Ob im LKW, Bus, Kleintransporter oder in der Bahn – wer stundenlang die Räder rollen lässt, bewegt sich selbst dabei oft zu wenig. Eingekeilt zwischen Lenkrad oder Joystick und der Rücklehne des Fahrersitzes, den rechten Fuß auf dem Gaspedal oder die Hand am Hebel, erstarrt der Fahrzeugführer regelrecht in dieser Position. Deshalb sind gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung wichtig.
Bettina Brucker
Fahren ist eine Tätigkeit zwischen einsamer Monotonie und stressiger Hektik. Beide Extreme können auf Dauer belasten. Berufskraftfahrer haben deutlich höhere körperliche und psychische Stressfaktoren als andere Berufsgruppen etwa durch Nacht- und Schichtarbeit, zu lange Arbeitszeiten, Schlafmangel, Zeit- und Termindruck, ungünstige Verkehrsverhältnisse, schlechte Witterungs- und Sichtverhältnisse oder rücksichtslose Verkehrsteilnehmer.
Wer sich beim Fahren nicht ausreichend bewegt, riskiert Verspannungen. Mit der Zeit können daraus unter anderem Nacken- und Rückenschmerzen werden. Und wer dann immer noch nicht in Bewegung kommt, riskiert chronische Veränderungen des Skelett- und Muskelapparates. Berufskraftfahrer leiden überdurchschnittlich oft an Rückenproblemen.
Langes Sitzen, schlechte Haltung und falsche Belastungen machen sich auf Dauer schmerzhaft bemerkbar. 50 Prozent der LKW-Fahrer klagen über Rückenschmerzen. Außerdem begünstigt Bewegungsmangel das Verkümmern der Rücken- und Bauchmuskulatur. Die Wirbelsäule wird nicht mehr richtig gestützt. Arbeitsbedingte Rückenbeschwerden bei LKW-Fahrern werden zudem durch schweres Heben und Tragen oder Vibrationsbelastungen begünstigt. Aber auch das Herz-Kreislauf-System macht schlapp, wenn es nicht regelmäßig auf Trab gebracht wird. Fahrer leiden wegen des langen Sitzens häufig unter Venenproblemen, Hämorrhoiden, Bluthochdruck, aber auch unter Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder unter plötzlichem Einschlafen am Steuer.
Bei Verschleiß oder ernsthaften Erkrankungen ist eine medizinische Therapie notwendig. Dass es aber gar nicht erst so weit kommt, dazu kann jeder durch sein Gesundheitsverhalten beitragen – vor allem durch Entspannung, Bewegung und gesunde Ernährung. Wer auf sich und seinen Körper achtet, fühlt sich nicht nur wohler, sondern wirkt arbeitsbedingten oder chronischen Leiden entgegen.
Entspannungsübungen und Massagen verbessern das Wohlbefinden
Verhärtete Muskeln schmerzen nicht nur, sondern drücken auf die Gelenke, führen zu Fehlstellungen und schränken die Beweglichkeit ein. Die Durchblutung wird verhindert und der Stoffwechsel reduziert. Das kann zu Gelenkserkrankungen wie Arthrose führen. Eine Massage kann die Durchblutung der Muskulatur verbessern, das Nervensystem beruhigen und so Verspannungen lösen.
Vielen Fahrern ist es peinlich, vor Kollegen Entspannungs- oder Fitnessübungen zu machen. Doch der Preis für falsche Scham ist hoch: Selbst wenn es in der ersten Zeit gut geht, kommt der Körper mit den Jahren an seine Grenzen. Wer zu lange wartet, nicht auf erste Signale wie Gewichtszunahme oder ständige Verspannungen achtet, für den kann es ein Leidensweg werden. Tipp: Jede Fahrpause für ein paar Dehnungsübungen nutzen und mit dynamischen Übungen den Kreislauf in Schwung bringen. An manchen Rastplätzen gibt es Trimm-dich-Stationen wie zum Beispiel auf der A4 bei Jülich.
Falsche Ernährung macht krank
Stress und ein unregelmäßiger Lebensrhythmus verleiten zu schlechten Ernährungsgewohnheiten. Viele Fahrer nehmen mehr Energie auf, als sie benötigen: Süßes zum Kaffee, Currywurst mit Pommes, Eintopf mit Speck und Bockwurst, dazu ein weißes Brötchen oder dick belegte Wurstbrote mit Remoulade. So viel Fett und Kohlenhydrate braucht der Körper nicht, wenn er stundenlang sitzt. LKW-Fahrer sind oft übergewichtig. Neben ausreichender Bewegung spielt deshalb auch die richtige Ernährung eine wichtige Rolle im Fahrerleben. Denn jedes überflüssige Kilo am Bauch belastet die Wirbelsäule und schadet der Gesundheit.
Kalorienverbrauch – ein Beispiel
Ein Mann, 45 Jahre alt, 182 cm groß, 90 kg schwer (leichtes Übergewicht) hat einen Grundumsatz von rund 1.820 Kilokalorien (kcal) pro Tag. So viel Energie braucht sein Körper um die lebensnotwendigen Funktionen wie Herz-Kreislauffunktion, Atmung, Nieren- und Hirntätigkeit aufrechtzuerhalten, also in absoluter Ruhe, zum Beispiel im Schlaf. Dazu rechnet man den Leistungsumsatz, der durch eine Aktivität hinzukommt. Fahren zählt zu den leichten Tätigkeiten. Der zusätzliche Kalorienverbrauch ist vergleichbar mit Büro- oder leichter Hausarbeit, so die Ruhr-Universität Bochum, und liegt pro Stunde bei etwa 30 bis 60 kcal je nach Gewicht der Person.
Bei acht Stunden Fahrt sind das bestenfalls 480 kcal, mit dem „Grund-Kalorienbedarf“ zusammen macht das insgesamt 2.300 kcal am Tag. Sitzt der 45-Jährige aus dem Beispiel in seiner Freizeit nur auf dem Sofa und sieht fern, liegt sein Gesamtumsatz an einem Tag bei etwa 2.500 kcal.
Eine falsche Ernährung macht nicht nur dick, sondern bedroht die Gesundheit. Zu süß, zu fett oder zu viel Weißmehl führen dazu, dass im Körper große Mengen Insulin ausgeschüttet werden. Die Folge: Die Fettverbrennung wird blockiert, es entsteht ständig Heißhunger und auf Dauer kann das Zuviel an Insulin Diabetes verursachen. Deshalb ist es wichtig, das Insulin in Schach zu halten. Die Krankenkassen beraten über die verschiedenen Möglichkeiten einer gesunden Ernährung.
Viel, aber richtig trinken
Die meisten Menschen trinken zu wenig. Die tägliche Trinkmenge sollte mindestens 1,5 bis 2 Liter betragen. Wenn es heiß ist, sogar noch mehr. Die besten Durstlöscher sind Wasser, mit Mineralwasser verdünnte Fruchtsäfte sowie Kräuter- und Früchtetees. Limonade und Cola sind nicht zu empfehlen. Sie haben zu viel Zucker. Auch in der Light-Version sollten sie nur ab und zu als Genussmittel konsumiert werden. Kaffee oder schwarzer Tee in Maßen, maximal drei bis fünf Tassen pro Tag, sind dagegen in Ordnung.
Tipp: Auf der Mercedes-Benz-Lkw-Seite schreibt Ernährungswissenschaftlerin Manuela Marin: „Vor einer zu hohen Trinkmenge brauchen Sie – bei der richtigen Getränkewahl – keine Bedenken zu haben. Im Gegenteil: Viel Flüssigkeit sorgt für eine geregelte Verdauung, befreit den Körper von Schadstoffen und vermindert das Auftreten von Kopfschmerzen.“
Gesundheitsprogramm kompakt
Der ADAC hat für seine „Gelben Engel“ das Programm Mobil Aktiv entwickelt. Damit können die Fahrer mit Unterstützung eines individuellen Ernährungs- und/oder Bewegungsplanes ihr Verhalten verändern. Sie erhalten persönliche Ernährungspläne, Einkaufstipps sowie einen individuellen Trainingsplan fürs Fitness-Center. Unterwegs begleitet sie ihr Gesundheitsprogramm in Form eines Handbuches. Darin sind Übungen abgebildet, die der Fahrer während seiner Arbeitszeit ausführen kann. Bereits nach ein paar Wochen fühlen sich die Teilnehmer des preisgekrönten Programms wohler und gesünder.
Das „Mobil Aktiv-Handbuch“ ist praxisnah geschrieben, wie Barbara Thiel, Leiterin Personalservice und Gesundheitsmanagement beim ADAC, sagt: „Da wir wissen, dass viele Fast Food essen, haben wir im Handbuch auch Menüs aufgenommen, die man mit recht gutem Gewissen essen kann. Das ist bei McDonalds der Cesarsalat mit Hähnchenbrust und Mozzarella oder ein Wrap mit Tomate, Mozzarella und Hähnchen. Beide haben etwa 600 kcal und damit eine ganz gute Energiebilanz. Bei Burger King haben 6 King Wings mit einem Delight Salad oder das Grilled Chicken mit Salat auch jeweils nur rund 550 kcal.“
Die Krankenkassen bieten ihren Versicherten die Möglichkeit, kostenfrei an Gesundheitsangeboten teilzunehmen, die sich auf die Bereiche Bewegung, Ernährung und Entspannung konzentrieren. Auch die Berufsgenossenschaft BG-Verkehr unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen.
Weitere Informationen …
… zur gesunden Ernährung sowie Bewegungstipps stehen zum Beispiel:
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- unter www.gesundepfunde.com; hier lässt sich mit einem interaktiven Rechner und mit wissenschaftlichen Formeln der Grund‑, Leistungs- und Gesamtumsatz berechnen.
- auf der Internetseite von Mercedes Benz LKW unter www.mercedes-benz.de (Fahrerwelt – Profi-Tipps – Gesundheitstipps)
- auf dem Video „Berufskraftfahrer – Sport – unterwegs fit bleiben“ unter www.arbeitsschutzfilm.de
- in der Broschüre „Essen, wenn andere Schlafen“ der Initiative ‘In Form’ der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) unter www.in-form.de (Flyer und Broschüren)
Bewegungstipps
Bewegung führt zur besseren Durchblutung und zum Abtransport schädlicher Substanzen. Bewegung baut Schmerzen ab, da schmerzhemmende Stoffe produziert und die Schmerzwahrnehmungen gedämpft werden. Deshalb:
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- Nutzen Sie jede Gelegenheit, um sich die Beine zu vertreten.
- Machen Sie alle zwei Stunden zehn bis 15 Minuten Pause und bringen Sie den Kreislauf auf Trab.
- Mögliche Übungen: Armkreisen, auf der Stelle federn, eine Minute hopsen, rechtes Knie und linken Ellbogen zusammenführen, …
- Mögliche Lockerungsübungen hinterm Lenkrad z. B. an der Ampel oder im Stau: Schultern hochziehen und fallen lassen, Schultern kreisen, den Kopf nach links und rechts legen oder nach vorne und hinten.
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Eine aktive Freizeitgestaltung bringt zusätzliche Bewegung und verbraucht rund 500 kcal mehr.
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- Fahren Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit.
- Trainieren Sie in der Freizeit in einem Fitness-Center.
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Ernährungstipps
Mit vollem Bauch lässt sich nicht gut fahren. Die Mahlzeiten sollten stets leicht und bekömmlich sein. Beachten Sie außerdem:
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- Aufputschmittel wie Kaffee, Cola oder Energy-Drinks wirken nur kurzfristig.
- Zu viel Salz im Essen kann die Entstehung von Bluthochdruck begünstigen.
- Achtung: Fertiggerichte sind oft sehr salzhaltig.
- Verwenden Sie statt Salz besser großzügig frische oder getrocknete Kräuter.
- Essen Sie zu Mittag z. B. gedünsteten Fisch oder ein mit Gemüse gefülltes Omelett.
- Greifen Sie bei Lust auf Süßes zu einem Vollkornkeks.
- Belegen Sie Ihr Vollkornbrot mit magerem Schinken oder Käse und viel Salat, Tomaten und Gurken.
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