Wenn Beschäftigte sich bei ihrer Arbeit sicher verhalten sollen, benötigen sie Informationen über die Gefährdungen, die an ihrem Arbeitsplatz auftreten können und wie sie sich davor schützen können. Bei Tätigkeiten mit gefährlichen Stoffen bedeutet dies, dass sie wissen, womit sie umgehen und welche Gefährdungen von diesen Produkten ausgehen. Diesem Ziel soll die neue TRGS 201 dienen, die sich mit der Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen auseinandersetzt.
Allgemeines zur TRGS 201
Die Europäischen Regelungen zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen beziehen sich lediglich auf das Inverkehrbringen von Gefahrstoffen, d.h. also auf die (außerbetriebliche) Abgabe an andere. Bisher gab es zur Frage der innerbetrieblichen Kennzeichnung von Gefahrstoffen eine Fassung der TRGS 201 vom Juli 2002, die sich aber nur auf die Einstufung und Kennzeichnung von Abfällen zur Beseitigung bezog. Darüber hinaus enthält die Gefahrstoffverordnung nur allgemein gehaltene Pflichten der Arbeitgeber,
- die Beschäftigten in einer Betriebsanweisung über die am Arbeitsplatz vorhandenen oder entstehenden Gefahrstoffe zu informieren,
- die Identifizierbarkeit von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz sicherzustellen und
- gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung mit ausreichenden Informationen
über die Einstufung, über die Gefahren und die Handhabung sowie über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen zu versehen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 GefStoffV).
In früheren Fassungen der Gefahrstoffverordnung gab es vereinzelt Regelungen über bestimmte Spezialfälle, wie z.B. die Kennzeichnung von Standflaschen in Laboratorien.
Die neue TRGS 201 vom Oktober 2011 (GMBl. Nr. 42/43 vom 24.11.2011, S. 855) beschreibt die Vorgehensweise zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen bei Tätigkeiten im Sinne von § 2 Abs. 4 Gefahrstoffverordnung. Sie gilt für alle Arten von Gefahrstoffen, ist also nicht mehr auf (bestimmte) Abfälle beschränkt.
Stoffe und Gemische einstufen und kennzeichnen
Die TRGS soll dem Arbeitgeber Hilfestellung geben, wie er Stoffe und Gemische einstufen und kennzeichnen soll, die nicht von einem Inverkehrbringer nach den Regeln des EU-Rechts eingestuft und gekennzeichnet wurden. Dies betrifft z. B. im Unternehmen selbst hergestellte Chemikalien oder Zwischenprodukte.
Dies bedeutet andererseits aber auch, dass es sinnvoll ist, Kennzeichnungen des Lieferanten auf einem Gebinde auch bei der innerbetrieblichen Verwendung dort zu belassen und zur Information der Beschäftigten zu verwenden. Dabei ist es nicht sinnvoll, Originalgebinde von der alten Kennzeichnung nach bisherigem EG-Recht auf die neue Kennzeichnung nach der CLP-Verordnung umzuetikettieren, wenn keine Informationen vom Lieferanten vorliegen, aus denen sich zusätzliche sicherheitsrelevante Informationen ergeben. Eine neue oder zusätzliche Kennzeichnung ist dagegen notwendig, wenn das Original-Etikett nicht mehr lesbar ist oder sich die Einstufung aufgrund neuer Erkenntnisse geändert hat.
Wie schon die bisherige TRGS 201 gilt die neue Regel auch für Tätigkeiten mit Abfällen – und zwar unabhängig davon, ob diese Abfälle zur Verwertung oder Beseitigung gedacht sind –, soweit es sich bei diesen Abfällen um gefährliche Stoffe oder Gemische handelt.
Die TRGS enthält auch Kennzeichnungsempfehlungen für Stoffe und Gemische, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt und noch nicht oder noch nicht hinreichend geprüft wurden.
Gliederung der TRGS 201
Die TRGS 201 gliedert sich neben dem in Technischen Regeln üblichen Anwendungsbereich und den Begriffsbestimmungen in die Hauptabschnitte
- Allgemeine Hinweise bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und
- Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen.
Dabei ist der letzte Abschnitt den weitaus umfangreichste Teil der TRGS. Darüber hinaus enthält die TRGS zwei Anlagen
- mit umfangreichen (und etwas langatmigen) Hinweisen zur Einstufung und Kennzeichnung anhand der Ausgangsstoffe oder möglicher Inhaltsstoffe bei Informationsdefiziten sowie zur
- Kennzeichnung von Rohrleitungen nach den Durchflussstoffen.
„Vollständige“ und „vereinfachte“ Kennzeichnung von Gefahrstoffen
Die TRGS 201 unterscheidet für verschiedene Anwendungsbereiche eine
- „vollständige Kennzeichnung“, die im Regelfall anzuwenden ist, und eine
- „vereinfachte Kennzeichnung“, die in bestimmten Anwendungsfällen ausreichend ist.
Abweichungen von der vollständigen Kennzeichnung setzen eine entsprechende Betriebsanweisung mit der zugehörigen Unterweisung der Beschäftigten über die an den Arbeitsplätzen auftretenden Gefahren und die Beachtung der notwendigen Schutzmaßnahmen voraus.
Bei der vereinfachten Kennzeichnung müssen mindestens die Bezeichnung des Stoffes bzw. Gemisches sowie die Gefahrenpiktogramm(e) nach CLP-Verordnung bzw. die Gefahrensymbol(e) und Gefahrenbezeichnung(en) nach bisherigem EG-Recht sowie die jeweilige(n) „Hauptgefahr(en)“ durch
- 1. physikalisch-chemische,
- 2. gesundheitsgefährdende und
- 3. umweltgefährliche Wirkungen
angegeben werden.
Gefährdungsbeurteilung entscheidend
Anders als bei der Kennzeichnung für das Inverkehrbringen macht die TRGS 201 die Entscheidung darüber, ob eine vollständige Kennzeichnung erforderlich ist oder die „vereinfachte“ Kennzeichnung ausreichen soll, vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung abhängig, weil die Kennzeichnung bei Tätigkeiten im Wesentlichen eine Warnwirkung für die Beschäftigten bei der Verwendung des Gefahrstoffs haben soll. Ist bei vereinfachter Kennzeichnung die Aussagekraft der reinen Gefahrenpiktogramme zur Beschreibung der Gefahr zu unspezifisch, kann es erforderlich sein, den Gefahrenhinweis oder andere Kurzinformationen (z.B. Bezeichnung der Gefahrenklasse) zu ergänzen.
Die Berufsgenossenschaft „Rohstoffe und Chemische Industrie“ (BG RCI) hat im Zusammenhang mit den Laborrichtlinien „Sicheres Arbeiten in Laboratorien – Grundlagen und Handlungshilfen“ (BGI/GUV‑I 850–0) für Standflaschen in Laboratorien ein solches vereinfachtes Kennzeichnungssystem mit geeigneten Kurzinformationen erarbeitet. Die dort vorgeschlagenen ergänzenden Texte im Zusammenhang mit den jeweiligen Gefahren mit Piktogrammen sind in Abb. 1 dargestellt.
Bei Gemischen ist die zusätzliche Angabe der Gefahr(en) auslösenden Komponente(n) in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung sinnvoll.
Werden bei der Gefährdungsbeurteilung mehr als eine Hauptgefahr je Art der Gefahr (physikalisch-chemische Gefahren, Gesundheits- oder Umweltgefahren) ermittelt, können die Gefahrenpiktogramme reduziert werden. Die TRGS schlägt hierfür eine bestimmte Rangfolge vor (Bild 2). Diese Rangfolgeregelung weist gewisse Ähnlichkeiten mit der Regelung in Art. 26 der CLP-Verordnung auf.
Informationsermittlung
Wie bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen steht am Anfang die Informationsermittlung und die Bewertung der Ermittlungsergebnisse.
Informationsermittlung bedeutet, dass der Arbeitgeber bei nicht ausreichend gekennzeichneten Gefahrstoffen die gefährlichen Eigenschaften – wie in § 6 GefStoffV beschrieben – ermitteln muss. Hierzu gehört die Ermittlung der gefährlichen physikalisch-chemischen und toxischen Eigenschaften der Stoffe und Gemische. Aus der Bewertung der Ermittlungsergebnisse ergibt sich dann die Einstufung.
Neben den Sicherheitsdatenblättern für Inhalts- und Ausgangsstoffe kann auch das Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis („C&L‑Inventory“) der Europäischen Chemikalienagentur ECHA genutzt werden. Dieses Verzeichnis enthält die wesentlichen Einstufungs- und Kennzeichnungsinformationen der gemeldeten und registrierten Stoffe sowie die Liste der harmonisierten Einstufungen (Tabelle 3.1 in Anhang VI der CLP-Verordnung).
Mindesteinstufung bei unzureichende Informationen
Wenn für Stoffe oder Gemische keine Daten oder entsprechende aussagekräftige Informationen zur akut toxischen, reizenden, hautsensibilisierenden oder erbgutverändernden Wirkung oder zur Wirkung bei wiederholter Exposition vorliegen, sind diese Stoffe oder Gemische bei der Gefährdungsbeurteilung zu behandeln wie in Nr. 4.2 Abs. 9 der TRGS 400 “Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen” beschrieben. Dies bedeutet, dass solche Stoffe nicht nur entsprechend § 6 Abs. 12 der Gefahrstoffverordnung als
- 1. hautreizend (R38),
- 2. Verdacht auf Erbgutveränderung (R68) und
- 3. hautsensibilisierend (R43)
angesehen werden müssen, sondern nach Nr. 4.2 Abs. 9 der TRGS 400 auch als giftig gelten, wenn keine anderen Erkenntnisse zu den gefährlichen Eigenschaften vorliegen.
Allgemeine Hinweise zur Kennzeichnung von Gefahrstoffen
Etiketten oder Kennzeichnungsschilder müssen deutlich sichtbar und dauerhaft angebracht und dürfen nicht überschrieben werden. Ungültig gewordene Etiketten und Schilder sind zu entfernen, zu überkleben oder anderweitig unkenntlich zu machen. Werden Produkte innerbetrieblich umgefüllt – z. B. aus einem größeren Liefergebinde in kleinere Gefäße, die den jeweiligen Anforderungen am Arbeitsplatz besser angepasst sind – so kann der Arbeitgeber entweder eine „Kopie“ der Liefer-Kennzeichnung auch auf diesem Gefäß anbringen oder diese Gefäße nach den Regelungen der TRGS 201 kennzeichnen.
Kennzeichnungen auf entleerten Verpackungen sind solange zu erhalten, bis die Verpackung gereinigt worden ist.
Können auf Kleinstgebinden wie Ampullen, Probenahmeröhrchen oder Vials für die Analytik Gefahrenpiktogramme aus Platzgründen nicht angebracht werden, reicht die Angabe des Stoffnamens oder einer betriebsinternen Probenbezeichnung aus, wenn die Identifizierbarkeit in Verbindung mit einer Betriebsanweisung und der Unterrichtung der Beschäftigten sichergestellt ist.
Etiketten sollten gegenüber Wasser und Lösemitteln beständig sein. Die Größe der Kennzeichnungen sollte sich nach der Erkennungsweite nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR A1.3), Tabelle 2 „Vorzugsgrößen von Sicherheits‑, Zusatz- und Schriftzeichen für beleuchtete Zeichen, abhängig von der Erkennungsweite“ richten.
Stoffe oder Gemische in ortsbeweglichen Behältern
Ortsbewegliche Behälter wie
- alle Arten von Verpackungen einschließlich Großverpackungen und Großpackmittel (IBC),
- Behälter zur Zwischenlagerung,
- Behältnisse zur Probenahme oder zur Vermeidung von Tropfverlusten oder Gefäße für Rückstellmuster,
- Tanks auf Fahrzeugen, Aufsetztanks sowie Tankcontainer oder ortsbewegliche Tanks.
- Gasflaschen und ‑kartuschen sowie
- Standgefäße in Laboratorien, Apotheken und wissenschaftlichen Instituten
sind grundsätzlich entsprechend den allgemeinen Vorgaben für die innerbetriebliche Kennzeichnung (Abschnitt 4.3 der TRGS 201) zu kennzeichnen.
Ist auf Transportbehältern, etwa Tanks auf Fahrzeugen, eine Kennzeichnung nach den gefahrgutrechtlichen Vorschriften über die Beförderung der enthaltenen gefährlichen Güter vorhanden, so reicht diese Kennzeichnung aus. Gesundheitsgefahren, die nicht durch Gefahrenzettel erfasst sind, müssen jedoch zusätzlich gekennzeichnet werden, wenn diese Eigenschaften als Hauptgefahren identifiziert wurden. Dies dürfte vor allem bei chronisch-toxischen Gefahren wie etwa CMR-Gefahren oder bei sensibilisierenden Eigenschaften eine Rolle spielen, die im Transportrecht keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Werden Versandstücke zum Transport gelagert oder bereitgestellt, so genügt auf der äußeren Verpackung die Kennzeichnung nach den Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter. Dies gilt auch, wenn die Tanks selbst Bestandteile von Fahrzeugen sind und für Behälter, die während des Transports mit dem Fahrzeug fest verbunden sind.
Befinden sich Stoffe oder Gemische in ortsbeweglichen Behältern im Arbeitsgang, so kann auf eine Kennzeichnung verzichtet werden, wenn eine solche technisch oder aus anderen Gründen nicht möglich ist; dies kann etwa der Fall sein bei
- kurzzeitigem Gebrauch,
- häufig wechselndem Inhalt oder
- fehlender Zugangsmöglichkeit.
In diesem Fall müssen die enthaltenen Stoffe oder Gemische, die von ihnen ausgehenden Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen anhand betrieblicher Unterlagen für die Beschäftigten zweifelsfrei identifizierbar und bekannt sein. Dies erfolgt in der Regel durch Betriebsanweisungen und Unterweisung.
Stoffe oder Gemische in ortsfesten Einrichtungen
Für ortsfeste oder stationäre Behälter wie Lagertanks und ‑silos, die keine Stoffe im Produktionsgang enthalten, ist eine vereinfachte Kennzeichnung ausreichend.
Bei Kennzeichnung von Gefahrstoffen nach bisherigem EG-Recht können an Stelle der Gefahrensymbole nach diesen Richtlinien auch die entsprechenden Symbole nach Anhang II der Richtlinie zur Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz (92/58/EWG – gelbe Dreiecke mit schwarzem Rand) verwendet werden. Bei Kennzeichnung nach CLP-Verordnung ist dies nicht zulässig.
Bei Tanklägern kann die Kennzeichnung anstatt am Einzeltank alternativ auf einer Übersichtstafel im Zugangsbereich des Tanklagers angebracht werden, sofern die Einzelbehälter eindeutig identifizierbar sind. Entnahme- und Probenahmestellen müssen dabei zusätzlich gekennzeichnet werden.
Für Stoffe oder Gemische, die unverpackt in loser Schüttung gelagert werden, gelten die gleichen Regelungen wie für Lagerbehälter, einschließlich der Möglichkeit, Symbole nach Anhang II der Richtlinie zur Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz zu verwenden.
Für unverpacktes Ammoniumnitrat enthaltende Gemische sind am Ort der Lagerung die speziellen Regelungen gemäß TRGS 511 “Ammoniumnitrat” zu beachten.
Für Rohrleitungen, in denen gefährliche Stoffe bzw. Gemische von einer Anlage zu einer anderen oder auf einem Werksgelände von einem Betriebsgebäude zu einem anderen transferiert werden, reicht eine vereinfachte Kennzeichnung wie bei Lagerbehältern aus.
Dies gilt jedoch nicht für solche Leitungen, die Stoffe bzw. Gemische im Produktionsgang enthalten. Die Kennzeichnung ist bevorzugt an den gefahrenträchtigen Stellen der Rohrleitungen anzubringen. Solche Stellen liegen insbesondere dort vor, wo Beschäftigte Tätigkeiten ausüben oder eine erhöhte Verwechslungsgefahr besteht. Dies sind beispielsweise
- Armaturen,
- Schieber,
- Anschluss- und Abfüllstellen sowie
- Wanddurchbrüche.
Die Kennzeichnung von Gefahrstoffen kann durch Angabe der Fließrichtung ergänzt werden. Die Kennzeichnung der Durchflussstoffe kann zusätzlich farblich differenziert werden, z. B. durch Verwendung unterschiedlicher Farben der Schilder, Etiketten oder der Leitung selbst. Anlage 2 der TRGS 201 enthält eine Tabelle dieser farblichen Differenzierung nach DIN 2403 (Tabelle 2). Auf die Verwendung des Piktogramms GHS04 „Gasflasche“ sollte verzichtet werden.
Stoffe bzw. Gemische in ortsfesten Einrichtungen befinden sich im Produktionsgang, solange sie Bestandteil des Herstell- oder Verarbeitungsprozesses sind. Hierzugehören z. B. Stoffe in
- Reaktoren,
- Rührkesseln,
- Kolonnen,
- Pumpen,
- Wärmetauschern,
- Zwischenbehältern oder
- Rohrleitungen innerhalb einer Anlage.
Lagertanks und Rohrleitungen zu anderen Anlagen fallen nicht unter den Produktionsgang. Innerhalb des Produktionsgangs kann auf eine Kennzeichnung verzichtet werden, wenn sie aus technischen oder anderen Gründen nicht möglich ist. Dies kann z.B. der Fall sein bei
- kurzzeitigem Gebrauch,
- häufig wechselndem Inhalt oder
- fehlender Zugangsmöglichkeit.
In diesem Fall müssen die enthaltenen Stoffe bzw. Gemische jedoch eindeutig identifizierbar sein. Die von ihnen ausgehenden Gefahren (H- bzw. R‑Sätze) und die erforderlichen Schutzmaßnahmen müssen den Beschäftigten durch Betriebsanweisungen und Unterweisungen bekannt sein. Ist eine Kennzeichnung in sinnvoller Weise technisch möglich, muss diese bevorzugt an den gefahrenträchtigen Stellen angebracht werden.
Kennzeichnung von Abfällen
Wenn Abfälle gefährliche Stoffe oder Gemische im Sinne der Gefahrstoffverordnung sind, unterliegen sie den Vorschriften für die innerbetriebliche Kennzeichnung nach § 8 Abs. 2 GefStoffV, soweit Tätigkeiten mit solchen Abfällen verrichtet werden. Dabei spielt es – im Gegensatz zur bisherigen TRGS 201 – keine Rolle, ob es sich um Abfälle zur Verwertung oder zur Beseitigung handelt.
In welcher Weise und in welchem Umfang eine Kennzeichnung erfolgt, ist auch bei Abfällen vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung abzuleiten. Auch bei Abfällen basiert die Kennzeichnung auf einer Einstufung. Diese soll in der Regel auf bekannte Daten zurückgeführt werden. Analytische Prüfungen sind in der Regel nicht erforderlich.
Kann die Abwesenheit einstufungsrelevanter gefährlicher Stoffe nicht ausgeschlossen bzw. das Unterschreiten von Konzentrationsgrenzwerten nicht sichergestellt werden, ist die jeweils schärfere Einstufung (Gefahrenkategorie) heranzuziehen. Bei einer gefahrgutrechtlichen Einstufung kann diese unmittelbar für die gefahrstoffrechtliche Einstufung herangezogen werden.
Gefäße oder Behälter zur Erfassung, Sammlung und Aufbewahrung von Abfällen sind vor der ersten Befüllung zu kennzeichnen. Bei Gefahrstoffen, die z. B. etwa wegen Überschreitung der Mindesthaltbarkeit ungebraucht als Abfall entsorgt werden, sollte die Einstufung und Kennzeichnung des Liefergebildes unverändert übernommen werden. Dabei kann z. B. die Bezeichnung des Stoffes oder Gemisches durch den Zusatz „Abfall“ ergänzt werden.
Bei der Verwertung oder Beseitigung von Abfällen reicht innerbetrieblich – auch bei der Sammlung und Lagerung in Mulden – die vereinfachte Kenzeichnung aus. Bei Abfällen mit gleichbleibender und bekannter Zusammensetzung ist die Bildung verschiedener Abfallfraktionen mit vorgegebener Kennzeichnung der Sammelbehälter sinnvoll.
Bei hautätzenden oder korrosiven Abfällen sollte zusätzlich angegeben werden, ob der Abfall sauer oder alkalisch reagiert. Asbest-haltige Abfälle sind nach Anhang XVII Anlage 7 der REACH-Verordnung zu kennzeichnen, für Abfälle von Mineralfasererzeugnissen gilt Nr. 4 der TRGS 521 “Abbruch‑, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineralwolle”.
Forschung und Entwicklung
Auch bei Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen zu Forschungs- und Entwicklungszwecken oder für wissenschaftliche Lehrzwecke muss sichergestellt sein, dass die eingesetzten Stoffe oder Gemische eindeutig identifizierbar sind. Die Identifizierung muss einen Rückschluss auf die Zusammensetzung ermöglichen, z. B. durch Eintragungen in ein Laborbuch. Die Vorgaben für die Aufzeichnung und Archivierung dieser Daten sollten sinnvollerweise in einem Managementsystem festgelegt werden, in dem die Zuständigkeiten und Vorgehensweisen in der Organisation festgelegt sind.
Soweit die Eigenschaften bzw. Gefährlichkeitsmerkmale der Stoffe oder Gemische bekannt sind, sind die Behältnisse oder Verpackungen mit Kennzeichnungen für die bekannten bzw. möglichen Gefahren für die Gesundheit und die Umwelt gemäß den allgemeinen Vorgaben nach Nr. 4.3 der TRGS 201 zu versehen.
Werden Stoffe oder Gemische für die produkt- oder verfahrensorientierte Forschung und Entwicklung in Verkehr gebracht, sind die Kennzeichnungsregeln für das Inverkehrbringen anzuwenden. Wenn keine ausreichenden Informationen vorliegen, ist mindestens eine „vereinfachte“ Kennzeichnung anzubringen. In diesem Fall wird empfohlen, zusätzlich den Hinweis „Achtung – noch nicht vollständig geprüfter Stoff.“ bzw. bei Gemischen: „Achtung – dieses Gemisch enthält einen noch nicht vollständig geprüften Stoff“ anzubringen.
Anlage 1 zu TRGS 201
Anlage 1 zu TRGS 201 enthält Hinweise zur Einstufung und Kennzeichnung anhand der Ausgangsstoffe oder möglicher Inhaltsstoffe bei Informationsdefiziten. Neben einigen allgemeinen Hinweisen zur Gefährdungsermittlung, zur Einstufung und zur Kennzeichnung enthält diese Anlage besondere Hinweise hinsichtlich
- physikalischer Gefahren,
- Gesundheitsgefahren und von
- Umweltgefahren.
Den umfangreichsten Teil dieser Anlage nehmen die Hinweise zur Einstufung und Kennzeichnung der Gesundheitsgefahren ein. Als Kriterien werden hier im Wesentlichen die Kennzeichnungsgrenzen aus der Zubereitungsrichtlinie (1999/45/EG) bzw. der CLP-Verordnung genannt.
Für den Fall, dass keine ausreichenden Informationen für eine Einstufung von Gemischen nach den Regeln der CLP-Verordnung bzw. gemäß der Zubereitungsrichtlinie vorliegen, wird eine Mindest-Einstufung oder ‑Kennzeichnung genannt, die in der Regel der jeweils niedrigsten Kategorie des jeweiligen Gefährlichkeitsmerkmals entspricht. Bei akut toxischen Gefahren Ist mindestens von einer Wirkung der Kategorie 3 auszugehen und entsprechend dem Aufnahmeweg mit Totenkopf und H331, H311 oder H301 bzw. entsprechend nach RL 1999/45/EG mit T; R23, R24 oder R25 zu kennzeichnen.
Zusammenfassung: Einstufung und Kennzeichnen von Gefahrstoffen
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die TRGS 201 – natürlich – eng an die Regelungen zur Einstufung und Kennzeichnung beim Inverkehrbringen anlehnt. Aufgrund der häufig unzureichenden Informationen über am Arbeitsplatz verwendete Stoffe und Gemische werden jedoch Erleichterungen gewährt, deren Ausmaß sich am Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung orientiert.
Aufgrund der häufig betriebsspezifischen Informationen der betroffenen Arbeitnehmer wird für zahlreiche Fälle die Möglichkeit für eine „vereinfachten Kennzeichnung“ eröffnet; hierfür ist jedoch das Vorliegen einer Betriebsanweisung und einer entsprechenden Unterrichtung der betroffenen Arbeitnehmer erforderlich.
Festzuhalten bleibt weiterhin, dass der Anwendungsbereich dieser TRGS wesentlich weiter reicht als derjenige der bisherigen TRGS 201, die sich ausschließlich auf Abfälle zur Verwertung bezog.
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