Startseite » Aktuelles »

Coronavirus: Arbeitsrechtliche Auswirkungen

Aktuelle Infos vom BMAS
Coronavirus: Arbeitsrechtliche Auswirkungen

Coronavirus: Arbeitsrechtliche Auswirkungen
Foto: © goodluz - stock.adobe.com

Kann ich zuhause bleiben? Muss ich ins Büro, wenn die Kol­le­gen hus­ten? Diese und andere Fra­gen beant­wortet das Bun­desmin­is­teri­um für Arbeit und Soziales (BMAS) in seinen FAQs zum Coronavirus.

 

Hier die Fragen — und die Antworten vom BMAS:

Frage: Habe ich einen Anspruch darauf, von zu Hause aus (im Home Office) zu arbeiten?

Antwort: Ein geset­zlich­er Anspruch, von zu Hause aus zu arbeit­en, beste­ht nicht. Arbeit­nehmer kön­nen dies jedoch mit ihrem Arbeit­ge­ber vere­in­baren. Die Option kann sich zudem aus ein­er Betrieb­svere­in­barung oder einem Tar­ifver­trag ergeben.

Frage: Muss ich ins Büro, wenn die Kollegen husten? 

Antwort: Ein all­ge­meines Recht des Arbeit­nehmers, bei Aus­bruch ein­er Erkrankungswelle wie COVID-19 der Arbeit fernzubleiben, gibt es nicht. Für das Ein­greifen eines Leis­tungsver­weigerungsrechts wäre es erforder­lich, dass ihm die Erbringung sein­er Arbeit­sleis­tung unzu­mut­bar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Eine Unzu­mut­barkeit ist z.B. dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betrof­fe­nen eine erhe­bliche objek­tive Gefahr oder zumin­d­est einen ern­sthaften objek­tiv begrün­de­ten Ver­dacht der Gefährdung für Leib oder Gesund­heit darstellt. Das bloße Hus­ten von Kol­le­gen ohne weit­eren objek­tiv begrün­de­ten Ver­dacht oder Anhalt­spunk­te für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen.

Frage: Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen krankheitsbedingt ausfallen?

Antwort: Von Über­stun­den spricht man, wenn die vere­in­barte regelmäßige Arbeit­szeit über­schrit­ten wird.

Arbeit­nehmer sind grund­sät­zlich nur dann zur Leis­tung von Über­stun­den verpflichtet, wenn sich dies aus einem Tar­ifver­trag, ein­er Betrieb­svere­in­barung oder einem Arbeitsver­trag ergibt. Es kann jedoch auch eine Nebenpflicht zur Leis­tung von Über­stun­den beste­hen, wenn durch die geforderten Über­stun­den ein son­st dem Arbeit­ge­ber dro­hen­der Schaden, der auf andere Weise nicht abgewen­det wer­den kann, ver­mieden wird. Dies kön­nte auch dann der Fall sein, wenn es beispiel­sweise auf­grund von COVID-19-Erkrankun­gen zu erhe­blichen Per­son­alaus­fällen kommt.

Beste­ht keine arbeits- oder kollek­tivver­tragliche Bes­tim­mung über die Bezahlung der Über­stun­den, kann der Arbeit­nehmer grund­sät­zlich gem. § 612 BGB die Grund­vergü­tung für die Über­stun­den ver­lan­gen. Der Anspruch auf Über­stun­den­vergü­tung set­zt voraus, dass die Über­stun­den vom Arbeit­ge­ber ange­ord­net, gebil­ligt oder geduldet wur­den und jeden­falls zur Erledi­gung der geschulde­ten Arbeit notwendig waren.


Frage: Habe ich im Fall einer vorübergehenden Betriebsschließung Anspruch auf Entgeltfortzahlung? 

Antwort: Im Hin­blick auf die Ent­gelt­fortzahlung gilt, dass der Arbeit­ge­ber grund­sät­zlich weit­er zur Ent­geltzahlung verpflichtet bleibt, wenn die Arbeit­nehmer arbeits­fähig und arbeits­bere­it sind, aber er sie aus Grün­den nicht beschäfti­gen kann, die in sein­er betrieblichen Sphäre liegen (sog. Betrieb­srisikolehre, § 615 Satz 3 BGB). Dazu wür­den etwa Fälle zählen, in denen es auf­grund von COVID-19-Erkrankun­gen zu erhe­blichen Per­son­alaus­fällen oder Ver­sorgungsen­g­pässen käme, in deren Folge der Arbeit­ge­ber die Betrieb­stätigkeit vorüberge­hend ein­stellen würde. Gle­ich­es würde grund­sät­zlich auch für behördliche Anord­nun­gen gel­ten, die zu einem Arbeit­saus­fall führen. Die Arbeit­nehmer behal­ten also in diesen Fällen ihren Ent­geltanspruch, auch wenn sie nicht arbeit­en können.

Hin­weis: Für diese Kon­stel­la­tio­nen, in denen wed­er Arbeit­ge­ber noch Arbeit­nehmer den Arbeit­saus­fall zu vertreten haben, kön­nen einzel- oder kollek­tivver­tragliche Vere­in­barun­gen Abwe­ichen­des regeln.


Frage: Kann ein Unternehmen bei Arbeitsausfällen wegen des Coronavirus Kurzarbeitergeld bekommen?

Antwort: Lief­er­eng­pässe, die im Zusam­men­hang mit dem Coro­na-Virus entste­hen, oder behördliche Betrieb­ss­chließun­gen mit der Folge, dass die Betriebe ihre Pro­duk­tion ein­schränken oder ein­stellen müssen, kön­nen zu einem Anspruch auf Kurzarbeit­ergeld für die vom Arbeit­saus­fall betrof­fe­nen Beschäftigten führen.

Betriebe, die Kurzarbeit­ergeld beantra­gen möcht­en, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständi­gen Agen­tur für Arbeit anzeigen.

Ob die Voraus­set­zun­gen für die Gewährung des Kurzarbeit­ergelds vor­liegen, prüft die zuständi­ge Agen­tur für Arbeit im Einzelfall.

Kurzarbeit­ergeld kann für eine Dauer von bis zu zwölf Monat­en bewil­ligt wer­den. Kurzarbeit­ergeld wird in der­sel­ben Höhe wie Arbeit­slosen­geld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Dif­ferenz zwis­chen dem pauschalierten Net­toent­gelt, das ohne Arbeit­saus­fall gezahlt wor­den wäre, und dem pauschaliertem Net­toent­gelt aus dem tat­säch­lich erhal­te­nen Arbeitsentgelt.

Nähere Infor­ma­tio­nen zur Beantra­gung des Kurzarbeit­ergeldes sind auf der Home­page der Bun­de­sagen­tur für Arbeit unter fol­gen­dem Link zu find­en: www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus


Frage: Was passiert, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit angeordnet hat?

Antwort: Etwas anderes als bei Frage 4 gilt etwa dann, wenn der Arbeit­ge­ber berechtigt Kurzarbeit ange­ord­net hat. Kommt es so zu einem Arbeit­saus­fall mit Ent­geltaus­fall, etwa weil Lief­er­eng­pässe infolge des Coro­n­avirus auftreten und der Betrieb in der Folge nur eingeschränkt oder gar nicht arbeits­fähig ist oder weil ein Betrieb auf behördliche Anord­nung schließen muss, so kommt ein Anspruch der betrof­fe­nen Arbeit­nehmer auf Kurzarbeit­ergeld in Betra­cht. Kurzarbeit­ergeld kann für eine Dauer von bis zu zwölf Monat­en bewil­ligt wer­den. Kurzarbeit­ergeld wird in der­sel­ben Höhe wie Arbeit­slosen­geld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Dif­ferenz zwis­chen dem pauschalierten Net­toent­gelt, das ohne Arbeit­saus­fall gezahlt wor­den wäre, und dem pauschaliertem Net­toent­gelt aus dem tat­säch­lich erhal­te­nen Arbeit­sent­gelt. Ob die Voraus­set­zun­gen für die Gewährung von Kurzarbeit­ergeld vor­liegen, prüft die zuständi­ge Agen­tur für Arbeit im Einzelfall.

Frage: Was passiert, wenn mein Kind nicht krank ist, aber die Kita/Schule meines Kindes (länger) geschlossen wird und ich keine andere Betreuung für das Kind habe? Muss ich Urlaub nehmen?

Antwort: Ist bei der Schließung der Kita/Schule unter Berück­sich­ti­gung des Alters der Kinder eine Betreu­ung erforder­lich, so müssen die Eltern zunächst alle zumut­baren Anstren­gun­gen zu unternehmen, die Kinder­be­treu­ung ander­weit­ig sicherzustellen (z. B. Betreu­ung des Kindes durch Großel­tern, anderes Eltern­teil). Kann die erforder­liche Kinder­be­treu­ung auch dann nicht sichergestellt wer­den, dürfte in der Regel ein Leis­tungsver­weigerungsrecht des Arbeit­nehmers beste­hen, da die Leis­tungser­fül­lung unzu­mut­bar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). D. h. in diesen Fällen wird der Arbeit­nehmer von der Pflicht der Leis­tungser­bringung frei; es ist nicht zwin­gend erforder­lich, Urlaub zu nehmen.

Zu beacht­en ist jedoch, dass bei einem Leis­tungsver­weigerungsrecht des Arbeit­nehmers aus per­sön­lichen Ver­hin­derungs­grün­den nur unter engen Voraus­set­zun­gen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeit­sent­gelts beste­hen kann. Ein solch­er Ent­geltanspruch kann sich aus § 616 BGB für eine ver­hält­nis­mäßig nicht erhe­bliche Zeit ergeben. Zudem kann der Anspruch aus § 616 BGB durch arbeits- oder tar­ifver­tragliche Vere­in­barun­gen eingeschränkt oder sog­ar voll­ständig aus­geschlossen sein.
Nimmt der Arbeit­nehmer Urlaub, erhält er Urlaubsentgelt.

In dieser Sit­u­a­tion dürfte es hil­fre­ich sein, zunächst das Gespräch mit dem Arbeit­ge­ber zu suchen.


Frage: Was passiert, wenn ich meinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann, etwa weil die S- oder U‑Bahn nicht fährt?

Antwort: Kann der Beschäftigte auf­grund von all­ge­mein ange­ord­neten Maß­nah­men seinen (unbe­lasteten) Arbeit­splatz nicht erre­ichen und somit seine Arbeit­sleis­tung nicht erbrin­gen, hat er grund­sät­zlich keinen geset­zlichen Anspruch auf Zahlung der vere­in­barten Vergü­tung. Denn der Arbeit­nehmer trägt das Risiko, dass er zum Betrieb als seinem Arbeit­sort gelangt (sog. Wegerisiko).


Frage: Was passiert, wenn ich an CIVID-19 erkrankt bin?

Antwort: Ist der Beschäftigte infolge ein­er Infek­tion mit dem Coro­n­avirus arbeit­sun­fähig erkrankt und somit an sein­er Arbeit­sleis­tung ver­hin­dert, beste­ht ein Anspruch auf Ent­gelt­fortzahlung im Krankheits­fall für den Zeitraum von sechs Wochen (§ 3 EFZG). Nach diesem Zeitraum haben geset­zlich Kranken­ver­sicherte grund­sät­zlich Anspruch auf Krankengeld. 

Frage: Habe ich einen Anspruch auf mein Entgelt, wenn sich die behördliche Infektionsschutzmaßnahme gegen mich wendet?

Antwort: Ist der Arbeit­nehmer selb­st als Betrof­fen­er Adres­sat ein­er behördlichen Maß­nahme, wie z.B. Tätigkeitsver­bot oder Quar­an­täne, kann er zum einen einen Ent­geltanspruch gegen seinen Arbeit­ge­ber haben. Aus Sicht des BGH kann in einem solchen Fall ein vorüberge­hen­der, in der Per­son des Arbeit­nehmers liegen­der Ver­hin­derungs­grund beste­hen, der den Arbeit­ge­ber trotz Weg­falls der Pflicht zur Arbeit­sleis­tung zur Ent­gelt­fortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). Die Dauer der Ent­gelt­fortzahlung hängt von den Umstän­den des Einzelfall­es ab (vgl. BGH, Urteil vom 30. Novem­ber 1978, III ZR 43/77 – nach dieser Entschei­dung für höch­stens 6 Wochen).

In Fällen, in denen § 616 BGB durch Einzel- oder Tar­ifver­trag eingeschränkt oder aus­geschlossen ist oder aus anderen Grün­den nicht greift, beste­ht in vie­len Kon­stel­la­tio­nen ein öffentlich-rechtlich­er Entschädi­gungsanspruch. Per­so­n­en, die als Ansteck­ungsverdächtige auf Anord­nung des zuständi­gen Gesund­heit­samts isoliert wer­den und deshalb einen Ver­di­en­staus­fall erlei­den, erhal­ten eine Entschädi­gung nach § 56 des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes. Die Entschädi­gung bemisst sich nach dem Ver­di­en­staus­fall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Ver­di­en­staus­falls gewährt. Vom Beginn der siebten Woche an wird sie in Höhe des Kranken­geldes gewährt. Arbeit­nehmer erhal­ten von ihrem Arbeit­ge­ber für die Dauer der Isolierung, läng­stens für sechs Wochen, eine Entschädi­gung in Höhe des Net­tolohns. Die aus­gezahlten Beträge wer­den dem Arbeit­ge­ber auf Antrag erstat­tet. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des Kranken­geldes weit­er. Erkrank­te fall­en nicht unter diese Entschädi­gungsregelung, weil diese bere­its Lohn­fortzahlung im Krankheits­fall und Kranken­geld erhalten. 


Frage: Welche Verpflichtungen haben Arbeitgeber zum Schutz der Arbeitnehmer?

Antwort: Der Arbeit­ge­ber hat nach Arbeitss­chutzge­setz grund­sät­zlich die Verpflich­tung die Gefahren für die Sicher­heit und Gesund­heit für seine Beschäftigten am Arbeit­splatz zu beurteilen (sog. Gefährdungs­beurteilung) und Maß­nah­men hier­aus abzuleit­en. Im Rah­men der Pan­demiepla­nung (Bevölkerungss­chutz) hat der Arbeit­ge­ber ggf. weit­ere Maß­nah­men zu ermit­teln und durchzuführen. Konkrete Hin­weise hierzu find­en sich zum Beispiel im Nationalen Pan­demieplan auf der Home­page des RKI.Für den Arbeitss­chutz gilt, wenn eine beschäftigte Per­son auf­grund ihrer Arbeit mit biol­o­gis­chen Arbeitsstof­fen umge­ht, ist die Biostof­fverord­nung anzuwen­den (§ 4 BioStof­fV). Biostoffe wie Viren, Bak­te­rien etc. müssen in der Gefährdungs­beurteilung berück­sichtigt wer­den. Aus den Gefährdun­gen muss der Arbeit­ge­ber Schutz­maß­nah­men für seine Beschäftigten ableit­en und umset­zen. Die Maß­nah­men kön­nen tech­nisch und organ­isatorisch sein, wie etwa die Abtren­nung der Arbeits­bere­iche oder die Beschränkung der Mitar­beit­erzahl. Bei entsprechen­der Gefährdung hat der Arbeit­ge­ber außer­dem per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung wie beispiel­sweise Schutzhand­schuhe oder Atem­schutz zur Ver­fü­gung zu stellen. Zu den Gefährdun­gen sind die Beschäftigten über eine Unter­weisung all­ge­mein sowie über eine arbeitsmedi­zinis­che Vor­sorge indi­vidu­ell zu berat­en. Konkretisierun­gen enthal­ten beispiel­sweise die Tech­nis­che Regel “Biol­o­gis­che Arbeitsstoffe im Gesund­heitswe­sen und in der Wohlfahrt­spflege” (TRBA 250) oder der Beschluss 609 “Arbeitss­chutz beim Auftreten ein­er nicht aus­re­ichend impf­präventablen huma­nen Influen­za”, welch­er derzeit in der Präven­tion von COVID-19 ana­log Anwen­dung findet.

www.bmas.de

 
 
 
 
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de