Das Bundessozialgericht hat in einer mündlichen Verhandlung am 30.01.2020 seine ablehnende Rechtsprechung zu Wegeunfällen bei Home-Office Tätigkeit bestätigt.
Eine im Home-Office arbeitende Mutter brachte ihr Kind morgens zum Kindergarten und verletzte sich, als sie auf dem Rückweg wegen Eisglätte mit ihrem Fahrrad stürzte. Das Sozialgericht und zuletzt das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az. L 16 U 26/16) lehnten eine Übernahme der Haftung durch die Unfallkasse ab.
Im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht in Kassel prüften die Richter einen möglichen Haftungsanspruch gegen die gesetzliche Unfallkasse nach allen erdenklichen Gesichtspunkten, folgten dann aber im Ergebnis dem Urteil des Landessozialgerichts. Zunächst habe sich der Unfall nicht gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII auf einem versicherten Betriebsweg ereignet, weil das Bringen des Kindes in den Kindergarten weder in Ausübung einer versicherten Tätigkeit der Mutter erfolgte noch ihrem Arbeitgeber diente. Ebenso wenig handele es sich bei einem Unfall im Home-Office um einen versicherten Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, weil diese Vorschrift voraussetze, dass der Ort des privaten Aufenthalts und der versicherten Tätigkeit, zwischen denen der Weg zurückgelegt wird, räumlich auseinanderfallen. Dies sei bei der Tätigkeit in einem Home-Office naturgemäß nicht der Fall. Versicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeitsstätte bestehe vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des „dritten Ortes“, weil dies eine Mindestaufenthaltsdauer der Mutter von 2 Stunden in der Kita vorausgesetzt hätte, die hier nicht erreicht worden sei. Auch scheide ein Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a) SGB VII aus. Hiernach ist auch der (Um-)Weg zur Kita versichert, den Arbeitnehmer zurücklegen, um auf dem Weg zur Arbeitsstätte ihr Kind wegen der beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen.
Im Ergebnis geben die gesetzlichen Vorschriften derzeit eine Haftung der Unfallkasse nicht her, wenn Eltern, die im Home-Office tätig sind, ihre Kinder zur Kita bringen und dabei einen Unfall erleiden. Eine solche Erweiterung des Versicherungsschutzes obliegt allein dem Gesetzgeber, nicht hingegen den Sozialgerichten.
Autor:
Rechtsanwalt Matthias Klagge, LL.M.
Aktualisierung: Inzwischen ist auch der (direkte) Weg vom Homeoffice in die Kita und zurück versichert.
Übrigens: Da ja aufgrund der Corona-Pandemie immer mehr Unternehmen ihren Angestellten das Arbeiten im Home-Office erlauben und entsprechend organisieren — auch im Home-Office gelten arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen. Auf Dauer im Kartoffelkeller am Laptop zu arbeiten ist halt auch kein Spaß. Im Folgenden drei Beiträge zu den rechtlichen Grundlagen, dem Versicherungsschutz und einer Handlungshilfe für Telarbeitsplätze: