Im öffentlichen Dienst in Deutschland sind laut Statistischem Bundesamt etwa 4,7 Mio. Menschen beschäftigt (einschließlich Beamte/innen, Richter/innen und Soldaten/innen). Der öffentliche Dienst ist gekennzeichnet durch besondere strukturelle Bedingungen und befindet sich in einem weitreichenden und dynamischen Wandel. Der folgende Beitrag beschäftigt sich damit, wie Fachkräfte für Arbeitssicherheit in den Verwaltungen und Betrieben des öffentlichen Dienstes tätig werden, unter welchen Rahmenbedingungen sie wirksam werden und welche Konsequenzen sich hieraus für das Handeln der Fachkräfte für Arbeitssicherheit ergeben. (Dieser Beitrag ist die Langversion eines Beitrags aus Sicherheitsingenieur 5/2019; zwei kostenlose Probehefte von Sicherheitsingenieur können Sie hier bestellen)
Autoren: Werner Hamacher, Sebastian Riebe
ASiG-Betreuung im öffentlichen Dienst
Der Öffentliche Dienst umfasst eine Vielzahl von heterogen Betrieben mit zum Teil völlig unterschiedlichen Strukturen. Neben den klassischen Verwaltungsbetrieben in Bund und Land sowie und den kommunalen Behörden mit Betrieben wie Bauhöfen, Straßenunterhaltung, Abwasser- und Abfallwirtschaft, Veranstaltungsstätten, Park- und Gartenanlagen, sind es Institutionen wie Krankenhäuser, Schulen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Kindertagesstätten, Berufs- und freiwillige Feuerwehren, Großflughäfen wie Frankfurt und München und vieles andere mehr.
Für alle Beschäftigte in diesen Betrieben sind eine angemessene Betreuung durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifa) und Betriebsärzte zu gewährleisten und Leistungen gemäß der DGUV Vorschrift 2 zu erbringen. In der Vergangenheit ist dies häufiger aufgrund der Formulierung „gleichwertig“ im § 16 ASiG in Frage gestellt worden. Das Bundesarbeitsgerichtsurteil vom 15.12.2009 (AZ: 9 AZR 769/08) hat klargestellt, dass das ASiG auch für die Betriebe und Dienststellen des öffentlichen Dienstes umsetzen ist. Das Gericht begründet dies vor allem damit, dass gemäß § 16 ASiG im Bereich der öffentlichen Verwaltungen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie den sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ein den Grundsätzen des ASiG gleichwertige sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung wie in der gewerblichen Wirtschaft zu gewährleisten ist. Den öffentlichen Arbeitgebern sollte mit § 16 ASiG die gleichen Verpflichtungen auferlegt werden, wie den privaten Arbeitgebern (siehe BAG-Urteil vom 15.12.2009 Rn 39). Sie sollen dadurch verpflichtet werden, innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs einheitliche Regelungen unter Einbeziehung der Beamten zu schaffen. Gleichwertig bedeutet, dass hinsichtlich des Inhalts der Verpflichtungen des ASiG kein geringerer Standard als in der Privatwirtschaft geschaffen werden darf. Das heißt, die in den §§ 1 bis 11, 18,19 ASiG enthaltenen Grundsätze sind durch entsprechende Regelungen umzusetzen (siehe BAG-Urteil vom 15.12.2009 Rn 42).
Fachkräfte für Arbeitssicherheit in Betrieben der öffentlichen Hand
Angestellt bei einem Mitgliedsunternehmen eines Unfallversicherungsträgers der öffentlichen Hand sind circa 5.600 Sifas (vgl. Barth et al. 2017, S. 69). Im Bereich der Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand wurden seit 1980 insgesamt circa 4.500 Sifas ausgebildet, von denen heute noch rund 50% berufstätig sind. Tätig im öffentlichen Bereich sind weiterhin Sifas, die bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften oder von einem freien Ausbildungsträger ausgebildet wurden, oder ihre Ausbildung an einer Hochschule mit entsprechendem Studiengang absolviert haben. Neben angestellten Sifas erfolgt die Betreuung auch im Bereich der öffentlichen Hand über überbetriebliche Dienste oder in geringerem Umfang über freiberufliche Sifas.
In der Sifa-Langzeitstudie wurden Sifas, die ab 2001 ausgebildet wurden in einem Zeitraum von 2003 bis 2011 befragt: Wenn man die Fachkräfte aus dem öffentlichen Dienst und der gewerblichen Wirtschaft miteinander vergleicht, ergibt sich folgendes Bild:
- Jeweils knapp 60% arbeiten als Teilzeitfachkräfte.
- Die überwiegende Mehrheit ist in dem betreuten Betrieb angestellt (96% öD bzw. 86% gewerbliche Wirtschaft) und betreuen ausschließlich intern diesen Betrieb (73% bzw. 63%).
- Der Anteil von Fachkräften aus Großbetrieben ist im öffentlichen Dienst deutlich höher als in der gewerblichen Wirtschaft (59% vs. 34%).
- Mittelgroße Unternehmen (51–250 Mitarbeiter) finden sich dagegen etwas häufiger bei Sifas aus Mitgliedsbetrieben von Berufsgenossenschaften (vgl. Abschlussbericht Sifa-Langzeitstudie, 2012, S. 14).
- Klein- und Kleinstbetriebe sind im Bereich der öffentlichen Hand vergleichsweise selten. Dies entspricht den unterschiedlichen Strukturen in den beiden Wirtschaftssektoren.
Strukturelle Einbindung der Sifas in den Betrieben der öffentlichen Hand
Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt in Betrieben der öffentlichen Hand sind unmittelbar dem Dienststellenleiter oder Behördenleiter zu unterstellen (vgl. hierzu auch Anzinger/Bieneck: Kommentar zum Arbeitssicherheitsgesetz, Heidelberg, 1998, S. 231). Das Arbeitssicherheitsgesetz fordert in § 8 Abs. 2:
„Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder, wenn für einen Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, der leitende Betriebsarzt und die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit, unterstehen unmittelbar dem Leiter des Betriebs.“
Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln gehört die Fachkraft für Arbeitssicherheit zum Stab. Sie darf weder organisatorisch noch disziplinarisch einem Abteilungsleiter unterstellt werden (Az: 10 (1) Sa 1231/02).[1] Die unmittelbare Unterstellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit unter den Dienststellen- oder Behördenleiter dient zum einen der Sicherung der erforderlichen fachlichen Unabhängigkeit der Fachkraft (vgl. § 8 Abs. 1 ASiG) und zum anderen der Herausstellung der besonderen Bedeutung der Stabsstelle. Der Einfluss als nicht in die Linienorganisation eingebundener Beauftragter, der den Arbeitgeber und seine Führungskräfte in allen Fragen des Arbeitsschutzes berät und unterstützt, wird damit gestärkt. Dies gehört zu den Grundsätzen des ASiG, die auch im öffentlichen Dienst zu gewährleisten sind (siehe BAG-Urteil vom 15.12.2009 Rn 44).
Insgesamt sind im öffentlichen Dienst und der gewerblichen Wirtschaft zusammengenommen etwa 80 % der Fachkräfte für Arbeitssicherheit der Unternehmensleitung (1.Ebene) oder dem Leiter des Betriebs (2. Ebene) direkt unterstellt und etwa 20 % einer Fachabteilung. Zwischen gewerblicher Wirtschaft und der öffentlichen Hand zeigen sich aber deutliche Unterschiede. Sifas im öffentlichen Dienst sind eher einer Fachabteilung unterstellt und bekleiden keine Stabstelle (siehe Abbildung 1; ebd. S. 325f.).
Abb. 1: Unterstellungsverhältnis und Zugehörigkeit zu einem Unfallversicherungsträger (Quelle: Sifa-Langzeitstudie)
Zugang zur Unternehmensleitung über die Teilnahme an Sitzungen, regelmäßige Gespräche und Berichte
Neben der formalen Stellung der Sifas im Organigramm lohnt sich auch ein Blick darauf, ob tatsächlich ein Zugang zur Unternehmensleitung besteht. Fast die Hälfte (46,8%) der Sifas aus der öffentlichen Verwaltung werden nicht zu Sitzungen der Unternehmensleitung eingeladen, führen keine direkten Gespräche mit der Unternehmensleitung und erstatten der Leitung auch keine mündlichen Berichte. Damit haben Sifas aus der öffentlichen Verwaltung branchenübergreifend den schlechtesten Zugang zur Unternehmensleitung (durchschnittlich haben etwa 37% der Sifas keinen Zugang zur Unternehmensleitung bei den drei oben genannten Zugangsmöglichkeiten) (Sifa-Langzeitstudie, S. 334f.).
Sowohl die formale Unterstellung als noch stärker der direkte Zugang zur Leitung sind wesentliche Einflussgrößen auf die Wirksamkeit von Sifas. Hier besteht in vielen Betrieben der öffentlichen Hand Nachholbedarf.
Tätigkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit im öffentlichen Dienst
Der Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit soll einen möglichst hohen Wirkungsgrad der Arbeitsschutzmaßnahmen erzielen. Durch den Einsatz von Fachkräften und Betriebsärzten soll erreicht werden, dass die Arbeitsschutzvorschriften entsprechend den besonderen Betriebsverhältnissen angewandt, die gesicherten arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Erkenntnisse verwirklicht werden und die Arbeitsschutzmaßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erzielen (§ 1 ASiG).
Die Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz legen dem Arbeitgeber in einem hohen Maße eigenverantwortliches Handeln zur Planung und Durchführung der in seinem Betrieb erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf. Die DGUV Vorschrift 2 fordert in Anlage 2 in den Aufgabenkatalogen von den Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten eine entsprechende inhaltlich umfassende Unterstützungstätigkeit.
In der Sifa-Langzeitstudie wurden vor diesem Hintergrund für über 80 verschiedene Tätigkeiten abgefragt (z. B. Unterstützung bei Unterweisungen, Betriebsanweisungen oder Durchführen von Gefährdungsermittlungen), wie intensiv sich die Fachkräfte mit diesem Thema befassen (von 1=gar nicht bis 5=sehr intensiv). Diese Tätigkeiten wurden dann komprimiert in sieben Tätigkeitsfeldern zusammengefasst, was einen besseren Überblick ermöglicht. Wie werden Fachkräfte für Arbeitssicherheit vor dem Hintergrund dieser strukturellen Besonderheiten des öffentlichen Dienstes tätig?
Im Ergebnis kann hinsichtlich der selbst eingeschätzten Tätigkeitsintensitäten zusammenfassend festgestellt werden (siehe Abbildung 2), dass die Unterschiede zwischen den Sifas aus dem öffentlichen Dienst und dem gewerblichen Bereich relativ klein sind. Sifas aus dem öffentlichen Dienst fallen geringfügig ab in den Tätigkeitsfeldern: T1 Verhaltensprävention, T2 Analysen von Gefährdungsfaktoren, T4 technisch-organisatorische Arbeitssystemgestaltung und T7 Ereignisanalysen. Diese Unterschiede werden jedoch alle statistisch signifikant. Das bedeutet: Sie sind nicht zufällig.
Eine besorgniserregende Erkenntnis aus der Studie ist allerdings auch: Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit beschäftigen sich branchenübergreifend kaum oder wenig mit der Beratung und Unterstützung zu zeitgemäßen und modernen Themen des Arbeitsschutzes vor dem Hintergrund des Wandels der Arbeit und der Megatrends (z. B. Gestaltung der Arbeitsbedingungen für Ältere, Personalentwicklung, Arbeitszeitgestaltung, Verkehrssicherheit). Die Beratung zur personenorientierten Gestaltung von Arbeitssystemen wird sehr stiefmütterlich behandelt.
Abb. 2: Intensität des Tätigwerdens in den sieben Tätigkeitsfeldern für Sifas der UVT der öffentlichen Hand und Berufsgenossenschaften (Quelle: Sifa-Langzeitstudie)
Wirksamkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit im öffentlichen Dienst
Werfen wir auf einen Blick auf die Wirksamkeit der Fachkräfte für Arbeitssicherheit aus dem öffentlichen Dienst. Wirksamkeit der eigenen Beratung und Unterstützung der Betriebe wird erzielt, z. B. durch
- eine Verbesserung der organisationalen und kulturellen Bedingungen (bessere Regelungen im Arbeitsschutz, Führungskultur, Betriebsklima etc.)
- eine Reduzierung der Unfall- und Gesundheitsrisiken,
- das Erzeugen eines betrieblichen Nutzens (z. B. durch Prozessoptimierung, weniger Fehler, Imageverbesserung)
- eine menschengerechten Arbeitsgestaltung
Im Durchschnitt schätzen die befragten Fachkräfte für Arbeitssicherheit aus dem Bereich der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ihre Wirksamkeit auf allen vier Feldern mit teilweise erkennbar ein (siehe Abbildung 3). Sie unterscheiden sich im Mittel nur wenig von Sifas in der gewerblichen Wirtschaft. Signifikante Unterschiede liegen für die Wirksamkeitsfelder W1 Arbeitsschutzorganisation- und ‑kultur und W3 Betrieblicher Nutzen vor. Hier wird die Wirksamkeit etwas höher beurteilt als im öffentlichen Dienst.
Abb. 3: Einschätzung der mittleren Wirksamkeit auf den vier Wirksamkeitsfeldern (Quelle: Sifa-Langzeitstudie)
Megatrends und Wandel im öffentlichen Dienst
Megatrends und der Wandel der Arbeit machen auch vor dem öffentlichen Dienst keinen Halt. Das DGUV-Risikoobservatorium beschreibt für öffentliche Verwaltungen eine Vielzahl an Schwerpunkt-Entwicklungen (vgl. Hauke/Neitzner 2017, S. 2ff.). Hierzu zählen beispielsweise:
- Arbeitsverdichtung, längere Arbeitszeiten und Verantwortungsausweitung
- Demografischer Wandel und unausgewogene Altersstruktur und Fachkräftemangel
- Informations- und Kommunikationstechnologien und vernetzte Automatisierung
- Flexibilisierung von Arbeit (z. B. durch Arbeitszeitmodelle und wechselnde Arbeitsorte)
- Langanhaltende und/oder einseitige Beanspruchung des Muskel-Skelett-Systems
- Seelische Gewalt (z. B. Mobbing, Cybermobbing) und körperliche bei versicherten Tätigkeiten
- Mobile Arbeit und Mobilitätsanforderungen/Verkehrsdichte (z. B. durch Pendeln, Dienstreisen, mobile Arbeit usw.)
- Notwendigkeit zum lebenslangen und interdisziplinären Lernen
- Cyber-Angriffe auf digitalisierte Systeme
Ein wichtiges Thema für den öffentlichen Dienst ist die Personalsicherung. Neuere Daten lassen erahnen, welche Herausforderungen auf den öffentlichen Dienst zukommen: Bis 2030 droht eine Personallücke von etwa 730.000 Beschäftigten.[2] Betroffen werden insbesondere Führungskräfte auf der mittleren Führungsebene der Unterabteilungs- oder Referatsleiter sein. Neben der oberen Entscheider-Ebene sind gerade mittlere Führungskräfte zentrale Ansprechpartner der Sifas, wenn es um betriebliche Arbeitsschutzprojekte geht oder wenn es konkret in die Umsetzung und Begleitung von Arbeitsschutzmaßnahmen geht. Diese Entwicklungen wirken sich auf die Organisation, Kultur und Führung sowie auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den öffentlichen Verwaltungen aus. Daraus ergeben sich Konsequenzen für das Handeln der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die bisher in der Wirksamkeitsforschung zu Sifas noch wenig berücksichtigt wurden.
Zusammenfassung und Empfehlungen
- Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind als Stabsstelle beim Leiter des Betriebs anzusiedeln – das gilt auch für den öffentlichen Dienst. Dieses Prinzip findet noch nicht in allen Betrieben des öffentlichen Dienstes Anwendung. Fast 30% der in der Sifa-Langzeitstudie befragten Sifas aus dem öffentlichen Dienst sind – entgegen den Forderungen aus dem ASiG und der Rechtsprechung — organisatorisch einer Fachabteilung angegliedert. Fast die Hälfte der Sifas im öffentlichen Dienst haben keinen (informellen) Zugang zur Unternehmensleitung.
- Zeitgemäße Arbeitsschutzthemen (z. B. personenorientierte Arbeitsgestaltung, psychische und physische Belastung, Arbeitszeitgestaltung, Verkehrssicherheit, demografischer Wandel) werden durch die Sifas mit einer geringeren Intensität bearbeitet wie klassische Themen des Arbeitsschutzes.
- Bei der Wirksamkeit schätzen sich Sifas aus dem öffentlichen Dienst weniger wirksam ein. Sie erzielen nicht die gewünschten Effekte in den Bereichen zur Verbesserung der Arbeitsschutzorganisation und ‑Kultur und erzielen einen geringeren betrieblichen Nutzen.
Welche Empfehlungen lassen sich daraus für Fachkräfte für Arbeitssicherheit ableiten?
Sifas können selbst etwas zur Verbesserung des eigenen Handelns beitragen, indem sie ihr Tätigwerden und ihre Aufgabenwahrnehmung stärker reflektieren, das bedeutet beispielsweise:
- Betreuungsverhältnisse durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte sollten im öffentlichen Dienst langfristig angelegt werden, um strukturelle Hürden zu bewältigen
- stärkere Ausrichtung am tatsächlichen betrieblichen Betreuungsbedarf und den konkreten Erfordernissen in Verwaltungen, z. B. Unterstützung bei Personalentwicklung, alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung, Arbeitszeitgestaltung und Mobilität
- weniger unterweisen und Unfallanalysen machen, viel mehr präventiv tätig werden z. B. bei Planungen, Beschaffungen und weiteren Investitionsprozessen
- mehr mit Unterstützung zur Verbesserung der Organisation und Organisationsentwicklung beschäftigen (z. B. ISO 45001 – Arbeitsschutzmanagementsystem), Veränderungsprozesse begleiten (Change Management) und bei der Implementierung von Konzepten zur Gefährdungsbeurteilung unterstützen
- Beratung und Unterstützung im Arbeitsschutz ganzheitlich angehen, z. B. auch Themen und überbetriebliche Kampagnen berücksichtigen zur Präventionskultur, betrieblichen Gesundheitsförderung und gesundheitsgerechter Führung
- Regelmäßige Fortbildung, die nicht nur fachlich orientiert ist, sondern alle Kompetenzbereiche berücksichtigt, z. B. auch zur Verbesserung der Selbstorganisation, Kooperation mit anderen Akteuren, Gesprächsführung
- Regelmäßige Gespräche und Kontakte mit Führungskräften (insbesondere neuen Führungskräften) pflegen und Aufbau von Netzwerken im Betrieb, Vernetzung mit weiteren Beauftragten vorantreiben (z. B. QM-Beauftragte)
Was bedeutet das für die Betriebe des öffentlichen Dienstes?
- Arbeitgeber müssen viel stärker auf ihre Sifas zurückgreifen und auch dafür sorgen, dass die organisatorischen Rahmenbedingungen und der Zugang zur Unternehmensleitung für Sifas besser werden. Führungskräfte sollen die Beratung und Unterstützung durch die Sifas und Betriebsärzte aktiv in Anspruch nehmen und die Möglichkeiten nutzen, sich bei der Organisation des Arbeitsschutzes, Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen und Mitarbeiterführung unterstützen zu lassen.
- Die Potentiale der Sifas besser nutzen: Sifas können einen großen Teil dazu beitragen, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber zu erhöhen, in dem durch ihr Tätigwerden ein betrieblicher Nutzen erzeugt und das Image verbessert wird.
Was bedeutet das für die Träger und Institutionen des Arbeitsschutzes?
- Aus- und Fortbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit müssen auch weiterhin branchenspezifische Besonderheiten des öffentlichen Dienstes – insbesondere die spezifischen Strukturen — hinreichend berücksichtigen
- Noch stärkere Ausrichtung der Präventionsprodukte und Qualifizierungsangebote auf die Gruppe der Unternehmensleitung und Führungsebene im öffentlichen Dienst, um zu sie für die Belange des Arbeitsschutzes sensibilisieren und zu gewinnen.
Literaturliste
- Barth, C. et al. (2017): Bedarf an Fachkräften für Arbeitssicherheit in Deutschland (Abschlussbericht). 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Projektnummer: F 2388)
- Hauke, A.; Neitzner, I. (Hrsg.: DGUV, 2019): Öffentliche Verwaltung: Ausführliches Branchenbild aus dem Risikoobservatorium der DGUV. Link: https://www.ipa-dguv.de/medien/ifa/de/fac/arbeiten_4_0/branchenbild_oeffentliche_-verwaltung.pdf (Zugriff am 26. März 2019)
- Hamacher, W.; Eickholt, C.; Riebe, S.: Betriebliche und überbetriebliche Einflussgrößen auf die Tätigkeit und Wirksamkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit – Ergebnisse der Sifa-Langzeitstudie und der GDA-Betriebsbefragung 2011 (Gutachten im BAuA-Forschungsprojekt F 2342 „Treiber und Hemmnisse der Umsetzung im Arbeits- und Gesundheitsschutz“). Dortmund, Berlin, Dresden, 2015.
- Riebe, S. et al. (2018): Aufbruch in eine neue Arbeitswelt — Wirksame Arbeitsschutzbetreuung heute und in der Zukunft. In: Trends und Innovationen im Arbeitsschutz 2018/19. Sonderausgabe der Zeitschriften Betriebliche Prävention und sicher ist sicher. S. 22–28. Erich-Schmidt-Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
- Trimpop, R. et al.: Sifa Langzeitstudie: Tätigkeiten und Wirksamkeiten von Fachkräften für Arbeitssicherheit (Abschlussbericht). Ein Projekt der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV). Projekt des Fachausschusses „Organisation des Arbeitsschutzes“ –FB ORG. Sankt Augustin, 2012.
[1] Aus: VDSI-Positionspapier zur rechtlichen Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit im Unternehmen vom 15. Juli 2010. Download unter: http://www.vdsi.de/files/1500/6038/1/wc2mgmAM.pdf (Zugriff am 28.02.2012)
[2] Vgl. hierzu Beitrag Daten einer McKinsey-Studie https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/nachwuchsmangel-im-oeffentlichen-dienst-droht-eine-personalluecke-von-730–000-beschaeftigten/24172726.html
Autoren: Werner Hamacher, Sebastian Riebe
Systemkonzept, Köln
Kontakt:
werner.hamacher@systemkonzept.de
sebastian.riebe@systemkonzept.de
Weitere Beiträge im Themenschwerpunkt „Sicherheit im öffentlichen Dienst“ in Sicherheitsingenieur 5/2019:
Das Sicherheitskonzept der Stadt München — Angstfrei im Amt arbeiten
Ende 2016 verabschiedete der Münchner Stadtrat unter dem Eindruck des rechtsextremistisch motivierten Attentats am und im Olympia-Einkaufszentrum ein Sicherheitskonzept für die städtischen Dienstgebäude. Michael Birkhorst, der den Fachdienst für Arbeitssicherheit leitet und Sicherheitsingenieur Simon Kirnberger, der die Beschäftigtensicherheit koordiniert, ziehen nach gut zwei Jahren eine Zwischenbilanz.
Schutz ist notwendig und machbar — Solare Exposition von Beschäftigten im öffentlichen Dienst
Viele Millionen Beschäftigte in Deutschland sind während ihrer Tätigkeiten solarer ultravioletter (UV-) Strahlung ausgesetzt. Ob sie dadurch gefährdet sind, muss eine Gefährdungsbeurteilung ergeben. Um diese faktensicher durchführen zu können, ist die Verwendung von Messwerten sehr hilfreich. Das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) hat die in den vergangenen Jahren aufgenommenen Forschungsanstrengungen weiter intensiviert und auf viele Berufe ausgedehnt. Auch im öffentlichen Dienst gibt es Tätigkeiten, bei denen UV-Schutzmaßnahmen angewendet werden sollten.
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