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Risikoeinschätzung und Verhalten

Der Sicherheitszuschlag
Risikoeinschätzung und Verhalten

Risikoeinschätzung und Verhalten
So bitte nicht! Doch warum halten sich zum Beispiel Mitarbeiter im Außendienst nicht an innerbetrieblich geltende Regeln? Foto: ©Nomad_Soul - stock.adobe.com
Gut gemeint bedeutet nicht automa­tisch gut gemacht. Denn wer im Arbeitss­chutz über das Ziel hin­aus zielt, riskiert, dass er beziehungsweise betrieb­sin­terne Regeln und ange­ord­nete Ver­hal­tensweisen nicht mehr ernst genom­men wer­den. Im Beitrag plädieren die Autoren für ein selb­stkri­tis­ches Augenmaß.

Ver­ant­wortliche und Mitar­bei­t­ende der Abteilung Arbeitss­chutz soll­ten und müssen darauf beste­hen, dass Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er sich an vorgegebene Ver­hal­tensregeln und Vorschriften hal­ten. Liegt ein Inter­essenkon­flikt zwis­chen den Ansprüchen des Unternehmens und „ren­i­ten­ten Mitar­beit­ern“ vor, sind wirkungsvolle Hand­lungs- und Sank­tion­s­möglichkeit­en notwendig.

Doch die „pri­vate“, indi­vidu­elle Risikoein­schätzung eines Mitar­bei­t­en­den entschei­det darüber, ob Vor­sorge­maß­nah­men, die durch Experten beziehungsweise durch das Unternehmen beschlossen wur­den, akzep­tiert und befol­gt oder eben nicht akzep­tiert und nicht befol­gt wer­den. Im Fol­gen­den wird ein Erk­lärungsmuster beschrieben, warum es zu Abwe­ichun­gen vom Regelver­hal­ten kommt und wie eine Lücke verklein­ert wer­den kann.

Risikowahrnehmung und ‑zuschlag

Ein Beispiel: In einem Unternehmen ist durch ein Ereig­nis ein bish­er unbekan­ntes Risiko in die Wahrnehmung gelangt. Auf ein­er Skala (siehe Grafik am Ende des Beitrags) wird die Höhe des Risikos durch die Höhe ein­er entsprechen­den Säule (1) gekennze­ich­net. Beispiel­haft wird unter­stellt, dass die dargestellte Pfeil­länge ein objek­tives, tat­säch­lich­es und real­is­tis­ches Risiko­maß des Ereigniss­es abbildet.

Um zuküftig auf jeden Fall auf der sicheren Seite zu sein, set­zen Experten bewusst oder unbe­wusst einen Sicher­heit­szuschlag drauf. Im dargestell­ten Beispiel entspricht der Zuschlag unge­fähr einem Vier­tel der real­is­tis­chen Risikoein­schätzung (Säule 2). Da die Ein­schätzung eines Risikos von sehr vie­len Unsicher­heit­en, indi­vidu­ellen Befind­lichkeit­en und äußeren Umstän­den abhängig ist, geben unsichere oder vor­sichtige Men­schen dur­chaus das Dop­pelte oder mehr als „Angstzuschlag“ dazu, um bei der Bew­er­tung und danach auf der (rechts)sicheren Seite zu sein.

Aus der Addi­tion der Säule (1) „Real­is­tis­ches Risiko“ und dem „Angstzuschlag“ (Säule 2) ergibt sich Säule 3. Deren Höhe definiert gle­ichzeit­ig das Niveau, auf dem Unternehmensentschei­dun­gen zur Sicher­heit und Gesund­heit getrof­fen wer­den. Primär kann das real­is­tis­che Risiko durch tech­nis­che und organ­isatorische Maß­nah­men gemindert wer­den. Das Unternehmen darf zukün­ftig nur Mitar­beit­er mit entsprechen­den Arbeit­sauf­gaben betrauen, deren Qual­i­fizierung eine Risikokon­trolle auf dem Niveau von Säule 3 bein­hal­tet. Ist der Koste­naufwand für Qual­i­fizierung oder tech­nis­che Maß­nah­men kurzfristig nicht zu recht­fer­ti­gen, bleibt es bei der Dreingabe per­so­nen­zen­tri­ert­er Maß­nah­men. Defizite in der Aus­bil­dung oder Restrisiken wer­den in der Regel durch zusät­zliche per­sön­liche Schutzaus­rüs­tun­gen und Ver­hal­tensregeln gepuffert.

Die Höhe der Säule 3 bildet demgemäß ein vom Unternehmen beziehungsweise Experten durch flankierende Schutz­maß­nah­men und Qual­i­fizierung als beherrschbar eingeschätztes Risiko. Wenn dem nicht so wäre, würde ein Unternehmen eine solche Tätigkeit gar nicht zulassen dür­fen. Insofern han­delt es sich auch um ein betrieblich akzep­tiertes Risikoniveau. Mit ein­er solchen Bew­er­tung wird die Überzeu­gung doku­men­tiert, dass bei Berück­sich­ti­gung aller aufgestell­ten Vor­gaben das Risiko zu bewälti­gen ist.

Verhalten und Risikobewältigung

Neben der tech­nis­chen Aus­rüs­tung und den organ­isatorischen Bedin­gun­gen bee­in­flusst ein angemessenes Ver­hal­ten der Mitar­beit­er die notwendi­ge Risikobe­wäl­ti­gung. Der Mitar­beit­er darf keinen Fehler machen, son­st erhöht sich das reale Risikoniveau. Doch der Men­sch ist ein fehler­haftes Wesen, und der Sicher­heit­szuschlag wirkt als Puffer.

Es wirkt unfallre­duzierend, wenn Mitar­beit­er qual­i­fiziert sind, Risiken frühzeit­ig zu erken­nen, real­is­tisch zu bew­erten und angemessen zu bewältigen.

Jed­er Mitar­beit­er hat durch seine Lebenser­fahrun­gen oder aktuelle Ereignisse seine ganz indi­vidu­elle Risikoein­schätzung. Möglicher­weise liegt diese unter dem „objek­tiv­en“ Niveau (Säule 4). Wird ein Risiko jedoch unter­schätzt, steigt die Wahrschein­lichkeit eines Unfalls. Durch Qual­i­fizierung und Sen­si­bil­isierung gelingt es, unter­schätzte Risiken auf ein real­is­tis­ches Niveau zu heben (Säule 5).

Ist der Sicher­heit­spuffer überdi­men­sion­iert, entste­ht eine hohe Dif­ferenz zwis­chen betrieblich akzep­tiertem Risikoniveau (Säule 3) und der pri­vat­en Ein­schätzung (Säule 6). Die flächen­deck­ende Real­isierung verord­neter Vor­sorge­maß­nah­men und Ver­hal­tensregeln, die auf dem Niveau der Säule 3 entsch­ieden wor­den sind, ist nur durch Überwachung beziehungsweise Kon­trolle und gegebe­nen­falls durch Bestra­fung zu erre­ichen. Sollen jedoch Anord­nun­gen akzep­tiert wer­den, muss die Dif­ferenz zwis­chen „pri­vat“ und „unternehmerisch“ verklein­ert wer­den (Säule 7 und 8), so dass die Akzep­tanz von Vor­sorge­maß­nah­men steigt.

Eine Rück­nahme ein­mal getrof­fen­er Entschei­dun­gen geschieht eher sel­ten. Denn dann über­wiegen Befürch­tun­gen, dass bei Unfall­ereignis­sen nach einem Wider­ruf von Ver­hal­tensvor­gaben die Schuld in dieser Entschei­dung gesucht wird.

Fazit

Bei der Ein­führung neuer Maß­nah­men zur Risiko­min­imierung im Betrieb­sall­t­ag ist zu beacht­en, dass der „Angstzuschlag“ nicht über das Ziel hin­auss­chießt. Soll der Kon­troll- und Bestra­fungs­druck reduziert wer­den, muss der „Angstzuschlag“ verklein­ert wer­den, damit getrof­fene Maß­nah­men von der Belegschaft akzep­tiert wer­den. Hil­fre­ich hier­bei sind Schu­lun­gen, die die indi­vidu­elle, pri­vate Risikoein­schätzung auf das real­is­tis­che Niveau heben. Ein gutes Train­ing und die Reduzierung psy­chis­ch­er Belas­tun­gen und Beanspruchun­gen reduziert die Fehler­wahrschein­lichkeit und hil­ft, den Sicher­heit­szuschlag zu verklein­ern. Abhängig von der Höhe des Sicher­heit­szuschlags wird es auch mit sehr guten Qual­i­fizierun­gen nur schw­er­lich gelin­gen, das Niveau der Säule 3 akzept­abel zu vermitteln.

Span­nungs­feld der Risikoeinschätzung
Grafik: Insti­tut Input GmbH

 

 

 

Autoren

Dipl.-Ing.
Rein­hard R. Lenz

Inhab­er des Instituts
für Schu­lung und
Medienentwicklung

info@institut-input.de

www.institut-input.de


 

 

 

 

 

Johannes Kro­nen

Insti­tut für Schu­lung und
Medienentwicklung


 

 

 

 

Nele Schmidtke

Insti­tut für Schu­lung und
Medienentwicklung

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