Die ASR A2.2 wendet sich, noch deutlicher als die Vorgängerfassung, einer ganzheitlichen Betrachtungsweise beim betrieblichen Brandschutz zu. Nicht das alleinige Ausstatten mit Feuerlöscheinrichtungen ist zielführend, sondern die Gesamtheit aus technischen (automatische Branderkennung, Alarmierung, Feuerlöscheinrichtungen), organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen.
Die ASR A2.2 – was ist neu?
Neu eingeführt wurde die Aufschlüsselung in die Kapitel:
- Ausstattung für alle Arbeitsstätten
- Ausstattung von Arbeitsstätten mit erhöhter Brandgefährdung
- Organisation des betrieblichen Brandschutzes.
Durch diese Gliederung wird zum einen das Thema erhöhte Brandgefährdung stärker gewürdigt. Zum anderen dient sie der Übersichtlichkeit – gerade für Anwender, die derzeit keine erhöhte Brandgefährdung zu bewerten zu haben. Die Definition der erhöhten Brandgefährdung wurde zudem um den Aspekt der „großen Rauchfreisetzung“ ergänzt. Dies fand bisher keine Beachtung, ist für die Bewertung der Brandgefährdung jedoch von Bedeutung.
Branderkennung und Alarmierung
Für die Ausstattung aller Arbeitsstätten gilt weiterhin, dass das Thema Branderkennung und Alarmierung ein äußerst wichtiger Aspekt ist. Daher wurde auch die neue Forderung aufgenommen, dass „die Möglichkeit zur Alarmierung von Hilfs- und Rettungskräften gewährleistet sein muss.“ Eine alleinige Warnung der Belegschaft ist nicht ausreichend, das Herbeirufen externer Hilfskräfte wie zum Beispiel der Feuerwehr muss organisiert und sichergestellt sein, wobei weiterhin „[..] technische Maßnahmen vorrangig umzusetzen sind. Dabei sind automatische Brandmelde- und Alarmierungseinrichtungen zu bevorzugen.“ Die tatsächliche Ausführung kann natürlich sehr unterschiedlich sein und muss vor Ort im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden.
Wesentliche Änderungen hat der Abschnitt „Grundausstattung mit Feuerlöscheinrichtungen“ erfahren. So wurde die Erläuterung aufgenommen, dass Arbeitsstätten bei der Bewertung der Brandgefährdung in mehrere Bereiche mit unterschiedlicher Brandgefährdung untergliedert und somit auch gesondert bewertet werden können. Dabei können Flächen im Freien, wie zum Beispiel Grünanlagen und Verkehrsflächen, unberücksichtigt bleiben. Gerade diese beiden Aspekte führten in der Vergangenheit zu vielen Rückfragen beziehungsweise Unsicherheiten. Gleichzeitig wird betont, dass der Nachweis ausreichender Löschmittelmengen je vorliegender Brandklasse zu erbringen ist.
Wandhydranten und Beschilderung
Ausführungen zum Thema Wandhydranten finden sich im Kapitel zur Grundausstattung nicht mehr. Diese wurden in der Anhang 3 verschoben und mit einem Beispiel erläutert. Somit können Wandhydranten weiterhin bei der Grundausstattung von Arbeitsstätten herangezogen werden, wenn die im Anhang 3 aufgeführten Randbedingungen erfüllt sind. Darüber hinaus wurde die Anforderung der ASR A1.3 aufgenommen, dass die Erkennbarkeit der notwendigen Brandschutzzeichen auf Fluchtwegen ohne Sicherheitsbeleuchtung durch Verwendung von langnachleuchtenden Materialien erhalten bleiben muss.
Feuerlöschergröße in der Grundausstattung
Die Vorgabe, dass für die Grundausstattung nur genormte Feuerlöscher anrechenbar sind, die mindestens über sechs Löschmitteleinheiten (6 LE) verfügen, wird dem Grunde nach aufrechterhalten. Hierbei wird berücksichtigt, dass
- die Löschmittelmenge Entstehungsbrände sicher ablöschen kann,
- die Löschmittelmenge auch für nicht optimalen Feuerlöschereinsatz Reserven bietet,
- für mögliche Rückzündungen ausreichende Reserven vorhanden sind,
- ein möglichst hoher Abstand zum Brandherd gegeben ist.
Jedoch sind unter bestimmten Voraussetzungen zukünftig standardmäßig Abweichungen von der 6 LE-Mindestgröße möglich, ohne dass es einer eigenen Gefährdungsbeurteilung bedarf: „Für die Grundausstattung bei normaler Brandgefährdung können auch Feuerlöscher angerechnet werden, die jeweils nur über mindestens zwei Löschmitteleinheiten (LE) verfügen, wenn:
- sich hierdurch eine Vereinfachung in der Bedienung, zum Beispiel durch mindestens 25 Prozent Gewichtsersparnis je Feuerlöscher, ergibt,
- die Zugriffszeit zum Beispiel durch Halbierung der maximalen Entfernung zum nächstgelegenen Feuerlöscher […], reduziert wird und
- die Anzahl der Brandschutzhelfer […] verdoppelt wird.“
Diese für die Praxis sicher bedeutendste Neuerung wurde aus folgenden Gründen eingeführt: Die bloße Ausstattung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern sagt in der Regel nichts darüber aus, ob eine Entstehungsbrandbekämpfung durch anwesende Personen gelingt. Hierbei spielen weitere Aspekte eine Rolle, wie zum Beispiel die Zeitspanne, bis der Brand entdeckt wird und die ersten Bekämpfungsmaßnahmen beginnen, oder der Umstand, ob die Personen entsprechend unterwiesen sind, schnell auf Feuerlöscheinrichtungen zugreifen sowie diese sicher bedienen können.
„Kleinere“ Feuerlöschgeräte mit deutlich weniger Gewicht können auch von Beschäftigten mit relativ geringer Körperkraft sicher bedient werden. Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Zeit: Je schneller die Brandbekämpfung beginnt, desto weniger Löschmittel ist notwendig. Das Vorhalten „kleinerer“ Geräte muss insofern durch schnellere Eingriffszeiten kompensiert werden. Als wichtiger organisatorischer Aspekt ist die Anzahl der Personen, die mit den Maßnahmen der Entstehungsbrandbekämpfung vertraut sind, zu erhöhen. Dadurch wird gewährleistet, dass nicht nur ausreichend Feuerlöschgeräte in möglichst kurzer Zeit erreichbar sind, sondern auch stets Beschäftigte anwesend sind, die die Entstehungsbrandbekämpfung rasch und sicher durchführen können.
Zusätzliche Maßnahmen bei erhöhter Brandgefahr
Zentrales Kapitel der Überarbeitung war der Abschnitt „Zusätzliche Maßnahmen bei erhöhter Brandgefährdung“. Hier wurden zahlreiche Beispiele ergänzt und ebenfalls das Prinzip aufgenommen, dass geeignetes Löschmittel möglichst schnell – entweder durch unterwiesenes Personal oder durch stationäre Anlagen – zur Entstehungsbrandbekämpfung zum Einsatz kommen muss. Des Weiteren wurde explizit die Verknüpfung mit der Technischen Regel für Gefahrstoffe –„Brandschutzmaßnahmen“ (TRGS 800) hergestellt. Stellt ein Arbeitgeber in seinem Betrieb beziehungsweise in einem Betriebsbereich eine erhöhte Brandgefährdung fest – etwa im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung gemäß § 3 der ArbStättV oder bei einer geplanten Neu- beziehungsweise Umbaumaßnahme – so sind gemäß ASR A2.2, Punkt 6.2 folgende Überlegungen individuell für die konkrete Arbeitsstätte durchzuführen:
Wie stelle ich sicher, dass ein Entstehungsbrand möglichst schnell entdeckt wird?
Mögliche Lösungen können sein:
- die Installation einer automatischen Brandmeldeanlage,
- das ständige Vorhalten von Personal im Bereich mit erhöhter Brandgefährdung, die einen Brandausbruch unverzüglich melden.
Welche Feuerlöscheinrichtungen, zusätzlich zur Grundausstattung, sind notwendig?
Mögliche Maßnahmen wären:
- die Erhöhung der Anzahl der Feuerlöscher und deren gleichmäßige Verteilung in Bereichen mit erhöhter Brandgefährdung.
- die Anbringung mehrerer gleichartiger und baugleicher Feuerlöscher an einem Standort, um bei ausreichend anwesenden Beschäftigten durch gleichzeitigen Einsatz mehrerer Feuerlöscher einen größeren Löscheffekt zu erzielen.
- die Bereitstellung von zusätzlichen, für die vor Ort vorhandenen Brandklassen geeigneten Feuerlöscheinrichtungen – zum Beispiel Kohlendioxidlöscher in Laboren, Fettbrandlöscher an Fritteusen und Fettbackgeräten, fahrbare Feuerlöscher mit einer höheren Wurfweite und Löschleistung an Tanklagern mit brennbaren Flüssigkeiten, Wandhydranten in Gebäuden, bei denen eine hohe Löschleistung für die Entstehungsbrandbekämpfung oder zur Kühlung benötigt wird.
- die Installation von ortsfesten Brandbekämpfungsanlagen (zum Beispiel Sprinkleranlagen, Sprühwasserlöschanlagen, Feinsprühlöschanlagen, Gas‑, Schaum- oder Pulverlöschanlagen) zum Objekt- oder Raumschutz. Sie sind vorrangig etwa dann erforderlich, wenn:
- eine Brandbekämpfung mit Feuerlöscheinrichtungen wegen der Eigengefährdung nicht möglich ist oder
- die Bereiche nicht zugänglich sind.
Platzierung der Feuerlöscheinrichtungen
Die wegen der erhöhten Brandgefährdung einzusetzenden Löscheinrichtungen sind so anzuordnen, dass sie schnell zum Einsatz gebracht werden können. Daher sind insbesondere in der Nähe der folgenden Stellen Feuerlöscheinrichtungen zu positionieren:
- Bearbeitungs- oder Produktionsmaschinen mit erhöhter Zündgefahr (zum Beispiel Lackierkabinen, Wärmeträgerölanlagen),
- erhöhte Brandlasten (zum Beispiel Lagerbereiche mit brennbaren Flüssigkeiten oder Altpapier) oder
- Räume, die wegen der erhöhten Brandgefahr brandschutztechnisch abgetrennt werden beziehungsweise sind (zum Beispiel Technikräume, Heizzentralen).
Dabei ist sicherzustellen, dass:
- das Löschmittel der Brandklasse angepasst ist,
- die Löschmittelmenge ausreichend ist, um einen Entstehungsbrand dieser Gefährdung abzudecken und
- die Feuerlöscheinrichtung so positioniert ist, dass sie im Falle eines Brandausbruchs in Bereichen mit erhöhter Brandgefährdung noch ohne Gefährdung von den Beschäftigten schnell (in der Regel nicht größer als fünf Meter, maximal zehn Meter tatsächliche Laufweglänge) erreicht werden kann.
Damit hat das Unternehmen eine Art „Baukasten“ zur Hand, der es ermöglicht, den Entstehungsbrandschutz für Bereiche beziehungsweise von ganzen Arbeitsstätten mit erhöhter Brandgefährdung festzulegen. Im Kern steht die Beurteilung der Gegebenheiten vor Ort, eventuell unterstützt durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Brandschutzbeauftragte oder einschlägige Ingenieur- oder Beratungsbüros.
Organisatorische Brandschutzmaßnahmen
Da aber nur technischen Maßnahmen alleine nicht zum Ziel führen, wurde das Kapitel „Organisation des betrieblichen Brandschutzes“ eingeführt. Hierin wurde erstmalig in der ASR A2.2 festgelegt, dass der Arbeitgeber die notwendigen Maßnahmen gegen Entstehungsbrände einschließlich der Verhaltensregeln im Brandfall (zum Beispiel Evakuierung von Gebäuden) festzulegen und zu dokumentieren hat und der Bezug zu bestehenden Regelwerken geschaffen. Die Dokumentation kann abgestuft durchgeführt werden und folgt der nachstehenden Systematik:
1. Die Maßnahmen für alle Personen, die sich in der Arbeitsstätte aufhalten, sind an gut zugänglicher Stelle in geeigneter Form auszuhängen, wenn:
- erhöhte Brandgefährdung vorliegt,
- der Aushang eines Flucht- und Rettungsplanes nach ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ erforderlich ist oder
- sich häufig Besucher oder Fremdfirmen in der Arbeitsstätte aufhalten, insbesondere wenn sie nicht begleitet sind.
Dies kann zum Beispiel als
- Brandschutzordnung Teil A nach DIN 14096:2014–05 „Brandschutzordnung – Regeln für das Erstellen und das Aushängen“ oder
- „Regeln für das Verhalten im Brandfall“ im Flucht- und Rettungsplan nach ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“
erfolgen.
2. Die Maßnahmen für alle Beschäftigten sind diesen durch Auslegen oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Dies kann zum Beispiel in Form der Brandschutzordnung Teil B nach DIN 14096:2014–05 „erfolgen.
3. Die Maßnahmen für Beschäftigte mit besonderen Aufgaben im Brandschutz, soweit vorhanden (zum Beispiel Brandschutzbeauftragte), sind diesen gegen Nachweis gegebenenfalls auch elektronisch bekannt zu machen. Dies kann zum Beispiel in Form der Brandschutzordnung Teil C nach DIN 14096: 2014-05 erfolgen. Dadurch wurde die bereits gelebte Praxis in vielen Betrieben, eine Brandschutzordnung aufzustellen und fortzuschreiben, in der ASR A2.2 verankert.
Neue Funktion Brandschutzbeauftragter
Während bei den Ausführungen zu den Brandschutzhelfern lediglich die Empfehlung neu aufgenommen wurde, dass die Unterweisung mit Übung in Abständen von drei bis fünf Jahren zu wiederholen ist, wurde die Funktion des oder der Brandschutzbeauftragten (ausgebildet zum Beispiel gemäß DGUV Information 205–003 „Aufgaben, Qualifikation, Ausbildung und Bestellung von Brandschutzbeauftragten“) komplett neu aufgenommen. Gemäß ASR A2.2 berät und unterstützt er oder sie den Unternehmer unter anderem zu Themen des betrieblichen Brandschutzes, kann als Kontaktperson zu Behörden (zum Beispiel Brandschutzdienststelle, Feuerwehr) und Versicherungen dienen sowie die betrieblichen Brandschutzhelfer- und weitere Brandschutzunterweisungen durchführen. Eine Benennung kann zum Beispiel bei Arbeitsstätten mit erhöhter Brandgefährdung beziehungsweise als Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung zweckmäßig sein. Der oder dem Brandschutzbeauftragten ist für seine Tätigkeit im Betrieb die erforderliche Arbeitszeit einzuräumen.
Unter dem Kapitel „Organisation des betrieblichen Brandschutzes“ wurden auch die Aspekte der Instandhaltung und Prüfung subsummiert. Bei den Prüffristen von tragbaren Feuerlöschern wurde an der zweijährigen Prüffrist festgehalten, aber auch neuen Marktentwicklungen Rechnung getragen: Sichert ein Feuerlöscher-Hersteller die Funktion des Feuerlöschers auch bei längeren Prüffristen als zwei Jahren für die Instandhaltung zu, können diese vom Arbeitgeber übernommen werden.
Beispiele für Abweichungen
Gänzlich neu eingeführt wurde der Anhang 3, der die Anhänge 1 „Standardschema zur Festlegung der notwendigen Feuerlöscheinrichtungen“ und 2 „Beispiele für die Ermittlung der Grundausstattung“ um den Aspekt „Beispiele für die Abweichung von der Grundausstattung“ ergänzt, da dies in der Vergangenheit zu vielen Missverständnissen und Unklarheiten geführt hat. Abweichend von der Grundausstattung gemäß ASR A2.2 können Arbeitgeber eine andere Lösung wählen, wenn damit mindestens die gleiche Sicherheit und der gleiche Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreicht werden. Dies gilt für die normale wie auch für die erhöhte Brandgefährdung. Auf diese Weise gelingt der aktuellen Fassung der ASR A2.2 der Spagat zwischen unternehmerischem Freiraum, Eigenverantwortung und konkreter „Anleitung“ zur Bekämpfung von Entstehungsbränden in Betrieben.
Der Autor ist Mitglied des Arbeitskreises im Ausschuss für Arbeitsstätten zur Erstellung der ASR A2.2 unter Leitung von Dr. Monika Broy, Unfallkasse Nordrhein-Westfalen.