Wie Sie als Führungskraft mit Grillsteaks das Betriebsklima retten können!
Sie sind Führungskraft und kennen die folgende Situation vielleicht recht gut: Sie falten mal wieder rüde eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter Ihres Verantwortungsbereiches zusammen, weil sie oder er nicht an Ihrer Stelle eine Aufgabe erledigt hat, die Sie eigentlich hätten machen müssen. Plötzlich bemerken Sie, wie sie oder er nur noch mit viel Mühe das Verlangen unterdrückt, Sie – ich sage es mal diplomatisch – recht unsanft am hinteren Körperende mit dem Fuß zu berühren.
Wenn Ihnen diese Situation bekannt vorkommt, dann hat das natürlich absolut nichts mit Ihrem Führungsstil zu tun. Um Gottes Willen! Vielmehr liegt es unter Umständen daran, dass Ihre Mitarbeiter schlichtweg „hungerlich“ sind. Ja, Ihre Mitarbeiter sind „hungerlich“ und leider nicht „hyggelig“, wie die fürchterlich glücklichen Dänen. Unsere hyggeligen Nachbarn im hohen Norden können, im Gegensatz zu uns Deutschen, auch niemals hungerlich werden, denn sie haben gemütliches Licht, einen flackernden Kamin und … Schokolade!
Schokolade? Ja, aber nicht nur Schokolade. Unsere immerwährend spaßigen Dänen essen grundsätzlich gut und gerne. Und das ist gut so, dass sie das tun! Amerikanische Forscher haben nämlich offiziell festgestellt, was Eltern von pubertierenden Kindern längst wissen: Hunger kann Aggressionen auslösen!
Die umtriebigen Wissenschaftler von der Ohio State University in Columbus haben diese epochale Entdeckung aber nicht mit Hilfe von vor sich hin käsenden und immerwährend essenden Pubertierenden gemacht, sondern mit Hilfe von Voodoo-Puppen!
Sie holten Paare zu sich an die Uni und gaben jedem Partner eine Puppe und 51 Nadeln an die Hand. Insgesamt drei Wochen lang sollten die Teilnehmer nun Abend für Abend – unbeobachtet vom jeweiligen Partner – Nadeln in die Puppe bohren. Und zwar umso mehr, je ärgerlicher sie auf ihren Partner waren.
Einen gleichzeitig stattfindenden Feldversuch in bundesdeutschen Unternehmen, bei denen die Voodoo-Puppen die betrieblichen Führungskräfte symbolisierten, musste man leider bereits nach einer halben Stunde abbrechen, da den meisten teilnehmenden Beschäftigten bereits in den ersten Minuten des Arbeitstages sämtliche 51 Nadeln ausgegangen waren.
In den USA musste jeder Teilnehmer morgens vor dem Frühstück und abends vor dem Zubettgehen seinen Blutzuckerspiegel messen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Je geringer der abendliche Blutzuckerspiegel der Probanden, desto mehr Nadeln rammten sie in ihren Puppen-Partner.
Das war noch nicht alles. Das Experiment wurde noch besser…
Nach Ablauf der drei Wochen ließ man die Paare im Labor in einem Spiel gegen ihren Partner antreten. In diesem Spiel ging es – so ließ man die Paare zumindest felsenfest glauben – um folgendes: Wer als erster eine Taste drückt, wenn ein rotes Quadrat auf einem Bildschirm erscheint, der entscheidet nach jeder Runde, wie lange und wie laut dem Verlierer ein Gemisch lauter und unangenehmer Geräusche vorgespielt wird. Darunter waren so tolle Geräusche wie etwa das Kratzen von Fingernägeln auf einer Tafel, das Heulen von Sirenen oder Zahnarzt-Bohrgeräusche.
Alles nur ein Trick! In Wirklichkeit spielten die Partner, die in getrennten Räumen saßen, gegen den Computer, der sie in knapp der Hälfte der Fälle gewinnen ließ. Auch hier zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem durchschnittlichen Zuckerspiegel am Abend und aggressivem Verhalten: Je niedriger der Blutzucker, desto länger und lauter die Geräusch-Attacke auf den Partner. Wow! Wie im echten (Büro-)Leben!
Die Forscher erklären sich diese verminderte Selbstkontrolle der Probanden in Verbindung mit einem geringen Blutzuckerspiegel damit, dass die Glukose im Blut scheinbar eine Art Treibstoff für das Gehirn ist, der für die Selbstkontrolle erforderlich sei. Studien hätten zum Beispiel gezeigt, dass mit einem niedrigen Glukose-Spiegel aggressive Impulse schlecht unterdrückt und Emotionen nur schwer gesteuert werden können.
Im Englischen gibt es seit Veröffentlichung der amerikanischen Studie ein Wort für die unerfreuliche Mischung von Hunger und Ärger: „hangry“, eine Kombination aus hungry (hungrig) und angry (ärgerlich). Eine passende Beschreibung im Deutschen ist das Wort „hungerlich“. Jetzt wissen Sie es, aber was hilft Ihnen dieses Wissen?
Mein Tipp für Führungskräfte: Vergessen Sie auf der Stelle sämtliche Ergebnisse aus Seminaren zur Mitarbeiterführung, an denen Sie bisher ohnehin nur halbherzig teilgenommen haben, schieben Sie die Gefährdungsbeurteilung zur psychischen Belastung weit von sich und blasen Sie die verdammt aufwendige Mitarbeiterbefragung und den danach folgenden sauteuren Workshop mit den dynamischen Psychologen ab. Grillen Sie stattdessen einmal in der Woche mit Ihrem Team! Aber bitte keine „gesunden“ Sachen, sonst geht der Schuss nach hinten los.
Hauen Sie ordentlich fettige Steaks auf den Holzkohlegrill (wer mit Gas daherkommt disqualifiziert sich endgültig!). Häufen Sie Ihren Leuten auch noch knusprige Pommes über das Steak. Ziehen Sie das durch, auch wenn der ständig unter Termin- und Erfolgsdruck stehende, drahtige Leiter des betrieblichen Gesundheitsmanagements beim Anblick Ihres Grills betreten sein bleiches Haupt senkt. Halten Sie ihm die nachfolgende Studie unter die Nase:
Laut einer im November 2011 veröffentlichten Studie des Center of Cardiocascular Prevention in Lakeland können alle Menschen einen Herzinfarkt erleiden, und zwar völlig unabhängig von deren Ernährungsgewohnheiten. Jeden kann es treffen. Das Blöde ist nur, dass die vermeintlich „fitten“ Menschen diesen Herzinfarkt möglicherweise nicht überleben! Je mehr Risikofaktoren (erhöhter Blutdruck, Diabetes usw.) ein Mensch nämlich hat, so haben die Forscher aus Florida herausgefunden, desto kleiner ist die Gefahr, an einem Infarkt zu sterben.
Die amerikanische Studie bescheinigt also jedem Menschen die gleiche Herzinfarktchance und weil das so ist, lassen sich Steaks, Pommes und Cola weitgehend als Herzinfarktursache ausschließen.
Lassen Sie sich also nicht beirren. Sie retten mit den Steaks und den Pommes gerade das Betriebsklima und steigern gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schlagen Sie der Unternehmensleitung die Eröffnung einer Kantine nach Art einer Fernfahrergaststätte vor und verlangen Sie, dass das Unternehmen gleichzeitig flächendeckend mit AED’s (Automatisierter Externer Defibrillator) ausgestattet wird.
Dadurch räumen Sie den verantwortungslosen, ernährungsbewussten und sportlich aktiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihres Bereiches – und im gesamten Unternehmen – immerhin eine geringe Überlebenschance im Falle eines Herzinfarktes ein, dessen Eintritt durch den grundsätzlichen Führungsstil in Ihrem Haus früher oder später sicherlich zu erwarten ist.
Guten Hunger!
Ihr
Heiko Mittelstaedt