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Kennzahlen für die Gesundheit

Für die Praxis
Kennzahlen für die Gesundheit

Kennzahlen für die Gesundheit
Foto: © aeroking – Fotolia.com
Wie Betriebe die Wirk­samkeit ihres BGM fest­stellen kön­nen, fand Aufmerk­samkeit auf der Cor­po­rate Health Con­ven­tion in Stuttgart 2013. Oliv­er Walle von der Deutschen Hochschule für Präven­tion und Gesund­heits­man­age­ment stellte prax­is­taugliche Kennz­if­fern vor.

Dr. Adel­heid Weßling

Das Betriebliche Gesund­heits­man­age­ment (BGM) find­et seit eini­gen Jahren viel Zus­pruch. Es soll die ver­schiede­nen Gesund­heit­sak­tiv­itäten in den Betrieben strate­gisch zusam­men­führen und den Nutzen für das Unternehmen aufzeigen. 1989 wurde die Betriebliche Gesund­heits­förderung als Leis­tung der Geset­zlichen Kranken­ver­sicherung einge­führt und ergänzt sei­ther die Arbeitss­chutz- und Arbeitssicherheitsbestimmungen.
BGM scheint sich zu ren­tieren. Je Euro wer­den Einsparun­gen um min­destens das Dop­pelte erwartet, die sich aus der Reduk­tion von krankheits­be­d­ingten Fehlzeit­en ergeben. Dies bele­gen nationale und inter­na­tionale Stu­di­en (vgl. IGA-Report 13). Glob­al betra­chtet sind Unternehmen, die in die Gesund­heit ihrer Mitar­beit­er investieren, wirtschaftlich erfol­gre­ich­er als andere Unternehmen. Doch wie lässt sich der Nutzen auf betrieblich­er Ebene nach­weisen? Und wie kön­nen Betriebe ihre Maß­nah­men opti­mieren? „Hier­für sind Kenn­zahlen erforder­lich“, sagt Oliv­er Walle, Hochschul­dozent und BGM-Berater aus Saar­brück­en. „Ide­al wäre eine Art Fieberther­mome­ter, mit dem wir die wichtig­sten Para­me­ter, die Gesund­heit­squote, das Engage­ment und Burnout-Risiko der Beschäftigten sowie die Pro­duk­tiv­ität auf einen Blick erfassen und mit unseren Wun­schvorstel­lun­gen abgle­ichen kön­nen. Allerd­ings evaluieren erst wenige Unternehmen ihr BGM sys­tem­a­tisch, große häu­figer als kleine. Oft entschei­det das Bauchge­fühl, manch­mal der Kranken­stand, ob eine Maß­nahme fort­ge­führt wird.“
SMART spez­i­fisch und mess­bar, adäquat, real­is­tisch, terminiert
Lohnt sich ein BGM für den Betrieb finanziell? Erhöhen ergonomis­che Arbeit­splätze, gesund­heit­sori­en­tierte Führung oder voll­w­er­tige Kan­ti­nenkost die Pro­duk­tiv­ität? Sind die Erfolge nach­haltig? Den Return on Invest (ROI) kann ein Betrieb anhand von Stu­di­en abschätzen, doch kaum selb­st nach­weisen. Eben­so wenig kön­nen die Betriebe messen, welchen Effekt einzelne Maß­nah­men tat­säch­lich erzielt haben. Zu vielfältig sind die inter­nen und exter­nen Fak­toren, die den Gesund­heit­szu­s­tand der Mitar­beit­er und die Pro­duk­tiv­ität eines Unternehmens beeinflussen.
Welche Kenn­zahlen bess­er für eine betrieb­sin­terne Bew­er­tung des BGM geeignet sein kön­nen, hat Walle zusam­mengestellt (siehe Tabelle). Kennz­if­fern, die mit „grün“ bew­ertet sind, stützen sich auf gängige Betrieb­ssta­tis­tiken. Hierzu zählen Unfälle pro Quar­tal oder im Jahr, Leit­merk­male zur Gefährdungs­beurteilung von manuellen Hebe- und Tragevorgän­gen, krankheits­be­d­ingte Fehlzeit­en, demografis­che Entwick­lung und die Zahl der BEM-Berechtigten. Die Dat­en liegen in der Regel vor, müssen aber oft noch sys­tem­a­tisch aus­gew­ertet wer­den. „Gelbe“ Kennz­if­fern sind gle­ich­falls prax­is­tauglich. Sie zu erheben, erfordert einen erhöht­en Aufwand sowie Fach- und Ver­fahrensken­nt­nisse, da sie sich nicht unmit­tel­bar aus den geset­zlich vorgegebe­nen oder unmit­tel­bar organ­i­sa­tion­srel­e­van­ten Betrieb­ssta­tis­tiken ableit­en lassen. Sie sind sub­jek­tiv geprägt und kön­nen in Mitar­beit­er­be­fra­gun­gen oder Gespräch­srun­den wie Gesund­heit­szirkeln gewon­nen wer­den. Beispiel hier­für sind die soge­nan­nten weichen Kennz­if­fern wie Zufrieden­heit, Burnout-Risiko, Moti­va­tion, Mitar­beit­er­führung und gesund­heit­srel­e­vante Ver­hal­tensweisen. Für den Arbeitss­chutz sind die Nohl-Werte zu nen­nen, mit­tels der­er Sicher­heit­sex­perten auf ein­er Skala von 0 bis 7 die Wahrschein­lichkeit des Ein­tretens und den Schw­ere­grad ein­er Gefährdung bew­erten. Grund­sät­zlich gilt: je konkreter beschrieben wer­den kann, was gemessen wer­den soll, desto bess­er kön­nen die benötigten Dat­en erhoben wer­den, desto valid­er die Ergebnisse.
Kranken­stand – leicht zu messen, schw­er zu interpretieren
Wenn Unternehmen mit Gesund­heits­maß­nah­men starten, ori­en­tieren sie sich oft an der Entwick­lung der krankheits­be­d­ingten Fehlzeit­en. Seit 2007 steigt der Kranken­stand in den Betrieben wieder leicht an. Er liegt bei knapp vier Prozent aller Pflicht­mit­glieder in der geset­zlichen Kranken­ver­sicherung. Betrieb­sin­terne Auswer­tun­gen kön­nen zu höheren Kranken­stän­den führen, da Betriebe bere­its den ersten Krankheit­stag zählen und sich bei ihren Berech­nun­gen auf die Zahl der Beschäftigten und Arbeit­stage beziehen, statt auf die Summe der Ver­sicherten­jahre pro Kalen­der­jahr. „Der einzelne Betrieb ist daher schlecht berat­en, sich an der Kranken­stand­sta­tis­tik der Kassen zu messen“, fol­gert Walle. „Trotz­dem sind die Kassendat­en wichtig, um Branchen­trends zu erkennen.“
Über­durch­schnit­tlich hohe Kranken­stände deuten auf Hand­lungs­be­darfe in einzel­nen Abteilun­gen oder Pro­duk­tion­sstät­ten hin. Doch wäre es ein Trugschluss davon auszuge­hen, dass niedrige Kranken­stände ein Garant für gesunde Mitar­beit­er und wirtschaftlichen Erfolg sind. Nach Arbeit­nehmer­be­fra­gun­gen geben mehr als zwei Drit­tel der Beschäftigten an, in den ver­gan­genen zwölf Monat­en trotz eingeschränk­ter Arbeits­fähigkeit gear­beit­et zu haben (Präsen­tismus), ein Drit­tel sog­ar gegen ärztlichen Rat (vgl. BKK Report 2011).
Die Pro­duk­tion­saus­fall­skosten durch Präsen­tismus wer­den sog­ar höher ver­an­schlagt als bei krankheits­be­d­ingten Fehlzeit­en (vgl. Steineke / Badu­ra 2011). „Method­isch ist es schw­er, die Präsen­tismus-Kosten exakt zu bes­tim­men“, sagt Walle. „In der Pro­duk­tion kann man die Stück­zahl zählen, aber die Qual­ität müsste zusät­zlich geprüft wer­den. Noch aufwändi­ger wird es, die Pro­duk­tiv­ität geistiger Tätigkeit­en bei eingeschränk­ter Arbeits­fähigkeit festzustellen. Fern­er sind Kosten zu beacht­en, wenn sich die krankheits­be­d­ingten Fehlzeit­en ver­schieben und ver­längern.“ Ein Gewin­nerteam des Copo­rate Health Awards 2011 berichtete, dass seit Ein­führung eines sys­tem­a­tis­chen BGM der Kranken­stand gestiegen sei. Möglicher­weise sind zeit­gle­ich die Präsen­tismus-Fol­gekosten gesunken, doch fehlen Dat­en hierzu. Der Kranken­stand ist daher als Erfol­gskennz­if­fer für das BGM wenig geeignet, auch wenn er eine wichtige Kennz­if­fer bleibt, um den Sta­tus quo zu beschreiben.
Blicke wech­seln
Welche Kenn­zahlen adäquat sind, Erfolge und Mis­ser­folge zu messen, hängt von den Zie­len ab, die ein Betrieb mit dem BGM erre­ichen möchte. Diese kön­nen kurzfristig und leicht mess­bar sein wie die Teil­nah­mer­ate an einem Fit­nes­sange­bot. Mit­tel­fristig wäre eine Erhöhung der Mitar­beit­erzufrieden­heit zu erre­ichen. Langfristig und kom­plex ist das Ziel, die Arbeits­fähigkeit der Beschäftigten bis zum Rentenal­ter zu erhal­ten. Let­zteres erfordert real­is­tis­che und oper­a­tional­isier­bare Teilziele, die zu einem bes­timmten Zeit­punkt erre­icht sein sollen. Im Con­trol­ling heißt es: „If you can’t mea­sure it, you can’t man­age it.” Kenn­zahlen sind wichtig, um die Prozesse zu steuern und Ziele zu erre­ichen. Ander­er­seits messen Kenn­zahlen nur das, was sie messen sollen. Mit anderen Worten: Die Art der Prü­fung bes­timmt, wie wir ler­nen. Die Gefahr ist groß, dass nicht gemessene oder nicht mess­bare Fak­toren aus dem Blick­feld ger­at­en. Ein nach­haltig erfol­gre­ich­es BGM sollte daher seine Kennz­if­fern regelmäßig hin­ter­fra­gen und sich neu fokussieren kön­nen. Den Vor­trag von Oliv­er Walle gibt es zum Down­load unter www.gesundheitimbetrieb.de/chc
Autorin
Dr. Adel­heid Weßling freie Jour­nal­istin, Düsseldorf
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