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Substitution von Gefahrstoffen die Grundlagen

Substitution von Gefahrstoffen - Teil 2
Die Grundlagen beim Ersatz von Gefahrstoffen

Der erste Teil dieser Artikel­rei­he zu Sub­sti­tu­tion in Aus­gabe 07/2015 des Sicher­heitsin­ge­nieurs befasste sich mit rechtlichen Aspek­ten und all­ge­meinen Infor­ma­tio­nen zum The­ma. Der vor­liegende zweite Teil geht auf die Grund­la­gen der Sub­sti­tu­tion ein. Wann sollte eine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung durchge­führt wer­den? Wie doku­men­tiert man diese? Wer sollte an ein­er Sub­sti­tu­tion­sprü­fung beteiligt wer­den? Wann ist eine Sub­sti­tu­tion möglich, wann eher nicht? Welche erhöht­en Anforderun­gen sind z.B. bei der Sub­sti­tu­tion kreb­serzeu­gen­der Stoffe zu beachten?“

Dr. Bir­git Stöffler

Die Sub­sti­tu­tion von Stof­fen oder Ver­fahren ist ein sehr kom­plex­er Prozess. Im fol­gen­den Abschnitt wird beschrieben, welche Aspek­te bei ein­er Sub­sti­tu­tion zu beacht­en sind.
 

Substitution – Substitutionsprüfung

Oft wer­den die Begriffe
  • „Sub­sti­tu­tion“ und
  • „Sub­sti­tu­tion­sprü­fung“
miteinan­der verwechselt.
 
Die Gefahrstof­fverord­nung fordert im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung „zunächst“ eine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung – also eine Prü­fung auf Möglichkeit­en ein­er Substitution:
Gef­Stof­fV: § 6 Infor­ma­tion­ser­mit­tlung und Gefährdungsbeurteilung
(8) Der Arbeit­ge­ber hat die Gefährdungs­beurteilung (…) zu doku­men­tieren; dabei sind anzugeben (…) das Ergeb­nis der Prü­fung auf Möglichkeit­en ein­er Substitution (…)
 
Die Durch­führung, also die Sub­sti­tu­tion selb­st, gilt als vor­rangige Maß­nahme, um Gesund­heit und Sicher­heit der Beschäftigten sicherzustellen:
Gef­Stof­fV: § 7 Grundpflichten
(3) Der Arbeit­ge­ber hat auf der Grund­lage des Ergeb­niss­es der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung (…) vor­rangig eine Sub­sti­tu­tion durchzuführen. (…)
Es geht zunächst darum, die Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion zu prüfen. Eine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung kann auch zu dem Ergeb­nis führen, dass eine Sub­sti­tu­tion nicht möglich ist.
 

Prü­fung vor Auf­nahme der Tätigkeit

Eine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung muss immer vor Auf­nahme der Tätigkeit durchge­führt und doku­men­tiert werden.
 
Gef­Stof­fV: § 6 Infor­ma­tion­ser­mit­tlung und Gefährdungsbeurteilung
(8) Der Arbeit­ge­ber hat die Gefährdungs­beurteilung (…) erst­mals vor Auf­nahme der Tätigkeit zu dokumentieren (…)
 
Prü­fung am Beginn der Produktentwicklung
Bere­its bei „klein­vo­lu­mi­gen“ Labor­men­gen („Mil­li­liter“) sollte im Rah­men der Pro­duk­ten­twick­lung eine Sub­sti­tu­tion berück­sichtigt werden.
Darauf wird z.B. in der DGUV Infor­ma­tion 213–850 hingewiesen:
DGUV Infor­ma­tion 213–850:
  • 3.6 Sub­sti­tu­tion von Gefahrstoffen
Pro­duk­ten­twick­lung
Bei der Pro­duk­ten­twick­lung sollte bere­its im Labor berück­sichtigt wer­den, ob nicht Gefahrstoffe einge­set­zt wer­den, die in späteren Sta­di­en der Entwick­lung, Pro­duk­tion oder Ver­mark-tung prob­lema­tisch sein können.
Wer­den dann in der Pro­duk­tion größere Men­gen („Kubik­me­ter“) hergestellt oder ver­wen­det, ist es wesentlich aufwendi­ger, diese Stoffe zu ersetzen.
 
Prü­fung je nach Menge
Die Verpflich­tung zur Sub­sti­tu­tion­sprü­fung gilt für ALLE (!) Men­gen­bere­iche, auch für geringe Men­gen (Ein­satz von nur „weni­gen“ Mil­li­litern oder Gramm im Labor).
 
Doku­men­ta­tion
Eine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung muss doku­men­tiert werden.
Gef­Stof­fV: § 6 Infor­ma­tion­ser­mit­tlung und Gefährdungsbeurteilung
(8) Der Arbeit­ge­ber hat die Gefährdungs­beurteilung (…) zu dokumentieren (…)
 
Genaue Vor­gaben, wie eine Doku­men­ta­tion ausse­hen kann, sind wed­er in der Gefahrstof­fverord­nung noch in der TRGS 600 näher beschrieben. Die TRGS 600 ver­weist jedoch auf die Möglichkeit, die Sub­sti­tu­tion­sprü­fung in ein erweit­ertes Gefahrstof­fverze­ich­nis aufzunehmen. Bei der Frage, wie das Ergeb­nis ein­er Sub­sti­tu­tion for­muliert wer­den kann, gibt die TRGS zudem Hil­festel­lun­gen in Form von Standardsätzen.
 
TRGS 600: 6 Dokumentation
(2) Die Doku­men­ta­tion des Ergeb­niss­es der Prü­fung auf Möglichkeit­en zur Sub­sti­tu­tion erfol­gt sin­nvoller­weise im Zusam­men­hang mit der Doku­men­ta­tion der anderen Teile der Gefährdungs­beurteilung (siehe TRGS 400). Eine Form ist nicht vorgeschrieben. Als eine Möglichkeit kann zum Beispiel das Gefahrstof­fverze­ich­nis um weit­ere Spalten/Felder ergänzt wer­den, aus denen der Zeit­punkt der Über­prü­fung, das Ergeb­nis und die Fund­stelle ergänzen­der Doku­mente her­vorge­hen. Die Ergeb­nisse der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung kön­nen durch Stan­dard­sätze beschrieben wer­den, z.B.:
Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion sind …
Keine Möglichkeit­en ein­er Substitution.
Lösung ist bere­its Ersatzlösung
Bei kreb­serzeu­gen­den, erbgutverän­dern-den und frucht­barkeits­ge­fährden­den Gefahrstof­fen der Kat­e­gorien 1 oder 2 (CLP-Verord­nung: 1A oder 1B) – zusät­zlich geregelt in § 10 der Gefahrstof­fverord­nung – müssen überdies die Gründe an-geführt wer­den, warum eine mögliche Sub­sti­tu­tion nicht umge­set­zt wird. Auch für die Begrün­dung kön­nen wieder Stan­dard­sätze aus der TRGS 600 ver­wen­det werden.
TRGS 600: 6 Dokumentation
(3) Ergibt die Sub­sti­tu­tion­sprü­fung bei Tätigkeit­en, für die ergänzende Schutz­maß­nah­men nach § 10 Gef­Stof­fV zu tre­f­fen sind, Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion, ohne dass diese umge­set­zt wer­den, so sind die Gründe zu doku­men­tieren. Dies kann in Form von Stan­dard­sätzen geschehen, z.B.
Ersat­zlö­sung tech­nisch nicht geeignet, weil …
Ersat­zlö­sung ver­ringert Gefährdung nicht aus­re­ichend, weil …
Ersat­zlö­sung betrieblich nicht geeignet, weil …
Ersat­zlö­sung ein­geleit­et, erneute Prü­fung bis …
Bere­its bei der Auf­nahme von neuen Stof­fen oder Gemis­chen in das Gefahrstof­fverze­ich­nis sollte über­prüft wer­den, ob eine Sub­sti­tu­tion möglich ist.
Die regelmäßige Aktu­al­isierung des Gefahrstof­fverze­ich­niss­es hil­ft, die Stoffe oder Gemis­che zu erken­nen, die bevorzugt sub­sti­tu­iert wer­den soll­ten (z.B. Kennze­ich­nung als kreb­serzeu­gend oder erbgutverän­dernd: H350(i) oder H340).
Beteili­gung von Fachleuten
Eine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung kann ein kom­plex­er Prozess sein, bei dem viele Aspek­te beachtet wer­den müssen. Auch sind Ken­nt­nisse aus unter­schiedlichen Berei-chen notwendig.
Auf der einen Seite sind Experten, z.B.
  • Toxikolo­gen,
  • Sicher­heits­fachkräfte oder
  • Betrieb­särzte
in die Sub­sti­tu­tion­sprü­fung einzubinden.
Diese Experten müssen aus­re­ichende Ken­nt­nisse und Erfahrun­gen zu fol­gen­den Aspek­ten haben:
  • Gefährdun­gen, die von den Stof­fen und Gemis­chen ausgehen,
  • Schutz­maß­nah­men, die je nach Gefährdung notwendig und aus­re­ichend wirk­sam sind.
Aber auch Ver­ant­wortliche des Betriebes
sind in die Sub­sti­tu­tion­sprü­fung mit einzubeziehen, z.B.
  • Meis­ter,
  • Labor­leit­er oder
  • Betrieb­sleit­er.
Nur sie ken­nen sich genau mit der bere­its im Betrieb vorhan­de­nen Ver­fahrens- und Sicher­heit­stech­nik und den vorhan­de­nen Schutz­maß­nah­men aus.
Die an der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung zu beteili­gen­den Experten und Ver­ant­wortlichen wer­den in der TRGS 600 als Fach­leute bezeichnet
TRGS 600: 3 Beteili­gung von Fachleuten
(1) Für die Analyse und Bear­beitung unter­schiedlich­er Aspek­te ist es gegebe­nen­falls nötig, Fach­leute mit aus­re­ichen­den Ken­nt­nis­sen zu unter­schiedlichen Aspek­ten der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung und bei der Erar­beitung der Sub­sti­tu­tion­slö­sun­gen zu beteili­gen. Rel­e­vante Qual­i­fika­tio­nen sind zum Beispiel Ken­nt­nisse über
Gefährdung durch Stoffe – gesund­heitliche, sicher­heit­stech­nis­che und umwelt­be­zo­gene Eigenschaf-ten,
Ver­fahren­stech­nik und prak­tis­che Produktionserfahrung,
Gefährdungs­beurteilung und Aufwand für Schutzmaßnahmen,
Auswirkun­gen der Sub­sti­tu­tion auf die Wertschöp­fungs­kette (z.B. Kun­de­nakzep­tanz) und
Ken­nt­nisse im Regelwerk.
(2) Zusät­zlich soll­ten Infor­ma­tio­nen, die in der gesamten Prozess­kette (z.B. Her­steller von Maschi­nen, Abnehmer der Pro­duk­te, Vor­liefer­an­ten) vorhan­den sind, genutzt werden.
Aufwand zu Beginn
Auf­grund des zusät­zlichen Aufwands ist die Anfangsphase ein­er Sub­sti­tu­tion oft mit vie­len Hemm­nis­sen verbunden.
Der Erfolg ein­er Sub­sti­tu­tion sollte nie kurzfristig, son­dern immer mit­tel- bis langfristig betra­chtet werden.
TRGS 600: Anlage 4 Vorge­hensweise bei der Erar­beitung von Sub­sti­tu­tion­sempfehlun­gen für Gefahrstoffe, Tätigkeit­en oder Verfahren
Prob­lemde­f­i­n­i­tion – Abwä­gung von Chan­cen und Risiken von Substitutionsmöglichkeiten
(5) Hemm­nisse in der Anfangsphase der Ein­führung von Sub­sti­tu­tion­slö­sun­gen kön­nen auch ein höher­er Preis und der Aufwand für betrieb-liche Anpas­sun­gen sein. Die Betra­ch-tung der mit­tel­fristi­gen Gesamtkosten für das betrof­fene Pro­dukt oder den betrof­fe­nen Prozess ist aber oft geeignet, dieses Prob­lem zu relativieren.
Höhere Kosten
Oft wird eine Sub­sti­tu­tion mit der Begrün­dung abgelehnt, dass die höheren Kosten nicht zu vertreten seien.
Aber: Für die Ablehnung ein­er Sub­sti­tu­tion reicht z.B. bei Stof­fen mit hoher Gefährdung das Argu­ment „höhere Kosten“ nicht immer aus.
TRGS 600: Anlage 3 Kri­te­rien für die Real­isierung der Sub­sti­tu­tion: Abwä-gungs­gründe für den betrieblichen Ein­satz von Ersat­zlö­sun­gen und zur erweit­erten Bewertung
Abwä­gungs­gründe für den betrieblichen Ein­satz von Ersatzlösungen
(11) Es ist jedoch her­vorzuheben, dass höhere Kosten ein­er Ersat­zlö­sung nicht automa­tisch zur Beurteilung „nicht anzuwen­den“ führen kön­nen. Ins­beson­dere wenn die zu erset­zen­den Stoffe eine hohe Gefährdung aus­lösen, ist der Ver­ringerung der Gefährdung ein hohes Gewicht beizumessen.
Woher weiß man, dass von dem zu erset­zen­den Stoff eine hohe Gefährdung ausgeht?
Hier hil­ft das Spal­ten­mod­ell weit­er, mit dem z.B. erkan­nt wer­den kann, dass kreb­serzeu­gende oder erbgutverän­dernde Stoffe der Gefahren­stufe „sehr hoch“ zuge­ord­net werden.
Reduzierung von Schutzmaßnahmen
Eine Sub­sti­tu­tion ermöglicht in vie­len Fällen eine Reduzierung der weit­eren Schutzmaßnahmen.
TRGS 600: Anlage 4 Vorge­hensweise bei der Erar­beitung von Sub­sti­tu­tion­sempfehlun­gen für Gefahrstoffe, Tätigkeit­en oder Verfahren
Prob­lemde­f­i­n­i­tion – Abwä­gung von Chan­cen und Risiken von Substitutionsmöglichkeiten
(2) Der große Vorteil der Sub­sti­tu­tion liegt in der Möglichkeit, das Gesamt­ge­fährdungspoten­zial von chemis­chen Stof­fen oder Ver­fahren grundle­gend zu reduzieren. Dies kann gegebe­nen­falls den Aufwand zur Ein­hal­tung ein­er Vielzahl geset­zlich vorgeschrie-ben­er und koste­naufwendi­ger Schutz­maß­nah­men ver­ringern, die anson­sten die Tätigkeit­en mit gefährlichen Stof­fen regeln.
Über­schre­itung von Arbeitsplatzgrenzwerten
Was ist der Nutzen ein­er Sub­sti­tu­tion, wenn trotz­dem weit­er­hin Arbeit­splatz­gren­zw­erte über­schrit­ten werden?
Die Gefahrstof­fverord­nung schreibt bei ein­er Über­schre­itung von Arbeit­splatz­gren­zw­erten die Bere­it­stel­lung und Ver­wen­dung per­sön­lich­er Schutzaus­rüs­tung für den Fall vor, dass die Gren­zw­ertüber­schre­itung nicht durch tech­nis­che und organ­isatorische Maß­nah­men ver­hin­dert wer­den kann.
Bei per­sön­lich­er Schutzaus­rüs­tung wie z.B. Atem­schutz gibt es aber viele ver­schiedene Arten. Wenn durch die Reduzierung der Konzen­tra­tion eine gerin­gere Klasse mit gerin­gerem Schutz­fak­tor aus­re­icht, ist damit oft auch eine gerin­gere Belas­tung für die Beschäftigten (z.B. durch gerin­geren Atemwider­stand) verbunden.
Außer­dem ist zu beacht­en, dass bei Über­schre­itung von Arbeit­splatz­gren­zw­erten – zusät­zlich geregelt in § 9 der Gefahrstof­fverord­nung – ein Verzicht auf eine tech­nisch mögliche Sub­sti­tu­tion begrün­det wer­den muss.
Gef­Stof­fV: § 6 Infor­ma­tion­ser­mit­tlung und Gefährdungsbeurteilung
(8) Der Arbeit­ge­ber hat die Gefährdungs­beurteilung (…) zu doku­men­tieren; dabei sind anzugeben (…)
.eine Begrün­dung für einen Verzicht auf eine tech­nisch mögliche Sub­sti­tu­tion, sofern Schutz­maß­nah­men nach § 9 oder § 10 zu ergreifen sind.
Arzneimittel/Pharmawirkstoffe/Medikamente
Es gibt einige Beispiele, die zeigen, dass eine Sub­sti­tu­tion nicht immer möglich bzw. sin­nvoll ist. Eines davon ist die Her­stel­lung und Ver­ar­beitung von Phar­mawirk­stof­fen für Arzneimit­tel und ihre Verabre­ichung an Patien­ten als Medikament.
Inhaltsstoffe mit spez­i­fis­chen Wirkungen
Auch bei Stof­fen, die ganz beson­dere Wirkun­gen oder ganz spez­i­fis­che Ein­satzge­bi­ete haben, wird eine Sub­sti­tu­tion oft auf Schwierigkeit­en stoßen:
Als Beispiel wäre hier die Her­stel­lung von – als Rein­stoff „giftigem“ – Natri­um­flu­o­rid zu nen­nen, das als Inhaltsstoff in vie­len Zah­n­pas­ten vorkommt. Flu­o­rid härtet die ober­ste Schmelzschicht der Zähne und hemmt das Bak­te­rienwach­s­tum, wodurch auch Karies vorge­beugt wird (GZFA). Bis­lang wurde kein ander­er Stoff gefun­den, der diese spezielle Wirkung in gle­ichem Maße erzielt, daher ist der Ersatz dieses Stoffes nicht möglich.
Die Konzen­tra­tion des „gifti­gen“ Inhaltsstoffes Natri­um­flu­o­rid (NaF) im Pro­dukt „Zah­n­pas­ta“ ist mit nur noch 1 450 ppm (ca. 0,15 %) so ger­ing, dass die Zah­n­pas­ta natür­lich NICHT mehr giftig „bei Ver­schluck­en“ ist!
Hinzu kommt, dass Zah­n­pas­ta in der Regel von Erwach­se­nen nicht ver­schluckt wird. Da das Ver­schluck­en von Zahn-pas­ta bei Kindern aber dur­chaus vorkom­men kann, ist der Flu­o­ridge­halt in Kinderzah­n­pas­ta noch ein­mal geringer als in Zah­n­pas­ta für Erwach­sene – ca. 500 ppm (0,05 %).
Funktion/Verwendungszweck: Ein­satzstoff oder Lösemittel
Ein­satz- oder Aus­gangsstoffe in chemis­chen Reak­tio­nen oder Prozessen sind in der Regel schw­er zu erset­zen, da sich diese bei den chemis­chen Reak­tio­nen verändern.
Lösemit­tel sind dage­gen leichter zu erset­zen, da sie sich chemisch nicht verändern.
In der TRGS 600 wird in diesem Zusam­men­hang von der „Funk­tion“ eines Stoffes gesprochen: Auch hier gilt, dass Hil­f­sstoffe meist leichter sub­sti­tu­iert wer­den kön­nen als unverzicht­bare Bestandteile eines Produkts:
TRGS 600: 5.1 Kri­te­rien für die tech­nis­che Eignung
(2) (…)
die Funk­tion des Stoffes (Hil­f­sstoff im Pro­duk­tion­sprozess oder unverzicht­bare Kom­po­nente des Produkts/Verfahrens oder Rohstoff des Her­stel­lungsver­fahrens bzw. unverzicht­bar­er Bestandteil des Produkts), (…)
Tech­nis­che Eignung/Substitution tech­nisch möglich
Bei der Real­isierung ein­er Sub­sti­tu­tion wird beschrieben, dass Alter­na­tiv­en auch „tech­nisch möglich“ bzw. „tech­nisch geeignet“ sein müssen. Ein Aspekt, die Funk­tion oder der Ver­wen­dungszweck des Stoffes, wurde bere­its im vorherge­hen­den Abschnitt erläutert.
Weit­ere Kri­te­rien zum The­ma „tech­nis­che Eig­nung“ find­en sich in der TRGS 600:
TRGS 600: 5.1 Kri­te­rien für die tech­nis­che Eignung
(2) In anderen Fällen ist die tech­nis­che Eig­nung ein­er Sub­sti­tu­tion­s­möglichkeit (…) zu beurteilen. Hier­bei ist unter anderem Fol­gen­des zu berücksichtigen: (…)
die tech­nis­chen Kon­se­quen­zen der Sub­sti­tu­tion auf das eigene Pro­duk­tionsver­fahren und die Produktqualität,
die daraus resul­tieren­den, tech­nis­chen Kon­se­quen­zen für die nachge­lagerte Verarbeitung/Anwendung des Pro­duk­ts in der Wertschöp­fungs­kette und
die Auswirkun­gen der Sub­sti­tu­tion auf die Pro­duk­teigen­schaften und die Pro­duk­tqual­ität des End­pro­duk­ts (u.a. Ver­braucher­akzep­tanz, Kon­for­mität mit Nor­men, Ver­lust von Zulassungen).
Forschungs­bere­iche
Wer­den Gefahrstoffe z.B. bei immer wiederkehren­den Rou­tinetätigkeit­en ver­wen­det, kön­nen sie leichter erset­zt wer­den als bei ständig wech­sel­nden Tätigkeit­en in Forschungsbereichen.
DGUV Infor­ma­tion 213–850:
3.6 Sub­sti­tu­tion von Gefahrstoffen
Im Gegen­satz zu Tätigkeit­en mit häu­fig wech­sel­nden Auf­gaben, wie beispiel­sweise im Forschungs­bere­ich, ist eine Sub­sti­tu­tion bei Rou­tinetä-tigkeit­en ein­fach­er möglich und hat bevorzugt zu erfolgen.
Ana­lytik­stan­dards
Das Gle­iche gilt für die Ver­wen­dung von Stof­fen in ana­lytis­chen Standards.
DGUV Infor­ma­tion 213–850:
3.6 Sub­sti­tu­tion von Gefahrstoffen
Nicht sub­sti­tu­ier­bare Stoffe und Verfahren
Dienen Gefahrstoffe als Ein­satzstoffe in chemis­chen Reak­tio­nen oder Prozessen, kön­nen diese in der Regel nicht erset­zt wer­den. Dies gilt auch für ana­lytis­che Stan­dards zur Bes­tim­mung von Gefahrstoffen.
Ein­hal­tung von Arbeitsplatz-grenzwerten
Oft wird argu­men­tiert, dass eine Sub­sti­tu­tion nicht notwendig sei, wenn z.B. Arbeit­splatz­gren­zw­erte einge­hal­ten wer­den. Die Erfahrung zeigt aber, dass Gren­zw­erte im Laufe der Jahre oft abge­senkt oder sog­ar aus­ge­set­zt wer­den, wenn sie neuen – stren­geren Anforderun­gen – nicht mehr stand­hal­ten können.
Abbil­dung 1 auf der näch­sten Seite zeigt die Absenkung von eini­gen Gren­zw­erten aus der TRGS 900 als Säulengrafiken.
Die meis­ten Gren­zw­erte sind „nicht für die Ewigkeit“ gemacht, son­dern verän­dern sich – meis­tens zu noch gerin­geren Werten – sobald neue Dat­en zu dem Stoff eine weit­ere Absenkung für notwendig erscheinen lassen.
Geringe Gefährdung – keine Substitution
Bei ein­er soge­nan­nten „gerin­gen“ Gefährdung wer­den keine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung und keine Sub­sti­tu­tion verlangt:
TRGS 600: 1 Anwendungsbereich
(2) Hat der Arbeit­ge­ber im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung festge-stellt, dass eine geringe Gefährdung (…) vor­liegt, ver­langt die Gefahrstof­fverord­nung keine Sub­sti­tu­tion­sprü­fung und keine Substitution.
Die geringe Gefährdung hat also den Vorteil, dass keine weit­eren Maß­nah­men des Abschnitts 4 der Gef­Stof­fV, d.h. Schutz­maß­nah­men, ergrif­f­en wer­den müssen.
Was aber heißt „geringe“ Gefährdung? Die Gefahrstof­fverord­nung gibt hierzu fol­gende Auskunft:
Gef­Stof­fV: § 6 Infor­ma­tion­ser­mit­tlung und Gefährdungsbeurteilung
(11) Ergibt sich aus der Gefährdungs­beurteilung für bes­timmte Tätigkeit­en auf Grund
  • der dem Gefahrstoff zuge­ord­neten Gefährlichkeitsmerkmale,
  • ein­er gerin­gen ver­wen­de­ten Stoffmenge,
  • ein­er nach Höhe und Dauer niedri­gen Expo­si­tion und
  • der Arbeits­be­din­gun­gen
ins­ge­samt eine nur geringe Gefährdung der Beschäftigten und reichen die nach § 8 zu ergreifend­en Maß­nah­men zum Schutz der Beschäftigten aus, so müssen keine weit­eren Maß­nah­men des Abschnitts 4 ergrif­f­en werden.
Was in den Aus­führun­gen der Gefahrstof­fverord­nung erst ein­mal sehr klar und ein­deutig klingt, zieht bei näher­er Betra­ch­tung allerd­ings weit­ere Fra­gen nach sich: Was sind Gefährlichkeitsmerk­male mit geringer Gefährdung? Was ist eine „geringe“ Stoff­menge, was eine „niedrige“ Expo­si­tion? Und: Welche Arbeits­be­din­gun­gen müssen vorherrschen?
Bei den Gefährlichkeitsmerk­malen hil­ft das Spal­ten­mod­ell weit­er: Tabelle 1 fasst alle Gefährlichkeitsmerk­male zusam­men, die im Spal­ten­mod­ell ein­er gerin­gen Gefahr zuzuord­nen sind. Bezüglich niedriger Expo­si­tion wird man in der TRGS 400 fündig: es wird auf emis­sion­sarme Ver­wen­dungs­for­men hingewiesen:
TRGS 400: 6.2 Tätigkeit­en mit geringer Gefährdung
(…). Eine niedrige inhala­tive Ex-posi­tion kann z.B. bei Fest­stof-fen unter Ein­satz emis­sion­sarmer Ver­wen­dungs­for­men wie Pas­ten, Wachse, Gran­u­late, Pel­lets oder Mas­ter­batch­es vorliegen.
In der TRGS 400 wer­den auch Bei-spiele für Tätigkeit­en mit geringer Gefährdung genan­nt. Inter­es­sant dabei ist, dass sog­ar bei Tätigkeit­en mit Gemis­chen, die kreb­serzeu­gende und erbgutverän­dernde Stoffe enthal­ten – siehe das Beispiel Kali­um­chro­matlö­sung – Tätigkeit­en mit geringer Gefährdung nicht auszuschließen sind.
 
TRGS 400: 6.2 Tätigkeit­en mit geringer Gefährdung
(4) Beispiele für Tätigkeit­en mit geringer Gefährdung sind:
Ver­wen­dung von Gefahrstof­fen, die für den pri­vat­en End­ver­brauch­er im Einzel­han­del in Selb­st­be­di­enung erhältlich sind („Haushalt­spro­duk­te“), wenn sie unter für Haushalte üblichen Bedin­gun­gen (geringe Menge und kurze Expo­si­tions­dauer) ver­wen­det wer­den, Aus­besserung klein­er Lackschä­den mit Lack­s­tiften oder Ver­wen­dung und Auf­be­wahrung haushalt­süblich­er Men­gen von Kleb­stof­fen, Titra­tion mit Kaliumchromatlösung.
 
Beson­dere Anforderun­gen bei CMR(F)-Gefahrstoffen
Bei Tätigkeit­en mit CMR(F)-Gefahrstoffen der Kat­e­gorien 1 oder 2 (CLP-Verord­nung: 1A oder 1B) kön­nen die Behör­den ver­lan­gen, über die durchge­führten Sub­sti­tu­tio­nen und das Ergeb­nis der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung informiert zu werden.
 
Gef­Stof­fV: § 18 Unter­rich­tung der Behörde
(3) Der Arbeit­ge­ber hat der zuständi­gen Behörde bei Tätigkeit­en mit kreb­serzeu­gen­den, erbgutverän­dern-den oder frucht­barkeits­ge­fährden­den Gefahrstof­fen der Kat­e­gorie 1 oder 2 zusät­zlich auf Ver­lan­gen Fol­gen­des mitzuteilen:
das Ergeb­nis der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung, Infor­ma­tio­nen über (…) durchge­führte Substitutionen
 
Kön­nen bei CMR(F)-Gefahrstoffen der Kat­e­gorien 1 oder 2 (CLP-Verord­nung: 1A oder 1B) keine Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion iden­ti­fiziert wer­den, sind in der Begrün­dung die Quellen zu benennen.
 
TRGS 600: 6 Dokumentation
(5) Wur­den bei der Prü­fung auf Möglichkeit­en zur Sub­sti­tu­tion für Tätigkeit­en, für die Schutz­maß­nah-men nach § 10 Gef­Stof­fV zu tre­f­fen sind, keine Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion iden­ti­fiziert, so sind die Quellen, in denen recher­chiert wurde, kurz zu benennen.
Bei CMR(F)-Gefahrstoffen der Kat­e­gorien 1 oder 2 (CLP-Verord­nung: 1A oder 1B) muss ein Verzicht auf eine tech­nisch mögliche Sub­sti­tu­tion begrün­det werden.
 
Gef­Stof­fV: § 6 Infor­ma­tion­ser­mit­tlung und Gefährdungsbeurteilung
(8) Der Arbeit­ge­ber hat die Gefährdungs­beurteilung (…) zu doku­men­tieren; dabei sind anzugeben (…)
eine Begrün­dung für einen Verzicht auf eine tech­nisch mögliche Sub­sti­tu­tion, sofern Schutz­maß­nah­men nach § 9 oder § 10 zu ergreifen sind.
 
In der TRGS 600 find­en sich keine klar definierten Gren­zen, ab welch­er Gefährdungsstufe oder ab welchem Wirk­fak­tor eine Sub­sti­tu­tion­spflicht besteht.
 
Es wird z.B. beim Spal­ten­mod­ell davon gesprochen, dass „bei Unter­schieden von zwei oder mehr Gefährdungsstufen, wichtige Gründe vor­liegen müssen, den Ersatzstoff nicht einzuset­zen“. Beim Wirk­fak­toren-Mod­ell wird beschrieben, dass „der Ein­satz eines Ersatzstoffes umso dringlich­er zu prüfen ist, je größer der Quo­tient aus den Wirk­fak­toren des einge­set­zten Stoffes und des Ersatzstoffes ist“.
Zu CMR(F)-Gefahrstoffen der Kat­e­gorien 1 oder 2 (CLP-Verord­nung: 1A oder 1B) und sehr gifti­gen und gifti­gen Gefahrstof­fen find­et man jedoch eine sehr ein­deutige Aus­sage zur Substitutionspflicht:
 
TRGS 600: 5.3 Entschei­dung über die Real­isierung der Substitution
(2) Bei Tätigkeit­en mit gifti­gen, sehr gifti­gen, kreb­serzeu­gen­den, erbgutverän­dern­den oder frucht­barkeits­ge­fährden­den (Kat­e­gorie 1 und 2) Gefahrstof­fen muss eine Sub­sti­tu­tion immer erfol­gen, wenn Alter­na­tiv­en tech­nisch möglich sind und zu ein­er ins­ge­samt gerin­geren Gefährdung der Beschäftigten führen.
 
TRGS 910 – Kreb­serzeu­gende Gefahrstoffe
Für kreb­serzeu­gende Stoffe find­en sich in der TRGS 910 weit­ere Hin­weise zum The­ma Substitution:
Die TRGS 910 „Risikobe­zo­genes Maß­nah­menkonzept für Tätigkeit­en mit kreb­serzeu­gen­den Gefahrstof­fen“ definiert für diese Stoffe drei ver­schiedene Risikobere­iche, die durch die soge­nan­nten Akzep­tanz- und Tol­er­anzkonzen­tra­tio­nen voneinan­der getren­nt werden.
 
TRGS 910: 5 Risikobe­zo­genes Maß­nah­menkonzept gemäß § 10 Absatz 1 GefStoffV
(1) Im Risikokonzept resul­tieren aus Akzep­tanz- und Tol­er­anzrisiko drei Risikobere­iche: (weit­er näch­ste Seite)
Bere­ich niedri­gen Risikos (die Expo­si­tio­nen liegen unter­halb der Akzeptanzkonzentration)
Bere­ich mit­tleren Risikos (die Expo­si­tio­nen liegen zwis­chen Akzep­tanz- und Tol­er­anzkonzen­tra­tion) und der
Bere­ich hohen Risikos (die Expo-sitio­nen liegen ober­halb der Toleranzkonzentration).
Diese drei Risikobere­iche und die zwei Konzen­tra­tio­nen wer­den in Abbil­dung 2 in Form eines Ampelmod­ells dargestellt.
Akzep­tanz- und Tol­er­anzkonzen­tra­tio­nen sind stoff­spez­i­fis­che Luftkonzen­tra­tionswerte, die in der Tabelle 1 der TRGS 910 gelis­tet werden.
Abhängig vom Risikobere­ich wer­den unter­schiedlich strenge Anforderun­gen an die Sub­sti­tu­tion for­muliert. Aber auch hier muss wieder klar unter­schieden wer­den zwischen
  • Sub­sti­tu­tion­sprü­fung und
  • Sub­sti­tu­tions­durch­führung.
Tabelle 2 zeigt, dass für alle drei Risikobere­iche eine Prü­fung der Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion verpflich­t­end ist und das Ergeb­nis dieser Prü­fung zu doku­men­tieren ist.
Unter­schiede wer­den in der Forderung nach der Sub­sti­tu­tions­durch­führung deut­lich, je nach­dem in welchem Risikobere­ich die Expo­si­tion mit dem kreb­serzeu­gen­den Gefahrstoff liegt:
    • Im Risikobere­ich „niedriges“ Risiko ist die Umset­zung der Sub­sti­tu­tion von der Ver­hält­nis­mäßigkeit abhängig.
    • Im Risikobere­ich „mit­tleres“ Risiko ist die Umset­zung der Sub­sti­tu­tion zwar schon verpflich­t­end, aber unter Berück­sich­ti­gung der Ver­hält­nis­mäßigkeit und sog­ar der Zumut­barkeit durchzuführen.
    • Im Risikobere­ich „hohes“ Risiko“ ist die Umset­zung der Sub­sti­tu­tion natür­lich auch verpflich­t­end, wird aber allein vom Ergeb­nis der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung abhängig gemacht. Ver­hält­nis­mäßigkeit und Zumut­barkeit spie­len keine Rolle mehr. Selb­stver­ständlich kann dies auch bedeuten, dass abhängig vom Ergeb­nis keine Sub­sti­tu­tion erfolgt
Schutz­maß­nah­men – wenn Sub­sti­tu­tion nicht möglich ist

Tech­nis­che Schutz­maß­nah­men wie z.B. geschlossene Sys­teme (soge­nan­nte Glove-Box­en) sind dann von beson­der­er Bedeu­tung, wenn eine Sub­sti­tu­tion tech­nisch nicht möglich ist.

Gef­Stof­fV: § 9 Zusät­zliche Schutzmaßnahmen
(2) Der Arbeit­ge­ber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe in einem geschlosse­nen Sys­tem hergestellt und ver­wen­det wer­den, wenn
die Sub­sti­tu­tion (…), tech­nisch nicht möglich ist (…)
Sind geschlossene Sys­teme nicht real­isier­bar, ist bei der Auswahl von weit­eren Schutz­maß­nah­men eine bes­timmte Rang­folge einzuhalten:
Gef­Stof­fV: § 9 Zusät­zliche Schutzmaßnahmen
(2) (…) Ist die Anwen­dung eines geschlosse­nen Sys­tems tech­nisch nicht möglich, so hat der Arbeit­ge­ber dafür zu sor­gen, dass die Expo­si­tion der Beschäftigten nach dem Stand der Tech­nik und unter Beach­tung von § 7 Absatz 4 so weit wie möglich ver­ringert wird.
Diese STOP-Rang­folge wird in § 7 Absatz 3 beziehungsweise 4 der Gefahrstof­fverord­nung näher beschrieben:
Gef­Stof­fV: § 7 Grundpflichten
(3) Der Arbeit­ge­ber hat auf der Grund­lage des Ergeb­niss­es der Sub­sti­tu­tion­sprü­fung (…) vor­rangig eine Sub­sti­tu­tion durchzuführen. (…)
(4) (…) Dabei hat er fol­gende Rang­folge zu beachten:
Gestal­tung geeigneter Ver­fahren und tech­nis­ch­er Steuerung­sein-rich­tun­gen von Ver­fahren, den Ein­satz emis­sions­freier oder emis­sion­sarmer Ver­wen­dungs­for­men sowie Ver­wen­dung geeigneter Arbeitsmit­tel und Mate­ri­alien nach dem Stand der Technik,
Anwen­dung kollek­tiv­er Schutz­maß­nah­men tech­nis­ch­er Art an der Gefahren­quelle, wie angemessene Be- und Entlüf­tung, und Anwen­dung geeigneter organ­isatorisch­er Maß­nah­men, sofern eine Gefährdung nicht durch Maß­nah­men nach den Num­mern 1 und 2 ver­hütet wer­den kann, Anwen­dung von indi-vidu­ellen Schutz­maß­nah­men, die auch die Bere­it­stel­lung und Ver­wen­dung von per­sön­lich­er Schutzaus­rüs­tung umfassen.
Diese Rang­folge der Schutz­maß­nah­men wird oft auch als „STOP-Rang­folge“, „STOP-Prinzip“ oder „STOP-Hier­ar­chie“ bezeichnet.
Die Buch­staben­folge „S – T – O – P“ beschreibt die Rang­folge der Schutz­maß-nah­men wie sie z.B. auch die Gefahrstoff-verord­nung in § 7 Absatz 3 bzw. 4 vorgibt. „TOP“ beze­ich­net die Rang­folge der Schutz­maß­nah­men ohne die Substitution.
Schutz­maß­nah­men kön­nen aber auch anhand der soge­nan­nten „Wil­lens­ab­hän-gigkeit“ unter­schieden wer­den, wie in Tabelle 3 aufgezeigt wird.
 
In der TRGS 460 „Hand­lungsempfehlung zur Ermit­tlung des Standes der Tech­nik“ wer­den Beispiele für wil­lens­ab­hängige und wil­len­sun­ab­hängige tech­nis­che Schutz­maß­nah­men genan­nt und gle­ichzeit­ig betont, dass wil­len­sun­ab­hängige Maß­nah­men zu bevorzu­gen sind:
TRGS 460: Anlage 2 Wis­senschaft-lich­es Hintergrundpapier
  • 5 Entschei­dung­shil­fen/-strate­gien und Abwägungsprozesse
  • 5.2 Fach­lich-inhaltliche Ebene
(…) Dabei ist zudem ein­er wil­len­sun-abhängi­gen tech­nis­chen Schutz­maß­nahme (z.B. inte­gri­erte Absaugung, Form­schlüs­sigkeit) Pri­or­ität gegenüber ein­er wil­lens­ab­hängi­gen tech­nis­chen Schutz­maß­nahme (z.B. flex­i­ble Absau-gung) einzuräumen.
Organ­isatorische Schutz­maß­nah­men sind immer wil­lens­ab­hängig, denn jemand muss „die Schutz­maß­nahme, zum Beispiel eine Unter­weisung, organ­isieren“. Auch per­so­n­en­be­zo­gene Schutz­maß­nah­men sind immer wil­lens­ab­hängig, denn der Beschäftigte muss es „wollen, den Atem­schutz oder die Hand­schuhe“ anzuziehen. Was heißt dies nun für die in Tabelle 9 aufge­führten Beispiele „bewegliche Quel­len­ab­saugung“ und „inte­gri­erte Absaugung“?
Abbil­dung 3 zeigt, dass die richtige Posi­tion­ierung der beweglichen Quel­len­ab­saugung an der Emis­sion­squelle nicht automa­tisch gewährleis­tet ist. Insofern bietet sie gerin­geren Schutz als eine inte­gri­erte Absaugung.
 
Im drit­ten Teil dieser Serie wird es um die Kri­te­rien der Gefahren­ab­schätzung gehen. Außer­dem wer­den einige Beispiele zur Sub­sti­tu­tion vorgestellt.
 
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch „Sub­sti­tu­tion von Gefahrstof­fen“ von B. Stöf­fler, erschienen bei ecomed Sicher­heit, ISBN 978–3–609–69181–7, 194 Seit­en: www.ecomed-storck.de
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