Eine Reihe von organisatorischen Maßnahmen helfen, die Gefahren beim Schweißen so gering wie möglich zu halten. Grundlage dafür ist die Gefährdungsbeurteilung, die vor dem Beginn von Schweißarbeiten erstellt werden sollte. Fach- und Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass die Maßnahmen wirken. Sie können sich Unterstützung von ihrer Berufsgenossenschaft holen.
Dipl.-Ing. Bodo Kälble
Der Gesetzgeber fordert die Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeit! Die Realität sieht jedoch oft anders aus, zuerst wird in Betrieb genommen und dann das lästige Papierwerk nachgefertigt. Dabei bietet die Erstellung vorher Vorteile, da Maßnahmen vorab planbar sind und nicht an eine bereits geschaffene Realität angepasst werden müssen, was oft wesentlich teurer wird. Die Form der Dokumentation ist nicht vorgeschrieben. Sie muss jedoch alle auftretenden Gefährdungen und wie ihnen begegnet werden muss enthalten, Maßnahmen aufzeigen und die Maßnahmenwirksamkeit muss kontrolliert werden. Dies gilt auch für etwaige notwendige Anpassungen der Maßnahmen.
Maßnahmenhierarchie
Auf die Frage, welche Maßnahme bei Lärm zu treffen ist, kommt in der Regel spontan die Antwort „Gehörschutzstöpsel“, ohne über die Maßnahmenhierarchie nachgedacht zu haben. Vielmehr hätten die Verantwortlichen über eine Vermeidung des Lärms nachdenken müssen. Muss geflext werden, oder hätte es ein ohnehin notwendiger Brennschnitt schräg ausgeführt auch zur Nahtvorbereitung getan? Der Lärm wäre durch Substitution des Verfahrens vermieden worden. Im 2. Schritt ist zu prüfen, ob es technische Möglichkeiten gibt, den Lärm zu vermindern. Gegebenenfalls sind Einhausungen möglich. Tritt trotzdem Lärm auf, muss die Organisation der Arbeit sicherstellen, dass möglichst wenige Mitarbeiter hierdurch belastet werden. Der letzte, der nun mit Lärm arbeiten muss, wird letztlich Gehörschutz, also Persönliche Schutzausrüstung, tragen müssen. Wenn man fragt „was schützt wen?“ wird klar, warum die Hierarchie S‑T-O‑P vorgegeben ist, wobei Lärm hier nur ein Beispiel ist – die Maßnahmenhierarchie ist auf alle Gefährdungen anzuwenden.
Schweißerlaubnisschein
Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zur Brand- und Explosionsgefahr ist im Schweißerlaubnisschein festzuhalten, der von Auftraggeber und ‑nehmer gemeinsam zu erstellen ist. Da durch das Auftreten von Lichtbogen, offener Flamme, Funken, Spritzern und möglicher Wärmeleitung beim Schweißen immer Zündquellen vorhanden sind, sind die entsprechenden Schutzmaßnahmen anzugeben. Dazu gehört das Entfernen brennbarer Stoffe oder, sofern dies nicht möglich ist, dass diese zumindest brandfest abzudecken sind. Zudem müssen geeignete Lösch- und Rettungseinrichtungen sowie Brandwachen bereitgestellt werden.
Enge Räume, Befahrerlaubnis
Auch die Befahrerlaubnis von Behältern ist ein Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung. Sie ist vorab einzuholen. Was ist bzw. war im Behälter? Giftig, explosiv? Welche Zuleitungen und Einbauten müssen abgestellt werden? Wie kann den Gasen und Rauchen des Schweißens begegnet werden? Welche Notfallmaßnahmen sind zu treffen? All dies sind Fragestellungen, die Schweißer und Auftraggeber zu berücksichtigen haben. In engen Räumen muss immer abgesaugt und ggf. auch Frischluft zugeführt werden. Eine Mannlochwache ist ein Muss! Sie kann Hilfe holen und erst, wenn diese vor Ort ist, unter der Voraussetzung sich selbst nicht in Gefahr zu bringen, einsteigen.
Betriebsanweisung und Unterweisung
Aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich Verhaltensmaßnahmen. Diese sollten in einer Betriebsanweisung den Schweißern zugänglich sein. Sie stellen zudem eine gute Basis für die regelmäßigen Arbeits- und Gesundheitsschutzunterweisungen dar. Vordrucke und schriftliche Hilfestellungen liefern die Berufsgenossenschaften im Rahmen der Prävention kostenfrei. Der Gesetzgeber verlangt heute eine tiefgreifende Unterweisung der schweißenden Mitarbeiter zu den möglichen Gesundheitsgefahren. Führungskräfte sind daher gut beraten, wenn sie zur Gefährdungsbeurteilung und zur Unterweisung ihrer Mitarbeiter einen Schweißfachmann oder ‑Ingenieur und auch ihren Arbeitsmediziner hinzuziehen, um Maßnahmen zu entwickeln und Vorsorgen festzulegen.
Wirksamkeitskontrolle
Fach- und Führungskräfte haben zu prüfen, ob durch die von ihnen festgelegten Maßnahmen das beim Schweißen auftretende Risiko unter dem festgelegten, maximal Tolerierbaren liegt. Dazu müssen die festgelegten Maßnahmen greifen. Auch hier bieten die Berufsgenossenschaften Hilfen an. Messtechnische Dienste können einmalig Messungen von Gefahrstoffen und Lärm durchführen. Die Präventionsdienste der BG prüfen zuvor die Zweckmäßigkeit. So macht eine Staubmessung ohne jegliche lufttechnische Maßnahme beim MAG-Schweißen keinen Sinn, da schon vorher klar ist, dass alle maximal zulässigen Werte überschritten werden.
Vor- und Nachsorgeuntersuchungen
Hier ist der Sachverstand des Arbeitsmediziners gefragt, der den Vorsorgebedarf bereits bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln hat. Die Verordnung unterscheidet zwischen Angebots- und Pflichtuntersuchungen. Wer Umgang mit Krebs erzeugenden Stoffen hat, unterliegt immer einer Pflichtuntersuchung. Werden beim Schweißen die maximal zulässigen Arbeitsplatzkonzentrationen für Schweißrauch überschritten, ist auch hier die Vorsorgeuntersuchung Pflicht. Werden sie eingehalten, hat der Arbeitgeber dennoch die Vorsorgeuntersuchung als Angebot zu unterbreiten und Mitarbeiter können das kostenfreie Angebot nutzen.
Viele Schweißer unterliegen noch weiteren Vorsorgen, da sie zum Beispiel in der Höhe arbeiten, Atemschutzträger sind oder Fahr- und Steuertätigkeiten ausführen. Mitarbeiter, die sich einer Pflichtuntersuchung verweigern oder bei denen der Arbeitsmediziner zum Ergebnis „ungeeignet für die Tätigkeit“ kommt, dürfen mit den zugehörigen Aufgaben nicht betraut werden. Treten Mitarbeiter, die mit Krebs erregenden Stoffen Umgang hatten, aus dem Unternehmen aus, haben sie Anspruch auf Nachsorge.
Betriebe, die dies nicht organisieren können, können bei ihrer BG anfragen. Sie organisiert die weitere Vorsorge.
Pflichten von Fach- und Führungskräften
Im Rahmen der Fürsorge haben Fach- und Führungskräfte dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter abends genau so gesund nach Hause gehen, wie sie morgens zur Arbeit gekommen sind. Mit Schweißarbeiten dürfen nur geeignete Mitarbeiter nach der Auswahlpflicht beauftragt werden. Die Eignung ergibt sich aus fachlicher, körperlicher, geistiger und persönlicher Qualifikation. Zur Verkehrssicherungspflicht gehört es, den gesamten Verantwortungsbereich so einzurichten und zu unterhalten, dass keiner, der sich dort aufhält, einen Schaden erfährt. Hieraus ergeben sich z.B. die Geräteprüfungen und Zugangsbeschränkungen. Die Organisationspflicht fordert, dass alle Pflichten jederzeit eingehalten werden. Alles zusammen hält die Kontrollpflicht. Funktioniert alles so wie die Organisation es vorgibt? Tun die Mitarbeiter das, was sie sollen?
Pflichten, die für alle Mitarbeiter gelten, sind die Sorgfalts- und die Mitwirkungspflicht. Sie gebieten betriebliche Regelungen in Gänze einzuhalten und nicht nur halbherzig umzusetzen. Kommen Mitarbeiter an ihre Grenzen, müssen sie Missstände, die sie nicht beheben können, melden.
Erkennen Führungskräfte nun Wissensdefizite bei sich oder ihren Mitarbeitern, so können sie für Schweißer und Führungskräfte bei ihrer BG kostenfreie Fachseminare zum Schweißen besuchen. Die Seminarprogramme finden sich im Internet, wo auch kostenfrei weiterführende Schriften herunterladbar sind.
Halten sich alle an ihre Pflichten, so läuft der Betrieb „rund“ und es kann davon ausgegangen werden, dass „sicher und gesund“ geschweißt wird.
Schriften:
Im Internet und bei den Berufsgenossenschaften sind die folgenden Regeln und Informationen kostenfrei zu beziehen:
- BGR 117–1 Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen
- BGR 121 Arbeitsplatzlüftung-Lufttechnische Maßnahmen
- BGR 133 Ausrüstung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern
Unsere Webinar-Empfehlung
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