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Alles bleibt besser!

Glosse: Mit korrekter Rechtschreibung den Arbeitsschutz voranbringen
Alles bleibt besser!

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Foto: © anyaberkut - stock.adobe.com

Arbeitss­chutz wird, so kon­nte man vor eini­gen Monat­en in der Han­nover­sche All­ge­meine* lesen, in Deutsch­land groß geschrieben. Nun, das ist an sich richtig, da es sich bei dem Wort Arbeitss­chutz um ein Sub­stan­tiv han­delt. Und Sub­stan­tive wer­den in Deutsch­land „großgeschrieben“. Das zumin­d­est sagt der Duden über dieses starke Verb.

Aber ich will an dieser Stelle nicht zu viel (nein, es schreibt sich nicht „zuviel“, weil zu + Adjek­tiv getren­nt geschrieben wer­den) meck­ern, denn immer­hin wusste man in der Lan­deshaupt­stadt Nieder­sach­sens, dass das Wort Arbeitss­chutz ohne Binde­strich auskommt. In Ham­burg bei der BGW hat man hinge­gen noch einige Prob­leme mit dem Binde­strich. Dort lässt man den Sicher­heits­beauf­tragten Nils in zwei neuen Fil­men den „Arbeitss­chutz“ (richtig geschrieben!) und den „Brand-Schutz“ (nicht richtig geschrieben!) erk­lären. Ein vorheriger Blick in den Duden hätte geholfen, aber das Buch lag ver­mut­lich ger­ade unter einem Mon­i­tor, um die Bild­schirmhöhe auszugleichen …

Zwar wird der Arbeitss­chutz in Deutsch­land – zumin­d­est von der Rechtschrei­bung her – im Grunde großgeschrieben. Bei der Anwen­dung der staatlichen und beruf­sgenossen­schaftlichen Regeln scheint es sich bei dem Wort und dessen Umset­zung in die Prax­is aber eher um ein Hil­fsverb zu han­deln. Vor allem scheinen ger­ade, so kon­nte man dem bere­its erwäh­n­ten Artikel der Han­nover­sche All­ge­meine ent­nehmen, Exis­ten­z­grün­der mit dem Arbeits- und Gesund­heitss­chutz auf dem Kriegs­fuß zu ste­hen. So man­gelt es, um nur ein Beispiel zu nen­nen, in den neu gegrün­de­ten Unternehmen sehr oft an der äußerst wichti­gen Gefährdungs­beurteilung. Aber auch andere wichtige Maß­nah­men gehen, so die Han­nover­sche All­ge­meine, im betrieblichen All­t­ag von Star­tups häu­fig unter.

Mal ehrlich, es hapert doch nicht nur bei Exis­ten­z­grün­dern an einem geord­neten Arbeits- und Gesund­heitss­chutz, oder? Auch in vie­len anderen Fir­men – und nicht nur in kleinen und mit­tel­ständis­chen Unternehmen in der Bun­desre­pub­lik – gibt es deut­lich erkennbare Män­gel in Sachen Ver­ant­wortlichkeit, Gefährdungs­beurteilung, Unter­weisun­gen, ASA-Sitzun­gen usw. Diesen Stand in den bun­des­deutschen Unternehmen hat der Arbeitss­chutz zwar immer­hin mit der eben­so oft ver­nach­läs­sigten Rechtschrei­bung gemein­sam — was die Sache aber nicht bess­er macht.

Was kann man tun, um die Exis­ten­z­grün­der (und alle anderen gle­ich mit) wieder auf den recht­en Pfad der Tugend zu brin­gen? Mehr Kon­trollen? Höhere Strafen? Alle Ver­ant­wor­tung auf die Sicher­heits­fachkräfte oder gar auf den Sicher­heits­beauf­tragten über­tra­gen? Nein, natür­lich nicht!

Das geeignete Mit­tel der Wahl ist wohl eher ein san­ftes Anstupsen, anstupsen (?), An-Stupsen (?), an-stupsen (?) der ver­ant­wortlichen Unternehmer. Das Wort kriegen wir niemals kor­rekt hin, also nen­nen wir das geeignete Mit­tel der Wahl der Ein­fach­heit hal­ber lieber „Nudg­ing“. Das schreibt sich leichter und klingt zudem mod­ern­er, denn Englisch ist bekan­nter­maßen ja auch mod­ern. Oder anders gesagt: Ein englis­ch­er Begriff zur recht­en Zeit, erspart den Duden und die Denkarbeit.

Ab sofort wer­den alle Ver­ant­wortlichen im Arbeits- und Gesund­heitss­chutz nur noch san­ft in die richtige Rich­tung ges­tupst, so die deutsche Über­set­zung von Nudg­ing. Die Über­gangszeit – weg von den derzeit regelmäßi­gen und harten Kon­trollen der bun­des­deutschen Unternehmen durch die Auf­sichts­be­hör­den und Beruf­sgenossen­schaften hin zu einem san­ften Arbeitss­chutz – wird ganz sich­er nicht leicht für alle Beteiligten. Daher empfehle ich allen Ver­ant­wortlichen in den Betrieben sowie deren unter­stützen­den Beratern, sich ab sofort knall­hart in Tagträume zu stürzen, weil sich das Gehirn dadurch langsam auf die völ­lige Entspan­nung vor­bere­it­en kann, die alle Beteiligten durch das Nudg­ing in Zukun­ft erwartet.

Natür­lich lösen diese unge­wohnte Ruhe und der innere Frieden anfangs ein leicht­es Panikge­fühl aus. Vor allem bei vie­len Sicher­heits­fachkräften, die es näm­lich seit vie­len Jahren gewohnt sind, ihren ganzen Arbeit­stag mit Aktiv­itäten im Arbeits- und Gesund­heitss­chutz vol­lzustopfen, um bei den eigentlich dafür Ver­ant­wortlichen nicht als Faulen­z­er abgestem­pelt zu werden.

Die Führungskräfte wer­den den Über­gang zum „Nudg­ing“ dage­gen viel entspan­nter empfind­en, denn an ihrer Arbeitsweise ändert sich im Grunde rein gar nichts. Die meis­ten Ver­ant­wortlichen wis­sen näm­lich aus eigen­er Erfahrung (und aus der Poli­tik), dass zu viel Aktiv­ität schnell in blind­en Aktion­is­mus umschlägt und hal­ten daher schon von Natur aus die Füße still.

Die inner­be­trieblichen Berater, Auf­sichts­be­hör­den und Beruf­sgenossen­schaften geben dann zukün­ftig hier und da einen san­ften Hin­weis zur Gefährdungs­beurteilung oder machen vielle­icht auch mal einen san­ften Vorschlag zum Brand­schutz. Und was wird passieren? Es passiert natür­lich abso­lut nichts! Alles wird beim Alten bleiben. Es wird vol­lkommene Zufrieden­heit auf allen Führungsebe­nen herrschen. Und in dieser fried­vollen Atmo­sphäre wird der ein oder andere Ver­ant­wortliche in einem Anflug von leichtem Arbeitss­chutz­denken der Bestel­lung neuer Bierdeck­el für die Gefährdungs­beurteilung (Anm. d. Red.: bitte lesen) zus­tim­men… Alles bleibt bess­er! In diesem Sinne…

Ihr

Heiko Mit­tel­staedt

*https://www.haz.de/Nachrichten/Wirtschaft/Deutschland-Welt/Arbeitsschutz-Startups-vernachlaessigen-Sicherheit-am-Arbeitsplatz

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