Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Arbeitgeber einem Beschäftigten zur Zahlung von Schadenersatz oder Schmerzensgeld infolge eines Versicherungsfalls nur dann verpflichtet ist, wenn dieser den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder ein Wegeunfall vorliegt. Ansonsten gilt die Haftungsbeschränkung für Unternehmen aus dem Sozialgesetzbuch.
Geklagt hatte eine langjährig als Pflegefachkraft beschäftigte Frau. Sie hatte ihr Fahrzeug morgens auf einem Parkplatz außerhalb des Betriebsgeländes abgestellt und wollte zu Fuß zum Nebeneingang des Seniorenheims gehen. Auf dem vereisten, nicht gestreuten und unbeleuchteten Weg, der schon zum Betriebsgelände gehörte, rutschte sie aus und brach sich den Knöchel. Der Unfall wurde als Arbeitsunfall anerkannt und die Klägerin erhielt von der Berufsgenossenschaft Verletztengeld. Von ihrem Arbeitgeber verlangte sie zudem Schmerzensgeld und den Ersatz materieller Schäden. Dies lehnte das BAG ab.
Der Arbeitgeber konnte sich wirksam auf das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berufen. Nach Auffassung der Richter hat er den Versicherungsfall auf dem Betriebsgelände nicht vorsätzlich herbeigeführt. Für die Annahme der vorsätzlichen Herbeiführung sei ein „doppelter Vorsatz“ erforderlich, der sich nicht nur auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den Verletzungserfolg beziehe. Einen solchen sah das Gericht aber nicht. Dass der Weg nicht gestreut war, habe zwar zur Verletzungshandlung geführt. Es gäbe aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt werden sollte.
(Urteil des vom Bundesarbeitsgerichts vom 28.11.2019, Az. 8 AZR 35/19)