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Wer behelfsmäßige Aufstiege wie Stühle und Kisten nutzt oder ungesichert auf Regale und Maschinen klettert, spielt bewusst mit dem Risiko. Leitern können Arbeiten in der Höhe sicherer machen – wenn die Steighilfe richtig ausgewählt, eingesetzt und instandgehalten wird.
In vielen Berufen ist die Leiter eine unverzichtbare Arbeitshilfe, die tagtäglich zum Einsatz kommt. Doch gerade der routinemäßige Umgang birgt Gefahren. Werden Leitern aus Zeitdruck oder Bequemlichkeit leichtsinnig eingesetzt, kann es schnell zu Stürzen kommen. „Weit über 95 Prozent aller Leiternunfälle haben mit der Technik der Leiter gar nichts zu tun, sondern sind nutzungsbedingt“, sagt Leiternexperte Jürgen Chilian von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. „Das heißt, dass die Steighilfe unsachgemäß benutzt wurde, also zum Beispiel eine beschädigte Leiter verwendet wurde oder Personen mit zu schwerem Gerät auf die Leiter gestiegen sind. Ein Klassiker der Fehlanwendungen sind Maler, die mit einer Stehleiter laufen. Die häufigsten Ursachen für Unfälle mit Leitern sind das Abstürzen, meist nach übermäßigem seitlichen Hinauslehnen, und das Abrutschen, vor allem beim Absteigen von der Leiter. Oftmals werden Anlegeleitern zu flach angestellt, so dass sie wegrutschen. Mehr als zwei Drittel der Unfälle passieren übrigens in einer Höhe von unter zwei Metern.“
Leitern richtig pflegen
Grundsätzlich trägt ein Unternehmer in Deutschland die Verantwortung dafür, dass die Leitern und Tritte, die er seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellt, in einem einwandfreien Zustand sind. Laut Betriebssicherheitsverordnung muss er alle entsprechenden Geräte regelmäßig durch eine „befähigte Person“ auf ihre ordnungsgemäße Nutzung prüfen lassen. Um den Aufwand für die wiederkehrenden Prüfungen so gering wie möglich zu halten, lassen viele Betriebe einen eigenen Mitarbeiter zum „Befähigten für Leiterprüfungen“ ausbilden. Verschiedene Hersteller, darunter auch der süddeutsche Steigtechnikspezialist Hymer-Leichtmetallbau, bieten dazu eintägige Kompaktseminare an, in denen erfahrene Fachreferenten grundsätzliche Informationen über Leitern und Tritte vermitteln und einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Normen geben.
Bei einer Prüfung wird die Leiter zunächst gemäß einer Prüfliste identifiziert und anschließend Punkt für Punkt untersucht. Hymer-Leichtmetallbau bietet im Downloadbereich der Unternehmenswebsite mit dem Kontrollblatt „Leitern und Tritte“ eine praktische Checkliste an (http://www.hymer.de/steigtechnik-serie/downloads/kontrollblaetter.html). Untersucht wird die Leiter zum Beispiel auf Beschädigungen der Holme und Leiternfüße, auf Kanten und Kerben oder Verformungen. Auch Sauberkeit spielt eine Rolle: Verschmutzte Leitern, bei denen die Sprossenriffelung nicht mehr sichtbar ist, sind zu reinigen oder – falls das nicht mehr möglich ist – zu entsorgen. Eine erfolgreiche Prüfung endet mit dem Kennzeichnen der Arbeitshilfe durch Anbringen eines Prüfaufklebers. Diese Plaketten können im Fachhandel erworben oder auch direkt beim Hersteller angefordert werden.
Tipps für den Leiternkauf
Doch Sicherheit fängt beim Thema Leitern nicht erst bei der Wartung und Instandhaltung an, schon beim Kauf werden wichtige Weichen gestellt. Ob Anlegeleitern, Stehleitern oder Schiebeleitern: Im Handel gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Leitertypen, die in den verschiedensten Maßen angeboten werden. Wer vor dem Kauf einer neuen Leiter steht, sollte sich daher vorab gut überlegen, für welche Arbeiten er die Steighilfe benötigt und wo diese eingesetzt werden soll: „Es gibt Leitern, die sich eher für den Außen- oder Innenbereich eignen, oder die für Arbeiten an Gebäuden, Bäumen oder auf Treppen gefertigt sind“, sagt Volker Jarosch, verantwortlich für den Bereich Geschäftsfeldentwicklung Steigtechnik. „Bei einer qualifizierten Beratung im Fachhandel lassen sich die wichtigsten Fakten zu Bauform, Größe, Material, Ausführung und Qualität am besten klären.“ Sicherheitszeichen wie das GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“ zeigen an, dass die Leiter die Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes und damit die Europäische Norm EN 131 für Leitern erfüllt. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist auch die Verarbeitung: Stranggepresste Stufen‑, Sprossen- und Holmprofile aus Aluminium ermöglichen gegenüber geschweißten Profilen beispielsweise bei Sprossen eine extra scharfe Riffelung und sorgen so für eine bessere Rutschhemmung und damit einen sicheren Stand.
Steighilfe richtig einsetzen
Ein sicherer Stand ist extrem wichtig, schließlich melden deutsche Betriebe Tag für Tag Unfälle mit Leitern und Tritten bei ihrer Berufsgenossenschaft. Nach einer aktuellen Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ereigneten sich allein im Jahr 2012 rund 24.000 meldepflichtige Leiternunfälle. Meldepflichtig bedeutet, dass die Person länger als drei Tage krankgeschrieben oder tödlich verletzt wurde. 15 Menschen kamen 2012 bei Leiternunfällen ums Leben. Der Anteil der Personen, die wegen ihrer Verletzungen eine Unfallrente zugesprochen bekamen, ist mit rund sieben Prozent überdurchschnittlich hoch. Typische Verletzungen sind Prellungen, Gehirnerschütterungen, Gelenkverletzungen oder Knochenbrüche. Verletzt werden vor allem die Extremitäten, bei tödlichen Unfällen meist der Kopf. Knöchel- und Fußverletzungen machen rund 20 Prozent aus.
Für die Sicherheit beim Besteigen von Leitern und dem Arbeiten auf Leitern sorgt vor allem ein ebener, tragfähiger und rutschsicherer Untergrund, der eventuell durch lastverteilende Unterlagen verstärkt werden kann. Anlegeleitern benötigen zudem eine entsprechend belastbare Anlegefläche. Der zulässige Anstellwinkel einer Anlegeleiter liegt zwischen 65 und 75 Grad, vorzugsweise sollte er zwischen 70 bis 75 Grad betragen. Dieser kann mit der „Ellenbogenmethode“ einfach ermittelt werden: Dazu stellt man sich seitlich mit einem Bein gegen die unterste Sprosse und hebt zur gleichen Seite den angewinkelten Arm an. Berührt nun die Ellenbogenspitze den Leiterholm oder eine Sprosse, ist der Anlegewinkel in Ordnung. Die Arbeitszeit auf einer Anlegeleiter sollte zwei Stunden nicht übersteigen. Beim Einsatz einer Stehleiter ist darauf zu achten, dass diese stets so weit geöffnet ist, dass die Spreizsicherungen gespannt oder eingerastet sind. Entsprechendes Leiternzubehör wie Holmverlängerungen für den Ausgleich von Bodenabsätzen, Erdspitzen für weiche Böden oder Dachrinnenhalter kann die Unfallgefahr deutlich reduzieren. In jedem Fall ist es ratsam vor dem Arbeitseinsatz einer jeden Leiter die am Holm aufgeklebten Piktogramme zu beachten.
Beschädigte oder verschmutzte Leitern dürfen keinesfalls verwendet werden und gehören in die Werkstatt. Festes Schuhwerk – möglichst mit Profilsohlen – sollte selbstverständlich sein. „Für das sichere Festhalten empfehlen wir die Dreipunkt-Methode“, rät Jürgen Chilian. „Das bedeutet, dass entweder beide Hände und ein Fuß oder beide Füße und eine Hand gleichzeitig Kontakt mit der Leiter haben. Arbeitsmaterialien wie Glühbirnen, Pin- sel oder Werkzeuge sollten am besten in einem Werkzeuggürtel oder einer Umhängetasche getragen werden, damit man sicher steht und sich gut festhalten kann.“
Weitere nützliche Tipps zum sicheren Umgang mit Steighilfen vermitteln die Kompaktseminare zum „Befähigten für Leiternprüfungen“ beim Steigtechnikexperten Hymer-Leichtmetallbau in Wangen im Allgäu. Nähere Informationen dazu gibt es auf der Unternehmenswebsite unter
„Gefährdungspotenzial von Leitern wird unterschätzt“
Drei Fragen an Jürgen Chilian , Leiternexperte der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Wie sind die aktuellen Unfallzahlen bei Leitern und Tritten?
Glücklicherweise sind die Zahlen in den vergangenen zehn Jahren konstant geblieben, nachdem sie vorab stark gesunken waren. Im Jahr 1995 hatten wir noch rund 40.000 meldepflichtige Unfälle mit 31 Todesfällen, jetzt haben wir jährlich knapp 24.000 meldepflichtige und weniger als 15 tödlich verlaufende Unfälle. Doch trotz des Rückgangs wird das Gefährdungspotenzial von Leitern nach wie vor unterschätzt: Das Arbeiten von Leitern ist gefährlicher als von anderen Arbeitsmitteln aus und bedarf viel Sorgsamkeit.
Zu welchen Präventionsmaßnahmen raten Sie?
Wir möchten Unternehmen und ihre Mitarbeiter im Umgang mit Leitern sensibilisieren. Das gelingt vor allem durch Unterweisungen in den Betrieben selbst sowie die zunehmend durchgeführten Schulungen zur befähigten Person aufgrund der Betriebssicherheitsverordnung. Von Vorteil ist auch, dass immer mehr sichere Leiterbauarten, wie zum Beispiel die Podestleiter, oder entsprechendes Zubehör verwendet werden.
Und wie wirkt sich das auf die Betriebe aus?
Große Industrie- und Handwerksunternehmen haben in den vergangenen Jahren viel dazugelernt und investieren in Qualität und damit in die Sicherheit ihrer Mitarbeiter. Kleinere Betriebe mit nur wenigen Mitarbeitern dagegen kaufen häufig noch Leitern geringerer Qualität, die weniger „Reserven“ beim Umgang oder der Haltbarkeit haben, als qualitativ hochwertige Leitern. Dazu kommt noch, dass diese Leitern oft nicht regelmäßig geprüft und die Mitarbeiter nicht immer im richtigen Umgang mit diesem vermeintlich einfach zu beherrschenden Arbeitsmittel unterwiesen werden. Das ist kurios, schließlich ist ein kleines Unternehmen von langen Ausfallzeiten und hohen Kosten nach einem Unfall doch besonders betroffen. Wir hoffen, in den nächsten Jahren auch hier ein Umdenken anstoßen zu können, zumal der höhere Anschaffungspreis hochwertiger Leitern durch deren längere Haltbarkeit wieder hereinkommt, und arbeiten hierzu eng mit dem Verband der Deutschen Leitern- und Fahrgerüstehersteller (VDL) zusammen.
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