Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges hat kein anderes Ereignis weltweit zu solch einschneidenden Veränderungen geführt wie die Corona-Pandemie. In einer Zeit, in welcher die Angst um die Gesundheit und den Arbeitsplatz sowie Unsicherheit bezüglich der weiteren Zukunft die Gedanken vieler Menschen bestimmen, mag der Gedanke an die Prüfung von Anlagen und Arbeitsmitteln nebensächlich erscheinen, doch hat sich trotz der Corona-Krise grundsätzlich nichts an den Prüfverpflichtungen geändert.
- weil Kontakt- und Zugangsbeschränkungen bestehen,
- weil Anlagen und Arbeitsmittel für die Sicherstellung der Patientenversorgung in Betrieb bleiben müssen oder
- weil die Prüfer schlicht und ergreifend nicht verfügbar sind.
Wie soll sich also ein Unternehmen in einer solchen Situation verhalten?
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat deshalb von ihren Fachbereiche entsprechende Fachmeinungen zu dieser Thematik eingeholt, welche nun in einer zusammengefassten Stellungnahme veröffentlicht wurden.
Wichtig: Die in der Stellungnahme enthaltenen Empfehlungen gelten nicht als Freibrief für den Verzicht auf Prüfungen oder die willkürliche Ausdehnung von Prüffristen, sondern sind beschränkt auf den Zeitraum, in welchem durch die gegen die Ausbreitung des Coranavirus getroffenen Maßnahmen die Prüfung von Arbeitsmitteln gravierend eingeschränkt wird (z. B. weil die mit der Prüfung beauftragten Personen nicht verfügbar sind oder Unternehmensbereiche nicht betreten können) wiederkehrende Prüfungen, die aufgrund der vorgenannten Gründe nicht durchgeführt werden können und Unternehmen, in denen die notwendige Fachkunde gegeben ist, um in eigener Verantwortung abwägen zu können ob und in welcher Form die sichere Verwendung der Arbeitsmittel gewährleistet werden kann.
(Anmerkung: Der Text dieser Aufzählung weicht bewusst von dem in der DGUV-Stellungnahme veröffentlichten Text ab, unter anderm um zu verdeutlichen, dass sich Unternehmerinnen und Unternehmer gemäß § 3 Abs. 3 BetrSichV bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung auch fachkundig beraten lassen dürfen und somit die Fachkunde im Unternehmen und nicht allein bei der Unternehmerin/dem Unternehmer gegeben sein muss).
Ausgenommen von diesen Empfehlungen sind Prüfungen vor der ersten Inbetriebnahme sowie Prüfungen vor der Wiederinbetriebnahme nach Aufbau, Reparatur sowie prüfpflichtigen Änderungen.
Von den Empfehlungen ausgenommen sind ebenfalls
- Atemschutzgeräte sowie
- elektrische Betriebsmittel, die unter schädigenden Betriebs‑, Nutzungs- und Umgebungsbedingungen verwendet werden (z. B. auf Bau- und Montagestellen) oder bei deren Verwendung erhöhte elektrische Gefahren bestehen (z. B. enge und/oder leitfähige Bereiche).
Oberstes Gebot ist nach wie vor, dass die sichere Verwendung der Arbeitsmittel gewährleistet wird. Prüfungen in regelmäßigen Zeitabständen sind normalerweise ein wesentliches Mittel, um diese Anforderung zu erfüllen. Können jedoch Prüfungen aus derzeitig vielerorts vorliegenden zwingenden Gründen nicht durchgeführt werden, müssen geeignete ergänzende Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Diese müssen dem Ziel dienen, den Zeitraum, in welchem von einer sicheren Verwendbarkeit der Arbeitsmittel ausgegangen werden kann, zu verlängern.
In der anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung ist zunächst darzulegen, warum die Prüfungen nicht durchgeführt werden können (z. B. weil die mit der Prüfung beauftragte Person selbst Ausgangsbeschränkungen unterworfen ist). Für die sichere Weiterverwendung ist ebenfalls relevant, dass an den Arbeitsmitteln weder bei vorhergehenden Prüfungen noch im Zeitraum seit der letzten Prüfung Mängel aufgetreten sind, welche die sichere Verwendung beeinträchtigen.
Die ergänzenden Schutzmaßnahmen sind im Sinne der TOP-Hierarchie auszuwählen und können in der Verwendung technischer Einrichtungen (z. B. PRCD’s) oder der Anwendung organisatorischer Maßnahmen (z. B. Beschränkung des Verwenderkreises auf besonders qualifizierte Personen, Beschränkung der Verwendungsdauer) sowie personenbezogener Maßnahmen (z. B. erweiterte Sicht- und Funktionsprüfungen, besonders pflegliche Verwendung) bestehen.
In der Stellungnahme nicht erwähnt — jedoch obligatorisch — ist die Tatsache, dass der Arbeitgeber hinsichtlich der Verwendung von Arbeitsmitteln auf Grundlage von § 12 BetrSichV dazu verpflichtet ist, den Beschäftigten geeignete Informationen zur Verfügung zu stellen. Insbesondere wenn in der anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung organisatorische und/oder personenbezogene Schutzmaßnahmen festgelegt werden, führen diese zu entsprechenden Arbeits- und Betriebsanweisungen sowie zu ergänzenden Unterweisungen der Beschäftigten (aufgrund der Situation sinnvollerweise in schriftlicher oder elektronischer Form).
Falls die Anwendung ergänzender Maßnahmen nicht notwendig sein sollte, ist dies in der Gefährdungsbeurteilung ebenfalls anzugeben. Zu guter Letzt ist noch zu dokumentieren, bis wann die Prüfung nachgeholt werden soll, wobei die bisher festgelegte Prüffrist um nicht mehr als 25 % überschritten werden soll.
Diese Empfehlungen beziehen sich ausdrücklich nur auf die durch die Corona-Pandemie hervorgerufene Ausnahmesituation, so dass sie nicht zu einer generellen Begründung von Prüffristenverlängerungen herangezogen werden können. Sobald die genannten Gründe, die der Durchführung der Prüfungen entgegenstehen, nicht mehr vorliegen, sind die Prüfungen nachzuholen.
Für überwachungsbedürftige Anlagen, Arbeitsmittel mit in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften festgelegten Prüffristen (z. B. Arbeitsmittel nach Anhang 3 BetrSichV) sowie Arbeitsmittel, die von Feuerwehren und Hilfeleistungsunternehmen verwendet werden, enthält die Stellungnahme weitergehende Empfehlungen.