Am 26. 09.2019 fand in den Räumen des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur in Berlin der 4. Nationale Asbestdialog statt. Das Programm umfasste zwei Themenfelder, erstens die Vorstellung und Diskussion der bisherigen Ergebnisse zur Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen aus den 3. Dialogforum und als zweites die Vorstellung und Diskussion der Befragungsergebnisse zur Änderung des Rechtsrahmens.
Jedes Themenfeld war in fünf Unterpunkte gegliedert zu denen die Dialogteilnehmer per mündlicher Aussage oder auch über eine Diskussions-App ihre Meinungen vortragen konnten. Moderiert wurde die Veranstaltung durch den bereits aus den drei vorigen Foren bekannten Moderator, Herrn Ewen.
Nach einem Grußwort vom Vertreter des Hausherren BMVI, MinDrig Dr. Köhler und einer Einführung von MinDirin Loskamp vom BMAS startete das erste Themenfeld.
Erster Unterpunkt war die Thematik „Mitwirkung bei der Veranlassung von Baumaßnahmen“. Hier wurde die durch eine interministerielle Arbeitsgruppe erstellte Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden vorgestellt. Die Zielgruppen sollen dabei neben den professionellen Leistungserbringern auch Hauseigentümer (Laien, Heimwerker) und KMU sein.
Besonders diskutiert wurde das Problem „Wer ist Veranlasser der Erkundung“ und: Wie ist das mit der Beweislastumkehr gemeint? Sehr heftig wurden dabei die Möglichkeiten der Erkundung beziehungsweise deren Beauftragung durch den Auftraggeber von den verschiedenen Seiten diskutiert.
Im zweiten Unterpunkt wurde auf das Thema „sichere Tätigkeiten“ eingegangen. Es erfolgte der Verweis auf die in der Änderung der LV 45 (“Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung” mit den Leitsätzen zu Tätigkeiten an Asbest) vorgenommene Ausweitung des Begriffs „Instandhaltung“ und die Vorstellung des neuen Qualifikationsrahmens im Entwurf der TRGS 519 (TRGS 519 Asbest: Abbruch‑, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten), die in diesem Zusammenhang kurz vorgestellt wurde. Es wurde auch das neue Qualifikationsmodul Q1E für Tätigkeiten mit emissionsarmen Verfahren vorgestellt, das im Entwurf der TRGS 519 enthalten ist.
Ein weiterer Schwerpunkt war die „sichere Durchführung“. Auch hier wurde auf die erste Fassung der Expositions-Risiko-Matrix in Anlage 10 der TRGS 519 verwiesen. In der Diskussion wurde insbesondere auf die Schwierigkeiten bei der Anwendung der Gefahrstoffverordnung auf Tätigkeiten im Privatbereich hingewiesen. In weiteren Punkten wurde auf die Probleme der „weitergehenden Erkundung“ und die Fragen der „sachgerechten Entsorgung“ eingegangen.
Hier kristallisierten sich besonders die Problematik der fehlenden Abschneidekriterien für die Asbestfreiheit von Abfällen mit Asbestanteilen sowie die unterschiedliche Behandlung von Asbestanteilen in Gesteinen und in Abfällen heraus.
Weiterhin wurden insbesondere aus dem Kreis der Eigentümervertreter die Forderung nach der Auflegung von Förderprogrammen zur Asbestsanierung aufgestellt. Es wurde betont, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die Asbestfreiheit in der bebauten Umwelt herzustellen.
Forumsrunde Nummer 2
Im der zweiten Forumsrunde wurde versucht, die Positionen der anstehenden und notwendigen Änderungen der rechtlichen Grundlagen darzustellen. Dazu wurde durch Herrn Prof. Helmus Auszüge aus der im Vorfeld des Dialogs erfolgten Befragung vorgetragen.
Im Schwerpunkt „Erkundungspflicht/Beprobungsstrategie“ wurde auf der Grundlage der Befragung festgestellt, dass der überwiegende Teil der Befragten eine Festschreibung im Baurecht, sowie im Arbeitsschutz- und Umweltschutzrecht befürwortet. Kontrovers wurde hier die Erkundungspflicht für private Bauherrn/Auftraggeber diskutiert.
Zu dem Punkt „Beprobungsstrategie“ wurde auf die in Kürze als Entwurf verfügbare VDI 6202 Blatt 3 verwiesen. Es wurde weiter mitgeteilt, dass ich die Bauministerkonferenz mit der Überarbeitung der Asbest-Richtlinie beschäftigen will.
In dem Thema „zulässige Tätigkeiten“ wurde auf die Zulassung der emissionsfreien Verfahren eingegangen. Weiterhin wurde an Hand der Expositions-Risiko-Matrix auch die als risikoarm eingeschätzten Tätigkeiten, wie z. B. das schwimmende Verlegen von neuen Bodenbelägen auf vollflächig intakte asbesthaltige Beläge oder das Einschlagen von Nägeln in Wände mit asbesthaltigem Putz eingegangen.
Kontrovers wurde die Diskussion wieder im Bereich der Sachkunde, wobei hier insbesondere die Verankerung des Grundwissens zu Asbest in der beruflichen Aus- und Weiterbildung als wichtige Voraussetzung für die Etablierung eines modular aufgebauten Qualifikationskonzeptes gesehen wurde.
Eine weitere kontroverse Diskussion entfacht sich an Thema „Entsorgung und Abfallrecht“. Hier wurde nochmals die Diskussion um fehlende Abschneidekriterien aufgegriffen, aber auch das Problem der Festlegung der Asbestfreiheit von Abfällen angesprochen.
In einer Zusammenfassung des Tages verwies MinDirig Villwock auf die anstehende Novelle der Gefahrstoffverordnung aber auch auf noch ausstehende Regelungsnotwendigkeiten in anderen Rechtbereichen, wie Bau- und Abfallrecht.
Die sich aus dem 4. NAD ergebenden Aufgaben sollen weiterberarbeitet und in einem weiteren, 5. NAD am 26.03.2020 wieder in Berlin vorgestellt werden.
Autor: Dipl.-Ing. Ulf‑J. Schappmann
Sicherheitsingenieur VDSI
SIMEBU Thüringen GmbH