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Der Mensch ist ein soziales Wesen. Und reibungslos zusammenarbeitende Teams bringen mehr als die Summe ihrer Teile. Geht es um den Arbeitsschutz, sind Mitarbeiter besonders aufeinander angewiesen. Denn Arbeiten birgt manchmal Gefahren in sich, denen man im Team besser begegnen kann. Und: Sicherheitsbeauftragte müssen Teil des Teams werden und nicht als „Aufpasser“ außen vor bleiben.
Sicherheitsbeauftragte finden sich oft zwischen den Stühlen wieder: Als Teil eines fachlichen Teams müssen sie mit den Kollegen Hand in Hand arbeiten. In ihrer Funktion als Sicherheitsbeauftragter jedoch sind sie derjenige, der oft auf gleicher Hierarchiestufe mahnen und hinweisen soll. Immer wieder kommt es dabei zu Konflikten.
Hierarchie-Reibereien ansprechen
„Dass es auch mal Unstimmigkeiten oder Kommunikationsprobleme gibt, gehört zum Menschsein dazu“, sagt Bela Roth, Psychotherapeutin und Gründerin der roots & wings academy + friends in Ambach am Starnberger See. Das sei nicht immer gleich Anlass für Besorgnis oder für über das Ziel hinausschießende Maßnahmen. „In einem gesunden Team reichen regelmäßige gemeinsame Treffen, etwa ein gemeinsames Mittagessen oder ein Ausflug am Wochenende, um für gute Stimmung zu sorgen“, weiß die Trainerin, die seit mehr als 20 Jahren Firmen bei ihrer Personalentwicklung betreut. Wichtig sei hier die Gesprächsqualität, in der der Einzelne zu Wort kommt und ernst genommen sowie wertgeschätzt wird. Wichtig ist es außerdem, solche Probleme gezielt anzusprechen, etwa in einem Gruppenmeeting oder Mitarbeitergespräch. Dabei sollten Sicherheitsbeauftragte ihren Stellenwert im Team nochmals klarmachen und sich Rückendeckung beim Chef holen. Dass Sicherheitsbeauftragte eine wichtige Funktion einnehmen und gesetzlich gefordert sind, bestreitet niemand. Zwischenmenschlich wird aber immer wieder vergessen, wie wichtig sie sind.
Verschiedene Typen passen gut zusammen
„Das Team steht im Mittelpunkt der Wertschöpfung. Ob das unternehmerische Ergebnisse betrifft oder etwa Patentanmeldungen, unter denen auch immer öfter mehrere Namen stehen“, gibt Personalcoach Jörg Knoblauch ein Beispiel. Der Gründer der Unternehmensberatung Tempus Consulting setzt auch in seiner Firma auf Teams. Team heißt für ihn: Together everybody achieves more, also: Zusammen erreicht jeder mehr. Bei Tempus arbeiten immer Personen mit unterschiedlicher Charakterstruktur zusammen. Die werden vom Chef nach einem Test so zusammengestellt. „Man braucht immer einen dominanten Typus in der Gruppe, der bringt die Ergebnisse. Der Menschenorientierte sorgt für den Zusammenhalt und die gute Stimmung, der Stetige sorgt für das Durchhaltevermögen und der Gewissenhafte überprüft die Ideen auf Schwachstellen“, sagt Knoblauch. Zu viele ähnliche Typen steigerten das Konfliktpotential. Nach seiner Erfahrung arbeiten Teams mit möglichst unterschiedlichen Charakteren am besten.
Aus seiner Beraterpraxis empfiehlt Knoblauch den Inhabern von Betrieben regelmäßige Gesprächsrunden, um sich nicht nur über Personal- und Teamentwicklungsfragen auszutauschen. Regional seien zehn bis zwölf Inhaber oder Geschäftsführer in der Runde sinnvoll, die auch aus unterschiedlichen Branchen kommen können. „Hauptsache, sie stehen nicht im Wettbewerb zueinander, damit ein offener und fruchtbarer Austausch erfolgt“, weiß Knoblauch von sogenannten Sprinter-Clubs, die er selbst moderiert.
„Bei uns kommen Manager auf dem Zahnfleisch zur Tür herein, so dass ihnen bereits der Burn-out winkt. Wenn sie die Gruppe nach anderthalb Tagen wieder verlassen, leuchten die Augen“, sagt der Personalprofi. Denn beim Netzwerken werden nicht nur gute Ideen ausgetauscht. Jeder in der Gruppe kämpft mit ähnlichen Problemen, weiß gegenseitig Rat und gibt Halt. Diese Treffen initiiert Knoblauch drei bis vier Mal im Jahr für jede seiner Gruppen.
Wenn die Sprache nicht stimmt
Je unterschiedlicher die Teammitglieder einer Belegschaft, desto größer ist zwar der Output. Desto schwieriger wird jedoch auch die Kommunikation, weil man sich mehr auf einander einstellen muss. „Bei einem von uns beratenen Betrieb fruchteten die Anweisungen des Chefs bei einem bestimmten Mitarbeiter nicht“, erzählt Bela Roth aus ihrer Beratungspraxis. Auch wenn der Meister seinem Mitarbeiter die Aufgabe drei, vier Mal erklärte, wurden die Ergebnisse nicht besser. „Irgendwann bekam der Firmeninhaber durch Regressforderungen seiner Kunden echte finanzielle Probleme“, sagt Roth. Beim Teamcoaching kam heraus, dass der Chef seine Kommunikation umstellen musste. Er hatte seinen Mitarbeiter sprachlich überfordert. Heute achtet er darauf, in eindeutigen Beispielen zu erläutern und Anweisungen mit konkreten Handlungsaufforderungen zu untermauern. Denn zu allgemeine Appelle kommen bei vielen handwerklich geprägten Mitarbeitern nicht eindeutig genug an.
Klare Ansagen, sinnvolle Beispiele und starke Kommunikation sind Tipps, die auch Sicherheitsbeauftragte in ihren Alltag mitnehmen können. Nur wer dranbleibt, und den Kollegen Sicherheitsmaßnahmen und Vorschriften immer wieder erklärt und die Folgen an Beispielen deutlich macht, kann mit einem langfristigen Wandel und echter Akzeptanz rechnen.
Gerade deshalb sei es sinnvoll, ein Team zu stärken, wenn neue Mitglieder hinzukommen oder andere ausscheiden. „Die Gruppe sollte beispielsweise erst mal gemeinsame Regeln erarbeiten“, sagt Coach Roth. Das können Kommunikations- und Feedbackregeln sein wie etwa „In Ich-Sätzen formulieren statt im man oder Du“ oder „Ich frage erst, ob Du jetzt meine Meinung hören willst.“ Dann weiß jedes Teammitglied woran es ist, welche Ziele erreicht werden müssen und wie man einzelne Maßnahmen umsetzt. „Wir machen das in einem Workshop, in dem sich das Team findet, eine bestehende Konfliktphase überwältigt und neue Mitglieder integriert“, sagt die Therapeutin.
Nah an der Praxis bleiben
Mitarbeiter, die im Bereich Arbeitssicherheit tätig sind, sollten sich partnerschaftlich aufstellen und nicht von oben herab Anweisungen geben. Hier ist vielmehr eine gemeinschaftliche und kooperative Herangehensweise gefragt.
Für Mitarbeiter in der Produktion mag das theoretisch, zeitaufwändig und praxisfern klingen. Beispiele aus dem Trainingsalltag vieler Betriebe aber zeigen, dass Mitarbeiter schnell das Grundprinzip und den Sinn dieser Methoden begreifen, wenn sie niederschwellig und in konkreten Situationen abgeholt werden. Durch diese Erfahrung können sie sich dann auch auf das weitere Training einlassen und entwickeln sogar selbst Vorschläge für einen veränderten Umgang und entdecken weitere Themenfelder vom Pausenraum bis zu den Stundenzetteln oder der Werkzeugverwaltung, wo sie Handlungsbedarf sehen.
Gute Stimmung wirkt nach außen
Der Verbesserungsgrad, um den Ergebnisse schneller, besser oder günstiger werden, liegt erfahrungsgemäß zu Beginn der Veränderung bei zehn und mehr Prozent. Auch atmosphärisch verändert sich oft binnen Monaten viel, so dass unpassende Mitarbeiter die Firma verlassen und andere sich bewusst für diesen Betrieb interessieren. Damit wird die Stimmung im Team besser, was wiederum in der Außenwirkung bei Kunden gut ankommt in Form von Freundlichkeit und Engagement.
Rollen klären hilft
Natürlich, und da sind sich Personalexperte Knoblauch und Trainerin Roth einig, hängt die gute Stimmung bei der Arbeit zu einem großen Teil von der Führungspersönlichkeit ab. „Ein Chef muss für die Teambildung Zeit einplanen. Er kann nicht erwarten, dass ein neu zusammengestelltes Team direkt funktioniert“, sagt Roth. Und Knoblauch ergänzt: „Der Vorgesetzte muss die Gruppe stetig begleiten, Rückmeldungen einholen und mittels Seminaren oder Coaches externe Hilfe zulassen.“ Dazu gehört auch, dass der Chef seinen Angestellten den Rücken stärkt und sich ihre Situation zwischen den Rollen als Mitarbeiter und Sicherheitsbeauftragter vor Augen führt.
Wem Seminare und Persönlichkeitstests zu viel Aufwand sind, dem gibt Knoblauch einen Tipp, wie man Arbeitsgemeinschaften per Augenmaß bildet: „Fragen Sie sich bei jedem Mitarbeiter, ob Sie es mit einem G‑Typ oder einem Z‑Typ zu tun haben“, rät der HR-Experte. G‑Typen sind gut darin, Bestehendes zu verbessern. Vorhandene Arbeitsabläufe etwa oder interne Strukturen. Sie sind die geborenen Optimierer. Der Z‑Typ möchte am liebsten alles Alte über den Haufen werfen und neu anfangen. „Setzen Sie Ihr Personal nach dessen Stärken ein“, fordert Knoblauch. Neben der richtigen Kombination sind konkrete Zielsetzungen und Rücksprachen hilfreich, ein Team zu Höchstleistungen anzuspornen. „Es gibt leider Firmeninhaber, die mit dem Teamgedanken gar nichts am Hut haben. Viele sind dank Ellenbogen nach oben gekommen“, weiß der Giengener, dessen Buch „Die Chef-Falle“ im September erschienen ist. Geschäftsführer sollten sich heutzutage unbedingt weiterbilden. „Wer viel über sich selbst weiß, kann andere besser einschätzen“, sagt der Buchautor.
Tipps für Sicherheitsbeauftragte: So kommen Sie im Team an
- 1. Vergessen Sie den „Oberlehrer“, verhalten Sie sich in Sicherheitsfragen kooperativ und partnerschaftlich.
- 2. Erklären Sie sicherheitsrelevante Sachverhalte mehrmals und anhand von Beispielen.
- 3. Kommunizieren Sie Ihre Position als Mitarbeiter und Sicherheitsbeauftragter. Sprechen Sie daraus resultierende Konflikte direkt an.
- 4. Holen Sie sich Rückendeckung beim Chef: Schlagen Sie gezielt Teambildungs-Maßnahmen vor, um ihre Rolle im Team zu stärken.
- 5. Etablieren Sie Regelrunden oder Meetings, in denen das Thema Arbeitssicherheit zur Sprache kommt.
Daniela Reichart
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