In einer kürzlich veröffentlichten Grundsatzentscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Rechte des Betriebsrats im Arbeitsschutz gestärkt.
Bislang vertrat das BAG die Auffassung, die Mitbestimmung im Gesundheitsschutz verlange nach einer konkreten, im Betrieb nachweisbaren Gesundheitsgefahr. Aufgrund des aktuellen Urteils muss der Betriebsrat eine solche nicht mehr nachweisen, um tätig zu werden. Vielmehr reichen bloße Gefährdungen aus.
Ausgangspunkt war ein Streit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber in einem Textilhandelsunternehmen. Durch Teilspruch der Einigungsstelle kam es zu einer „Betriebsvereinbarung über akute Maßnahmen des Gesundheitsschutzes“. Inhalt der Vereinbarung waren zahlreiche Einzelmaßnahmen, die gute Arbeitsbedingungen garantieren sollten. Im Prozess vor dem BAG ging es nun um die Frage, ob die Regelungen der Einigungsstelle vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats umfasst waren. Nach Auffassung des Arbeitgebers eröffneten arbeitsschutzrechtliche Generalklauseln wie etwa § 3 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) keine zwingende Mitbestimmung, da in seinem Betrieb keine unmittelbaren Gesundheitsgefahren bestünden.
Das BAG hat nun klargestellt, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG keine konkrete Gesundheitsgefahr voraussetze und gab damit seine bisherige Rechtsprechung auf. Notwendig sei aber das Vorliegen konkreter Gefährdungen: Angemessene und geeignete Schutzmaßnahmen ließen sich erst ergreifen, wenn das Gefährdungspotenzial der Arbeit für die Beschäftigten bekannt sei. Aus diesem Grund versagte das BAG im konkreten Fall letztlich doch die Mitbestimmung: Es habe an einer Feststellung konkreter Gefährdungen, an denen die Einigungsstelle die getroffenen Regelungen hätte ausrichten müssen, gefehlt.
(Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.2017, Az. 1 ABR 25/15)