Wenn man nachts kein Auge zugetan hat, wird der Tag darauf zur Qual. Schlecht gelaunt und übermüdet quält man sich dann aus dem Bett. Die Versuchung, tagsüber ein Nickerchen zu machen, ist nach solch einer Nacht natürlich besonders groß. Aber wer sich jetzt „seine Mütze Schlaf“ gönnt, kann am Abend garantiert wieder nicht gut schlafen. Wie Sie wieder zu gesundem, erholsamem Schlaf zurückkommen, lesen Sie hier.
Britta Surholt
Schlafstörungen sind weit verbreitet. Aufregung, Ärger, Stress – wer grübeln muss oder sich sorgt, kann zumeist schlecht in den Schlaf finden. Etwa zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung schläft schlecht – und leidet bereits unter chronischen Schlafstörungen. Auch viele Kinder haben Probleme mit dem Erholungsschlaf: So beklagt bereits jedes zehnte Kind im Alter zwischen sechs und zehn Jahren, dass es oft schlecht schlafen könne. Stärkster Stressauslöser sind Leistungsdruck und die Angst vor schlechten Zensuren. Fast jedes fünfte Schulkind gibt diese Gründe an. Jeden siebten Schüler belastet, dass er sich von Lehrern ungerecht behandelt fühlt, jedem zehnten ist der Schultag zu lang.
Aber nicht nur Kindern machen Stress und übermäßige Belastung die Nachtruhe schwer: Auch Erwachsenen fällt es in unruhigen Zeiten schwerer, in wohltuenden Tiefschlaf zu fallen. Tiefgreifende gesundheitliche Probleme müssen allerdings nicht hinter gelegentlichen Schlafproblemen stecken. „Mal nicht so gut einschlafen zu können, ist überhaupt kein Grund zur Sorge“, beruhigt Dr. Susanne Griem-Schlicht, Allgemeinmedizinerin aus Hamburg. „Es können auch mal zwei bis vier Wochen sein, in denen man immer wieder mal wach liegt – grübelt – und nicht wieder zur Ruhe kommt. Aber danach legen sich Schlafprobleme normalerweise auch wieder. Wenn nicht, haben sich die Schlafprobleme womöglich verselbständigt.“
Das bedeutet: Weil Sie nicht gleich einschlafen können, fangen Sie irgendwann an, über das Einschlafen und Ihre Probleme damit nachzudenken. Aber so entsteht ein Teufelskreis, aus dem nur ganz schwer wieder herauszufinden ist: Weil Sie nicht schlafen können, ärgern Sie sich und fangen an darüber zu verzweifeln. Sie beginnen zu rechnen, „Wie viele Stunden bleiben mir noch, bis der Wecker klingelt?“ – und behindern dadurch erst recht, dass Sie endlich entspannt die Augen schließen können.
„Diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist oberstes Ziel“, erklärt Dr. Griem-Schlicht. Aus ihrer Erfahrung heraus kann es schon hilfreich sein, wenn die Betroffenen erst einmal wieder ein Gefühl dafür entwickeln, dass Schlaf problemlos möglich ist. So kann während einer kurzen Phase weniger Tage ein Schlafmittel hilfreich sein. „Aber dies muss nicht nur kontrolliert eingesetzt, sondern ebenso kontrolliert auch wieder abgesetzt werden.“
Effektiv und tief schlafen
Schlafentzug kann uns ziemlich zu schaffen machen. So haben Eltern von Säuglingen (die gern und häufig des Nachts schreien) oftmals keinen innigeren Wunsch als „Endlich mal wieder ungestört zu schlafen!“.
Tiefschlaf macht aber trotzdem nur einen sehr kleinen Anteil der Nacht aus. Nur zu maximal 15 bis 20 Prozent der Nacht befinden wir uns im Tiefschlaf. 50 Prozent bestehen aus Leichtschlaf.
Wer glaubt, er könne den verpassten Schlaf der vorherigen Nacht in der darauf folgenden Nacht „nachholen“, hat sich getäuscht. Denn Schlafverlust wird nicht durch die Schlafquantität, sondern durch die entsprechende Qualität reguliert. Das heißt: Man schläft wahrscheinlich besonders schnell ein, hat weniger Schlafunterbrechungen – und schläft somit insgesamt viel effektiver.
Sich auch körperlich auspowern
An Kindern ist es recht gut zu beobachten: Haben sie sich nachmittags ausgetobt und waren zum Spielen draußen, schlafen sie rasend schnell ein. Erwachsene könnten es genauso gut haben – aber wer kann sich schon noch draußen an der frischen Luft „müde spielen“? Weil das nicht so ohne weiteres möglich ist, sollte zumindest eine kleine Sporteinheit oder ein wenig Bewegung fest in den Tagesablauf eingeplant sein. Indem man sich sportlich betätigt, wird Stress abgebaut und man gewinnt wirklich Abstand zu seinen Problemen. Man verbraucht außerdem die bereitgestellte Energie. – Von der es besonders viel gibt, wenn man nur mehrmals am Tag Stress-Momente zu verkraften hatte. Denn die dann ausgeschütteten „Stress-Hormone“ wirken aufputschend. Und: Baut man diese Energien ab, stärkt man dadurch zusätzlich sein Immunsystem.
Medikamente als Störer
Wer seit über einem Monat mehr als drei Nächte pro Woche keinen durchgehenden, erholsamen Schlaf findet – und sich deshalb auch tagsüber müde und kraftlos fühlt, sollte diese Schlaflosigkeit unbedingt ärztlich abklären. So können durchaus Medikamente als Störfaktoren in Frage kommen. Aber auch Erkrankungen wie Herz- Kreislaufstörungen, hormonelle und neurologische Erkrankungen oder (ganz simpel) Bewegungsmangel können Schlaflosigkeit begünstigen. Überlegen Sie, ob Sie womöglich Medikamente der folgenden Wirkstoffgruppen einnehmen: Bluthochdruckmittel; Statine gegen Fettstoffwechselstörungen; Hormon- oder Schilddrüsenpräparate; Appetitzügler; Antriebssteigernde Antidepressiva; Psychopharmaka; Antihistamine; Koffeinhaltige Schmerz‑, Husten- oder Grippemittel. Natürlich müssen nicht in jedem Fall störende Nebenwirkungen auftreten, aber beraten Sie sich mit Ihrem Arzt, ob vielleicht ein anderer Einnahme-Zeitpunkt oder auch ein anderer Wirkstoff Ihren Schlafrhythmus wieder positiv beeinflussen kann.
Vorsicht Schlafmittel
Werden Schlafmittel regelmäßig – und über einen langen Zeitraum – eingenommen, kommt es zu einem unangenehmen „Gewöhnungseffekt“. Die Wirkung des Schlafmittels (in der ursprünglichen Dosierung) lässt nach und viele Betroffene erhöhen nun selbstständig ihre Dosis. Dies zeigt aber nicht die gewünschte Wirkung, weil der Körper verstärkt mit Unruhe und Wachheit reagiert. Auch plötzlicher Entzug hat diese Wirkung: Weil keine Dämpfung der Aktivität mehr eintritt, stellt das Gehirn auf besondere Wachheit und Aktivität um. Ohne Schlafmittel kann man nun gar nicht mehr einschlafen. Nebenwirkungen wie Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen, Unruhe (vor allem auch tagsüber) können damit einhergehen.
Schnarcher leben gefährlich
Wer neben einem Schnarcher schläft, wird mit Sicherheit mehrmals in der Nacht wach. Und muss schon recht duldsam (und unempfindlich) sein, um dennoch erholsamen Schlaf zu kriegen.
Aber auch Menschen, die schnarchen, stehen morgens oft nicht erholt auf. Denn viele haben eine schwerwiegende nächtliche Atmungsstörung – eine sogenannte Schlafapnoe. Dabei kommt es zu Atemstillständen, die oft auch der Bettnachbar wahrnimmt. Diese Apnoen sind gefährlich, weil durch den Atemstillstand der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt. Zudem steigt die Kohlendioxidkonzentration an. Es werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet – und dies hat schließlich auch Einfluss auf Herz und Kreislauf.
Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Partner in der Nacht des öfteren Atemstillstände hat, muss dies unbedingt ärztlich abgesichert werden. In einem Schlaflabor wird dann überprüft, ob die Atemaussetzer behandelt werden müssen – und ob die ausgeprägte Tagesmüdigkeit (die Menschen mit bis zu zehn Aussetzern pro Nacht in jedem Fall betrifft) mit den Apnoen zusammenhängen könnte.
Eine Nacht im Schlaflabor zu verbringen, kann auch für all die Menschen die richtige Lösung sein, die ihre Schlafstörungen über längere Zeit nicht in den Griff bekommen. Wenn einfache Einschlafhilfen nicht „greifen“ und auch Medikamente nicht wirklich helfen. Unter strenger Kontrolle wird im Schlaflabor erfasst, wie lange und wie tief Sie schlafen, wie oft Sie aufwachen, ob womöglich körperliche Ursachen hinter der Schlaflosigkeit stecken.
Gut zu wissen: In etwa zwei Dritteln aller Fälle helfen Entspannungsübungen und einfache Tipps zur Verhaltensänderung.
So wird es eine gute Nacht
Einfache Verhaltenstipps wirken vielfach Wunder. Sie auszuprobieren und zu verinnerlichen, kann auf keinen Fall schaden:
- Halten Sie sich strikt an feste Einschlaf- und Aufstehzeiten.
- Bleiben Sie morgens nicht länger liegen, wenn die Nacht schlecht war.
- Schauen Sie nachts nicht auf die Uhr
- Trinken Sie nachmittags keinen Kaffee mehr. Und lassen Sie eine zeitlang auch Tee, Cola und andere koffeinhaltige Getränke weg.
- Abends nicht mehr allzu üppig essen.
- Vermeiden Sie – um herauszubekommen, woher Ihre Schlafstörungen kommen – auch einmal Alkohol und Nikotin.
- Sorgen Sie für ein kühles (etwa 18 Grad warmes) Schlafzimmer, das gut belüftet und angenehm abgedunkelt ist. Beseitigen Sie störende Licht- und Geräuschquellen.
Bloß nicht grübeln
Wer kennt das nicht – man wird nachts wach, denkt an die unangenehme Besprechung am nächsten Tag – und kann nun nicht wieder einschlafen. Das Gedanken-Karussell dreht unaufhörlich seine Runden, der Kopf kann nicht wieder abschalten. Um diesen Teufelskreis zu beenden, kann es hilfreich sein, sich „Gedanken-Stopps“ aufzuerlegen. Ab sofort wird nur noch zu festgelegten Zeiten über Probleme nachgedacht: z.B. auf dem Heimweg von der Arbeit, beim Joggen im Park. Anschließend werden die Ideen sofort aufgeschrieben und Lösungen nach und nach abgearbeitet. Das schafft Struktur und beruhigt die Nerven.
Entspannung hilft
Wer angespannt ist und „unter Strom steht“, kommt meist schlecht zur Ruhe. Man wälzt Probleme hin und her, und findet daher kaum in den Schlaf. Sogar am eigenen Atem-Rhythmus kann man ablesen, wie ruhig oder unruhig man gerade ist: Je ruhiger und tiefer die Atmung, desto besser der Entspannungszustand. Um Schlafstörungen zu begegnen, sind Entspannungsübungen ausgesprochen hilfreich. Denn Körper und Geist werden durch die konzentrierte Beeinflussung des vegetativen Nervensystems gleichermaßen zur Ruhe gebracht. Wir lernen quasi zu
entspannen – und gleichzeitig legen wir uns eine Schutzschicht gegen Stress zu.
Wenn Sie zunächst einmal ausprobieren möchten, ob Ihnen Entspannungsübungen das Einschlafen erleichtern könnten, laden Sie sich doch mal eine Trainingseinheit auf Ihren MP3 Player. Sie finden diese unter www.tk.de, Webcode 49432 .
Was bewirken Autogenes Training oder Muskelentspannung?
- Stresssymptome werden verhindert, abgeschwächt oder sogar beseitigt.
- Die Belastbarkeit wird erhöht.
- Das Erregungsniveau/die gefühlte Stressbelastung werden gesenkt.
Wichtig zu wissen: Gehen Sie erst zu Bett, wenn Sie wirklich müde sind! Aus Vernunftgründen besonders früh das Abend-Ritual einzuläuten, macht wenig Sinn.
Weitere Informationen zu Schlafstörungen finden Sie hier:
Ein Schlaftest gibt Aufschluss darüber, ob Behandlungsbedürftigkeit besteht,
www.tk.de, Webcode 36596
Wichtige Details zu den verschiedenen Entspannungsmethoden
www.tk.de, Webcode 36170
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