Die einen nennen es salopp „Elektrosmog“, die anderen wissenschaftlich „EMF“: Gemeint sind in beiden Fällen die physikalischen Felder, die in Zusammenhang mit der vielfältigen Nutzung elektrischer Energie entstehen und die wir überwiegend mit unseren „fünf Sinnen“ nicht wahrnehmen können. Deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus werden seit langem wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Wie man mit dieser nicht einheitlichen Bewertungslage umgeht, muss jedes Unternehmen selbst entscheiden.
ibu — Ingenieurbüro für Baubiologie
Dr.-Ing. Martin H. Virnich
Obwohl von offizieller Seite stets auf die Gültigkeit der bestehenden Grenzwerte hingewiesen wird, empfiehlt selbst das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) immer wieder unter Vorsorgeaspekten möglichst dem Minimierungsgebot Sorge zu tragen: „ALARA“ (As Low As Reasonably Achievable).
Schon von den Begrifflichkeiten her handelt es sich um ein verwirrendes und nur schwer zu durchschauendes Thema. Der umgangssprachliche und nur vordergründig anschauliche Begriff „Elektrosmog“ vernebelt tatsächlich mehr, als er erhellt. Denn was im allgemeinen Sprachgebrauch wie ein Phänomen erscheint, umfasst in der physikalischen Wirklichkeit mehrere unterschiedliche Arten von elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern.
Missverständliche Abkürzung
Für das wissenschaftlich korrekte, aber sprachlich äußerst umständliche Wortaggregat „elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder“ steht die Abkürzung „EMF“, doch hat man es auch mit dem Verständnis dieser Abkürzung nicht leicht. Denn die Buchstaben E und M werden gleich doppelt genutzt: Einmal separat jeweils für sich (E für elektrische und M für magnetische) und einmal kombiniert als EM für elektromagnetische Felder. Eigentlich müsste es also heißen E‑M-EM‑F, aber diese Abkürzung wird gleich noch einmal abgekürzt zu EMF.
Berücksichtigt man noch das mögliche unterschiedliche Zeitverhalten dieser Felder, so ergeben sich fünf verschiedene EM-„Feldarten“, und zwar
- Statische elektrische Felder (E‑Gleichfelder)
- Statische bzw. stationäre magnetische Felder (M‑Gleichfelder)
- Niederfrequente elektrische Wechselfelder (E‑NF)
- Niederfrequente magnetische Wechselfelder (M‑NF)
- Hochfrequente elektromagnetische Felder (EM-HF, EM-Wellen)
Während die statischen elektrischen und magnetischen Felder auch natürlicherweise auf der Erde vorkommen und wir seit Urzeiten der Evolution an sie gewöhnt sind, gibt es nieder- und hochfrequente EMF in der Natur nur in äußerst niedrigen Intensitäten. Im zivilisatorischen Wohn- und Arbeitsumfeld dominieren bei weitem die technisch geschaffenen Felder in einem sehr breiten Spektrum – hier hat die Technik das natürliche elektromagnetische Spektrum erheblich verändert.
Diese fünf Feldarten haben unterschiedliche Quellen bzw. Entstehungsursachen und daraus resultierend unterschiedliche physikalische Eigenschaften und ein unterschiedliches Ausbreitungsverhalten.
Dementsprechend müssen für jede Feldart eigene Messgeräte zur fachgerechten Messung von Immissionen bzw. Emissionen eingesetzt werden (das Universal-Einheitsmessgerät für alle Feldarten gibt es nicht!), und bei Feldern mit zeitlich schwankender Intensität sind z.B. oft Langzeitaufzeichnungen erforderlich. Aus den unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen Feldarten ergeben sich außerdem völlig unterschiedliche Anforderungen an wirkungsvolle Maßnahmen zur Feldreduzierung. Abschirmungen, die z.B. für niederfrequente und statische elektrische Felder hoch wirksam sind, haben keinerlei Effekt für Magnetfelder, und der so gerne (und häufig an falscher Stelle) zitierte „Faradaysche Käfig“ hat nur ein sehr eingeschränktes Wirkungsgebiet. Effektive Maßnahmen zur Feldreduzierung erfordern fachliches Know-how.
Büroarbeitsplätze
Die Bürotechnik ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch die Elektronik und Nachrichtentechnik revolutioniert worden. Dabei stand der Bildschirmarbeitsplatz von Anfang an im Fokus kritischer Betrachtung hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Beschwerden. In der Folge wurde sehr früh die schwedische TCO-Richtline geschaffen und wurden Prüfverfahren für Monitore festgelegt, die das Label „strahlungsarm gemäß TCO“ tragen dürfen.
Mittlerweile ist dieses Label für Bildschirme nahezu selbstverständlich geworden, und es wird seit einigen Jahren auch für Drucker, Scanner, Kopierer und Faxgeräte vergeben. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung sollte man natürlich berücksichtigen, dass es keinen großen Sinn ergibt, an einem strahlungsarmen Bildschirm gemäß TCO zu arbeiten, wenn der Arbeitsplatz durch andere Geräte mit deutlich höheren EMF-Immissionen belastet ist. Die Richtwerte der TCO haben sich hier als ein guter Maßstab zur Beurteilung der Gesamtsituation am Arbeitsplatz bezüglich niederfrequenter Felder erwiesen. (vgl. Abschnitt „Internationale Grenz- und Richtwerte“).
Hauptverursacher von Magnetfeldern an Büroarbeitsplätzen sind typischerweise die Transformatoren der Netzteile in den Bürogeräten und aus den Geräten ausgelagerte Steckertrafos. Viele Schreibtische verfügen über spezielle Ablageschalen für diese Steckertrafos, für externe Netzteile und Steckerleisten unterhalb der Schreibtischplatte – damit befinden sich diese Komponenten sehr nahe am Arbeitenden. Das magnetische Streufeld reduziert sich zwar sehr schnell mit zunehmendem Abstand, jedoch sollte dieser mindestens einen Meter betragen.
Leitungswirrwarr von Geräteanschlussleitungen, Verlängerungsleitungen und Steckerleisten unter dem Schreibtisch trägt in vielen Fällen dazu bei, dass elektrische 50Hz-Wechselfelder an den Schreibtisch ankoppeln und sich über die gesamte Schreibtischplatte ausbreiten; die stärksten Felder sind dann an der Schreibtischkante, unmittelbar vor dem Arbeitenden zu messen. Die aus ergonomischer Sicht besonders günstigen Schreibtische mit elektrischer Höhenverstellung fallen leider eben aufgrund dieser „Tischelektrik“ in vielen Fällen durch besonders starke Felder auf. Dies muss nicht sein, und es geht auch anders, dies ist nur ein Zeichen für das getrennte Arbeiten von „Spezialisten“ auf verschiedenen Gebieten, ohne einen ganzheitlichen Ansatz.
Denn dass es auch anders geht, zeigen im privaten Bereich z.B. Produkte wie Wasserbetten (mit elektrischer Heizung), elektrische Heizdecken und Babyphone: Hier gibt es die reinsten „Feldschleudern“ und intelligente Lösungen mit dem erklärten und auch erreichten Ziel der Feldarmut bis nahezu zur Nullemission.
Am Markt steht mittlerweile für Büroarbeitsplätze ein reichhaltiges Arsenal von abgeschirmten Komponenten zur Verfügung, wie Geräteanschlussleitungen, Steckerleisten und Kabelkanäle, die keinerlei elektrische Felder emittieren [1].
Darüber hinaus sollte man darauf achten, dass die eingesetzten Geräte möglichst mit einem Schutzkontakt-Netzstecker ausgerüstet sind. Diese haben in aller Regel deutlich niedrigere elektrische Felder als Geräte mit dem Euro-Flachstecker. Dies gilt insbesondere auch für Notebooks [2].
Als Peripheriegeräte für Notebooks und PCs werden immer mehr schnurlose Mäuse und Tastaturen eingesetzt. Auch wenn die Sendeleistungen nicht sehr groß sind, so kann dies doch zu erheblichen Immissionen am Arbeitsplatz führen, da die Distanz zum „Funkgerät“ sehr kurz ist. Und war die Sendeleistung bei Bluetooth-Anwendungen für den Bürobereich anfangs auf die Leistungsklassen 1 mW und 2,5 mW beschränkt, so trifft man heute i.d.R. auf Geräte mit 100 mW Sendeleistung.
Vermeidbar sind diese Nahbereichs-Expositionen durch die konsequente Benutzung von schnurgebundenen Tastaturen und Mäusen: Eine richtige Maus hat einfach einen Schwanz!
Um das „mühsame und beschwerliche“ Laden der eingebauten Akkus bzw. um den „komplizierten“ Batteriewechsel zu ersparen, werden Ladematten (Power Mat) angeboten, teilweise auch direkt als Mousepad, auf denen nicht etwa eine drahtlose Datenübertragung stattfindet, sondern eine drahtlose Energieübertragung im Frequenzbereich von mehreren zehn Kilohertz. Je mehr Energie übertragen wird, um so stärker sind die Felder. Und beim Power-Mousepad liegt die Hand des Benutzers direkt auf der Feldquelle!
Fast selbstverständlich in heutigen Büros sind Schnurlostelefone nach dem DECT-Standard und WLAN zur PC-Vernetzung geworden. Abgesehen von den immer wieder konstatierten Sicherheitslücken durch fehlende Verschlüsselung bei WLAN ist zu bemerken, dass die Access Points Dauersender sind. Auch wenn es keine Daten zu „schaufeln“ gibt, sendet der Access Point ein permanentes Bereitschaftssignal, 10 Mal pro Sekunde: WLAN – immer an! Und im Auslieferzustand ist bei PCs und Notebooks in aller Regel das WLAN aktiviert. Wer darauf verzichten möchte, muss es eigens deaktivieren. Statt WLAN stellt das kabelgebundene Netzwerk nicht nur die emissionsminimierte, sondern auch die schnellere und datentechnisch sicherere Alternative dar. Nicht ganz emissionsfrei, aber deutlich weniger „strahlend“ als WLAN zeigt sich die Datenübertragung über das elektrische Leitungsnetz mittels inhouse PLC (PowerLine Communication), z.B. bekannt als dLAN.
Die Basisstationen von DECT-Schnurlostelefonen sind ebenfalls klassische Dauersender. Auch wenn nicht telefoniert wird, senden sie ein mit 100 Hertz periodisch gepulstes Bereitschaftssignal aus. Seit etwa drei Jahren werden Varianten mit dem Merkmal „Eco Mode“ angeboten oder mit ähnlich klingenden Bezeichnungen, die die Silbe „Eco“ enthalten. Hier stellt die Basisstation die Aussendung des sonst permanenten Bereitschaftssignals ein, wenn nur ein einziges Mobilteil bei der Basis angemeldet ist und dieses Mobilteil sich in der Ladeschale der Basis befindet. Abgesehen davon, dass dies auf Dauer den Akku ruiniert, ist das Feature in dieser Form auch nicht sehr benutzerfreundlich. Einen deutlichen Fortschritt stellen da die Modelle mit dem Merkmal „Eco Mode plus“ oder „fulleco“ dar, bei denen die Basisstation nur so lange sendet wie telefoniert wird. Eine Liste von DECT-Telefonen mit diesem Leistungsmerkmal ist unter [3] zu finden.
Schließlich sind auch drahtlose Headsets in Büros sehr beliebt. Diese arbeiten häufig nach dem DECT-Standard – mit ständig sendender Basisstation. Hier ist das schnurgebundene Headset die Alternative der Wahl. Aber Vorsicht: Es gibt auch schurgebundene Headsets, die zusätzlich noch einen eingebauten DECT-Dauersender haben. Wie auch Telefone und Fax-Kombis mit schnurgebundenem Hörer und integrierter DECT-Basisstation oder Beamer mit permanent aktivem WLAN-Modul. Die Industrie bietet heute andererseits viele Möglichkeiten zu Schaffung feldarmer Arbeitsplätze, ohne auf Komfort und Leistung verzichten zu müssen. Voraussetzung: Der erklärte Wille dazu, die richtige Information über Marktangebot und Einsatzgebiete und die gekonnte fachliche Umsetzung.
Arbeitsplätze in der Produktion
In der Produktion wird oft mit wesentlich größeren elektrischen Leistungen gearbeitet als im Bürobereich. Dementsprechend können gerade in unmittelbarer Nähe von Maschinen, Anlagen, Antrieben, Trafos, Motoren, Schweißanlagen, Induktionsöfen usw. recht hohe EMF auftreten. Auch hier bestehen oft Möglichkeiten der Feldreduzierung durch Abschirmungen, aktive Kompensation oder Neuinstallation.
Ein besonderes Problem stellen immer häufiger nichtlineare Verbraucher wie elektronische Steuerungen, Regelungen, Frequenzumrichter, Wechselrichter und EVG von Leuchtstofflampen dar. Die von diesen Geräten als „Schmutzeffekt“ erzeugten Oberschwingungen haben das geflügelte Wort „Dirty Power“ geprägt. Abgesehen von möglichen Störungen anderer Geräte kann es hier sogar zu Sicherheitsproblemen durch die 3. Harmonische (150 Hz) kommen, wenn eine ältere elektrische Anlage mit reduziertem Neutralleiterquerschnitt installiert wurde. Da sich bei 150 Hz, dem dreifachen der Grundschwingung, im Dreiphasensystem die Ströme nicht kompensieren, sondern addieren, kann es hier zu beträchtlichen Strömen auf dem N‑Leiter kommen – bis hin zur Brandgefahr.
Externe Quellen
Arbeitsplätze können neben den „hausgemachten“ Immissionen durch die eigenen Geräte und Installationen zusätzlich mit Immissionen von externen Quellen belastet sein. Dies sind im Hochfrequenzbereich Radio‑, Fernseh- und Mobilfunksender – letztere stellen heutzutage bei jeweils 4‑fach flächendeckender Mobilfunkversorgung durch vier Netzbetreiber in jeweils drei Frequenzbändern (GSM 900/D‑Netz, GSM 1800/E‑Netz, UMTS) die dominierende Quelle dar. Der neue Breitbanddienst WiMAX (Worldwide Interoperability for Microwave Access) und LTE (Long Term Evolution), die vierte Generation des Mobilfunks, Nachfolger von GSM und UMTS, stehen in den Startlöchern. Entgegen vielfach zu lesenden Beteuerungen zeigen Immissionsmessungen immer wieder, dass man unter einer Antenne auf dem Dach des eigenen Bürogebäudes nicht vor kräftigen Immissionen geschützt ist.
Im Niederfrequenzbereich sind Hochspannungsleitungen, Erdkabel, Steigleitungen, Kabeltrassen, Transformatoren, Bahnanlagen und vagabundierende (Fehl-)Ströme als Feldquellen zu nennen. Fehlströme aufgrund eines ungünstigen Versorgungsnetzes (TN‑C bzw. TN-C‑S) können sich auch auf metallischen Rohrsystemen (Wasser, Gas, Heizung) und den Schirmen von Datenleitungen ausbilden.
Hinweise zur Reduzierung von EMF
Hier gilt, wie bei vielen anderen Quellen, z.B. chemischer Natur, grundsätzlich „Emissionsschutz geht vor Immissionsschutz“: Besser und einfacher die Emission von Feldern am Entstehungsort zentral vermeiden, als lokal an vielen Stellen Immissionen reduzieren.
Wirkungsprinzipien:
- Feldentstehung vermeiden: Z.B. leitungsgebundene Draht-/Glasfaser-Lösungen statt drahtlos/Funk; nicht benötigte Geräte bzw. Installationen abschalten; Elektroanlagen installieren, die nicht zur Bildung vagabundierender (Fehl-)Ströme führen können (reines TN-S-Netz, TT-Netz)
- Abstand von der Feldquelle halten bzw. Feldquelle vom Aufenthaltsort entfernen (z.B. Netzteile, Steckertransformatoren, funkende Geräte)
- Abschirmen: Abgeschirmte Komponenten (Emissionsschutz) oder Flächenabschirmungen (Immissionsschutz)
- Kompensationseffekte durch gegenphasige Felder nutzen (passiv, aktiv, räumlich, Phasenverschiebung bei Drehstromnetzen)
Bei allen Maßnahmen zur Reduzierung von EMF sind die DIN VDE-Bestimmungen insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung und den Fortbestand des Personen- und Sachschutzes zu beachten!
Internationale Grenz- und Richtwerte
Wie bereits eingangs erwähnt, werden die biologischen Effekte und damit die gesundheitlichen Auswirkungen von EMF auf den menschlichen Organismus in der Wissenschaft und Gesellschaft sehr kontrovers diskutiert. Dementsprechend gibt es eine sehr große Spannbreite von Grenzwerten und Vorsorgeempfehlungen. Einige Beispiele hierfür sind in der Tabelle 1 zusammengestellt. Hieraus geht deutlich die äußerst unterschiedliche Bewertung und Risikoeinschätzung hervor, denn es geht hier nicht um Faktoren von zwei, fünf, oder zehn, sondern um zwei bis drei Zehnerpotenzen! Ähnlich große und noch größere Unterschiede gibt es im Bereich der Hochfrequenz.
Weiterführende Literatur und Internet-Links
- 1. www.geschirmtes-kabel.de
- 2. Notebooks: Elektrische und magnetische Felder; M.H. Virnich; in: Wohnung + Gesundheit 3/07 Nr. 122; www.baubiologie-virnich.de/information.html .. Niederfrequente und statische EMF
- 3. DECT „zero“ – Stets strahlungsfrei im Standby; M.H. Virnich; www.baubiologie-virnich.de/information.html .. Schnurlostelefone
- 4. Baubiologische Elektrotechnik; Schauer/Virnich; Hüthig & Pflaum Verlag, 2. Aufl. 2008, ISBN 978–3‑8101–0275‑1
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