Die Arbeitgeberin betreibt ein Ladengeschäft. Aufgrund einer Kundenbeschwerde überprüfte die zuständige Arbeitsschutzbehörde die Betriebsstätte am 21.02.2018. Dabei stellte sie erhebliche Arbeitsschutzmängel fest, insbesondere zu niedrige Raum- bzw. Lufttemperaturen. Die gemessenen Werte entsprachen nicht den Mindestwerten der Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), nach der die Lufttemperatur zwischen 17 und 21°C betragen muss. Die Behörde forderte die Betreiberin der Betriebsstätte auf, unverzüglich dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Mindesttemperaturen gewährleistet werden. Bei einer weiteren Besichtigung der Betriebsstätte zwei Tage später wurden erhebliche Mängel im Hinblick auf den Brandschutz und die notwendigen Rettungswege festgestellt. Mit E‑Mail vom 26.02.2018 wies die Behörde darauf hin, dass es einer fachkundigen Gefährdungsbeurteilung bedürfe, die bisher nicht vorliege. Die Betriebsstätte sei für eine Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht geeignet. Am 10.07.2018 forderte die Behörde die Arbeitgeberin auf, Mitteilung über den Sachstand zu machen. Mit E‑Mail vom 05.11.2018 teilte die Eigentümerin des Ladengeschäfts mit, dass in den Verkaufsräumen neue Heizkörper installiert würden. Auch sei die Installation eines Luftschleiers geplant. Mit Bescheid vom 16.11.2018 ordnete die Behörde auf Grundlage eines weiteren Ortstermins am gleichen Tag – bei dem Temperaturen in der Betriebsstätte zwischen 14 und 15°C gemessen worden waren – an, dass die Arbeitgeberin unverzüglich im Wege der Gefährdungsbeurteilung nach der Arbeitsstättenverordnung die notwendigen Maßnahmen zu veranlassen habe, damit in ihrem Ladengeschäft die erforderlichen Mindestlufttemperaturen gewährleistet würden. Sie ordnete den Sofortvollzug an und drohte eine vollständige bzw. teilweise Betriebseinschränkung an. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Danach passierte offenbar längere Zeit nichts, bis die Behörde dann mit Schreiben vom 08.10.2019 darauf hinwies, dass die Anordnung vom 16.11.2018 noch nicht erfüllt und daher weiterhin in Vollzug sei. Eine weitere Heizperiode mit provisorischen, mithin gefahrbehafteten Mitteln sei für sie nicht hinnehmbar. Mit Bescheid vom 22.10.2019 ordnete die Behörde an, die in der Anordnung aus November 2018 genannten Maßnahmen umzusetzen und hierüber bis spätestens zum 22.11.2019 schriftlich Bericht zu erstatten. Nachdem die Arbeitgeberin mit E‑Mail vom 22.11.2019 über Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ihrer Betriebsstätte berichtet hatte, teilte die Behörde mit Schreiben vom 25.11.2019 mit, dass die Anordnungen mangels qualifizierter sicherheitsfachlicher Beurteilungen noch nicht erfüllt seien. Laut eines Betriebsbegehungsberichts vom 28.11.2019 bestünden besonders gravierende Sicherheitsmängel, die umgehend zu beseitigen seien. Die Arbeitgeberin dürfe unter anderem die Infrarotstrahler nicht mehr betreiben, habe jegliche leicht entflammbaren Materialien aus den Flucht- und Rettungswegen zu beseitigen, den aufgestellten Heizlüfter zu entfernen sowie eine geeignete und arbeitsschutzsichere Heizungsanlage zu installieren, alle elektrischen Arbeits- und Betriebsmittel zu prüfen und die gesetzlich geforderten Flucht- und Rettungswege unverzüglich einzuhalten.
Mit Bescheid vom 05.12.2019 untersagte die Behörde der Arbeitgeberin die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Betriebsstätte. Die beschäftigten Personen seien unverzüglich hierüber zu informieren. Außerdem habe die Arbeitgeberin den Vollzug dieser Maßnahme schriftlich zu bestätigen. Eine vollständige oder teilweise Wiederzulassung der Beschäftigung sei nur mit schriftlicher Zustimmung durch die Arbeitsschutzbehörde möglich. Zur Erfüllung der Voraussetzungen für eine Zustimmung habe sich die Arbeitgeberin durch eine von ihr zu bestellende Fachkraft für Arbeitssicherheit fachkundig beraten zu lassen. Die Behörde ordnete den Sofortvollzug und drohte die Ersatzvornahme bei Nichtbefolgung an. Hiergegen legte die Arbeitgeberin Widerspruch ein und beantragte vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung trug sie vor: Die Heizung in der Betriebsstätte sei nur während einiger Tage im Februar 2018 defekt gewesen. Die Reparatur sei am 02.03.2018 erfolgt. Am 12.03.2018 habe eine Brandverhütungsschau stattgefunden. Dabei seien lediglich die elektrischen Anlagen bemängelt worden. Der aufgestellte Heizlüfter sei laut der Bedienungsanleitung ausdrücklich auch für die Beheizung von Geschäftsräumen bestimmt. Die übrigen Vorgaben der Maßnahmenliste seien unerheblich geworden und erfüllt.
Die Entscheidung des VG Freiburg
Das Gericht lehnte den Antrag der Arbeitgeberin weitestgehend ab. Zur Begründung verwies es auf die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung. Danach hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst geringgehalten werden. Beim Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätten hat der Arbeitgeber eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) seien nicht eingehalten worden. Nach 4.2 ASR A3.5 muss die Lufttemperatur in Abhängigkeit von der hier einschlägigen Arbeitsschwere und Körperhaltung während der gesamten Nutzungsdauer zwischen 17 und 20°C betragen, in Pausenräumen 21°C. Dem habe die Arbeitgeberin nicht genüge getan, wie sich aus den Messungen im Februar 2018 und November 2018 ergab. Auch war der Defekt an der Heizung – wie die Arbeitgeberin behauptet – nicht nur vorübergehender Natur, da er sich jedenfalls auf zwei Heizperioden erstreckte und die zwischenzeitlichen Reparaturen (wohl) nicht alle maßgeblichen Stockwerke betrafen. Jedenfalls bestünden bis heute keine fachkundig nachgewiesenen stabilen arbeitsklimatischen Bedingungen, welche die erforderlichen Raumtemperaturen gewährleisteten. Zwar habe die Arbeitgeberin zwischenzeitlich Maßnahmen zur Verbesserung der Raumtemperaturen ergriffen. Diese können jedoch nicht als hinlänglich erachtet werden. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin erscheint es nicht ausreichend, dass das zwischenzeitlich aufgestellte elektrische Heizgerät nach der vorgelegten Betriebsanleitung zur Beheizung von Geschäftsräumen geeignet sein soll. Denn zum einen habe der Abruf der Betriebsanleitung auf der Homepage des Herstellers ein anderes Ergebnis geliefert, wonach zur bestimmungsgemäßen Verwendung eher dem Außenbereich zuzuordnende Orte geeignet seien. Weiterhin fehle es an der Erfüllung einer entsprechenden fachkundigen Gefährdungsbeurteilung. Damit sei im Ergebnis für das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen, dass es zu Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten etwa aufgrund der offenen Fragen des Brandschutzes komme. Ermessensfehler der Behörde bei dem Erlass ihrer Anordnung seien nicht ersichtlich. Auch erscheine die Maßnahme trotz des für die Arbeitgeberin wirtschaftlich bedeutsamen Weihnachtsgeschäfts nicht als unverhältnismäßig, insbesondere ist sie erforderlich, da mildere Mittel nicht gleich geeignet erscheinen. Die Missstände in der Betriebsstätte seien bereits seit längerem bekannt und die erforderliche (unverzügliche) Beseitigung nicht erfolgt.
Allerdings sah das Gericht die Androhung der Ersatzvornahme für den Fall, dass die Arbeitgeberin gegen das Beschäftigungsverbot verstoßen sollte, als rechtswidrig an. Ein Beschäftigungsverbot könne nicht im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt werden. Denn herbei liege schon keine vertretbare Handlung vor, die sich im Wege der Ersatzvornahme vollstrecken ließe, da im Kern vielmehr eine Unterlassung gefordert werde, die nur vom Pflichtigen erbracht werden könne. Soweit die Arbeitgeberin eine Schließung des Geschäfts als Ersatzvornahme vor Augen gehabt habe, handele es sich dabei nicht um das entsprechende Handlungsäquivalent, sondern um eine Maßnahme, die mit unmittelbarem Zwang zu vollstrecken wäre.
Rechtliche Bewertung
Zunächst handelt es sich aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht um einen klassischen Fall: Die Arbeitgeberin verstößt offenkundig (und hartnäckig) gegen Arbeitsschutzvorschriften. Nachdem die Arbeitsschutzbehörde zunächst geduldig agierte, ordnete sie letztlich die Schließung der Betriebsstätte bis zur Erfüllung der geforderten Maßnahmen an. Die betroffene Arbeitgeberin legte hiergegen Widerspruch ein. Üblicherweise hat der Widerspruch gegen eine behördliche Anordnung aufschiebende Wirkung. Der Widerspruch hemmt dann die Durchsetzung des Bescheids. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet ist. Das kann aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder durch eine besondere Anordnung der Behörde geschehen. Dann muss der Betroffene beim Verwaltungsgericht gegen die sofortige Vollziehbarkeit einstweiligen (vorläufigen) Rechtsschutz beantragen, wie es auch in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg die Arbeitgeberin tat. Interessant am vorliegenden Fall ist jedoch, dass die Arbeitsschutzbehörde die Ersatzvornahme für den Fall androhte, dass das Beschäftigungsverbot nicht eingehalten würde. Rechtlich bezeichnet man als Ersatzvornahme die Vornahme einer geschuldeten Handlung durch den Gläubiger anstelle des Schuldners. Voraussetzung ist eine sogenannte vertretbare Handlung, welche der Gläubiger oder ein von ihm beauftragter Dritter statt des Schuldners ersatzweise vornehmen kann.
Eine solche vertretbare Handlung sah das Verwaltungsgericht Freiburg in der Durchsetzung des Beschäftigungsverbots nicht, weil die Arbeitgeberin zur Unterlassung der Beschäftigung aufgefordert wurde. Dieses Unterlassen kann aber nicht ersatzweise von anderen Personen durch eine dem Unterlassen entsprechende Handlung erreicht werden. Ein Beschäftigungsverbot kann vielmehr nur mit Zwangsmitteln, zum Beispiel durch Verhängung eines Ordnungsgeldes, durchgesetzt werden.
Fazit
Die Begründung des Verwaltungsgerichts Freiburg ist sinnig und dem Beschluss insgesamt zuzustimmen. Im Ergebnis hat die Arbeitgeberin zwar einen kleinen Teilerfolg erzielt. Letztlich hilft ihr das aber nicht weiter, da das Beschäftigungsverbot an sich – wie auch die übrigen Anordnungen – vom Verwaltungsgericht als rechtmäßig angesehen wurde.