In Deutschland gibt es mehr als 100 Berufsfeuerwehren und weit über 22.000 Freiwillige Feuerwehren. Rund 1,4 Millionen Feuerwehrleute kümmern sich beruflich oder ehrenamtlich um Brandschutz und Hilfeleistungen. Dass sie gesund und sicher arbeiten, dazu trägt auch der Sicherheitsbeauftragte bei.
Bettina Brucker
Dienstagabend, 18 Uhr. Die Feuerwehr Bruchsal hat einen Übungsabend. Thema des Abends sind die Strahlrohre. Der richtige Umgang mit den Hohlstrahlrohren soll geübt werden. Denn die Handhabung ist anspruchsvoll und nicht ganz ungefährlich. Doch alles geht gut. Nach der praktischen Übung sitzen die Kameraden noch im Aufenthaltsraum beisammen. Plötzlich bricht einer der Stühle zusammen. Alle lachen, denn der altertümliche Stuhl war schon lange als Wackelkandidat bekannt. Und zum Glück hat sich der junge Feuerwehrmann, der darauf saß, nur ein paar blaue Flecken und eine Beule am Kopf zugezogen. Doch eigentlich hätte das gar nicht passieren dürfen …
Nach § 22 SGB VII muss nicht nur jedes Unternehmen ab einer bestimmten Anzahl an Mitarbeitern einen Sicherheitsbeauftragten stellen, sondern auch ehrenamtlich besetzte Organisationen, wie es die Freiwillige Feuerwehr ist. Hauptaufgabe dieser sicherheitsbeauftragten Person ist es, sich in allen Belangen des Unfallschutzes im Feuerwehrdienst einzusetzen, bei der Prävention und Gesundheitsförderung zu unterstützen und die Kameradinnen und Kameraden zum sicherheitsgerechten Handeln und gesundheitsbewusstem Verhalten zu motivieren. Zudem wirbt der Sicherheitsbeauftragte auch bei der Jugendfeuerwehr für Sicherheit und Gesundheit.
Von der Gemeinde bestellt
Auch bei ehernamtlichen Brandbekämpfern und Rettern muss die Sicherheit professionell geregelt sein. Ihre Aufgaben sind mit beruflichen Tätigkeiten vergleichbar. Arbeits- und Gesundheitsschutz ist deshalb auch ein Thema der Freiwilligen Feuerwehr. Für die Umsetzung sind die Träger – also die Kommunen – der jeweiligen Feuerwehr zuständig. Sie müssen dafür sorgen, dass die Mitglieder der Feuerwehr vor Unfällen, Berufskrankheiten und Gesundheitsgefahren bei ihren Tätigkeiten geschützt sind und dass im Notfall die erste Hilfe sichergestellt ist.
Der Sicherheitsbeauftragte ist Mitglied der Feuerwehr und wird von der Gemeinde schriftlich bestellt. Dies kann zum Beispiel durch den Wehrführer per Urkunde geschehen. In seine Arbeit beziehungsweise Aufgaben ist der Sicherheitsbeauftragte einzuweisen. Er gehört nicht zu den unmittelbaren Führungskräften und hat keinerlei Verantwortung. Er hat ausschließlich eine beratende Funktion und ist weder aufsichts- noch weisungsbefugt.
Der Sicherheitsbeauftragte ist ohne festgeschriebenen Zeitaufwand unterstützend tätig. Er tritt gegenüber seinen Kameraden als Multiplikator auf und bewirkt durch sein Auftreten und seine Vorbildfunktion sowie durch sein kollegiales Einwirken ein sicherheitsgerechtes Verhalten aller Feuerwehrmitglieder.
Wer Sicherheitsbeauftragter werden will, sollte schon länger Mitglied der Feuerwehr sein. Denn umfassende Orts‑, Fach- und Sachkenntnis helfen ihm, Unfall- und Gesundheitsgefahren schnell zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Außerdem kennt er sich mit den vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen und ‑ausrüstungen aus.
Die Aufgaben sind vielseitig
Die Freiwillige Feuerwehr in Celle bereitet ihren Tag der offenen Tür vor. Das bunte Programm umfasst unter anderem Vorführungen zur Brandbekämpfung, zur Unfallrettung sowie von den Höhenrettern. Bei einer Tombola kann man einen Aufstieg auf die große Drehleiter gewinnen. Versorgt werden die Gäste mit Leckerem vom Grill, kühlen Getränken und Kaffee sowie selbstgemachtem Kuchen. Schon Tage vorher bringen die Kameraden Holzkohle, Bierbänke, Sonnenschirme und Getränke zum Feuerwehrhaus. Immer mehr sammelt sich an und steht zum Teil im Weg. Da schreitet Jörg T., der Sicherheitsbeauftragte ein. Er ruft seine Kameraden zusammen und erklärt ihnen, warum die Gegenstände hier nicht länger gelagert werden dürfen. Danach räumen sie gemeinsam eine Ecke in der Fahrzeughalle frei, in der bis zum Tag der offenen Tür alles gut und sicher verwahrt werden kann und weder bei den Übungsabenden noch bei möglichen Einsätzen stört oder zur Stolperfalle wird.
Die Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten erstrecken sich auf die gesamte Tätigkeit im Feuerwehrdienst. Sie betreffen also sowohl die Einsatzkräfte, die Technik als auch deren Zusammenwirken.
Der Sicherheitsbeauftragte
- setzt sich auf dem Gebiet des Unfallschutzes präventiv und operativ ein,
- unterstützt und berät den Träger der Feuerwehr bei der Unfallverhütung,
- bestätigt jede Unfallanzeige mit seiner Unterschrift,
- unterstützt den Wehrführer bei der Erkennung von Unfallgefahren,
- überwacht und kontrolliert in den Gerätehäusern bzw. auf den Einsatzfahrzeugen die Unfallnachweisbücher und die Erste-Hilfe-Ausrüstung auf Verfallsdatum und veranlasst bei Bedarf den Ersatz bzw. Austausch,
- unterstützt den Wehrführer bei der Durchsetzung von Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen und einsatzbedingten Gesundheitsgefahren,
- sorgt dafür, dass die Belehrungen, Unterweisungen und fachspezifischen Demonstrationen des Wehrführers umgesetzt werden,
- achtet darauf, dass in den Aus- und Fortbildungsplänen den Gefahren im Feuerwehrdienst sowie den Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen genügend Beachtung eingeräumt wird,
- achtet auf den ordnungsgemäßen Zustand der persönlichen Schutzausrüstung (PSA), der Atemschutztechnik, der Einsatztechnik und der Feuerwehrfahrzeuge,
- stellt fest, ob bei den Geräten die vorgeschriebenen Prüffristen einge-halten werden,
- kontrolliert regelmäßig das Feuerwehrgerätehaus und dessen Einrichtung,
- weist auf Mängel oder Unzulänglichkeiten sofort hin und kontrolliert, ob der Mangel beseitigt wurde,
- achtet darauf, dass sich die Kameraden sicher und umsichtig verhalten,
- weist die Kameraden auf die Benutzung der PSA hin,
- betreut neue Kameraden besonders aufmerksam,
- besucht Lehrgänge, um seine Kenntnisse zu erweitern und
- ist selbst stets Vorbild, u.a. auch durch einen gesunden Lebensstil.
Die Arbeit erfolgt im Team
Als Berater wirkt der Sicherheitsbeauftragte auch bei folgenden Aufgaben mit:
- Durchführung der jährlichen Inventur,
- Anfertigung der Unfallstatistik,
- Planung von Baumaßnahmen in und am Gerätehaus,
- Kontrollen und Einsatzübungen im Stadtbereich.
Persönliche Stärken und fachliche Qualifikation
Löschmeister Sebastian G. ist Sicherheitsbeauftragter bei der Ortsfeuerwehr. Der gelernte Dachdecker ist schon seit seiner Jugend bei der Feuerwehr. Als Handwerker weiß er, wie wichtig es ist, dass Arbeitsmittel und die persönliche Schutzausrüstung immer in einem einwandfreien Zustand sind. Doch er weiß auch, dass die ganz jungen, unerfahrenen Kameraden oft übermütig und risikofreudig sind. Deshalb veranstaltet er zweimal im Jahr Abende mit den Mitgliedern der Jugendfeuerwehr, wo es nicht um die Aufgaben der Feuerwehr geht, sondern um Themen wie Alkohol, Drogen oder Umweltschutz. Die Jugendlichen diskutieren gerne mit dem engagierten jungen Sicherheitsbeauftragten, der nicht mit erhobenem Zeigefinger rumläuft, sondern auch für Vorschläge und Ideen ein offenes Ohr hat.
Um Sicherheitsbeauftragter zu werden, muss die Feuerwehrfrau/der Feuerwehrmann persönlich geeignet sein und die erforderliche Befähigung durch den Lehrgang der Feuerwehr-Unfallkasse (FUK) „Sicherheitsbeauftragter in einer Freiwilligen Feuerwehr“ und den Lehrgang an einer Landesfeuerwehrschule „Gruppenführer der Freiwilligen Feuerwehr FIII“ erlangt haben.
Damit der Sicherheitsbeauftragte seine Tätigkeiten ausführen kann, muss er
- sich in seinem Zuständigkeitsbereich ungehindert bewegen können und
- sämtliche für seine Tätigkeit erforderlichen Informationen erhalten.
Jeder sollte den Sicherheitsbeauftragten kennen
Damit alle wissen, wer Sicherheitsbeauftragter ist, was seine Aufgaben sind und welche Stellung er hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten, darüber zu informieren:
- Vorstellung und offizielle Einführung,
- Bekanntgabe bei Übungsabenden,
- Aushang am Schwarzen Brett mit Name und Kontaktmöglichkeit,
- Bekanntgabe auf der Homepage der Feuerwehr,
- Vorstellung im Gemeindeblatt.
Mögliche Sicherheits- und Gesundheitsthemen für die Feuerwehr
Für die Arbeit des Sicherheitsbeauftragten ist es hilfreich, wenn Sicherheits- und Gesundheitsthemen gesammelt werden, die für den Feuerwehralltag relevant sind. Anschließend sollte auch festlegt werden, welche davon besonders wichtig und dringend sind. Der Sicherheitsbeauftragte kann dann bei einem Übungsabend zu einem dieser Themen informieren.
Organisatorische Maßnahmen
-
- Ordnung im Feuerwehrgerätehaus,
- Lagerung von Chemikalien, Reinigungsmitteln und Gefahrstoffen,
- Umgang mit defekten Arbeitsmitteln,
- …
Psychische Gesundheit
- Belastungen durch Unfallgeschehen,
- Beanspruchung durch das Verhalten neugieriger Schaulustiger am Einsatzort
- …
Weitere Informationen gibt es u. a.
- in der Broschüre „Der Sicherheitsbeauftragte der Feuerwehr. Informationen für Sicherheitsbeauftragte der Feuerwehren“ der Arbeitsgemeinschaft der Feuerwehr-Unfallkassen unter www.fuk.de/pdf-dl.php?id=311&type=1
- in der DGUV-Broschüre „Der Sicherheitsbeauftragte. Informationen für Unternehmer, Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärzte, Betriebs-/Personalräte und Sicherheitsbeauftragte unter www.dguv.de/publikationen
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Es gibt viele Fälle, in denen die Fallhöhe für eine herkömmliche Absturzsicherung nicht ausreicht. Beispiele für Arbeiten in geringer Höhe sind z.B. der Auf- und Abbau von Gerüsten, die Wartung von Industrieanlagen und Arbeiten in Verladehallen sowie Anwendungen in der Bahn und…
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