Im Namen des Volkes amtlich bestätigt: Betriebssicherheit und Brandschutz sind auch in Zeiten von Corona unverzichtbar.
Das Verwaltungsgericht Hannover musste ein Ehepaar eines Privathauses daran erinnern, wie wichtig die rechtzeitige Befolgung von Sicherheitsgesetzen auch in Ausnahmezeiten ist:
- Das Ehepaar bat um Terminverschiebung für Schornsteinfegerarbeiten, der Bezirksschornsteinfeger lehnte aber ab. Zur Durchsetzung erließ die zuständige Behörde einen Bescheid und ordnete zusätzlich an, eine Abgaswege-Abgasleitungsüberprüfung zu veranlassen. Das Ehepaar griff diese „schornsteinfegerrechtlichen“ Bescheide an, weil es zur „Corona-Hochrisikogruppe“ gehöre und die Verfügungen für „überzogen und total inakzeptabel“ hielt: „Von einer dauerhaften Aufschiebung der Arbeiten sei nie die Rede gewesen. Aus dem Antrag einer Terminverschiebung sei eine Verweigerungshaltung konstruiert worden“.
Das Amt argumentierte: „Die gesetzlich begründeten Eigentümerpflichten seien aufgrund der Corona-Pandemie zu keinem Zeitpunkt aufgehoben worden“. Das Verwaltungsgericht Hannover hielt das behördliche Vorgehen für rechtmäßig (Urteil vom 9. November 2020 – Az. 13 A 4340/20 = http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE200015854&st=null&showdoccase=1) und sagte:
- „Auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie war die Durchführung der Arbeiten nicht unzumutbar“.
- Die „Schornsteinfegerarbeiten duldeten aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keinen weiteren Aufschub“.
- Die „Schornsteinfegerarbeiten dienen neben dem Erhalt der Betriebs- und Brandsicherheit den Zielen des Umweltschutzes, der Energieeinsparung und des Klimaschutzes“.
- Schließlich versicherte der Schornsteinfeger, dass er und seine Mitarbeiter „bei der Arbeitsausführung Einwegmund‑, Hand-und Fußschutz getragen hätten; außerdem hätte sich niemand von den Klägern bei der Arbeitsausführung im selben Raum wieder Schornsteinfeger zwingend aufhalten müssen“.
Die Schornsteinfegerarbeiten hätte das Ehepaar bis zum 31. Mai 2020 durchführen lassen müssen. Die Bescheide erließ das Amt am 25. Juni und 20. Juli 2020. Zu der in Niedersachsen und Bayern identischen Rechtsgrundlage in § 25 Abs. 2 Schornsteinfegerhandwerksgesetz stellte das Verwaltungsgericht Ansbach (Urteil vom 19. Mai 2017 – Az. AN 4 K 16.02290 = https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y‑300-Z-BECKRS-B-2017-N-113124?hl=true) klar, der Behörde „verbleibt ein Ermessensspielraum hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts, an dem sie den Bescheid erlässt, ferner hinsichtlich der Bemessung der im Bescheid zu setzenden Nachfrist für die Durchführung der noch ausstehenden Arbeiten“.
Dem Urteil aus Hannover sind zu den Fristen und Ermessensüberlegungen keine Detailangaben zu entnehmen. Es heißt nur, das Amt habe einmal die mit Schreiben vom 25. Juni 2020 gesetzte Frist verlängert – jedenfalls aber wohl nicht länger als bis zum 20. Juli 2020. Ob das ein Ermessenfehler oder gar Ermessensausfall ist, lässt sich mit diesen spärlichen Informationen nicht beurteilen.
Autor: Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Wilrich
Hochschule München, Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen
Anm.: Dieser Beitrag wurde uns mit freundlicher Genehmigung des VDSI — Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit e.V. zur Verfügung gestellt.