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Ganzheitliches Zusammenwirken

„Manager für Sicherheit und Gesundheit“ und „Beauftragter für Sicherheit und Gesundheit“
Ganzheitliches Zusammenwirken

Unternehmen brauchen Mitar­beit­er, die sich am Arbeit­splatz wohlfühlen und inte­gri­ert sind. Betriebliche Abläufe müssen trans­par­ent gestal­tet wer­den. Umso stärk­er die Beschäftigten in die Entschei­dun­gen einge­bun­den sind, desto höher ist deren Moti­va­tion. Bei der Beteili­gung der Mitar­beit­er an der Gestal­tung von Sicher­heit und Gesund­heit haben die Sicher­heits­beauf­tragten eine Schlüsselrolle.

Ein Unternehmen durch die raue See des Wet­tbe­werbs zu steuern wird immer schwieriger. Es stellt hohe Anforderun­gen an die Konzen­tra­tion und Leis­tungs­fähigkeit des Kapitäns und sein­er ganzen Besatzung. Dabei sind es nicht nur der aufk­om­mende Sturm und die (haus)hohen Wellen, die die Fahrt beein­trächti­gen, auch ohren­betäubende Don­ner­schläge und grelle Blitze erschw­eren das Manövri­eren. Hinzu kom­men immer mehr Schiffe, die ihm die sichere Fahrrinne stre­it­ig machen oder gar das Schiff zum Sinken brin­gen wollen. Aber auch der beste Kapitän ver­sucht erst gar nicht, das Schiff alleine zu steuern. Um die hohen Anforderun­gen zu bewälti­gen ist er auf das funk­tion­ierende Zusam­men­spiel mit sein­er motivierten Besatzung angewiesen. Nur gemein­sam kom­men sie auf dem schnell­sten Weg und ohne Schä­den an Schiff oder Besatzung sich­er im Hafen an.
Engage­ment und Motivation
Unternehmen brauchen in unser­er glob­al­isierten Wirtschaft – ins­beson­dere in Zeit­en von Krisen – nicht nur engagierte und kundi­ge Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er. Sie brauchen auch Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er, die sich am Arbeit­splatz wohlfühlen und im Unternehmen inte­gri­ert sind. Für den langfristi­gen Erfolg sind das Ver­trauen und die Par­tizipa­tion der Mitar­beit­er wichtig. Das Ver­trauen entste­ht nur, wenn ein Unternehmen eine Kul­tur entwick­elt, die auf ethis­chen Werten basiert. Forschungsergeb­nisse und Erfahrungswerte bele­gen dies. Je mehr die Mitar­beit­er durch die Führungskräfte in die Entschei­dung­sprozesse einge­bun­den wer­den, je mehr sie par­tizip­ieren und ihre Ken­nt­nisse und Erfahrun­gen ein­brin­gen kön­nen, umso höher ist deren Moti­va­tion. Das Ergeb­nis ist ein effizient arbei­t­en­des Unternehmen.
Arbeit und Gesundheit
Die The­men­bere­iche des Arbeitss­chutzes sind sehr umfan­gre­ich und mitentschei­dend für die Com­pli­ance des Unternehmens, da viele Vorschriften und Geset­ze beachtet wer­den müssen. Es lässt sich daher fol­gern, dass ein betrieblich­es Arbeitss­chutz­man­age­mentsys­tem zweifel­los das effek­tivste Instru­ment ist, Arbeitss­chutz plan­mäßig, zielo­ri­en­tiert und sys­tem­a­tisch in die betriebliche Gesam­tor­gan­i­sa­tion zu inte­gri­eren, dies in geeigneter Weise zu doku­men­tieren und im Sinne eines kon­tinuier­lichen Verbesserung­sprozess­es zu pfle­gen und weit­er zu entwick­eln. Es beste­ht weit­er­hin all­ge­mein­er Kon­sens darüber, dass das Man­age­ment von Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit als Teil der all­ge­meinen Man­age­mentstruk­tur betra­chtet wer­den sollte, nicht als getren­nter Geschäftsprozess.
Eine aktuelle Studie der Euro­pean Agency for Safe­ty and Health at Work (2010) enthält in ein­er Lit­er­aturüber­sicht Beispiele für ein möglichst wirk­sames Man­age­ment von Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit in ein­er Organ­i­sa­tion und zeigt auf, in welchem Aus­maß eine Inte­gra­tion dieses The­mas in die all­ge­meine Geschäfts­führung und ‑struk­tur ein­er Organ­i­sa­tion erfol­gen sollte.
Man­ag­er für Sicher­heit und Gesundheit
In den klas­sis­chen Betra­ch­tungsweisen wurde rel­a­tiv klar getren­nt zwis­chen Man­age­ment und Führung. Dem­nach wür­den sich Man­ag­er mehr mit oper­a­tiv­en Din­gen wie Pla­nung, Kon­trolle und Organ­i­sa­tion beschäfti­gen, während die obere Führungsebene eher visionäre, inspiri­erende und motivierende Verän­derun­gen im Blick­feld hätte (Zaleznik 1977, Ben­nis & Nanus 1985, Kot­ter 1990). Diese Diskus­sion gilt inzwis­chen als über­holt, weil die Gren­zen im betrieblichen All­t­ag ver­wis­chen und erfol­gre­ich­es Man­age­ment ohne Führung gar nicht möglich ist (und umgekehrt). Mit anderen Worten: Man­ag­er müssen führen und Führungskräfte müssen man­a­gen kön­nen (Yukl 2006). Je nach Ebene ver­schiebt sich aber die Verteilung zwis­chen den notwendi­gen Kom­pe­ten­zen (s. Abb. 1). Nach Ziemen (2009) und Vor­weg & Schröder (1980) stellen Kom­pe­ten­zen das Ver­hält­nis zwis­chen Anforderungsstruk­tur und ver­füg­baren Funk­tionspoten­zen dar, wobei man let­ztere auch erler­nen kann.
Der Begriff „Man­age­ment“ hat zwei Bedeutungen:
  • Zum einen ste­ht er für die Auf­gaben, die „Man­ag­er“ zu erfüllen haben. Diese richt­en sich nach den jew­eili­gen Zuständigkeit­en (s. Abb. 1) und erfordern entsprechende Fachkom­pe­ten­zen. Um ein Arbeitss­chutz­man­age­mentsys­tem zu leit­en, sich also in der Man­age­mentebene auf Augen­höhe zu bewe­gen, bedarf es somit eines fachkom­pe­ten­ten Man­agers für Sicher­heit und Gesund­heit. Zu diesen Kom­pe­ten­zen zählen z.B. Fach­wis­sen, Meth­o­d­en­wis­sen, Branchen­wis­sen, Fähigkeit­en etc..
  • Die zweite Bedeu­tung des Begriffs beschreibt die Per­so­n­en, die diese Auf­gaben wahrnehmen und die damit ver­bun­de­nen Rollen ausüben. Betra­chtet man die ety­mol­o­gis­che Wurzel des Begriffs „Man­age­ment“, die sich aus dem lateinis­chen „manus agere: an der Hand führen“ ableit­en lässt, ist schon hier­aus zu fol­gern, dass ein Man­ag­er für Sicher­heit und Gesund­heit neben sein­er Fachkom­pe­tenz auch Führungskom­pe­ten­zen benötigt. Zu diesen Führungskom­pe­ten­zen zählen nach Mas­ing (2007) sowohl ethis­che Kom­pe­ten­zen (Werte, Visio­nen, Ver­ant­wortlichkeit, Ganzheitlichkeit, Bewusst­sein, Vor­bild) als auch soziale Kom­pe­ten­zen (Kom­mu­nika­tion, Kon­flik­tlö­sung, Entwick­lung, Begeis­terung, Integrität).
Bzgl. der Per­sön­lichkeitsmerk­male, die mit Führungser­folg ver­bun­den sind, kon­nte das Mod­ell von Bass und Avo­lio der „Trans­for­ma­tionalen Führung“ (Erweiterung des Konzeptes der Transak­tionalen Führung) empirisch vali­diert wer­den (Börn­er et al. 2007, Judge & Pic­co­lo 2004, Keller 2006). Dem­nach muss eine erfol­gre­iche Führungskraft fol­gende Auf­gaben erfüllen:
  • Führungskräfte wer­den als Vor­bilder wahrgenom­men. Sie wer­den respek­tiert und bewun­dert; sie genießen das volle Ver­trauen ihrer Mitar­beit­er; man kann sich auf sie ver­lassen, und sie wer­den hohen moralis­chen Ansprüchen gerecht. All das müssen sie sich aber zunächst erar­beit­en (“Ide­al­ized Influence“).
  • Trans­for­ma­tionale Führungskräfte motivieren und inspiri­eren, indem sie ihre Mitar­beit­er durch anspruchsvolle Ziele her­aus­fordern, Sinn und Zuver­sicht ver­mit­teln und für Teamgeist sor­gen (“Inspi­ra­tional Motivation“).
  • Trans­for­ma­tionale Man­ag­er regen die kreativ­en und inno­v­a­tiv­en Fähigkeit­en ihrer Mitar­beit­er an und ermuntern sie zu eigen­ständi­gem Prob­lem­lösen und zum kri­tis­chen Hin­ter­fra­gen von Gewohn­heit­en (“Intel­lec­tu­al Stimulation“).
  • Trans­for­ma­tionale Führungsper­so­n­en betäti­gen sich als Men­tor oder Coach und gehen auf die indi­vidu­ellen Bedürfnisse ihrer Mitar­beit­er ein. Sie kön­nen gut zuhören und entwick­eln gezielt die Fähigkeit­en und Stärken ihrer Mitar­beit­er (“Indi­vid­ual Consideration“).
Jedes Unternehmen sollte dies bei der Führungskräf­teen­twick­lung berück­sichti­gen. Eine Studie der Har­vard Uni­ver­si­ty (Nohria et al. 2003) kon­nte keine weit­eren Per­sön­lichkeitsmerk­male für den Führungser­folg belegen.
Darüber, welch­er Führungsstil (mitar­beit­er- oder auf­gabenori­en­tiert, par­tizipa­tiv, bürokratisch usw. ) beson­ders erfol­gre­ich ist, wird viel gestrit­ten. In vie­len betrieblichen Bere­ichen hat sich das Mod­ell der „sit­u­a­tiv­en Führung“ von Hersey und Blan­chard (1987) bewährt. Es set­zt am Lead­er­ship-Quad­ran­ten an und unter­schei­det die Führungsstile Unter­weisen bzw. Anweisen („Telling“), Verkaufen („Sell­ing“), Beteili­gen („Par­tizipat­ing“) und Delegieren („Del­e­gat­ing“). Als Sit­u­a­tionsvari­ablen wer­den die Fähigkeit der Mitar­beit­er bezüglich der zu real­isieren­den Auf­gabe ein­be­zo­gen. Aus­ge­hend von dem so bes­timmten Entwick­lungs­stand der Mitar­beit­er wird der geeignete Führungsstil bes­timmt (Zell 2006).
Mitar­beit­er beteiligen
Die Erfahrung und die Arbeit­en von Mal­chaire (1999, 2004, 2006, 2007) zeigen, dass es sich speziell im Arbeitss­chutz generell bewährt hat, die Mitar­beit­er par­tizip­ieren zu lassen. Der Man­ag­er für Sicher­heit und Gesund­heit sollte daher einen par­tizipa­tiv­en Führungsstil wählen.
Ein Verän­derung­sprozess, wie z.B. der Auf­bau eines Betrieb­ssicher­heits­man­age­ments als inte­gri­ertes Man­age­ment-Sys­tem, ist nur dann effizient und nach­haltig, wenn es gelingt, die Mitar­beit­er „mitzunehmen“. Dies bed­ingt eine hohe Iden­ti­fika­tion und Moti­va­tion. Eben­so fließen alle betrieblichen Erken­nt­nisse und Erfahrun­gen der Mitar­beit­er unmit­tel­bar in den Prozess ein. Dazu ist eine par­tizipa­tive Man­age­mentstrate­gie zu wählen (Sieg­mann & Tenck­hoff, 2009).
Wegge et al. (2009) beschreiben in einem Beitrag die pos­i­tiv­en Effek­te der Partizipation:
  • Förderung des unternehmerischen Denkens der Mitarbeiter,
  • Förderung höher­er Arbeitsmo­ti­va­tion und Entscheidungsgüte,
  • Förderung wirtschafts- und gesellschaft­spoli­tis­ch­er Ziele (Her­stel­lung von Lohn- und Gehaltsgerechtigkeit).
Die Welt­ge­sund­heit­sor­gan­i­sa­tion (1994) und die Inter­na­tionale Arbeit­sor­gan­i­sa­tion (2001) empfehlen seit langem, die Beschäftigten in die Gestal­tung von Sicher­heit, Gesund­heit und Wohlbefind­en am Arbeit­splatz einzubeziehen. Dies wurde auch in dem Bericht vom Inter­na­tionalen Arbeit­samt Genf zur 95. Tagung der Inter­na­tionalen Arbeit­skon­ferenz 2006 und dem Gesetz zu dem Übereinkom­men Nr. 187 (2010) unter­strichen, nach denen die inner­staatlichen Arbeitss­chutzsys­teme Vorkehrun­gen zur Förderung der Zusam­me­nar­beit auf Unternehmensebene zwis­chen Geschäft­sleitung, Arbeit­nehmern und ihren Vertretern als wesentlich­es Ele­ment von Präven­tion­s­maß­nah­men am Arbeit­splatz umfassen sollen.
Sel­biges leit­et sich auch aus den Arbeit­en von Haines & Wil­son (1998) über die Weit­er­en­twick­lung der Gesellschaft hin zu einem Mehr an Mit­spracherecht in den Organ­i­sa­tio­nen ab. Hignett et al. (2005) kom­men zu ähn­lichen Ergeb­nis­sen. Mal­chaire (1999, 2004, 2006, 2007) zeigt in seinen Arbeit­en zur par­tizipa­tiv­en Man­age­mentstrate­gie SOBANE (Screen­ing, Oberser­va­tion, Analy­sis, Exper­tise) in ganz her­vor­ra­gen­der Weise die Über­trag­barkeit des par­tizipa­tiv­en Ansatzes ger­ade auf den Arbeitss­chutz. „Par­tizipa­tion“ im Sinne Mal­chaires bedeutet dabei nicht nur die „Befra­gung“ der Mitar­beit­er mit­tels Frage­bö­gen son­dern die „direk­tive, aktive und gle­ich­stel­lende Zusam­me­nar­beit zwis­chen Arbeit­nehmern und Vorge­set­zten bei der Gestal­tung des Betrieb­slebens, wobei hin­re­ichend Infor­ma­tio­nen und Befug­nisse zu erteilen sind, um die Gesund­heit, die Sicher­heit und das Wohlbefind­en des Per­son­als sowie die tech­nis­che und wirtschaftliche Gesund­heit des Unternehmens sich­er zu stellen und auf opti­malem Niveau zu hal­ten“ (Mal­chaire 2007). Für den Mitar­beit­er bedeutet dies aber auch, dass er die Präven­tion in erster Lin­ie mit­gestal­ten soll, er ste­ht im Mit­telpunkt „sein­er“ Präven­tion und ist nicht „nur“ Zielob­jekt. Ein „gesun­des Unternehmen“ muss von der Unternehmensleitung gewollt und von den Mitar­beit­ern gestal­tet wer­den, um Nach­haltigkeit zu erzielen.
Von entschei­den­der Bedeu­tung ist es, das die Par­tizipa­tion in eine nach­haltige Strate­gie einge­bet­tet ist. Son­st beste­ht die Gefahr, dass Hand­lungsres­sourcen, die durch Par­tizipa­tion aufge­baut wur­den, im täglichen Arbeit­shan­deln nicht genutzt wer­den kön­nen und ver­mut­lich sog­ar wieder ver­loren gehen (Preußn­er 2003).
Ger­ade bei der Ein- und Durch­führung von Gesund­heit­spro­jek­ten hängt der Erfolg in entschei­den­dem Maße von der Unter­stützung durch die Unternehmensführung ab. Durch man­gel­nde Ein­beziehung und fehlende Infor­ma­tion durch die Unternehmensführung wird das mit­tlere Man­age­ment verun­sichert und es entwick­elt Skep­sis gegenüber dem Pro­jekt, die sich auf die Mitar­beit­er überträgt (Friczews­ki et al. 1994).
Das Arbeitss­chutzge­setz und ger­ade die neue DGUV Vorschrift 2 bieten mit ihrer Flex­i­bil­ität Unternehmen die Chance, einen dynamisierten und umfassenden Arbeits- und Gesund­heitss­chutz als Katalysator für eine effiziente Per­son­al­strate­gie und ‑arbeit zu nutzen und in betriebliche Prozesse zu integrieren.
Die Mitar­beit­er­führung und ‑moti­va­tion spielt in jedem Man­age­mentsys­tem eine entschei­dende Rolle. So natür­lich auch in der Betrieb­ssicher­heit. Ver­fü­gen die Führungskräfte neben ihrer notwendi­gen Fachkom­pe­tenz über die eben­falls notwendi­ge hohe Sozialkom­pe­tenz, so wird es ihnen gelin­gen, den Mitar­beit­ern auch bei diesen so genan­nten weichen Fak­toren Vor­bild zu sein und sie sich­er durch den betrieblichen All­t­ag zu führen.
Schlüs­sel­po­si­tion „Sicher­heits­beauf­tragte“
Eine Schlüs­sel­rolle bei der Beteili­gung der Mitar­beit­er an der Gestal­tung von Sicher­heit und Gesund­heit spie­len die Sicher­heits­beauf­tragten (s. Abb. 3, Sieg­mann & Tenck­hoff 2010). Auch der Geset­zge­ber und die Unfal­lver­sicherungsträger sehen in den Sicher­heits­beauf­tragten die Akteure, die in den Unternehmen die Maß­nah­men des Präven­tion­sauf­trags unter­stützen und die in die Organ­i­sa­tion des Arbeitss­chutzes aktiv einzu­binden sind (FA „Organ­i­sa­tion des Arbeitss­chutzes“, 2005). Die Sicher­heits­beauf­tragten ken­nen die Stärken und Schwächen der Kol­legin­nen und Kol­le­gen, mit denen sie täglich zusam­me­nar­beit­en, und die Arbeitsver­hält­nisse vor Ort. Zur sozialen Kom­pe­tenz gehört es, diese Ken­nt­nisse bei ver­schieden­sten Anlässen engagiert zum Wohle ihrer Kol­le­gen einzubrin­gen. Die Sicher­heits­beauf­tragten sprechen die „Sprache“ der Mitar­beit­er, sie ver­fü­gen ide­al­er­weise über Fin­ger­spitzenge­fühl im Umgang mit ihren Gesprächspart­nern, und sie müssen von diesen anerkan­nt sein. Sie sind das Bindeglied zwis­chen dem Man­age­mentsys­tem und den Mitar­beit­ern in den Fra­gen von Sicher­heit und Gesund­heit und füllen die Forderung nach Mitwirkung mit Leben.
Diese Auf­gabenbeschrei­bung wird in der betrieblichen Wirk­lichkeit haupt­säch­lich klein­er und mit­tlerer Unternehmen jedoch nicht über­all 1:1 umge­set­zt. Der Sicher­heits­beauf­tragte wird zwar häu­fig for­mal bestellt bzw. bes­timmt, besitzt allerd­ings nicht immer die notwendi­ge fach­spez­i­fis­che Aus- und/oder Fort­bil­dung und ist auch häu­fig nicht so in die Arbeitss­chut­zor­gan­i­sa­tion des Betriebes einge­bun­den, dass er erfol­gre­ich und effizient im Sinne des Arbeitss­chutzes wirken kann. In anderen Betrieben – vor allem in größeren Betrieben – besitzen Sicher­heits­beauf­tragte häu­figer als Ansprech­part­ner für ihre Kol­le­gen im Betrieb Fachken­nt­nisse im Arbeitss­chutz und set­zen diese engagiert und tatkräftig zum Wohl aller Beschäftigten um (FA „Organ­i­sa­tion des Arbeitss­chutzes“, 2005; Wittmann & Sieg­mann, 2010). Um diesen Zus­tand in allen Betrieben zu erre­ichen, bedarf es ein­er Aufw­er­tung der Rolle des Sicher­heits­beauf­tragten im betrieblichen Man­age­ment von Sicher­heit und Gesundheit.
Sicher­heits­beauf­tragte kön­nen nur dann erfol­gre­ich tätig sein, wenn sie im Betrieb bre­ite Unter­stützung erfahren und geeignete – vom Man­age­ment zu gestal­tende – Rah­menbe­din­gun­gen vorfind­en. Wit­tke (2006) kon­nte die Bedeu­tung der Rah­menbe­din­gun­gen für den Trans­fer dessen, was Sicher­heits­beauf­tragte in ihren Lehrgän­gen ler­nen, gut her­ausar­beit­en: Für geringe Trans­fer­erfolge waren in der Wahrnehmung der Sicher­heits­beauf­tragten über­wiegend die betrieblichen Bedin­gun­gen vor Ort, d.h. im Trans­fer­um­feld ver­ant­wortlich. Ins­ge­samt waren dies (77%) aller Trans­fer­bar­ri­eren. Allein der Fak­tor Zeit und die Weigerung der Kol­le­gen, den Auf­forderun­gen des Sicher­heits­beauf­tragten nachzukom­men, ergaben rund 50% der Nen­nun­gen. Die Präven­tion­skom­pe­tenz, die der Sicher­heits­beauf­tragte für eine erfol­gre­iche Aus­führung seines Amtes benötigt, bezieht auch sein Umfeld, d.h. seinen Arbeit­splatz sowie die Sicher­heit­skul­tur mit ein. Eine Sicher­heit­skul­tur auf hohem Niveau erhöht nicht nur die Bere­itschaft Sicher­heitsvorschriften einzuhal­ten, sie geht auch mit Bedin­gun­gen ein­her, die Stress­be­las­tun­gen am Arbeit­splatz reduzieren und so die pos­i­tive Wirkung auf die Gesund­heit und Leis­tungs­fähigkeit der Mitar­beit­er poten­ziert (Wit­tke, 2006).
Die Sicher­heits­beauf­tragten sind die Ansprech­part­ner für die Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und Betrieb­särzte (Wittmann & Sieg­mann, 2010). Die Entwick­lung der Fachkräfte für Arbeitssicher­heit hin zu „Man­agern für Sicher­heit und Gesund­heit“ sowie die Entwick­lung der Betrieb­särzte hin zu „Betrieblichen Gesund­heits­man­agern“ erfordert somit auch eine Entwick­lung der Sicher­heits­beauf­tragten hin zu „Beauf­tragten für Sicher­heit und Gesund­heit“. Anson­sten wird eine Lücke entste­hen, der Kon­takt bricht ab und eine erfol­gre­iche Par­tizipa­tion wird nicht mehr möglich sein (s. Abb. 1 und 2). Der Begriff „Beauf­tragter für Sicher­heit und Gesund­heit“ konkretisiert seine Auf­gaben­stel­lung im Unternehmen und verdeut­licht die fach­liche Anbindung an den „Man­ag­er für Sicher­heit und Gesund­heit“ und auch den „Betrieblichen Gesund­heits­man­ag­er“ und damit die Ein­bindung in eine ganzheitliche betriebliche Sicher­heits- und Gesund­heit­sor­gan­i­sa­tion (s. Abb. 1). So fordert es ja auch die BGV A1 in § 20: „(2) Die Sicher­heits­beauf­tragten haben den Unternehmer bei der Durch­führung der Maß­nah­men zur Ver­hü­tung von Arbeit­sun­fällen, Beruf­skrankheit­en und arbeits­be­d­ingten Gesund­heits­ge­fahren zu unter­stützen,…..“ sowie in „(4) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass die Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und Betrieb­särzte mit den Sicher­heits­beauf­tragten eng zusam­men­wirken.“. Eine Weit­er­en­twick­lung des Sicher­heits­beauf­tragten hin zum „Beauf­tragten für Sicher­heit und Gesund­heit“ set­zt somit die Forderun­gen der BGV A1 in ide­al­er Weise um!
Beauf­tragter für Sicher­heit und Gesundheit
Diese Weit­er­en­twick­lung sollte aber auch mit ein­er angemesse­nen Posi­tion im Betrieb belohnt wer­den. Bish­er sind die klas­sis­chen Sicher­heits­beauf­tragten ehre­namtlich tätig, was ihnen auch einen gewis­sen Schutz vor Rechts­fol­gen bietet. Damit bleibt ihnen aber auch gle­ichzeit­ig viel Anerken­nung für ihre wichtige Basis­ar­beit voren­thal­ten. Durch ihr beson­deres betrieblich­es Inter­esse, sowie ihre hohe Fach- und Sozialkom­pe­tenz wer­den sie sich als „Beauf­tragte für Sicher­heit und Gesund­heit“ zu Spezial­is­ten im Unternehmen entwick­eln. Jed­er Spezial­ist im Unternehmen erhält seine beson­deren Qual­i­fika­tio­nen bezahlt. Warum dann nicht auch die Beauf­tragten für Sicher­heit und Gesund­heit ? An dieser Stelle sind auch die Gew­erkschaften gefordert. Mitar­beit­er mit ein­er hohen Sozialkom­pe­tenz sind in der Lage sich sel­ber zu motivieren und sich für ihre eigene Sicher­heit und die der Kol­le­gen einzuset­zen. Erfol­gt jedoch nicht die notwendi­ge Anerken­nung und Unter­stützung, so lässt diese Moti­va­tion mit der Zeit nach und endet in Frus­tra­tion. Eine angemessene Ent­loh­nung ist ein geeignetes Mit­tel, diesem Effekt teil­weise ent­ge­gen zu wirken. Dazu gehört es auch, dass der „Beauf­tragte für Sicher­heit und Gesund­heit“ von seinem derzeit reinen „Ehre­namt“ zu einem anerkan­nten ver­ant­wortlich täti­gen Spezial­is­ten vor Ort auf­steigt. Auch wäre es in großen Betrieben denkbar, die Tätigkeit als „Beauf­tragter von Sicher­heit und Gesund­heit“ zu ein­er Voraus­set­zung zu machen für Mitar­beit­er, die mit Unter­stützung des Betriebes die Aus­bil­dung zum Meis­ter oder Tech­niker absolvieren wollen. Die Mitar­beit­er kön­nten damit ihre Sozialkom­pe­tenz demonstrieren.
Faz­it
Das Betrieb­ssicher­heits­man­age­ment ist ein sich weit­er entwick­el­ndes Man­age­mentsys­tem zur Gestal­tung, Lenkung und Entwick­lung eines Unternehmens – eines zweck­gerichteten sozialen Sys­tems – in ein­er Weise, dass die mit seinen betrieblichen Prozessen ver­bun­de­nen Risiken als akzept­abel und ver­ant­wort­bar gel­ten (May­er 2008).
Der tra­di­tionelle vorschriftenori­en­tierte Ansatz hil­ft im mod­er­nen Arbeitss­chutz nicht weit­er. Ein auf Präven­tion aus­gerichtetes, zukun­fts­fähiges Arbeitss­chutzver­ständ­nis geht vom Wertschöp­fung­sprozess aus und belegt den Nutzen der präven­tiv­en Maß­nah­men für den gesamten Wertschöp­fung­sprozess. Ein mod­ernes, sys­temisch-evo­lu­tionäres Man­age­ment-Sys­tem wie das Betrieb­ssicher­heits­man­age­ment ver­fol­gt einen ganzheitlichen Ansatz und erfüllt die zeit­gemäße Forderung nach einem opti­mal struk­turi­erten Vorge­hen sowie ver­net­ztem Wirken. Es bildet den Bezugsrah­men für das Ver­hal­ten der Mitar­beit­er und max­imiert die Wet­tbe­werb­s­fähigkeit des Unternehmens. Eben­so schafft es Rechtssicher­heit. Inner­halb des Betrieb­ssicher­heits­man­age­ments wer­den die ver­schiede­nen betrieblichen Man­age­mentsys­teme miteinan­der verknüpft (s. Abb. 3).
Das Betrieb­ssicher­heits­man­age­ment erset­zt keine vorhan­de­nen Man­age­mentsys­teme. Es ist ein oper­a­tives Instru­ment zur Bün­delung und Ver­net­zung vorhan­den­er Sys­teme, um Syn­ergien opti­mal zu nutzen und Effizien­zsteigerun­gen zu erwirken.
Autoren:
Dipl.-Min., M. Sc. BSM Sil­vester Sieg­mann E‑Mail: siegmann@ uni-duesseldorf.de
Prof. Dipl.-Ing. Bern­hard Tenck­hoff E‑Mail: bernd.tenck hoff@m‑r-t.com
Die Lit­er­at­u­rangaben kön­nen bei den Autoren oder in der Redak­tion ange­fordert wer­den: sicherheitsingenieur@konradin.de
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