Ob Betriebsausflug, Grillfest oder Weihnachtsfeier – Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern zahlreiche Anlässe, um sich mit den Kollegen zu treffen, sich auszutauschen und zu feiern. Doch wer kommt für den Schaden auf, wenn etwas passiert? Und wo liegen die rechtlichen Fallstricke, nur beim Alkohol?
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gesetzlich unfallversichert, weil durch sie das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt wird. Einige Regeln müssen jedoch beachtet werden.
Grundvoraussetzung
Damit es sich um eine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung handelt, ist zunächst erforderlich, dass die Feier „im Einvernehmen“ mit der Betriebsleitung stattfindet. Die Unternehmensleitung muss nicht selbst Veranstalter sein; es genügt, dass sie die Veranstaltung billigt und fördert, das heißt, die Durchführung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss von ihr gewollt sein. In größeren Unternehmen können auch für kleinere Untergliederungen des Betriebs wie etwa Abteilungen und Teams Gemeinschaftsveranstaltungen durchgeführt werden. Notwendig ist dafür aber, dass die Feier allen Mitarbeitern des jeweiligen Teams offensteht und die jeweilige Teamleitung auch an der Veranstaltung teilnimmt. Auf die tatsächliche Anzahl der Teilnehmer kommt es nicht an.
Wer ist versichert?
Versichert sind die Mitarbeiter des Unternehmens, das die Feier ausrichtet. Der Schutz gilt auch für diejenigen Beschäftigten, die während ihres Urlaubs oder der Elternzeit zur Feier kommen. Teilnehmen können auch externe Gäste, etwa ehemalige Beschäftigte oder Familienangehörige. Diese Personen sind allerdings nicht versichert. Ist das Fest offiziell beendet, so endet auch der Versicherungsschutz. Feiern einige Kollegen dennoch weiter, so ist das Privatsache.
Was ist versichert?
Während einer Gemeinschaftsveranstaltung sind alle Tätigkeiten versichert, die mit dem Gemeinschaftszweck vereinbar sind – so zum Beispiel Essen, die Darbietung von Vorführungen, sportliche Betätigungen oder das Tänzchen mit dem Kollegen. Auch Vor- und Nachbereitungshandlungen wie etwa das Dekorieren des Raumes und das Aufräumen sind in den Versicherungsschutz einbezogen. Die Wege zur und von der Gemeinschaftsveranstaltung stehen ebenfalls unter Versicherungsschutz.
Wird der Weg nach Hause nicht unmittelbar nach Ende der offiziellen Veranstaltung angetreten, sondern erst im Anschluss an ein privates Beisammensein mit den Kollegen, so kann die Heimfahrt trotzdem wieder versichert sein, wenn die Unterbrechung nicht mehr als zwei Stunden betragen hat.
Alkohol in Maßen
Natürlich darf bei einer Betriebsfeier auch Alkohol getrunken werden. Vorsicht geboten ist aber bei übermäßigem Alkoholgenuss. Ist ein Unfall zum Beispiel auf dem Nachhauseweg auf den Alkohol zurückzuführen, so kann der Versicherungsschutz entfallen. Für den Versicherungsschutz spielt es übrigens keine Rolle, wo die Gemeinschaftsveranstaltung stattfindet. Und auch nicht, wenn außerhalb der normalen Arbeitszeiten gefeiert wird.
Drei aktuelle Urteile
Immer wieder müssen Gerichte entscheiden, ob eine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung vorliegt oder nicht. Gleich drei solcher Fälle hatte das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 15. November 2018 zu verhandeln. In allen drei Fällen verneinte es den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, da die Voraussetzungen für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht erfüllt gewesen seien.
1. „Gipfelstürmer“ nicht versichert
Im ersten Fall (Az. L 6 U 441/18) hatte eine Ressortleiterin eines Telekommunikationsunternehmens geklagt, die mit anderen Ressortleitern an einem zweitägigen auswärtigen Treffen teilgenommen hatte. Die Arbeitgeberin hatte als Unternehmensstrategie das Thema „Gipfelstürmer“ aufgegriffen, weshalb das Treffen unter anderem eine Bergwanderung vorsah. Hierbei rutschte die Frau aus und verletzte sich.
Der Unfallversicherungsträger verweigerte die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall. Das Sozialgericht (SG) in erster Instanz hatte der Verunfallten noch Recht gegeben und das Outdoor-Meeting als berufliche Fortbildungsmaßnahme anerkannt. Das LSG hob ‧dieses Urteil jedoch auf und lehnte einen Arbeitsunfall ab. Die Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt keine arbeitsvertrag‧liche Pflicht erfüllt, denn eine Bergwanderung gehöre nicht zur Tätigkeit einer Ressortleiterin. Die Arbeitgeberin sei auch nicht berechtigt gewesen, diese Verrichtung im Rahmen ihres Weisungsrechts anzuordnen. Berufliche Gespräche während der Wanderung stellten keinen ausreichenden beruflichen Bezug her.
Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung habe ebenfalls nicht vorgelegen, weil nicht sämtliche Mitarbeiter der Organisationseinheit hierzu eingeladen worden seien. Angesprochen gewesen seien nur die Ressortleiter verschiedener Bezirksverwaltungen.
2. Skiunfall in der freien Zeit
Im zweiten Fall (Az. L 6 U 2237/18) ging es um einen Vertriebsleiter einer globalen Gesellschaft für Lösungen der Informationstechnik, der mit anderen Kollegen seiner Abteilung an einem zweitägigen „Townhall-Meeting“ teilgenommen hatte. Während einer Zeit zur freien Verfügung stürzte er beim Skifahren und verletzte sich. Der Unfallversicherungsträger verweigerte wiederum die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall. Die Klage des Mannes vor dem Sozialgericht blieb erfolglos.
Gegen das Urteil legte er Berufung ein. Seiner Meinung nach lag die Veranstaltung in der Gesamtschau im Interesse seiner Arbeitgeberin. Das LSG wies die Berufung zurück. Die Teilnahme an dieser Freizeitveranstaltung sei nicht versichert, entschieden die Richter. Sie sei noch nicht einmal vom Unternehmen organisiert und finanziert worden.
3. Kein Schutz beim Fußballturnier
Im dritten Fall (Az. L 6 U 260/18) war der Kläger als Lagerist bei einem Logistikdienstleister beschäftigt. Alljährlich fand ein Fußballturnier statt, an dem die Mitarbeiter sämtlicher Niederlassungen teilnehmen konnten, von denen jeweils eine die Organisation übernahm.
Bei ‧einem dieser Fußballspiele verletzte sich der Mann. Er scheiterte ebenfalls mit seiner Klage. Als Veranstalterin des Turniers war weder die Leitung des Unternehmens noch einer sonstigen Organisationseinheit aufgetreten, so die Begründung des Gerichts. Das Fußballturnier habe zudem nicht allen Mitarbeitern der Arbeitgeberin offen gestanden.
Autorin:
Tanja Sautter