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Voodoo-Puppen und Führungskräfte

Glosse: Grillen, Betriebsklima und gemeuchelte Chefs
Voodoo-Puppen und Führungskräfte

Voodoo-Puppen und Führungskräfte
So manch ein Chef … würde gerne seine Mitarbeiter … und umgekehrt. Foto: © Scott Griessel - stock.adobe.com

Wie Sie als Führungskraft mit Grillsteaks das Betriebsklima retten können!

Sie sind Führungskraft und ken­nen die fol­gende Sit­u­a­tion vielle­icht recht gut: Sie fal­ten mal wieder rüde eine Mitar­bei­t­erin oder einen Mitar­beit­er Ihres Ver­ant­wor­tungs­bere­ich­es zusam­men, weil sie oder er nicht an Ihrer Stelle eine Auf­gabe erledigt hat, die Sie eigentlich hät­ten machen müssen. Plöt­zlich bemerken Sie, wie sie oder er nur noch mit viel Mühe das Ver­lan­gen unter­drückt, Sie – ich sage es mal diplo­ma­tisch – recht unsan­ft am hin­teren Kör­perende mit dem Fuß zu berühren.

Wenn Ihnen diese Sit­u­a­tion bekan­nt vorkommt, dann hat das natür­lich abso­lut nichts mit Ihrem Führungsstil zu tun. Um Gottes Willen! Vielmehr liegt es unter Umstän­den daran, dass Ihre Mitar­beit­er schlichtweg „hunger­lich“ sind. Ja, Ihre Mitar­beit­er sind „hunger­lich“ und lei­der nicht „hyggelig“, wie die fürchter­lich glück­lichen Dänen. Unsere hyggeli­gen Nach­barn im hohen Nor­den kön­nen, im Gegen­satz zu uns Deutschen, auch niemals hunger­lich wer­den, denn sie haben gemütlich­es Licht, einen flack­ern­den Kamin und … Schoko­lade!

Schoko­lade? Ja, aber nicht nur Schoko­lade. Unsere immer­während spaßi­gen Dänen essen grund­sät­zlich gut und gerne. Und das ist gut so, dass sie das tun! Amerikanis­che Forsch­er haben näm­lich offiziell fest­gestellt, was Eltern von pubertieren­den Kindern längst wis­sen: Hunger kann Aggres­sio­nen auslösen!

Die umtriebi­gen Wis­senschaftler von der Ohio State Uni­ver­si­ty in Colum­bus haben diese epochale Ent­deck­ung aber nicht mit Hil­fe von vor sich hin käsenden und immer­während essenden Pubertieren­den gemacht, son­dern mit Hil­fe von Voodoo-Puppen!

Sie holten Paare zu sich an die Uni und gaben jedem Part­ner eine Puppe und 51 Nadeln an die Hand. Ins­ge­samt drei Wochen lang soll­ten die Teil­nehmer nun Abend für Abend – unbeobachtet vom jew­eili­gen Part­ner – Nadeln in die Puppe bohren. Und zwar umso mehr, je ärg­er­lich­er sie auf ihren Part­ner waren.

Einen gle­ichzeit­ig stat­tfind­en­den Feld­ver­such in bun­des­deutschen Unternehmen, bei denen die Voodoo-Pup­pen die betrieblichen Führungskräfte sym­bol­isierten, musste man lei­der bere­its nach ein­er hal­ben Stunde abbrechen, da den meis­ten teil­nehmenden Beschäftigten bere­its in den ersten Minuten des Arbeit­stages sämtliche 51 Nadeln aus­ge­gan­gen waren.

In den USA musste jed­er Teil­nehmer mor­gens vor dem Früh­stück und abends vor dem Zubettge­hen seinen Blutzuck­er­spiegel messen. Die Ergeb­nisse waren ein­deutig: Je geringer der abendliche Blutzuck­er­spiegel der Proban­den, desto mehr Nadeln rammten sie in ihren Puppen-Partner.

Das war noch nicht alles. Das Exper­i­ment wurde noch besser…

Nach Ablauf der drei Wochen ließ man die Paare im Labor in einem Spiel gegen ihren Part­ner antreten. In diesem Spiel ging es – so ließ man die Paare zumin­d­est felsen­fest glauben – um fol­gen­des: Wer als erster eine Taste drückt, wenn ein rotes Quadrat auf einem Bild­schirm erscheint, der entschei­det nach jed­er Runde, wie lange und wie laut dem Ver­lier­er ein Gemisch lauter und unan­genehmer Geräusche vorge­spielt wird. Darunter waren so tolle Geräusche wie etwa das Kratzen von Fin­gernägeln auf ein­er Tafel, das Heulen von Sire­nen oder Zahnarzt-Bohrgeräusche.

Alles nur ein Trick! In Wirk­lichkeit spiel­ten die Part­ner, die in getren­nten Räu­men saßen, gegen den Com­put­er, der sie in knapp der Hälfte der Fälle gewin­nen ließ. Auch hier zeigte sich ein ein­deutiger Zusam­men­hang zwis­chen dem durch­schnit­tlichen Zuck­er­spiegel am Abend und aggres­sivem Ver­hal­ten: Je niedriger der Blutzuck­er, desto länger und lauter die Geräusch-Attacke auf den Part­ner. Wow! Wie im echt­en (Büro-)Leben!

Die Forsch­er erk­lären sich diese ver­min­derte Selb­stkon­trolle der Proban­den in Verbindung mit einem gerin­gen Blutzuck­er­spiegel damit, dass die Glukose im Blut schein­bar eine Art Treib­stoff für das Gehirn ist, der für die Selb­stkon­trolle erforder­lich sei. Stu­di­en hät­ten zum Beispiel gezeigt, dass mit einem niedri­gen Glukose-Spiegel aggres­sive Impulse schlecht unter­drückt und Emo­tio­nen nur schw­er ges­teuert wer­den können.

Im Englis­chen gibt es seit Veröf­fentlichung der amerikanis­chen Studie ein Wort für die uner­freuliche Mis­chung von Hunger und Ärg­er: „hangry“, eine Kom­bi­na­tion aus hun­gry (hun­grig) und angry (ärg­er­lich). Eine passende Beschrei­bung im Deutschen ist das Wort „hunger­lich“. Jet­zt wis­sen Sie es, aber was hil­ft Ihnen dieses Wissen?

Mein Tipp für Führungskräfte: Vergessen Sie auf der Stelle sämtliche Ergeb­nisse aus Sem­i­naren zur Mitar­beit­er­führung, an denen Sie bish­er ohne­hin nur halb­herzig teilgenom­men haben, schieben Sie die Gefährdungs­beurteilung zur psy­chis­chen Belas­tung weit von sich und blasen Sie die ver­dammt aufwendi­ge Mitar­beit­er­be­fra­gung und den danach fol­gen­den sauteuren Work­shop mit den dynamis­chen Psy­cholo­gen ab. Grillen Sie stattdessen ein­mal in der Woche mit Ihrem Team! Aber bitte keine „gesun­den“ Sachen, son­st geht der Schuss nach hin­ten los.

Hauen Sie ordentlich fet­tige Steaks auf den Holzkohle­grill (wer mit Gas daherkommt dis­qual­i­fiziert sich endgültig!). Häufen Sie Ihren Leuten auch noch knus­prige Pommes über das Steak. Ziehen Sie das durch, auch wenn der ständig unter Ter­min- und Erfol­gs­druck ste­hende, drahtige Leit­er des betrieblichen Gesund­heits­man­age­ments beim Anblick Ihres Grills betreten sein ble­ich­es Haupt senkt. Hal­ten Sie ihm die nach­fol­gende Studie unter die Nase:

Laut ein­er im Novem­ber 2011 veröf­fentlicht­en Studie des Cen­ter of Car­dio­cas­cu­lar Pre­ven­tion in Lake­land kön­nen alle Men­schen einen Herz­in­farkt erlei­den, und zwar völ­lig unab­hängig von deren Ernährungs­ge­wohn­heit­en. Jeden kann es tre­f­fen. Das Blöde ist nur, dass die ver­meintlich „fit­ten“ Men­schen diesen Herz­in­farkt möglicher­weise nicht über­leben! Je mehr Risiko­fak­toren (erhöhter Blut­druck, Dia­betes usw.) ein Men­sch näm­lich hat, so haben die Forsch­er aus Flori­da her­aus­ge­fun­den, desto klein­er ist die Gefahr, an einem Infarkt zu sterben.

Die amerikanis­che Studie bescheinigt also jedem Men­schen die gle­iche Herz­in­fark­tchance und weil das so ist, lassen sich Steaks, Pommes und Cola weit­ge­hend als Herz­in­fark­tur­sache ausschließen.

Lassen Sie sich also nicht beir­ren. Sie ret­ten mit den Steaks und den Pommes ger­ade das Betrieb­skli­ma und steigern gle­ichzeit­ig die Wider­stands­fähigkeit Ihrer Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er. Schla­gen Sie der Unternehmensleitung die Eröff­nung ein­er Kan­tine nach Art ein­er Fer­n­fahrergast­stätte vor und ver­lan­gen Sie, dass das Unternehmen gle­ichzeit­ig flächen­deck­end mit AED’s (Automa­tisiert­er Extern­er Defib­ril­la­tor) aus­ges­tat­tet wird.

Dadurch räu­men Sie den ver­ant­wor­tungslosen, ernährungs­be­wussten und sportlich aktiv­en Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­ern Ihres Bere­ich­es – und im gesamten Unternehmen – immer­hin eine geringe Über­leben­schance im Falle eines Herz­in­fark­tes ein, dessen Ein­tritt durch den grund­sät­zlichen Führungsstil in Ihrem Haus früher oder später sicher­lich zu erwarten ist.

Guten Hunger!

Ihr

Heiko Mit­tel­staedt

 

 

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