Zu den vielfältigen Aufgaben des betrieblichen Brandschutzbeauftragten gehört es auch, öffentlich bestellte Brandschutzsachverständige bei der Erstellung ihrer Brandschutzkonzepte zu unterstützen. In diesem Beispiel sollen Aspekte des Brandschutzkonzeptes im Bundesland Nordrhein-Westfalen behandelt werden.
Thomas Bosselmann
Schutzziele des Brandschutzes
Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet wird (Allgemein nach § 3 Bauordnung NRW (BauO NRW)).
Hinsichtlich des Brandschutzes bedeutet dies, dass bauliche Anlagen unter Berücksichtigung insbesondere
- der Brennbarkeit der Baustoffe,
- der Feuerwiderstandsdauer der Bauteile, ausgedrückt in Feuerwiderstandsklassen,
- der Dichtheit der Verschlüsse von Öffnungen,
- der Anordnung von Rettungswegen
so beschaffen sein müssen, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind (§ 17 BauO NRW).
Für bauliche Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung (Sonderbauten) können im Einzelfall besondere Anforderungen gestellt sowie Erleichterungen gestattet werden.
Die besonderen Anforderungen und Erleichterungen können sich zum Beispiel erstrecken auf:
- Brandschutzeinrichtungen und Brandschutzvorkehrungen,
- Anordnung und Herstellung der Aufzüge sowie Treppen,
- Treppenräume, Flure, Ausgänge, sonstige Rettungswege und ihre
- Kennzeichnung,
- Lüftung,
- Bestellung eines Brandschutzbeauftragten,
- Erstellung eines Brandschutzkonzeptes,
- Prüfungen und wiederkehrende Prüfungen sowie die
- Bescheinigungen, die hierfür zu erbringen sind.
Brandschutzbeauftragte
Ihre Bestellung ist erforderlich bei:
- Industriebauten mit einer Geschossfläche von mehr als 5.000 m²,
- Krankenhäusern,
- Verkaufsstätten mit einer Verkaufsfläche von mehr als 2.000 m².
Bei Sonderbauten sollen gemäß Ziff. 54.218 Brandschutzbeauftragte bestellt werden.
Definition des Brandschutzkonzeptes
Gemäß § 9 Abs. 1 BauPrüVO ist das Brandschutzkonzept eine zielorientierte Gesamtbewertung des baulichen und abwehrenden Brandschutzes bei Sonderbauten.
Laut Ziff. 9.11 VV BauPrüVO muss das Brandschutzkonzept die Angaben enthalten, die für eine zielorientierte Gesamtbewertung
- des vorbeugenden baulichen und anlagentechnischen Brandschutzes,
- des betrieblichen Brandschutzes und
- des abwehrenden Brandschutzes
erforderlich sind.
Notwendigkeit von Brandschutzkonzepten für Sonderbauten
Für Sonderbauten nach § 68 Abs. 1 Satz 3 BauO NRW ist ein Brandschutzkonzept zu erstellen für:
- Hochhäuser (Aufenthaltsebene mehr als 22 m oberhalb der Geländeoberfläche),
- Bauliche Anlagen und Räume mit mehr als 1.600 m² Grundfläche,
- Verkaufsstätten mit mehr als 700 m² Verkaufsfläche,
- Büro- und Verwaltungsgebäude mit mehr als 3.000 m² Geschossfläche,
- Kirchen und Versammlungsstätten mit Räumen für mehr als 200 Personen.
- Im Einzelfall kann die Bauaufsichtsbehörde die Erstellung eines Brandschutzkonzeptes fordern.
Ein Brandschutzkonzept ist im Genehmigungsverfahren (Baugenehmigung) für die zuvor genannten Fälle erforderlich, das heißt, sobald für die genannten Sonderbauten ein Bauantrag bei der Bauaufsicht eingereicht wird, ist ebenfalls ein Brandschutzkonzept einzureichen.
Gliederung des Brandschutzes und Komponenten von Brandschutzkonzepten
Abbildung 1 zeigt die Gliederung des Brandschutzes.
Inhalte von Brandschutzkonzepten
In Nordrhein-Westfalen müssen Brandschutzkonzepte insbesondere die in § 9 Abs. 2 BauPrüfVO aufgeführten Angaben enthalten:
- Zu- und Durchfahrten sowie Aufstell- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr,
- Nachweis der erforderlichen Löschwassermenge sowie Nachweis der Löschwasserversorgung,
- Bemessung, Lage und Anordnung der Löschwasserrückhalteanlagen.
Aufstellflächen für die Feuerwehr und zweiter Rettungsweg
Die Sicherstellung des zweiten Rettungsweges über Leitern der Feuerwehr muss gegeben sein. So braucht man beispielsweise einen Zu- bzw. Durchgang zur Gebäuderückseite bzw. zu rückwärtigen Gebäuden. Die Zu- und Durchfahrt muss möglich sein. Ebenso werden Aufstellflächen für Hubrettungsfahrzeuge gefordert.
Die Tragfähigkeit der Aufstellflächen erfordert, dass die Zu- oder Durchfahrten beziehungsweise die Aufstellflächen für die Feuerwehr mit einer Achslast von zehn Tonnen und einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 16 Tonnen befahren werden können.
Die Aufstellflächen müssen mindestens 3,5 m breit sein. Sie müssen so angeordnet sein, dass alle zum Anleitern bestimmten Stellen erreicht werden können. Es darf keine Hindernisse zwischen der anzuleiternden Außenwand und der Aufstellfläche geben, die den Einsatz des Hubrettungsfahrzeuges behindern (zum Beispiel bauliche Anlagen oder Bäume und so weiter). Im Übrigen darf die Neigung der Aufstellfläche nicht mehr als 5 % betragen.
Industriebauten mit einer Grundfläche von mehr als 5.000 m² müssen eine für die Feuerwehrfahrzeuge befahrbare Umfahrt haben.
Brandabschnitte (allgemein)
Der maximale Abstand von Brandwänden nach Musterbauordnung (MBO) beträgt 40 Meter.
Bei Verkaufsstätten zum Beispiel können größere Abstände bzw. größere Brandabschnitte gestattet werden, zum Beispiel erdgeschossig und ohne Sprinkleranlage: Brandabschnitt 3.000 m².
Der Sachwertschutz ist hier natürlich auch zu berücksichtigen.
Brandabschnitte (Komplextrennung)
Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für äußere Abschottungen von Industriebereichen mit verschiedenen Nutzungsarten, der sogenannten Komplextrennung.
Brandwände sind dabei in mindestens F 90‑A, Komplextrennwände mit mindestens F 180‑A auszuführen. F 90‑A bedeutet, dass die Brandwand der Einwirkung eines Feuers 90 Minuten widerstehen muss, wobei nach 90 Minuten ein Temperaturanstieg von 180 Kelvin auf der vom Feuer abgewandten Seite entstehen darf. Dabei muss die Standsicherheit im Falle eines Brandes gegeben sein. Bei Brandwänden bedeutet dies, dass sie eine Stoßbelastung von 3.000 Nm aushalten müssen; für Komplextrennwände gilt eine Stoßbelastung von mindestens 4.000 Nm.
Brand- und Komplextrennwände sind in der Regel über das Dach zu führen (siehe Abb. 2). Öffnungen in inneren Brandwänden müssen mit selbstschließenden Abschlüssen mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten versehen sein.
Flucht- und Rettungswege
Für jede Nutzungseinheit müssen in jedem Geschoss mit (mindestens) einem Aufenthaltsraum zwei Rettungswege vorhanden sein. Die maximale Rettungsweglänge beträgt dabei laut Musterbauordnung (MBO) 35 Meter.
Die maximale Rettungsweglänge in den Sonderbauvorschriften ist unterschiedlich; in Industriebauten kann sie bis zu 105 Metern Lauflänge betragen.
Brandschutzordnung
Die Brandschutzordnung A richtet sich an alle Personen in der baulichen Anlage (Bewohner, Beschäftigte, Besucher).
Die Brandschutzordnung B richtet sich an alle Personen, die sich nicht nur vorübergehend in der baulichen Anlage aufhalten (Bewohner, Beschäftigte).
Die Brandschutzordnung C hingegen gilt für Personen, denen besondere Brandschutzaufgaben übertragen worden sind (Brandschutzbeauftragte, Sicherheitsbeauftragte bzw. Sicherheitsingenieure.).
Anforderungen an die Verfasser von Brandschutzkonzepten NRW
Da ein hohes Maß an Fachwissen im Brandschutz notwendig ist und eine große Verantwortung besteht, dürfen nur besonders qualifizierte Personen Brandschutzkonzepte erstellen
- staatlich anerkannte Sachverständige für die Prüfung des Brandschutzes,
- öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für den baulichen Brandschutz,
- Personen, die sich als Lehrer an einer deutschen Hochschule mit der Erforschung des baulichen Brandschutzes befassen,
- Personen, die für ihre dienstliche Tätigkeit die Befähigung zum höheren oder gehobenen bautechnischen Verwaltungsdienst besitzen,
- Personen, die die Befähigung zum höheren oder gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst besitzen und eine mindestens fünfjährige Tätigkeit im vorbeugenden Brandschutz und bei der Erstellung von Brandschutzkonzepten nachweisen können.
Prüfung von Brandschutzkonzepten für Sonderbauten
Im Regelfall prüft die Bauaufsichtsbehörde bei Sonderbauten den Brandschutz und folglich das Brandschutzkonzept.
In Einzelfällen bei besonders schwierigen Sachverhalten können entsprechende Sachverständige für die Prüfung der Brandschutzkonzepte mit einbezogen werden.
Beteiligung der Brandschutzdienststellen bei Sonderbauten
Im Genehmigungsverfahren für Sonderbauten sollen sich gemäß der VV BauO NRW die Brandschutzdienststellen äußern zu:
- Löschwasserversorgung und Löschwasserrückhaltung,
- Flächen für die Feuerwehr, Anleitern von bestimmten Stellen,
- Anlagen, Einrichtungen und Geräte für die Brandbekämpfung,
- Rauchabzugsanlagen, Brandmeldeanlagen, Alarmierungsanlagen,
- Betriebliche Maßnahmen zu Brandverhütung und ‑bekämpfung.
Umsetzung von Brandschutzkonzepten bei Sonderbauten
Bei Sonderbauten sollen gemäß Ziff. 54.217 Verwaltungsvorschrift der Bauordnung NRW (VV BauO NRW) Fachbauleiter für den Brandschutz benannt werden.
Diese Fachbauleiter müssen überwachen, dass das genehmigte Brandschutzkonzept auch umgesetzt wird.
Änderungen und Ergänzungen des Brandschutzkonzeptes müssen genehmigt werden.
Geeignet als Fachbauleiter für den Brandschutz sind Personen, die Brandschutzkonzepte aufstellen dürfen.
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