Pumpt das Herz zu wenig Blut in den Körper, wird meist auch das Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Bislang war unklar, wie sich dies auf die Hirnstruktur auswirkt. In Zusammenarbeit mit dem Herzzentrum Leipzig haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) nun herausgefunden, was das für das Gehirn bedeutet.
Etwa 1,8 Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer Herzschwäche, auch Herzinsuffizienz genannt. Sie sind schneller erschöpft und klagen bei Belastungen über Atemnot. Neben diesen bekannten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit, wird auch das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen: Wissenschaftler des MPI CBS haben nun belegt, dass die Dichte der grauen Hirnsubstanz sinkt. Besonders groß ist der Schaden nach einem Herzinfarkt.
Möglicher Zusammenhang mit Demenz
„Je schwächer das Herz, desto geringer die Dichte der grauen Substanz“, erklärt Matthias Schroeter, Leiter der Forschungsgruppe für Kognitive Neuropsychiatrie am MPI CBS, das zentrale Ergebnis der Studie. Besonders betroffen seien dabei das mittlere Stirnhirn und der sogenannte Precuneus innerhalb der Großhirnrinde sowie der Hippocampus. Diese Regionen verarbeiten vor allem Aufmerksamkeitsprozesse und Gedächtnisinhalte. Und nicht nur das: „Ein Abbau von grauer Substanz in diesen Bereichen kann die Entstehung von Demenz begünstigen“, sagt Schroeter.
Untersucht haben die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen grauer Substanz und Herzfunktion an 80 Patienten des Herzzentrums Leipzig mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) und zweier Faktoren: Der Menge an Blut, die bei einem Herzschlag ausgestoßen wird, und der Konzentration eines bestimmten Hormons in der Blutbahn. Dabei zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Grad der Herzinsuffizienz und den Veränderungen in der grauen Substanz.
Aufbau der grauen Hirnsubstanz
Als graue Substanz bezeichnet man im Gehirn die Gebiete, die vorwiegend aus den Zellkörpern der Nervenzellen bestehen. Die langen Enden der Nervenzellen, die Nervenfasern, bilden hingegen die weiße Substanz. Der bekannteste Teil der grauen Substanz ist die Großhirnrinde, die das Gehirn als äußerer, zwei bis fünf Millimeter dicker Mantel mit seinen zahlreichen Windungen umgibt. Hier werden die eigentlichen höheren geistigen Fähigkeiten des Menschen – von den Sinneseindrücken über Sprache bis zu Kreativität – verarbeitet.
„Bei einer Herzschwäche muss also auch bedacht werden, dass dabei die Hirnstruktur geschädigt wird“, sagt der Mediziner. Frühere Studien hatten gezeigt, was dem Abbau am besten entgegenwirkt: Sport und soziale Aktivitäten. „Natürlich muss man auch die verminderte Herzfunktion selbst behandeln.“ Soll heißen: Die Ursachen wie Rauchen, Diabetes oder Adipositas angehen.