Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat am 8. 11. 2018 ein sehr bemerkenswertes Urteil zur Problematik der „Sanierung“ von mit asbesthaltigen Fußbodenbelägen ausgestatteten Wohnungen gefällt.
Im konkreten Fall ging es um die von einem Eigentümer vorgesehene Überdeckung von asbesthaltigem Material — Kleberreste, die durch die Entfernung des Bodenbelags (Vinyl-Asbest-Platten) mit Asbestanhaftungen versehen gewesen wären. Denn diese Kleberreste sollten nicht entfernt, sondern versiegelt beziehungsweise einfach mit neuem Belag überdeckt werden.
Die zuständige Bezirksregierung hat auf der Grundlage des in Anhang II Nr. 1 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) formulierten Verwendungsverbots für Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien den Eigentümer aufgefordert, diese Arbeiten zu unterlassen. Dagegen wurde Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht durch den Eigentümer eingelegt. Das VG Arnsberg wies die Klage kostenpflichtig ab.
Die Begründung
Interessant an diesem Urteil [1] ist insbesondere die sehr ausführliche Begründung des Gerichts, warum eine Überdeckung von asbesthaltigen Materialien (Kleberreste mit Asbestanhaftungen) aus rechtlicher Sicht unzulässig ist und damit nicht ausgeführt werden dürfen. Das VG Arnsberg nahm in seiner Begründung auch sehr starken Bezug auf das sogenannte Morinol-Fugen-Urteil des OVG LSA vom 11. 4. 20162 (siehe hierzu auch Sicherheitsingenieur 8/2018, „Nationaler Asbestdialog – Novum oder ‧Verbergen eines jahrelangen Stillstands?“, S. 19–22).
Grundlage aller in der Urteilbegründung aufgeführten Punkte ist das in Anhang II Nr. 1 Gefahrstoffverordnung benannte Herstellungs- und Verwendungsverbot von Asbest. So führt das VG unter anderem aus, dass
- die Zielstellung des Gesetzgebers mit dem Herstellungs- und Verwendungsverbot von Asbest Beschäftigte, aber auch andere Personen, vor Schädigungen durch den Gefahrstoff Asbest schützen will,
- die Überdeckung (Versiegelung) der Kleberreste auch eine „Arbeit“ an asbesthaltigen Teilen ist, die in den Geltungsbereich oben genannter Regelung fällt, da der Bodenbelag und auch der Kleber als Bestandteil des Gebäudes zu betrachten sind,
- diese Überdeckung der Kleberreste mit Asbestanhaftungen zu einer Verschiebung der Gefahr in die Zukunft und dann zu einer möglichen Schädigung von Personen führen könnte,
- die geplanten Arbeiten nicht als „Sanierungsarbeiten“ eingestuft werden können, da ja Reste des Gefahrstoffs im Gebäude verbleiben würden und damit das Ziel einer Sanierung – Austrag des Gefahrstoffes – eben nicht erreicht würde,
- die geplante Ausführung der Arbeiten zu einem zumindest teilweisen Abtrag der Oberfläche des asbesthaltigen Materials (Bodenbelag und Kleber sind hier als Einheit zu betrachten) führen würde und damit auch unter die verbotenen Tätigkeiten gerechnet werden müssen.
Das VG weißt in seiner Begründung ausdrücklich darauf hin, dass die in Anhang II Nr. 1 Abs. 1 Satz 4 vorgenommene beispielhafte Aufzählung von einzelnen verbotenen Arbeiten an bestimmten asbesthaltigen Gebäudeteilen nicht als abschließend und vollständig zu bewerten ist. Aus Sicht des VG sind mit dem Verbot der Überdeckungsarbeiten alle möglichen Arbeiten an asbesthaltigen Gebäudeteilen abgedeckt.
Autor:
Dipl.-Ing. Ulf‑J. Schappmann
Sicherheitsingenieur VDSI
SIMEBU Thüringen GmbH
Mitglied im VDSI FB Gefahrstoffe und AG Asbest
[1] http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_arnsberg/j2018/6_K_7190_17_Urteil_20181108.html
[2] Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG LSA)m Beschluss vom 11. 4. 2016 – 3 L 90/15
[2] Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG LSA)m Beschluss vom 11. 4. 2016 – 3 L 90/15
Weitere Beiträge zum Thema Asbest finden Sie auf www.sifa-sibe.de über die Suchfunktion.
Unsere Webinar-Empfehlung
Es gibt viele Fälle, in denen die Fallhöhe für eine herkömmliche Absturzsicherung nicht ausreicht. Beispiele für Arbeiten in geringer Höhe sind z.B. der Auf- und Abbau von Gerüsten, die Wartung von Industrieanlagen und Arbeiten in Verladehallen sowie Anwendungen in der Bahn und…
Teilen: