Praktika haben sich mittlerweile als eine Form des Sammelns von Praxis- erfahrungen während der Schul- und Hochschulausbildung etabliert. Teilweise geht der Einsatz von Praktikanten nunmehr schon über das dem Praktikum eigentlich immanente Ziel, d.h. des Erlernens neuer Kenntnisse und Fähigkeiten durch die praktische Tätigkeit, hinaus und wird immer mehr zum kosten- günstigen Ersatz für reguläre Beschäftigung. So entstand auch der Begriff „Generation Praktikum“.
Frau Antje Didlaukat Kügelgenstr. 15 06493 Ballenstedt
Bei der „Generation Praktikum“ handelt es sich um junge Leute, die eine Vielzahl von gering oder gar nicht bezahlten Praktika hintereinander absolvieren und dennoch keine feste Einstellung erhalten. Neben diesem negativ besetzten Begriff des Praktikums gibt es aber auch eine Vielzahl von Praktika, die durchaus sinnvoll sind. Gute Beispiele sind die Praktika zur Berufsorientierung oder als Voraussetzung für den Eintritt in eine berufliche Ausbildung und die praktischen Abschnitte während des Studiums. Für die Praktikanten, aber auch für den Betrieb, in dem das Praktikum absolviert wird, bzw. die Schule bzw. Hochschule, stellt sich dabei häufig die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Praktikanten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Antworten darauf gibt der folgende Beitrag.
Welche Grundsätze gelten für den Unfallversicherungsschutz?
Der Gesetzgeber betrachtet neben der klassischen Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis auch den Erwerb beruflicher Kenntnisse oder Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung als versicherte Beschäftigung. Der Versicherungsschutz ist dabei von der Dauer des Praktikums oder der Höhe des Entgelts unabhängig. Der Versicherungsschutz besteht vom ersten Tag an für die eigentliche Tätigkeit im Betrieb und auch für die Wege zu und von der Praktikumsstelle. Es gelten hierfür die allgemeinen Grundsätze. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist für die Versicherten beitragsfrei. Für die Kosten kommt der Arbeitgeber auf. Diese entstehen jedoch nur dann, wenn eine Vergütung gezahlt wird.
Was gilt bei Praktika während der Schulzeit?
Die Möglichkeit an der Berufswelt und dem beruflichen Alltag einmal teilhaben zu können, erleichtert vielen Schülern die Entscheidung für einen Ausbildungsberuf und schützt, wenn auch nicht in allen Fällen, davor, Fehlentscheidungen zu treffen und hilft Neigungen und Fähigkeiten zu erkennen und ggf. zu fördern. Schließlich ist das Sammeln von Berufserfahrung gerade in der heutigen Zeit wichtiger den je. Dies trifft für ein Schulpraktikum ebenso zu wie für ein freiwilliges Ferienpraktikum. Damit kann eigentlich nicht früh genug angefangen werden. Unterstützung bei der Suche nach passenden Stellen können die Schüler durch die Job-Scouts der Jugendämter oder durch die Arbeitsagentur erhalten. Im Hinblick auf den Unfallversicherungsschutz ist zu unterscheiden, ob ein in der Regel in der 9. oder 10. Klasse während des Schuljahres abzuleistendes Praktikum absolviert wird oder ein Ferienpraktikum. In beiden Fällen besteht Versicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings unterscheiden sich die zuständigen Träger der Unfallversicherung. Im ersten Fall ist das Praktikum, da es als schulische Veranstaltung zu werten ist, als Teil der schulischen Ausbildung über die Schüler-Unfallversicherung versichert und der Unfallversicherungsträger der Schule ist zuständig. Im zweiten Fall ist der Unfallversicherungsträger zuständig, der auch für den Betrieb zuständig ist.
Wie werden Praktika während des Studiums beurteilt?
Studenten sind während eines betrieblichen Praktikums in der Regel über den Betrieb bei dem für diesen zuständigen Unfallversicherungsträger versichert. Voraussetzung ist jedoch, dass der Praktikant in den Betrieb eingegliedert ist, also weisungsgebunden hinsichtlich Zeit, Art, Ort und Dauer der Tätigkeit. Ist das Praktikum ein integrierter Bestandteil des Studienganges und hat die Hochschule wesentliche Einflussmöglichkeiten (rechtlich und organisatorische Verantwortung) auf die Durchführung sowie Form und Inhalt und ist die praktische Tätigkeit nach den Ausbildungsordnungen formal und inhaltlich ein Bestandteil des universitären Unterrichts, besteht Unfallversicherungsschutz über den Unfallversicherungsträger der Hochschule. Dies ist denkbar selten der Fall. Ein Beispiel ist das Praktikum der Medizinstudenten im letzten Studienjahr.
Was gilt für Auslandspraktika?
Wenn ein Praktikum im Ausland abgeleistet wird, greift die deutsche gesetzliche Unfallversicherung in der Regel nicht. Dies gilt auch dann, wenn z.B. eine deutsche Firma der Arbeitgeber ist. Dies gilt gleichermaßen für Pflichtpraktika oder freiwillig gewählte Praktika. Versicherungsschutz kann aber gegeben sein, wenn es sich um eine ins Ausland ausstrahlende Maßnahme oder Veranstaltung der deutschen Hochschule handelt. Der organisatorische Verantwortungsbereich der deutschen Hochschule muss auch die Durchführung der dem Studium dienenden Verrichtung im Ausland erfassen. Ein Beispiel dafür könnte eine wissenschaftliche Exkursion eines Universitätsbereiches ins Ausland sein. In der Regel fehlt jedoch der organisatorische Verantwortungsbereich der Hochschule im Ausland.
Welche Leistungen erhalten Praktikanten von der gesetzlichen Unfallversicherung?
Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt beim Vorliegen eines Arbeitsunfalls die Heilbehandlung, Rehabilitation, Lohnersatzleistungen. Bei dauerhaft eingeschränkter Erwerbsfähigkeit kann eine Rente gewährt oder bei Pflegebedürftigkeit Pflegeleistungen übernommen werden. Ganz praktisch bedeutet dies, dass die Versicherten schon beim Arztbesuch z.B. nicht die Praxisgebühr in der Höhe von 10,00 EUR zahlen müssen.
Gesonderte Haftpflichtversicherung?
Für Praktikanten gelten die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung. Ein Rückgriff für einen Schaden bei Arbeitnehmern und auch Praktikanten bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten ist daher nur dann möglich, wenn eine Haftung anhand der Abwägung der gesamten Umstände überhaupt in Frage kommt und diese auch zumutbar ist. Das BAG hat dazu Abwägungskriterien aufgestellt. Beispielsweise wären zu berücksichtigen: das Betriebsrisiko aufgrund der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, die Wahrnehmung der Anleitungspflichten, der Schadensanlass und die Schadensfolge, die Höhe des Schadens, das Verschulden des Praktikanten usw. Sehr gering ist damit die Wahrscheinlichkeit, dass ein besonnen handelnder und den Anweisungen des Betreuers folgender Jugendlicher haften würde. Entscheidend sind aber auch in diesem Zusammenhang immer die Umstände des Einzelfalls. Zu prüfen ist vor dem Abschluss einer neuen Haftpflichtversicherung zudem, ob die elterliche Haftpflichtversicherung ggf. eingreifen würde.
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