Der Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) hat am 21. Oktober 2020 ein umfangreiches Corona-FAQ veröffentlicht. Dieses wurde von unserem Autor Dipl.-Phys. Thomas Wollstein (VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik) aus Sicherheitsingenieur 9/2020 (Raumlufttechnik: „Klimaanlagen“- Fluch oder Segen in Zeiten von Corona?) erstellt. Wir stellen Ihnen die Fragen und Antworten mit Genehmigung des VDI hier zu Verfügung.
Inhaltsverzeichnis
- Wege der Infektion
- Aerosole und ihr Verhalten
- Schutz vor Infektionen
- Masken und Gesichtsschilde/Visiere
- Lüftung
Wege der Infektion
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Wie bekomme ich Corona?
Nach gegenwärtigem Wissensstand sind i.W. drei Infektionswege relevant:
a) Kontaktinfektion über kontaminierte Flächen
Die Infektion erfolgt bspw. durch Berühren von Mund, Nase oder Augen nach Berühren der der kontaminierten Fläche. Beispiele: Türgriffe, Lichtschalter, Händeschütteln Schutz: häufiges Händewaschen, Händedesinfektion, Handschuhe
b) „Ballistische“ Infektion über große Tröpfchen
Die Infektion geschieht durch Speichel- oder Schleimtröpfchen von mehr als 100 μm [a] Durchmesser. Diese fliegen „ballistisch“, d. h. wie kleine Geschosse durch die Luft und infizieren über Mund, Nase, Augen oder indirekt über Kontaktinfektion. Tröpfchen dieser Größe fallen in 1–2 m Abstand vom Absender auf den Boden.
Beispiel: Husten, Niesen, feuchte Aussprache
Schutz: Mund-Nasenschutz (MNS), bei geringem Abstand zusätzlich Schutzbrille oder Gesichtsschild, Abstand
c) Aerosolinfektion über feine Tröpfchen
Die Infektion geschieht ebenfalls über Speichel- oder Schleimtröpfchen, deren Durchmesser jedoch kleiner als 100 μm ist. Abhängig von der Tröpfchengröße können diese Tröpfchen länger in der Luft bleiben, teilweise bis zu mehreren Stunden.
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Wie wichtig ist welcher Infektionsweg?
Die Wissenschaft ist sich hier noch (?) nicht einig. Die WHO bewerte ballistische und Kontaktinfektion als dominant, jedoch mehren sich in letzter Zeit Stimmen, die die Wichtigkeit, wenn nicht gar Dominanz des Aerosolwegs betonen. Für alle drei Wege liegen nachgewiesene Infektionen vor. Gegen Kontakt- und ballistische Infektion kann man sich relativ gut durch Vorsicht bzw. MNS und Abstand schützen.
Das Virus lagert sich nach gegenwärtigem Kenntnisstand an die sogenannten ACE2-Rezeptoren des Menschen an. Diese Rezeptoren kommen beim Menschen vermutlich in fast allen Organen und im Blut vor, in besonders großer Dichte aber wohl in der Nase, in der Mundhöhle.
Daher ist es wichtig, Mund-Nasen-Bedeckungen über Mund und Nase zu tragen. Da auch in den Augen ACE2-Rezeptoren vorhanden sind, sind bei verringertem Abstand (z. B. bei ärztlichen Untersuchungen) Schutzbrillen und Gesichtsschilde ergänzend zu Masken erforderlich.
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Sind alle Infizierten gleichermaßen ansteckend für andere?
Keineswegs. Manche Menschen setzen beim Sprechen das Zehnfache [b] der Aerosolmenge frei, die andere freisetzen. Zudem hängt die Ansteckungsgefahr bei einer gegebenen Person vom Zeitpunkt der Ansteckung dieser Person ab. Es ist bekannt, dass die Ansteckungsgefahr wenige Tage vor dem und beim Auftreten der ersten, zumeist noch schwachen Symptome am größten ist [c]. Zu dem Zeitpunkt, da die meisten Infizierten so beeinträchtigt sind, dass sie sich zum Arzt oder in ein Krankenhaus begeben, sind viele nicht mehr infektiös. Menschen setzen Viren auch nicht gleichmäßig frei, sondern sporadisch [d].
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Wovon hängt es ab, wieviel infektiöses Aerosol Menschen ausstoßen?
Abgesehen von individuellen Unterschieden hängt der Ausstoß v. a. von der Aktivität ab: Der Ausstoß nimmt zu von
- Atmen in Ruhe
- Sprechen (je lauter, desto mehr)
- Singen (je lauter, desto mehr)
- körperliche Anstrengung mit verstärktem Atmen
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Sollte man bei Lichtschaltern, Türgriffen und anderen Kontaktflächen vorsichtig sein?
Definitiv! Wiewohl nach Meinung vieler Wissenschaftlicher die Übertragung über luftgetragene Aerosole am größten ist, spielt Kontaktinfektion eine Rolle. Mit potenziell verunreinigten Händen sollten Sie daher v.a. nicht Mund, Nase oder Augen berühren, da genau dort die Rezeptoren vorhanden sind, an denen das Virus „andockt“ (siehe Frage 2).
Aerosole und ihr Verhalten
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Wie groß sind die Viren und die Aerosoltröpfchen?
Das SARS-CoV-2-Virus selbst ist mit einem Durchmesser von 120 nm (oder 0,12 μm) sehr klein. Das Virus ist nicht „nackt“ unterwegs. Die Aerosoltröpfchen, in denen es transportiert wird, sind jedoch größer, aber immer noch klein genug, um lange in der Luft zu bleiben. Die Tröpfchengröße ist wichtig, um abschätzen zu können, welche Filter- und Maskenmaterialien schützen können. Sie entscheidet ebenfalls, wie schnell Tröpfchen auf den Boden fallen oder wie lange sie in der Luft bleiben, und tief Tröpfchen in die Atemwege eindringen.
Die Zusammensetzung ist indessen wichtig, da durch das Verdunsten des Wassers kleinere Tröpfchen entstehen, die länger in der Luft bleiben und feinere Filter durchdringen können. Dadurch bleiben sie länger in der Schwebe. Masken sind am wenigsten wirksam gegen Aerosole um 0,3 μm.
Für die Verteilung gibt es verschiedene Modelle, die die Verteilungen bei verschiedenen „Ausstoßmodi“ (grob vereinfacht: Ausstoß von Bronchialschleim, Kehlkopfschwingungen, Sprechen) beschreiben [e].
Große Tröpfchen von 300 μm können den bei Gesprächen üblichen Abstand von 0,5 bis 1 m „ballistisch“, also wie kleine Geschosse überwinden. Sie sind zwar nicht besonders häufig, doch ist wichtig zu beachten, dass zwar von diesen „riesigen“ Tropfen beim Sprechen nur wenige ausgestoßen werden, doch enthält ein 300-μm-Tröpfchen das Tausendfache der Menge an kontaminiertem Speichel wie ein 30-μm-Tröpfchen!
Hinsichtlich der Relevanz für Luftfilter siehe Frage 36.
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Wie tief dringen Aerosole in die Atemwege ein?
Teilchen und Tröpfchen kleiner als 100 μm können eingeatmet werden. Die größeren lagern sich im Bereich von Nase und Mund ab. Solche unter 10 μm können – müssen aber nicht – tiefer in die Atemwege eindringen. Die Frage ist allerdings mit Blick auf SARS-CoV‑2 weniger interessant, da die Infektion an jeder Stelle der Atemwege und über die Augen erfolgen kann (siehe auch Frage 2).
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Wie lange bleibt das Virus in einem Aerosol infektiös?
Mehrere Studien haben diese Frage im Labor untersucht [f, g, h]. Insgesamt scheint es, dass die Lebensdauer bei typischer Raumtemperatur (20 °C) etwa 1–2 Stunden betragen kann. Wenn man morgens um 8 Uhr in ein Büro kommt und die Kolleg*innen am Vortag um 17 Uhr gegangen sind, sind alle Viren in der Luft durch Lüftung oder Sedimentation aus der Luft entfernt oder haben ihre Infektiosität verloren. Aus diesem Grund ist es für Menschen mit hohem Risiko ratsam, öffentliche Räume morgens, gleich nach Beginn der Öffnungszeit, aufzusuchen.
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Beeinflusst die Raumtemperatur die Lebensdauer des Virus?
Bei niedrigen Temperaturen überlebt das Virus deutlich länger [i], bei hohen verliert es seine Infektiosität schneller [j]. Es wird vermutet, dass die Superspreading-Ereignisse in Fleischverarbeitungsbetrieben u. a. durch längeres Überleben des Virus in der Luft bei niedrigen Temperaturen begünstigt wurden. Luftfeuchte hat auch einen Effekt, der nicht leicht von der Temperatur zu trennen ist (siehe Frage 10).
Wichtig ist aber auch, dass kältere Luft für den Menschen auch trockenere Luft ist und zur Austrocknung der Atemwegsschleimhäute führen kann. Dadurch nimmt die Infektionswahrscheinlichkeit zu [k].
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Beeinflusst die Luftfeuchte die Lebensdauer des Virus?
Zu geringe Feuchte hat mehrere Effekte: Lipidumhüllte Viren, darunter SARS-CoV‑2, überleben anscheinend in trockenerer Luft länger [l]. Man vermutet, dass dies ein wichtiger Grund für die Grippesaison im Winter ist: Die Raumluft ist trockener.
Trockene Luft kann Menschen auch anfälliger für Infektionen machen (siehe auch Frage 9).
Atmungspartikel enthalten Wasser. Die Menge hängt von der relativen Luftfeuchte ab. Wenn die Luftfeuchte größer ist, sind die Aerosole größer als bei niedrigerer Luftfeuchte, so dass sie sich durch das Wachstum aufgrund der Wasseraufnahme schneller am Boden absetzen. Allerdings trocknen Aerosole auch. Bereits 1934 wurde dargestellt, dass unter sonst gleichen Bedingungen ein Regentropfen mit einem Durchmesser von 2 mm kilometerweit fallen kann, ohne vollständig zu verdunsten, während ein 0,2 mm [= 200 μm] großer Tropfen verdunstet, bevor er 2 m gefallen ist [m].
Das ist wichtig für die Aerosolübertragung über lange Strecken, also bspw. in gemeinsam genutzten Räumen. Die ballistische Übertragung bei fehlendem Abstand wird nicht durch Feuchte oder Temperatur beeinflusst.
Auf Grundlage früherer Studien mit anderen Viren wird auch diskutiert, dass eine mittlere Luftfeuchte im Bereich von 40–60 %, die auch als vorteilhaft gilt, um die Austrocknung von Schleimhäuten zu verhindern, auch günstig sein könnte, um die Lebensfähigkeit der Viren zu verringern9). [n] (siehe auch Frage 9).
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Kann Rauchen zur Verbreitung des Virus beitragen?
Rauchen kann die Abgabe von Viren in die Luft erhöhen, weil Raucher zum Rauchen ihre Maske abnehmen müssen, weil sie möglicherweise stärker atmen und weil sie möglicherweise husten.
Eine Übertragung des Virus über Rauchpartikel darf als sehr unwahrscheinlich gelten.
Rauchen zerstören jedoch die Flimmerhärchen in den Atemwegen. Diese sind dafür verantwortlich, Viren aus Ihrem System zu entfernen und Sie vor einer Infektion zu schützen. Sie sind aber auch der Ort, an dem sich die Rezeptoren befinden, die das Virus zur Infektion verwendet. Das erklärt die Beobachtung, dass Raucher eine geringere Ansteckungswahrscheinlichkeit für COVID-19 zu haben scheinen [o]. Wenn sie jedoch infiziert sind, haben Raucher laut der amerikanischen Centers for Desease Control and Prevention (CDC) ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf [p].
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Kann Luftverschmutzung durch Aerosole und Feinstaub die Virenausbreitung begünstigen?
Es liegen keine Hinweise darauf vor. Diese These wurde in einem Fachartikel aus Italien [q] vertreten, der jedoch auf der fehlerhaften Annahme basierte, das Virus sei „nackt“ in der Luft unterwegs (siehe Frage 6). Die Pandemie schien sich in Gegenden mit starker Luftverschmutzung, bspw. der Lombardei oder in Spanien in Madrid, früher auszubreiten. Diese Orte haben jedoch nicht nur stärkere Luftverschmutzung, sondern auch ein höheres Reiseaufkommen von und nach China und in andere internationale Zielorte. Das Virus hat sich bekanntermaßen auch in ländlichen Gegenden verbreitet, nur halt später. Was auch dagegen spricht, ist die Größe der für Luftverschmutzung typischen Aerosole: diese sind mit einer Größe von rund 0,3 μm deutlich kleiner als diejenigen, von denen man annimmt, dass sie hauptsächlich für die Verbreitung des Virus verantwortlich sind. Man kann sich das wie eine Maus und einen Elefanten vorstellen: Wenn die Maus auf den Elefanten springt, merkt der das nicht und wandert weiter wie bisher.
Schutz vor Infektionen
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In welcher Entfernung von einer infizierten Person kann ich mich infizieren?
Es gibt drei Abstandsbereiche, die allerdings nicht einheitlich von allen Autoren so verwendet werden.
- Nähe < 1–2 m
Es gibt viele COVID-19-Übertragungen in Nahbereichssituationen. Aber nicht jeder Nahkontakt führt zu einer Infektion. - Gleicher Raum, das gleichzeitige Teilen der Luft desselben Raumes
Die meisten Infektionen entstehen durch Aerosolübertragung in gemeinschaftlich genutzten Räumen. Es zeichnet sich ein sehr klares Muster ab, dass Superspreading in Innenräumen durch langen Aufenthalt, Gedränge, schlechte Belüftung, fehlende MNS-Nutzung, viel und lautes Reden und vor allem Singen gefördert wird. Übertragungen in Japans U‑Bahnen oder in Kinosälen wurden hingegen nicht gemeldet; kein Wunder: Dort wird praktisch nicht gesprochen, und es gibt eine wirksame Belüftung. Dieselben Aussagen würde man aus Simulationen ableiten. - Fernübertragung, nicht im selben Raum
Beispiele:- verschiedene Räume im selben Gebäude mit Belüftung mit Umluftanteil,
- das Betreten eines Raumes binnen zwei Stunden, nachdem jemand Infektiöses dort gewesen
Solche Fälle sind bisher nicht dokumentiert.
Bei den bekannten Fällen von Fernübertragung von COVID-19 scheint es sich um fäkale Aerosole zu handeln, die über die Abwasserleitungen von Hochhäusern in Hongkong und China übertragen werden, und nicht um Aerosole, wie sie beim Atmen oder Sprechen entstehen.
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Garantiert die Einhaltung des Abstands in Innenräumen Sicherheit vor Infektion?
Leider nein. Sie reduziert das Risiko deutlich. Die großen Tröpfchen (s.o.) fallen innerhalb 1–2 m auf den Boden, und auch die feinen Aerosole sind außerhalb des direkten „Dunstkreises“ schon stark verdünnt. Aber wo bleiben die Aerosole, die nicht sedimentieren? Das ist fast unmöglich zu sagen. Die Luft in einem Raum bewegt sich ständig, auch wenn man es nicht spürt: Luftbewegungen typischerweise zwischen 0,05 und 0,1 m/s entstehen bspw. durch
- Körperwärme (Erwachsene geben typischerweise so viel Wärme ab wie eine alte Glühbirne, 75 bis 100 W bei sitzender Tätigkeit.),
- Wärme abgebende Geräte,
- Sonnenlicht, das Oberflächen erwärmt und so Thermik erzeugt
- Menschen, die sich bewegen, atmen, sprechen,
- Ventilatoren,
- maschinelle Lüftung.
Den Effekt kann man an Staubteilchen beobachten, die im Sonnenlicht tanzen. Die Luftbewegungen sind nicht alle gleichgerichtet, sondern überlagern sich. Diese sich ständig verändernde Umgebung verdünnt die Aerosolschwaden. Die Verdünnung wird mit mehr Zeit und Raum größer werden. Je weiter Sie also von anderen Personen in Innenräumen entfernt sein können, desto besser.
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Wie lange muss man infektiöses Aerosol einatmen, um sich zu infizieren?
Auch hier gilt wahrscheinlich „Die Dosis macht das Gift.“, und dieselbe Dosis muss nicht für zwei Personen gleichermaßen giftig sein. Es wird als sehr unwahrscheinlich angesehen, dass hier oder dort ein Hauch von kontaminierter Ausatemluft zu einer Infektion führt. Mehr Zeit in der Nähe einer Person bedeutet, dass Sie mehr von deren Ausatemluft einatmen. Eine scharfe Abgrenzung ist jedoch nicht möglich, weil einerseits die infektiöse Dosis Viren noch nicht bekannt ist und andererseits die Konzentration der Viren in der Luft (s.o.) nicht klar festzustellen ist. Die Grenze für die Unterscheidung hohes/niedriges Risiko von 15 min ist willkürlich. Es ist falsch, sie in dem Sinne zu interpretieren, dass Begegnungen unter 15 min „sicher“ wären.
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Wie lange kann das Virus in Innenräumen in der Luft bleiben?
Wie lange das Virus infektiös in der Luft bleibt, hängt von drei Prozessen ab.
Die Ablagerung hängt von der Tröpfchengröße und der Luftbewegung im Raum ab. Das Virus wurde in winzigen Aerosolen gefunden, die kleiner als 1 μm sind und mehr als 12 Stunden in der Luft schweben können. Binnen dieser Zeit kann die Luft den Raum oder gar das Gebäude durch Lüftung verlassen und das Virus zerfallen.
Wie schnell verlässt die Luft einen Raum? Das ist ein wenig kompliziert. Stellen Sie sich eine Tasse schwarzen Kaffee vor.
Sie geben Milch zu, trinken etwas, geben wieder Milch zu, trinken etwas, usf. Letztendlich wird der Kaffee aber so immer nur verdünnt, Sie bekommen nie 100 % Milch. Die Raumluft verhält sich genauso. Wie lange ein Virus in der Raumluft bleiben kann, hängt also stark von der Lüftung in Innenräumen ab.
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Wie kann ich mich vor der Übertragung in Innenräumen schützen?
Wir können nie vollkommen sicher sein, nur sicherer. Vermindern Sie also die Exposition, d. h. meiden Sie:
- Räume, in denen sich viele Personen aufhalten
- räumliche Nähe zu anderen
- geringe Belüftung
- langen Aufenthalt in Räumen
- Orte, an denen Menschen keine Masken tragen
- Sprechen (insbesondere laut) und Singen
- hohe Atemfrequenzen (z.B. Aerobic-Übungen oder körperlich anstrengende Tätigkeiten in geschlossenen Räumen)
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Besteht ein Risiko der Aerosolübertragung im Freien?
Alle Daten zeigen, dass der Außenbereich bei gleicher Aktivität und Entfernung weitaus sicherer ist als der Innenbereich. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Außenbereich zu 100% sicher ist [r, s] . Es gibt Fälle, die auf Gespräche im Freien zurückgeführt werden. Das Übertragungsrisiko ist im Freien viel geringer als im Inneren, da Viren, die in die Luft freigesetzt werden, schnell durch die Atmosphäre verdünnt oder die Sonne inaktiviert werden können. Aber auch im Freien besteht ein Risiko, v. a. in Menschenansammlungen sowie in windgeschützten und von Sonnenlicht abgeschirmten Bereichen (z.B. zwischen zwei hohen Gebäuden), v. a. bei Windstille.
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Ist es sicher, im Freien in einem Restaurant zu essen?
Es ist sicherer, in der Außengastronomie zu essen als in Innenräumen, aber zwischen den Personen aus verschiedenen Haushalten sollte dennoch genügend Abstand liegen. Wenn Menschen aus anderen Haushalten (z. B. die Bedienung) in der Nähe sind, sollten Sie und diese Menschen Masken tragen, wenn Sie nicht aktiv essen oder trinken. Meiden Sie Tische, die direkt neben besetzten Tischen stehen.
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Wie sieht’s im Schwimmbad, am Strand oder im Park aus?
Solange es nicht überfüllt ist und der Abstand eingehalten wird, Masken getragen werden, wenn andere Leute in der Nähe sind, ist die Erholung im Freien eine Aktivität mit geringem Risiko. Eine Übertragung des Virus durch Wasser ist nicht bekannt.
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Ist es sicher, ein Taxi, eine Mitfahrgelegenheit oder den ÖPNV zu nutzen?
Der Aufenthalt in einer kleinen, geschlossenen Umgebung wie einem Auto kann zu einem hohen Infektionsrisiko führen, wenn eine der Personen mit COVID-19 infiziert ist. Das Risiko vermindert sich erheblich, wenn alle Personen Masken tragen, und wenn während der Fahrt mindestens zwei Fenster zumindest teilweise geöffnet bleiben. Der Luftwechsel nimmt mit steigender Geschwindigkeit zu. Fahren Sie daher möglichst außerhalb der Stoßzeiten. Wenn die maschinelle Lüftung („Klimaanlage“) des Autos verwendet wird, stellen Sie sicher, dass sie auf Außenluft eingestellt ist und nicht auf Umluftbetrieb. Kürzere Reisen sind weniger riskant als längere. Nutzen Sie den ÖPNV möglichst außerhalb der Stoßzeiten und immer mit Maske. Meiden Sie die Nähe zu Personen ohne Maske und Personen, die die Maske nicht über Mund und Nase tragen.
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Wie sicher sind Flugreisen?
Moderne, große Flugzeuge haben eine sehr gute Belüftung und Filterung. Beim Ein- und Aussteigen wird jedoch in der Regel weniger oder gar nicht belüftet. Das Risiko einer Übertragung während des Flugs geht vor allem von nahen Begegnungen beim Ein- und Aussteigen und Ihren Sitznachbarn (auch in den Reihen vor und hinter Ihnen!) aus. Es kann durch das Tragen von MNS und möglichst wenig Sprechen reduziert werden. Wir empfehlen Fluggesellschaften, das Tragen von MNS strikt durchzusetzen und Sitze und Sitzreihen frei zu lassen.
Kleinere Flugzeuge, die für Kurzstreckenflüge eingesetzt werden, sind sehr unterschiedlich ausgestattet; allgemeine Aussagen sind daher nicht möglich.
Häufig ist ein erheblicher Teil des mit Flügen verbundenen Risikos auf die Wartezeiten im Flughafen, den Bustransfer sowie das Ein- und Aussteigen (zu geringer Abstand, Lüftung abgeschaltet) zurückzuführen.
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Wie groß ist das Risiko in Schulen?
Leider erfüllen Schulen in der Regel viele der Anforderungen für eine effiziente Virusübertragung [t]: Innenraum, Abstandshaltung schwierig, keine oder wenig Belüftung, langer Aufenthalt, lautes Sprechen/Singen/Gelächter/Atmung. Die Belüftungsraten sind oft niedrig, Fenster können aus Sicherheitsgründen häufig nicht oder nicht vollständig geöffnet werden. Dass jüngere Kinder (Grundschulalter) das Virus weniger wirksam übertragen als Erwachsene scheint inzwischen widerlegt. Nach dem Vorsorgeprinzip sollten Schulen nur dann geöffnet sein, wenn die Infektionsraten im Einzugsbereich niedrig sind. Für den Unterricht in Innenräumen sind Lüftung (v. a. maschinelle Lüftung, ggf. Umluftreinigung, siehe Frage 36f), Masken, Abstandshaltung, Verringerung der Sprechlautstärke, Verringerung der Raumbelegung (z. B. durch Aufteilung der Klassen im Schichtsysstem) sowie Kohortenregelungen allesamt wichtige Maßnahmen. Einen guten (indirekten) Anhaltspunkt für die Raumluftqualität bietet die Überwachung der CO2-Konzentration mittels CO2-Ampeln. Spätestens beim Erreichen einer Konzentration in der Nähe von 1000 ppm sollte der Unterricht unterbrochen und die Luft im Raum ausgetauscht werden (siehe dazu auch VDI 6040 Blatt 1).
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Was ist für Zahnarztpraxen zu empfehlen?
Bei vielen zahnärztlichen Eingriffen kommt es zu starker Aerosolerzeugung, bei der Speichel des Patienten fein verteilt wird. Daher besteht ein Risiko für das zahnärztliche Personal. Ein Risiko für den Patienten besteht, weil Abstandshaltung nicht möglich ist. Das wichtigste Prinzip der Raumluftqualität ist die Minderung an der Quelle. D.h. die Verunreinigung dort zu entfernen, wo sie produziert wird. „Wenn sich in einem Raum ein Misthaufen befindet, versuchen Sie nicht, den Geruch durch Lüftung zu entfernen. Entfernen Sie den Misthaufen.“ (Max von Pettenkofer, 1858).
In der Zahnmedizin kann dies durch örtlich begrenztes Absaugen der Luft erfolgen. Dies ist die bei weitem wirksamste Lösung. Die Luft wird in der Nähe des Mundes des Patienten abgesaugt und entweder ins Freie abgesaugt oder HEPA-gefiltert. Eine lokale Absaugung kann schnell provisorisch und mit begrenzten Kosten durchgeführt implementiert werden.
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Was ist mit Aufzügen?
Hauptprobleme bei Aufzügen sind der geringe Abstand und kontaminierte Oberflächen, z. B. Ruftasten und Zieltasten. Aufzüge sollten daher möglichst nur von einer Person benutzt werden, die Hände vor und nach der Benutzung desinfiziert oder gewaschen werden. Schutz bietet auch die Betätigung der Tasten Einwegtüchern. Achten Sie beim Warten vor dem Aufzug auf Abstandshaltung.
Weichen Sie nach Möglichkeit auf Treppen aus. Treppenhäuser sollten als Einbahnstraßen genutzt werden. Beim Treppensteigen sollten Masken getragen werden, da die Anstrengung zu verstärkter Atmung und damit erhöhtem Aerosolausstoß führt.
Masken und Gesichtsschilde/Visiere
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Bringen Masken etwas?
Ja! Die Physik ist gut verstanden.
„Masken funktionieren nicht, weil das Virus/die Tröpfchen kleiner ist als die Poren der Maske.“ Das ist falsch! Das Virus ist nicht nackt unterwegs (siehe Frage 6). Masken wirken als Filter. Aerosolfiltration funktioniert nicht auf dieselbe Weise wie ein Sieb. Filter können Aerosole abscheiden, die viel kleiner als die Porengröße sind [u]. Eine Maske mindert den Fluss von Partikeln durch sie hindurch, indem sie viele von ihnen einfängt. Es gibt keine andere Möglichkeit. Natürlich hängt die tatsächliche Effizienz davon ab, wie gut das Maskenmaterial als Filter geeignet ist und wie gut die Maske sitzt.
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Welche Maske ist die beste?
Die Wirksamkeit einer Maske hängt von zwei Hauptfaktoren ab: wie gut sie sitzt und wie gut das Material Aerosole unterschiedlicher Größe herausfiltert. Eine passgenau sitzende N95-Atemschutzmaske filtert für den Träger mindestens 95 % der Aerosole aller Größen heraus. N95-Atemschutzmasken und andere Arten von Masken mit Ventilen lassen Aerosole ungefiltert entweichen. Sie schützen daher andere nicht; verwenden Sie sie nicht oder verschließen Sie das Ventil mit Klebeband. Chirurgische Masken sind eine ausgezeichnete Option, da sie einen Schutz im Bereich von 70–80 % [v] bieten, obwohl es eine große Variabilität zwischen den verschiedenen Marken gibt. Besonders wirksam können Tuchmasken mit Filtertaschen sein, die Filter aufnehmen können. Materialien wie Staubsaugerbeutel oder HEPA-Filter leisten gute Dienste. Studien haben ergeben, dass hausgemachte Masken aus Küchenhandtüchern oder Baumwolljersey (T‑Shirt-Material) etwa 50 % [w] Schutzwirkung bieten. Unveröffentlichte Studien von Linsey Marr von der Virginia Tech, John Volckens von der Colorado State University und Carl Wang von Missouri Science and Technology deuten darauf hin, dass einzelne Lagen üblicher Gewebe eine niedrige Filtrationseffizienz für 0,3‑μm-Aerosole aufweisen, aber etwa 50 % der 2‑μm-Aerosole und 80 % oder mehr der 5‑μm-Aerosole und größere Aerosole blockieren. Wenn Sie zwei oder mehr Gewebelagen verwenden, kann die Gesamteffizienz auf 90 % oder mehr bei allen Aerosolgrößen über 0,5 μm steigen. Das Virus kommt in Tröpfchen aller Größen vor, aber diejenigen, die größer als 1 μm sind, sind wahrscheinlich am wichtigsten für die Übertragung.
Die Maske sollte stets über Nase und Mund getragen werden.
Wichtig ist, dass möglichst alle Beteiligten Masken tragen. Stellen Sie sich vor, Sie und ein Gegenüber tragen beide Masken, die 50 % aller Aerosole abscheiden. Dann werden 50 % des Aerosols, das Ihr Gegenüber ausatmet, in dessen Maske abgeschieden, weitere 50 % des noch übrigen Aerosols in Ihrer Maske. Ihre Atemluft enthält dann noch 25 % des ursprünglichen Aerosols – dreiviertel werden in den Masken abgeschieden!
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Ist es in Ordnung, die Maske einfach über dem Mund zu tragen und die Nase freizulassen?
Nein, die Maske muss Ihre Nase bedecken. Im Normalfall atmen Menschen eher durch die Nase als durch den Mund. Die Nase freizulassen ist also nahezu gleichwertig damit, gar keine Maske zu tragen. (Das gilt für den Fremdschutz, aber besonders auch für den Eigenschutz.)
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Wie wichtig ist dichter Sitz der Maske?
Dichter Sitz der Maske ist sehr wichtig. Schlupf, also Luft, die durch Zwischenräume zwischen Maske und Gesicht strömt, bleibt ungefiltert [x]. Wenn Lücken vorhanden sind, strömt ein großer Teil der Luft durch diese Lücken, weil dort der Strömungswiderstand geringer ist. Wenn Ihre Maske gut sitzt, sollten Sie beim Einatmen spüren, wie sich das Material an Nase und Mund festsaugt. Dichtsitz, z.B. auch durch einen Nasenbügel, ist insbesondere für Brillenträger wichtig.
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Ist es in Ordnung, die Maske zum Sprechen abzunehmen?
Nur bei ausreichendem Abstand im Freien. Beim Sprechen wird etwa 10-mal mehr Aerosol abgegeben als beim Atmen. Beim Singen oder Schreien kann der Ausstoß etwa 50-mal so hoch sein [y]. Ballistische Tröpfchen werden beim Atmen überhaupt nicht ausgeatmet. Sie sollten auch nicht zulassen, dass andere aus der Nähe ohne Maske mit Ihnen sprechen.
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Brauche ich einen Augenschutz?
Man geht davon aus, dass die Augen ein möglicher, aber nicht der Hauptübertragungsweg für Aerosole sind (siehe auch Frage 2). Es wird viel mehr Luft in unsere Lungen gesaugt, als unsere Augen berührt. Wenn allerdings jemand Sie anhustet oder ‑niest, ist das Risiko, dass ballistische Tröpfchen auf die Augen treffen, erheblich (siehe dazu auch Frage 6). Ein Augenschutz kann nützlich sein, um Ihre Augen vor ballistischen Tröpfchen und Aerosolen zu schützen, aber auch um zu verhindern, dass Sie Ihre Augen unbewusst mit den Fingern berühren. Eine normale Brille schützt vor ballistischen Tröpfchen, eine Schutzbrille mit seitlichen Schürzen schützt besser. Eine erste Studie hat eine geringere Infektionsrate bei Brillenträgern aufgezeigt, doch war die Stichprobe noch zu klein, um die Aussage als gesichert gelten zu lassen.
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Können Gesichtsschilde Masken ersetzen?
Nein, Gesichtsschutzschilde bieten nicht viel Schutz gegen Aerosole [z], Masken hingegen schon. Gesichtsschilde sind gut geeignet, um ballistische Tröpfchen abzufangen. Gesichtsschutzschilde gelten wie Schutzbrillen als sinnvolle Ergänzung zu Masken für den teilweisen Augenschutz. Die Verwendung von Gesichtsschilden als Ersatz für Masken ist insbesondere dort fragwürdig, wo mit Lebensmitteln hantiert wird: Gesichtsschilde lassen Tröpfchen ungehindert nach unten austreten; genau dort – auf einer Arbeitsfläche, einem Tablett oder dem Tisch in einem Restaurant – befinden sich aber die Nahrungsmittel.
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Was bringen Plexiglas- und andere Barrieren?
Plexiglasbarrieren sind im Allgemeinen nützlich, um eine direkte (ballistische) Tröpfcheninfektion zu vermeiden, wenn Menschen in unmittelbarer Nähe sind und der Abstand nicht eingehalten werden kann. Daher wird empfohlen, sie an solchen Orten, wie z.B. einer Supermarktkasse, als Mittel zur Unterdrückung der direkten Übertragung einzusetzen. Da Aerosole jedoch den Luftbewegungen in Innenräumen folgen, wird die Schutzwirkung der Plexiglasbarrieren gegen Aerosole sehr begrenzt und schwer vorhersagbar sein. Plexiglasbarrieren allein sind kein ausreichender Ansatz zum Schutz gegen die Übertragung von Aerosolen.
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Ist die CO2-Konzentration unter einer Maske nicht gefährlich hoch? Wie ist es mit dem Atemwiderstand?
Selbst professionelle FFP2- und FFP3-Masken oder KN95-Masken, noch mehr aber die dünneren chirurgischen Masken und Do-it-yourself-Masken sind für Gase so gut durchlässig, dass sie auch von Menschen mit eingeschränkter Lungenfunktion problemlos getragen werden können. Zudem ist das Luftvolumen zwischen Maske und Gesicht gering. Sie wird beim Einatmen sofort durch eine wesentlich größere Menge Raumluft verdünnt. Sollten Sie das Gefühl haben, durch die Nutzung einer Maske zu stark eingeschränkt zu ein, empfiehlt sich eine Überprüfung bei einem Lungenfacharzt. Insbesondere eine Blutgasanalyse kann Klarheit verschaffen, ob das Tragen einer Maske für Sie ein Problem darstellen könnte.
Die Luft im Freien enthält ungefähr 400 ppm CO2. Konzentrationen in der Einatemluft über 1000 ppm über längere Zeit werden als der Gesundheit abträglich angesehen, solche über 5000 ppm gelten als toxisch. Im Internet kursieren viele Videos, in denen anhand einer Messung mit einem CO2-Messgerät unter der Maske nachgewiesen werden soll, dass dort angeblich gefährlich hohe CO2-Konzentrationen herrschten. Bei der Durchführung solcher Messungen muss darauf geachtet werden, geeignete Messgeräte zu verwenden. Die Ausatemluft weist eine CO2-Konzentration von in der Regel 40000 ppm auf. Die Sensoren von Messgeräten, wie sie für Raumluftmessungen verwendet werden, messen bis 1000 ppm oder 5000 ppm. Häufig handelt es sich um passive Messgeräte, d. h. Messgeräte, bei denen die Messluft allein durch Diffusion in die Messkammer gelangt. Dieser Prozess ist langsam, reicht jedoch für Messungen in der Raumluft i.d.R. aus. Um die CO2-Konzentration hinter einer Maske zu messen, wo die Luft durch Atemzüge innerhalb weniger Sekunden vollständig ausgetauscht wird, sind solche Messgeräte zu langsam. Der Sensor wird gleich beim ersten Ausatmen mit CO2 übersättigt (40000 ppm Austamluft, Messbereich bis 5000 ppm). Neben dem langsamen, diffusionskontrollierten Gasaustausch in der Messkammer und der Messbereichsüberschreitung ist auch zu beachten, dass die Luft hinter der Maske mit Wasserdampf übersättigt ist. Dies ist relevant, da die Messung durch Infrarot-Absorptionsmessung geschieht: Wasserdampf absorbiert äußerst stark im infraroten Bereich. Keines der Videos, die dem Autoren bekannt sind, hatte daher irgendeine Aussagekraft.
Lüftung
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Kann man aus der CO2-Konzentration in einem Raum das Infektionsrisiko abschätzen?
Ja, aber nur indirekt und mit Einschränkungen. Wo viel ausgeatmet wird, gibt es viel CO2 und auch viel Aerosol. Die Menge der ausgeatmeten Atemaerosole nimmt beim Sprechen, lauten Sprechen und Singen stärker zu als der CO2-Ausstoß. Der Umkehrschluss: „Wenig CO2, also alles gut!“ ist jedoch nicht ohne Weiteres richtig.
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Welche Filter brauche ich, um die Viren aus der Luft zu filtern?
Das Virus selbst ist mit 0,12 μm sehr klein, aber eben nicht nackt unterwegs. Hilfreich zur Minderung des Infektionsrisikos sind Filter, die Partikel im Größenbereich von 10 μm und kleiner abscheiden. Grundsätzlich arbeiten Filter anders als Siebe: Alle Filter tragen dazu bei, Aerosolkonzentrationen zu reduzieren. D. h., schon F7/F9-Filter (neu: ePM10) bewirken eine deutliche Reduktion der Aerosolkonzentration. Feinere Filter erreichen aber vielfach höhere Abscheidegrade. Da das Infektionsschutzgesetz das Vorsorgeprinzip zugrundelegt, sollten also vorzugsweise HEPA-Filter, optimalerweise H13/H14 (neu: ePM1) verwendet werden. (Siehe aber dazu auch Frage 38.)
Nicht alle Bestandsgeräte und ‑anlagen eignen sich zum Einbau von HEPA-Filtern, da sich ein höherer Druckabfall auf die Systemleistung auswirkt; der Ventilator ist evtl. nicht für den höheren Druckabfall an einem feineren Filter ausgelegt, sodass die Anlage nicht mehr genug Luft fördert.
Der Einsatz mobiler Luftreiniger mit hoher Effizienz – vorzugsweise mit HEPA-Filtern – ist eine weitere Alternative, wenn die Nachrüstbarkeit vorhandener Filter begrenzt ist (siehe Frage 37 und Frage 38).
Wichtig ist, dass die Filter ordnungsgemäß installiert sind. Sie müssen dicht sitzen und dürfen keine Luft – und Partikel – durch Spalte zwischen dem Filter und dem Filterhalter durchtreten lassen. Einbau und Wartung müssen also fachgerecht erfolgen, vorzugsweise durch Personen mit einer einer VDI-Urkunde zu einer Schulung nach VDI 6022, Kategorie B, oder besser.
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Was ist von mobilen Umluftreinigungsgeräten zu halten? Was muss ich beachten?
Ja, solche Geräte können nützlich sein. Es liegen leider noch nicht viele Studien zur Wirksamkeit vor. Ganz aktuell ist die Do-it-yourself-Untersuchung von Prof. Curtius von der Frankfurter Goethe-Universität [aa], der mit seinem Team Untersuchungen zur Luftreinigung durch handelsübliche Umluftreinigungsgeräte in Unterrichtsräumen durchgeführt hat. Dabei wurde eine Senkung der Partikelkonzentration im Raum um 90 % beobachtet. Das Risiko einer Infektion nimmt mit steigender Konzentration der Viren in der Luft und längerer Expositionszeit zu. In Umgebungen, in denen man die Expositionszeit nicht reduzieren kann, muss man also die Konzentration verringern. Tragbare Luftreiniger können Aerosole im relevanten Größenbereich in Innenräumen wirksam reduzieren. Befolgen Sie die Herstelleranweisungen hinsichtlich Häufigkeit des Filterwechsels (siehe auch Frage
Wichtig ist, dass das Gerät die gesamte Raumluft „zu packen bekommt“. Dies ist am ehesten bei solchen Geräten gegeben, die in Bodennähe ansaugen und die gefilterte Luft unter der Decke mit hoher Geschwindigkeit ausstoßen. So bildet sich eine Luftwalze im Raum aus, und die hohe Ausstoßgeschwindigkeit sorgt für eine wirksame Durchmischung der Raumluft. Es können im Ansaugbereich leichte Zugerscheinungen auftreten, die jedoch meist kein Problem sind. Unter der Decke stört die hohe Ausstoßgeschwindigkeit niemanden.
Bei Geräten, die in geringer Höhe, z. B. 1,2 m, ausblasen, besteht eher das Risiko eines störenden Luftzugs. Schlimmer ist jedoch, dass bei dieser Ausstoßhöhe eine komplette Durchmischung der Luft schwieriger sicherzustellen ist.
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Wie wichtig ist bei Umluftreinigungsgeräten die Filterklasse?
Optimal sind Geräte mit sogenannten HEPA- oder Schwebstofffiltern (Filterklassen H13/H14 bzw. ePM1). Die Raumluft durchläuft die Filter jedoch mehrfach. Daher ist entscheidend das Produkt Filtereffizienz × Volumenstrom, die sogenannte Clean Air Delivery Rate (CADR). Ein Richtwert für eine geeignete Leistung ist eine CADR von 100 m3/h je 10 m2 Raumgrundfläche bei einer Deckenhöhe von 2,5 m. Für einen höheren Raum oder bei dichter Belegung sollte der Wert erhöht werden.
Zu beachten ist, dass jede Reduktion der Konzentration luftgetragener Viren das Risiko senkt; es geht nicht darum, auch das letzte Virus aus der Luft zu filtern. (Das ist praktisch unmöglich.) Umluftreinigungsgeräte sind – wie Masken – kein Ersatz für zu geringe Abstände, da sie eine ballistische Infektion (siehe Frage 1) nicht verhindern. Diese Geräte können auch nicht den CO2-Gehalt der Luft senken (siehe Frage 35), sondern ausschließlich Partikel und Tröpfchen aus der Luft filtern.
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Wann und wie sollten Filter gewechselt werden?
Mit fortschreitender Nutzungszeit des Filters setzen sich die Poren zu. Der Druckabfall über den Filter nimmt zu. Damit wird es für das Gebläse immer schwieriger, Luft durch den Filter zu drücken oder ziehen. Hier unterscheiden sich sogenannte Konstantvolumenstrom-Geräte von ungeregelten Geräten: Bei Konstantvolumenstrom-Geräten wird der Volumenstrom nachgeregelt; das Gerät verbraucht aber mehr Energie je Kubikmeter Luft. Bei einfachen, ungeregelten Geräten nimmt der Volumenstrom ab: Geringere Strömung bedeutet geringere Reduktion der Aerosollast.
Beachten Sie auf jeden Fall die Herstelleranweisungen zum Filterwechsel. Überlassen Sie bei maschinellen Lüftungsanlagen den Filterwechsel vorzugsweise ausgebildetem Personal, z.B. mit einer Schulung nach VDI 6022, Kategorie B oder besser. Falls Sie Laie als Laie selbst die Filter eines mobilen Umluftreinigungsgeräts wechseln möchten, tragen Sie beim Filterwechsel eine Maske und Handschuhe.
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Welche Lüftungstechnische Maßnahme ist die effektivste zur Minderung des Infektionsrisikos?
Die beste Möglichkeit sind maschinelle Lüftungsanlagen mit einer Leistung von 30 bis 50 m3/h Luft pro Person im Raum, vorzugsweise ohne Umluftanteil. Kommt nur Fensterlüftung infrage, dann sollte regelmäßig eine Stoßlüftung durchgeführt werden: alle verfügbaren Fenster und Türen so weit wie möglich öffnen, wenn möglich, querlüften, d. h. Fenster auf gegenüberliegenden Seiten des Raums öffnen. Stoßlüftung funktioniert nur effektiv bei Wind bzw. größeren Temperaturunterschieden und ist gerade im Winter mit hohem Heizenergieaufwand und Behaglichkeitseinschränkungen verbunden. In einer aktuellen gemeinsamen Pressemeldung von Umweltbundesamt und Kultusministerkonferenz wird bei Unterrichtsräumen eine 5‑minütige Stoßlüftung alle 20 min gefordert [bb]. Umluftreinigungsgeräte können bei nicht ausreichender Frischluftmenge eine sehr wirksame Ergänzung/Alternative sein.
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Können sich Viren in RLT-Anlagen oder Umluftreinigungsgeräten vermehren?
Nein. Definitiv nicht. Viren brauchen zur Vermehrung einen Wirt. Bakterien können sich ohne Wirt vermehren, wenn sie Nahrung, Wasser und Wärme haben, Viren jedoch nicht.
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UV-Strahlung kann Viren töten. Kann man das nutzen?
Ja, ultraviolette Strahlung im Wellenlängenbereich des sogenannten UV‑C kann Viren abtöten. Dafür müssen die Viren einer hinreichenden Strahlungsdosis ausgesetzt sein. UV-C-Einheiten zum Einbau in raumlufttechnische Anlagen gibt es seit vielen Jahren. Ihre Wirksamkeit ist nachgewiesen. Da die zur Abtötung des SARS-CoV-2-Virus bekannt sind, können die Geräte geeignet konfiguriert werden, um eine hohe Abtötungsrate zu erzielen. Die verwendeten Strahler emittieren Strahlung im Bereich von ungefähr 180 nm bzw. 250 nm Wellenlänge. Bei den Geräten, die die kürzere Wellenlänge (~ 180 nm) nutzen, wird neben der direkten Wirkung der Strahlung auf die Viren in der strömenden Luft auch Ozon erzeugt, dass seinerseits auch entkeimende Wirkung hat. Dieses Ozon muss vor Zufuhr der Luft in Aufenthaltsbereiche entfernt werden; dies kann durch Aktivkohlefilter geschehen. Geräte, die die Emission bei ~ 250 nm verwenden, gelten als ozonfrei.
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Was ist von Sterilisationslampen für Räume zu halten?
UV-C-Strahlung schadet nicht nur Viren. Sie schädigt auch das Erbgut von menschlichen Zellen und führt zu Schäden an den Augen. Der Aufenthalt im Einwirkbereich von Strahlungsquellen, die hinreichend stark wären, um Viren abzutöten ist für Menschen nicht möglich. Sogenannte gUV-Leuchten (germicidal UV) müssen daher oberhalb des Aufenthaltsbereichs mit Strahlrichtung zur Decke eingebaut werden. Der Aufenthaltsbereich von Menschen muss durch Blenden gegen die Einwirkung des Lichts geschützt werden. Solche Lösungen können unterstützend eingesetzt werden, um bei Umluftnutzung die Konzentration lebensfähiger luftgetragener zu reduzieren.
Sogenannte Sterilisationslampen für Wohnräume in Form von Stehlampen mit UV-LEDs sind wirkungslos.
Fußnoten:
[a] https://docs.google.com/document/d/1fB5pysccOHvxphpTmCG_TGdytavMmc1cUumn8m0pwzo/edit#heading=h.sr044a25fuff [b] https://www.nature.com/articles/s41598-019–38808‑z [c] https://twitter.com/DiseaseEcology/status/1271281853391966213 [d] https://academic.oup.com/cid/advance-article/doi/10.1093/cid/ciaa1283/5898624 [e] https://www.nationalacademies.org/event/08–26-2020/airborne-transmission-of-sars-cov-2-a-virtual-workshop [f] https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/nejmc2004973 [g] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/22221751.2020.1777906 [h] https://academic.oup.com/jid/advance-article/doi/10.1093/infdis/jiaa334/5856149 [i] https://www.dhs.gov/science-and-technology/sars-airborne-calculator [j] https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsif.2009.0227.focus [k] https://www.annualreviews.org/doi/10.1146/annurev-virology-012420–022445 [l] https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsif.2009.0227.focus [m] https://academic.oup.com/aje/article-abstract/20/3/611/280025?redirectedFrom=fulltext [n] https://aaqr.org/articles/aaqr-20–06-covid-0302 [o] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32788164/ [p] https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/need-extra-precautions/people-with-medical-conditions.html [q] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0013935120306472?via%3Dihub [r] https://t.co/JJiD20hSgz?amp=1 [s] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.02.28.20029272v2 [t] https://docs.google.com/document/d/1fB5pysccOHvxphpTmCG_TGdytavMmc1cUumn8m0pwzo/edit#heading=h.fzxwlmw66607 [u] https://www.youtube.com/watch?v=eAdanPfQdCA [v] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23498357/ [w] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7108646/ [x] https://youtu.be/mJ81IBTMvcU [y] https://twitter.com/quarkswdr/status/1316260212664414214 [z] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4734356/ [aa] https://www.hessenschau.de/gesellschaft/luftfilter-im-klassenraum-senken-virenlast-um-bis-zu-90-prozent,corona-schulen-luftfilter-100.html [bb] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/coronaschutz-in-schulen-alle-20-minuten-fuenfDiese zusammenfassende Darstellung basiert zu weiten Teilen auf dem Aerosol-FAQ tinyurl.com/FAQ-Aerosols, Version 1,78, 2020-10-01.
Ansprechpartner im VDI
Dipl.-Phys. Thomas Wollstein VDI VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik (VDI-GBG) Telefon: +49 211 6214–500 E‑Mail: wollstein@vdi.de
Links abgerufen am 21.10.2020
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