Sicherheitsbeauftragte stellen mit Abstand die größte Gruppe unter den Arbeitsschutzakteuren in den Betrieben: Rund 620.000 Personen versehen bundesweit dieses Ehrenamt. Sie unterstützen den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Dabei hat der Unternehmer sicherzustellen, dass die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und die Betriebsärzte eng mit den Sicherheitsbeauftragten zusammenwirken: Sicherheitsbeauftragte sind für beide wichtige Ansprechpartner.
Mitwirkung sichern und stärken
Soll diese Zusammenarbeit fortgesetzt und womöglich noch verstärkt werden, erfordert die Entwicklung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit hin zu „Managern für Sicherheit und Gesundheit“ sowie die Entwicklungen im Bereich der Gesundheit hin zu „Betrieblichem Gesundheitsmanagement“ inklusive „Betrieblicher Gesundheitsförderung“ unter Beteiligung der Betriebsärzte eine Entwicklung der Sicherheitsbeauftragten hin zu „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit“. Ansonsten entsteht eine Lücke, der Kontakt bricht ab und eine erfolgreiche Mitarbeiterbeteiligung wäre nicht mehr möglich.
Der Begriff „Beauftragter für Sicherheit und Gesundheit“ enthält die künftige Aufgabenstellung der Sicherheitsbeauftragten in den Unternehmen. Er verdeutlicht ihre fachliche Anbindung an den „Manager für Sicherheit und Gesundheit“ sowie den „Betrieblichen Gesundheitsmanager“ – und damit die Einbindung der Sicherheitsbeauftragten in eine ganzheitliche betriebliche Sicherheits- und Gesundheitsorganisation.
So fordert es ja auch die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ in § 20: „(2) Die Sicherheitsbeauftragten haben den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen, insbesondere sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen zu überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Versicherten aufmerksam zu machen“ sowie in „(4) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte mit den Sicherheitsbeauftragten eng zusammenwirken“ und „(6) Der Unternehmer hat den Sicherheitsbeauftragten Gelegenheit zu geben, an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen des Unfallversicherungsträgers teilzunehmen, soweit dies im Hinblick auf die Betriebsart und die damit für die Versicherten verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie unter Berücksichtigung betrieblicher Belange erforderlich ist.“ Eine Weiterentwicklung der Sicherheitsbeauftragten hin zum „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit“ setzt somit die Forderungen der DGUV Vorschrift 1 in idealer Weise um!
Der Mangel an Betriebsärzten nimmt unter anderem altersbedingt zu, gleichzeitig steigt die Bedeutung gesunder Mitarbeiter in den Unternehmen. Es stellt sich also die Frage, wie vor diesem Hintergrund das derzeitige Niveau in der betriebsärztlichen Betreuung gehalten werden kann. Neben der laufenden Diskussion zur Kooperation mit anderen Berufsgruppen „auf Augenhöhe“ (Betriebliche Gesundheitsmanager, Arbeitswissenschaftler, Psychologen, Ergonomen etc.) werden auch Delegationsmodelle diskutiert.
Zur Weiterentwicklung bereit
Das Gut der betriebsärztlichen Einsatzstunde muss in jedem Fall künftig gezielter eingesetzt werden als bisher: Statistisch kommen in Deutschland auf einen Arzt mit entsprechender Ausbildung mehr als 40 innerbetriebliche Sicherheitsbeauftragte, die zur Unterstützung der Betriebsärzte zu „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit“ weiterentwickelt werden könnten. In einer Studie wurden 1.643 Sicherheitsbeauftragte verschiedener Branchen und Betriebsgrößen schriftlich nach ihrer Tätigkeit und Rolle sowie ihrer Einstellung zu einer Weiterentwicklung zu Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit befragt. Die Frage „Wie fänden Sie eine Weiterentwicklung des Aufgabenfeldes des „Sicherheitsbeauftragten“ zum „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit“?“ wurde von insgesamt rund 80 Prozent der Befragten positiv beantwortet. Die befragten Sicherheitsbeauftragten sind folglich zu einer entsprechenden Erweiterung ihrer Aufgaben bereit. Dazu ist allerdings eine Weiterentwicklung in der Ausbildung zum neuen „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit“ erforderlich.
Der beschriebene Mangel an Betriebsärzten wird sich so schnell nicht ändern. Durch entsprechend geschultes Hilfspersonal in den Betrieben könnte dem Gesundheitsgedanken dennoch ausreichend Raum gegeben werden. Das Thema Gesundheit gehört in weiten Teilen Europas grundsätzlich zum Aufgabenspektrum der Sicherheitsbeauftragten. Das Konzept wäre damit auch und gerade für europaweit tätige Konzerne anwendbar. Große international tätige Betriebe der chemischen Industrie haben diesen vorgeschlagenen Entwicklungsschritt in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) bereits angenommen und bilden seit Anfang 2013 die „Sicherheitsbeauftragten“ zu „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit“ fort bzw. Anwärter zukünftig entsprechend aus. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat diesbezüglich ein Modellprojekt mit einem der größten privaten Klinikkonzerne gestartet.
Entscheidend für diesen wichtigen Entwicklungsschritt ist, die „Sicherheitsbeauftragten“ nicht einfach nur umzubenennen, sondern auch ihre Ausbildung entsprechend anzupassen. Dies könnte beispielsweise durch ein zusätzliches zweitägiges Modul zur Grundausbildung zum Thema „Gesundheit“ geschehen sowie durch eine anschließende geeignete Fortbildung unter Einbindung der Betriebsärzte.
Tipps zum Einstieg in das Thema betriebliche Gesundheit
Es gibt viele Möglichkeiten, die Sicherheitsbeauftragten eines Betriebes zusätzlich als „Beauftragte für Sicherheit und Gesundheit“ in das Betriebliche Gesundheitsmanagement einzubinden. Ein „Beauftragter für Sicherheit und Gesundheit“ könnte zum Beispiel an folgenden Projekten und Themen mitwirken:
- Gefährdungsbeurteilung unter besonderer Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten – hier können Sicherheitsbeauftragte aus ihrer alltäglichen Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen wertvolle Impulse beisteuern.
- Gefährdungsbeurteilung psychosozialer Faktoren – auf diesem Gebiet ist die Erfahrung der Sicherheitsbeauftragten hilfreich, so zum Beispiel bei der ersten Ermittlung von Problemen.
- Multiplikator-Funktion für mögliche Bewältigungsstrategien bei psychischen Belastungen – Sicherheitsbeauftragte sind wegen ihrer Expertise zum Thema Sicherheit in ihren Unternehmen bereits bekannt. Sie haben
insofern großes Potenzial, auch bei der Gesundheitsprävention und ‑aufklärung erfolgreich mitzuwirken. - Mitarbeiterbefragungen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung – dazu ist Vertrauen zur Person eine der wichtigsten Voraussetzungen. Ein guter Sicherheitsbeauftragter genießt dieses Vertrauen. Er kann deshalb Probleme auf gesundheitliche Fragen übertragen.
- Gesundheitszirkel zum direkten Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz – Sicherheitsbeauftragte sind prädestiniert dafür, die Sitzungen zu moderieren.
- Erarbeitung von Gesundheitsberichten – die weitreichende Kenntnis der Sicherheitsbeauftragten über die Betriebsabläufe erleichtert die Zusammenstellung.
- Einbeziehung altersabhängiger Faktoren menschlicher Leistungsfähigkeit vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – hier kann sich der Beauftragte zum Beispiel für die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen einsetzen.
- Berufseinsteiger für Sicherheits- und gesundheitsrelevante Themen bei der Arbeit sensibilisieren – Sicherheitsbeauftragte genießen Respekt. Sie sind folglich besonders geeignet, bei jungen oder frisch eingestellten Beschäftigten Aufmerksamkeit für sicherheits- und gesundheitsrelevante Themen zu wecken.
Neues Handbuch „Sicherheitsbeauftragte“ erschienen
Sicherheitsbeauftragte bilden zwar die größte Gruppe und das Fundament im Arbeitsschutz, ihre Schlüsselfunktion und ihr Potenzial werden jedoch nicht selten unterschätzt. Die frisch aufgelegte Broschüre „Sicherheitsbeauftragte – Beauftragte für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ will das Selbstverständnis und die Bedeutung der Sicherheitsbeauftragten in den Unternehmen stärken. Neben einem Überblick über Grundlagen und Aufgaben sowie einem großen Praxisteil mit Checklisten gibt das Handbuch dazu auch einen Ausblick auf Zukunftsthemen und neue Entwicklungen.
Silvester Siegmann, Rainer von Kiparski: „Sicherheitsbeauftragte – Beauftragte für Sicherheit und Gesundheit“, Konradin Mediengruppe 2017, ISBN: 978 3 87284 107 0. Interessenten können das Buch zum Preis von 19.50 Euro zzgl. Versandkosten über die Website www.sifa-sibe.de bestellen.
„Die Sicherheitsbeauftragten sind ein wichtiger Teil unserer betrieblichen Unfallverhütungs-Anstrengungen“
„Unsere Sicherheitsbeauftragten sind Botschafter
bei der Förderung von risikobasiertem Denken“
„Wir alle lernen jeden Tag etwas über Sicherheit dazu –
Dank unserer Sicherheitsbeauftragten!“