War sie zunächst nur das Arbeitsgerät für die Profis im Wald, hat sich die Motorsäge mittlerweile als unverzichtbares Hilfsmittel in vielen Branchen und Privathaushalten etabliert. Leider werden dabei die Gefahren, die beim Umgang mit der Motorsäge auftreten, häufig übersehen oder ignoriert. Mithilfe von technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen lassen sich Unfälle jedoch vermeiden.
Peter Enders Bayerische Waldbauernschule Kelheim/Goldberg
Nicht jeder Unfall ist allein der Bedienerin oder dem Bediener zuzuschreiben. Bevor Beschäftigte eine Motorsäge bedienen, hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung für die infrage kommenden Tätigkeiten zu erstellen. Das ist eine zwingende Vorgabe gemäß dem Arbeitsschutzgesetz und der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) GUV-VA1 „Grundsätze der Prävention“. Die Gefährdungsbeurteilung ruht auf mehreren Säulen, die nur gemeinsam wirksamen Schutz versprechen. Unfallversicherungsträger und andere Institutionen stellen diverse Anleitungen und Hilfsmittel zur Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen zur Verfügung (siehe Kasten „Vorschriften und Regelwerk“).
In jeder Gefährdungsbeurteilung werden, ausgehend von übergeordneten Gefährdungsfaktoren, einzelne Risiken ermittelt, Schutzziele definiert und entsprechende Maßnahmen beschrieben. Konkret geht es darum, alle Gefährdungen, die beim Umgang mit der Motorsäge auftreten können, zu erkennen und zu benennen. Sehr häufig werden nur offensichtliche Gefahren beschrieben. Dazu gehört beispielsweise die Verletzungsgefahr durch die laufende Kette. Lärm und Vibrationen können jedoch genauso zu Schädigungen führen.
Viele Gefahren werden in der Regel nur erkannt, wenn der ganze Arbeitszyklus betrachtet und bewertet wird. So können bereits beim Transport oder Betanken Explosions- oder Brandgefahren durch das Kraftstoffgemisch bestehen. Sonderkraftstoffe sind Gefahrstoffe, für die ebenfalls eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen ist. Weitere Risiken können sich durch Witterungseinflüsse und den Einsatz in einem unübersichtlichen, rutschigen oder steilen Gelände ergeben. Organisationsmängel wie fehlende und ungenaue Arbeitsaufträge, unzureichende Ausbildung und Wartung oder veraltete Geräte bergen ebenso Risiken.
Diese Beispiele machen deutlich, welche Verantwortung Vorgesetzten obliegt, bevor überhaupt mit der Arbeit begonnen werden kann.
Aus der Gefährdungsermittlung müssen regelmäßig Maßnahmen zur Erreichung der Schutzziele abgeleitet werden. Eine Maßnahme ist beispielsweise die Erstellung einer Betriebsanweisung, in der alle Vorgaben, die beim Umgang mit der Motorsäge zu beachten sind, zusammengestellt werden. Vor Aufnahme der Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen − mindestens jährlich − sind dann die Arbeitnehmenden entsprechend zu unterweisen.
Vorgaben hierzu finden sich zum Beispiel in der UVV GUV‑V A1, in der Gefahrstoffverordnung, der Biostoffverordnung und derBetriebssicherheitsverordnung.
Anforderungen an die Beschäftigten
Das Regelwerk schreibt vor, dass nur geeignete und befähigte Personen mit der Motorsäge arbeiten dürfen. Betriebsärzte stellen die körperliche Eignung fest. Die erforderliche fachliche Eignung kann durch eine entsprechende Berufsausbildung oder durch Fortbildung erworben werden. Hinweise über den Mindestumfang der Fortbildung gibt beispielsweise die GUV-Information 8624 „Ausbildung – Arbeiten mit der Motorsäge“. Die Beschäftigten müssen die angeordneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr befolgen und ihrerseits durch umsichtiges Verhalten zum sicheren Arbeitsablauf beitragen.
Anforderungen an die technische Ausstattung
Hinzu kommt, dass die Ausstattung der Arbeitsmittel allen aktuellen Sicherheitsanforderungen zu genügen hat. Dies betrifft sowohl die Motorsäge (siehe Abb. oben) selbst als auch Werkzeuge, wie beispielsweise Keile, Äxte oder Fällheber. Maschinen, bei denen nicht alle Sicherheitseinrichtungen vorhanden sind, dürfen nicht zum Einsatz kommen und müssen ausgetauscht werden.
Vor jedem Einsatz sind der ordnungsgemäße Zustand und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen zu überprüfen. Darüber hinaus bedarf es einer regelmäßigen Wartung und Pflege der Motorsäge. Dabei sind die Angaben in der Bedienungsanleitung unbedingt zu beachten. Folgende Arbeitsschritte sind vor jedem Einsatz abzuhaken:
- Luftfilter/Vorfilter und Vergaserumgebung reinigen
- Kette überprüfen und gegebenenfalls schärfen und spannen
- Schwertnut mit Nutkratzer oder Druckluft reinigen, Öleintrittsbohrung beidseitig säubern, Grat entfernen, Stellprobe machen, Schwert beim Wiederauflegen wenden
- Entfernen von Harz und Sägemehl. Hierbei insbesondere die Kühlrippen, das Anwerfergehäuse sowie die Innenseite der Kettenradabdeckung reinigen
Anforderungen an die Persönliche Schutzausrüstung
Auch bei sicherheitstechnisch einwandfreien Motorsägen ist es nicht auszuschließen, dass es durch die Motorsäge selbst oder den Arbeitsgegenstand (Baum, Ast) zu vielfältigen Gefährdungen kommen kann. Deshalb muss der Betrieb persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen. Diese besteht bei Arbeiten mit der Motorsäge aus einem Schutzhelm mit Gesichts- und Gehörschutz, einer Arbeitsjacke, Arbeitshandschuhen, Sicherheitsschuhen und einer Schnittschutzhose (siehe Abb. linke Seite). Bei letzterer reduziert die im vorderen Bereich eingearbeitete Schnittschutzeinlage die Verletzungen nach Unfällen. Gerät die Kettensäge in Berührung mit der Hose, wickeln sich die langen, feinen und reißfesten Fäden der Schnittschutzeinlage sofort um das Antriebsrad der Motorsäge und bringen die Kette sogleich zum stehen.
Bei der Beschaffung von Schutzkleidung ist darauf zu achten, dass eine EG-Konformitätserklärung, eine CE-Kennzeichnung sowie die Kennzeichnung mit den gültigen EN-Normen vorliegen. Darüber hinaus bestätigt das Prüfzeichen des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF-Prüfzeichen) die getestete Gebrauchstauglichkeit für den jeweiligen Einsatzzweck. Arbeitsschuhe oder ‑stiefel müssen mit einer Schnittschutzeinlage ausgestattet sein. Die Beschäftigten sind verpflichtet, die persönliche Schutzausrüstung zu tragen und regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu prüfen. Beschädigte Schutzausrüstung ist umgehend auszutauschen, Helme spätestens nach vier Jahren.
Vorschriften und Regelwerk
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Gefahrstoffverordnung
- Biostoffverordnung
- Betriebssicherheitsverordnung
- Technische Regel für Betriebssicherheit 1111. Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung
- Unfallverhütungsvorschrift (DGUV Vorschrift 1) „Grundsätze der Prävention“
- GUV‑R 193 „Benutzung von Kopfschutz“
- GUV‑R 2114 „Waldarbeiten“
- GUV‑I 8624 „Ausbildung – Arbeiten mit der Motorsäge“
- GUV‑I 8700 „Gefährdungs- und Belastungs-Katalog. Beurteilung von Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz“
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