutzmaßnahmen eingegangen wird und die schließlich in ihren Sicherheitsdatenblättern Angaben machen, die dem Anwender die Gefährdungsbeurteilung erleichtern.
Solche Epoxidharz-Produkte werden auf www.inqa-epoxibewertung.de aufgeführt. Hersteller, Verbände und Arbeitsschutzinstitutionen aus den Niederlanden, Österreich und Deutschland unterstützen dieses Bewertungssystem.
Am 30. Oktober 2008 wurde das INQA-Bewertungssystem für Epoxidharz-Produkte vorgestellt, seither ist die Webseite www.inqa-epoxibewertung.de freigeschaltet. Es ist jetzt wichtig, dass die auf dieser Webseite aufgeführten Epoxidharze vorrangig bei der Ausschreibung und beim Einkauf berücksichtigt werden. Hier sind vor allem die Verbände der Anwender gefordert, in Veranstaltungen und Rundschreiben auf dieses Bewertungssystem hinzuweisen.
Die bisherigen Diskussionen mit Herstellern, die ihre Epoxidharze auf der Seite www.inqa-epoxibewertung.de eingestellt haben wollen, sind sehr positiv. Schließlich haben auch die Hersteller registriert, dass bei immer mehr Kunden Allergien bei den Beschäftigten auftreten.
Nutzen Sie die Möglichkeit, auf www.inqa-epoxibewertung.de darauf hinzuweisen, dass bestimmte Anwendungsbereiche oder Epoxidharz-Produkte noch nicht aufgeführt sind.
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