1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Gesundheitsschutz » Psychische Gesundheit »

Mobbing - Schikane ohne Ende

Handlungsmöglichkeiten
Mobbing — Schikane ohne Ende

Mobbing - Schikane ohne Ende
Foto: © Antonioguillem - stock.adobe.com
Es ist ruhig gewor­den um das The­ma Mob­bing. Doch wenn etwas nicht mehr auf der ersten Seite ste­ht, heißt das noch lange nicht, dass es nicht mehr existiert. So ist das auch mit dem Mob­bing. Das gibt es noch immer. Inzwis­chen auch als Cyber-Mobbing.

Bet­ti­na Brucker

Sie kom­men mor­gens zur Arbeit und ihr Kol­lege schnappt Ihnen den Park­platz weg. Sie kom­men in den Pausen­raum und das Gespräch ver­s­tummt schla­gar­tig. Ihr Chef gibt Ihnen einen Arbeit­sauf­trag, der weit unter Ihrer Qual­i­fika­tion liegt. Ist das Mob­bing? Nein. Einzelne Gemein­heit­en, ein Stre­it zwis­chen Kol­le­gen, Ermah­nun­gen oder barsche Anweisun­gen kön­nen zwar Anze­ichen für ein schlecht­es Arbeits- und Betrieb­skli­ma sein, doch diesen Einze­lak­tio­nen fehlen bes­timmte Merk­male, die auss­chlaggebend dafür sind, dass man von Mob­bing spricht. Mob­bing meint nicht ein schlecht­es Betrieb­skli­ma oder einen gele­gentlich ungerecht­en Vorge­set­zten. Bei Mob­bing wird eine Per­son mit dem Ziel der Aus­gren­zung sys­tem­a­tisch oft und während ein­er län­geren Zeit angegriffen.

Auslöser für Mobbing

Mob­bing begin­nt schle­ichend und ist ein lang­wieriger Prozess. Durch­schnit­tlich 15 Monate sind Mob­bing-Opfer dem Psy­cho-Ter­ror am Arbeit­splatz aus­ge­set­zt. Häu­fig wer­den die Attack­en hin­ter „Scherzen“ ver­steckt, anonym durchge­führt oder mit „objek­tiv­en Dat­en“ unter­füt­tert. So ist die Böswilligkeit nur schw­er zu beweisen.

Doch warum kommt es immer wieder dazu, dass Beschäftigte Kol­le­gen schikanieren, bis diese krank wer­den? Was treibt einen Chef dazu, seinen Mitar­beit­er zu drangsalieren, bis er kündigt? Zu den wichtig­sten Aus­lösern zählen

  • unbe­set­zte Stellen oder schlecht­es Zeit­man­age­ment, also Män­gel in der Arbeitsorganisation.
  • Schwächen im Führungsver­hal­ten wie man­gel­nde Vor­bild­funk­tion der Vorge­set­zten oder Ver­nach­läs­si­gung der Fürsorgepflicht.
  • eine beson­dere soziale Stel­lung der Betrof­fe­nen etwa auf­grund von Geschlecht, Nation­al­ität oder Behinderung.
  • Wegschauen sowie Ignori­eren oder Dulden von Fehlverhalten.

Hinzu kommt, dass man sich seine Arbeit­skol­le­gen nicht aus­suchen kann. Man arbeit­et nicht primär zusam­men, weil man sich gern hat. Die Teams sind fast immer „Zwangs­ge­mein­schaften“: Sie wer­den vom Arbeit­ge­ber oder Vorge­set­zten zusam­menge­set­zt, um im Auf­trag des Betriebs bes­timmte Auf­gaben zu lösen. Wer sich im Team nicht wohl fühlt, kann nicht ein­fach gehen und sich somit der Sit­u­a­tion entziehen.

Was passiert beim Mobbing?

Mob­bing­hand­lun­gen kön­nen Angriffe, Aus­gren­zun­gen oder Ver­let­zun­gen sein: Da wird beispiel­sweise ein Kol­lege mund­tot gemacht, alle ver­lassen den Raum, wenn die Kol­le­gin ihn betritt, oder jemand wird ständig als Ver­sager beze­ich­net. Je länger der Mob­bing­prozess dauert, desto geringer sind die Chan­cen, sich zur Wehr zu set­zen. Der Betrof­fene gerät immer mehr unter Druck, seine Leis­tung lässt nach, er wird krank oder kündigt. Doch nicht nur der Einzelne lei­det, son­dern auch sein Umfeld, also zum Beispiel seine Familie.

Mob­bing ist aber auch ein The­ma für das Unternehmen und die Gesellschaft. Denn durch krankheits­be­d­ingte Arbeit­saus­fälle entste­ht ein großer betriebs- und volk­swirtschaftlich­er Schaden. Jed­er dritte Erwach­sene in Deutsch­land wurde schon ein­mal gemobbt. Jedes Jahr trifft es über eine Mil­lion Beschäftigte. Einem Betrieb entste­hen pro gemobbter Per­son Kosten in Höhe von 15.000 bis 50.000 Euro pro Jahr. Der Deutsche Gew­erkschafts­bund (DGB) bez­if­fert den mob­bingbe­d­ingten betrieb­swirtschaftlichen Schaden auf jährlich bis zu 25 Mil­liar­den Euro. Der volk­swirtschaftliche Schaden (Behand­lungskosten, Frühver­ren­tun­gen et cetera) wird auf bis zu 80 Mil­liar­den Euro geschätzt.

Mob­bin­gopfer kön­nen sich juris­tisch wehren: Schwere Mob­bing­hand­lun­gen wie Belei­di­gung, Ver­leum­dung, Nöti­gung oder Kör­per­ver­let­zung sind straf­bar. Von Kör­per­ver­let­zung ist die Rede, wenn jemand durch Mob­bing krank wird. Dieser Zusam­men­hang muss jedoch so von einem Arzt attestiert werden.

Mob­bin­gopfer lei­den vor allem unter Gerücht­en und Unwahrheit­en. Eine ide­ale Plat­tform dafür ist das Inter­net. Find­et Mob­bing beispiel­sweise per E‑Mail, auf Face­book, Insta­gram oder auf Video­plat­tfor­men wie Youtube statt, spricht man von Cyber-Mob­bing. Bei dieser neueren Form von Mob­bing sind Belei­di­gun­gen und Dif­famierun­gen ein­er bre­it­en Öffentlichkeit zugänglich.

Cyber-Mobbing

Während Mob­bing am Arbeit­splatz meist nur Täter und Opfer sowie das nähere Umfeld bet­rifft und zeitlich auf den Arbeit­sall­t­ag begren­zt ist, sind Belei­di­gun­gen oder ver­let­zende Fotos oder Filme im Inter­net von Frem­den ein­se­hbar und kön­nen jed­erzeit abgerufen werden.

Außer­dem wis­sen die Opfer oft lange Zeit nicht, was im Netz über sie ver­bre­it­et wird. Hinzu kommt: Was ein­mal online ist, lässt sich sehr schw­er wieder löschen. Selb­st wenn es gelingt, Fotos und Belei­di­gun­gen ent­fer­nen zu lassen, sind die Opfer nicht davor geschützt, dass andere Per­so­n­en die Inhalte gespe­ichert haben und weit­er in Umlauf bringen.

Damit Mob­bing nicht um sich greifen kann, sollte im Unternehmen verbindlich fest­gelegt sein, wie miteinan­der umge­gan­gen wird. Das lässt sich zum Beispiel schriftlich in ein­er Mob­bingvere­in­barung fes­thal­ten. Außer­dem tra­gen ein vor­bild­hafter Führungsstil, Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen und aus­ge­bildete Mob­bing­beauf­tragte im Betrieb dazu bei, das The­ma aus der dun­klen Ecke des „Psy­choter­rors“ her­auszu­holen und ohne Tabu präven­tiv dage­gen anzugehen.


Typische Mobbing-Phasen

Mob­bing meint die sys­tem­a­tis­che Aus­gren­zung ein­er Per­son, die zu diesem Zweck über einen län­geren Zeitraum regelmäßig gedemütigt, bedro­ht, belei­digt, her­abgewürdigt und schikaniert wird. Typ­isch für den Ver­lauf sind die fol­gen­den vier Phasen:

  1. Ein Kon­flikt wird nicht gek­lärt. Es kommt zu Schuldzuweisun­gen oder ersten einzel­nen per­sön­lichen Angriffen.
  2. Der eigentliche Kon­flikt gerät in den Hin­ter­grund. Der Psy­choter­ror begin­nt: Eine bes­timmte Per­son wird immer häu­figer zur Zielscheibe sys­tem­a­tis­ch­er Schikane. Sie ver­liert nach und nach ihr Selb­st­wert­ge­fühl. Die Kol­le­gen gren­zen sie mehr und mehr aus.
  3. Die Angele­gen­heit eskaliert. Die gemobbte Per­son verän­dert sich, kann sich nicht mehr konzen­tri­eren und macht Fehler. Sie wird deshalb abgemah­nt, ver­set­zt oder mit Kündi­gung bedro­ht. Die arbeit­srechtlichen Sank­tio­nen tre­f­fen allerd­ings den Falschen.
  4. Der Gemobbte geht oder ihm wird gekündigt.

Weiterführende Informationen

Hand­lung­shil­fen und Empfehlun­gen find­en sich unter anderem

  • in der Ver­di-Broschüre „Gemein­sam gegen Mob­bing“, hin­ter­legt unter www.inqa.de (Such­be­griff „Gemein­sam gegen Mobbing“)
  • in der Broschüre „Wenn aus Kol­le­gen Feinde werden“der Bun­de­sanstalt für Arbeitss­chutz und Arbeitsmedi­zin unter www.baua.de Ange­bote Pub­lika­tio­nen Repos­i­to­ri­um (Such­be­griff Mobbing)

Rechtliche Grundlagen

Der Arbeit­ge­ber ist verpflichtet, seine Arbeit­nehmer vor arbeits­be­d­ingten Gesund­heits­ge­fahren zu schützen und auf eine men­schen­gerechte Gestal­tung der Arbeit zu acht­en. Schutz- und Hand­lungsmöglichkeit­en gegen Mob­bing ergeben sich unter anderem aus dem

  • Arbeitss­chutzge­setz (Arb­SchG),
  • dem Grundge­setz,
  • dem Betrieb­sver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) sowie
  • dem All­ge­meinen Gle­ich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG).
Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de