Die Anzahl der Gefahrstoffe, die in Betrieben Verwendung findet, ist vielfältig. Die Gefahren, die von diesen Stoffen ausgehen, sind es auch. Oftmals werden diese Gefahren jedoch trotz jährlicher Unterweisung unterschätzt. Schwere Unfälle und ernsthafte Verletzungen können die Folge sein.
Marc Eder Denios AG mae@denios.de
Um Sicherheits‑, Abfall‑, Gefahrgut- und Brandschutzbeauftragte in ihren Aufgaben zu unterstützen, haben die Fachleute von Denios einen Vortrag entwickelt, der den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hilft, sicher mit Gefahrstoffen umzugehen. In kleinen, aber durchaus beeindruckenden Experimenten werden die Auswirkungen von falscher Handhabung der Gefahrstoffe demonstriert und mit Beispielen aus der betrieblichen Praxis belegt. Gleichzeitig wird gezeigt, wie einfach es oft ist, schwere Unfälle im Umgang mit Gefahrstoffen zu vermeiden.
Wie erkenne ich Gefahrstoffe?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Gefahrstoffe zu erkennen. Bei vielen Gebinden ist die Verpackung bereits mit einer entsprechenden Kennzeichnung versehen. Allerdings ist diese Kennzeichnung nur teilweise aussagekräftig. Das allgemein bekannte „Flammensymbol“ zeigt zwar an, dass man mit einem entzündbaren Stoff arbeitet, es zeigt jedoch nur bedingt die spezifischen Daten des Stoffes. Genauere Angaben wie zum Beispiel Flammpunkt, Zündtemperatur oder allgemeine Hinweise zur Lagerung und zur persönlichen Schutzausrüstung findet man nur im dazugehörigen Sicherheitsdatenblatt.
Jeder, der mit Gefahrstoffen arbeitet, sollte um die Eigenschaften des verwendeten Stoffes wissen. Denn nur, wenn man Gefahren erkennt, kann man sie auch wirksam vermeiden.
Neue Symbole – warum?
Mit der Einführung der EG-GHS_VO (GHS = Globally Harmonised System Of Classification And Labeling Of Chemicals) gab es eine Änderung der Symbole, mit denen Gefahrstoffe gekennzeichnet sind. Diese neuen Symbole ersetzen seit dem 1. Dezember 2010 bei Reinstoffen verbindlich die alten Symbole. Da für Stoffgemische eine Übergangsfrist besteht, sind diese Stoffe nach EG-GHS_VO vom 1. Dezember 2010 bis 1. Juni 2015 nach dem alten UND neuen System einzustufen (Kap. 2 SDB), jedoch nach GHS zu kennzeichnen.
Wie kommt es zum Brand?
Um einen Brand zu verursachen, müssen gewisse Bedingungen erfüllt werden. Diese Bedingungen werden durch das Verbrennungsdreieck beschrieben:
- Brennbarer Stoff (Stäube, Gase, entzündbare Flüssigkeiten, Feststoffe)
- Sauerstoff (die vorhandenen 21% in unserer Atmosphäre sind ausreichend)
- Zündquelle (Funken, Umgebungstemperatur, heiße Oberflächen, offene Flammen)
Wichtig: Nur wenn das Mischungsverhältnis der oben beschriebenen Komponenten im richtigen Verhältnis zueinander steht, entsteht ein Brand.
Weitere Kenngrößen
Wenn man einen Gefahrstoff anhand der Daten im Sicherheitsdatenblatt bewerten möchte, stößt man unweigerlich auf die Begriffe „Flammpunkt“ und „Zündtemperatur“. Doch was bedeuten diese Begriffe?
Flammpunkt
Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur, bezogen auf einen Druck von 101,325 kPa, bei der sich unter den bei der Prüfmethode angegebenen Bedingungen aus einer Flüssigkeit Dämpfe in einer solchen Menge entwickeln, dass sich im Tiegel ein durch Fremdzündung entflammbares Dampf-Luft-Gemisch bildet.
Zündtemperatur
Die Zündtemperatur ist die niedrigste Temperatur (einer heißen Oberfläche), bei der die Entzündung eines brennbaren Gases oder Dampfes im Gemisch mit Luft auftritt. Sie stellt ein Maß für die Selbstentzündlichkeit dar.
Gefahrenpotenziale im betrieblichen Alltag
Im betrieblichen Alltag stößt man täglich auf die unterschiedlichsten Gefahren im Umgang mit Gefahrstoffen. Auch wenn man sich der Definitionen der unterschiedlichen Kenngrößen bewusst ist, kann der Alltag durch ganz gewöhnliche Situationen schnell gefährlich werden. So kann es vorkommen, dass ein brennbarer Stoff bei Kontakt mit einer Zündquelle nicht brennt oder ein nicht brennbarer Stoff plötzlich zu brennen beginnt.
Brennbarer Stoff nicht brennbar
Sprüht man einen entzündbaren Stoff mit einer Sprühdose direkt in eine Zündquelle, dann entsteht eine Stichflamme. Durch das Zerstäuben vergrößert sich die Oberfläche, die Oxidationsfähigkeit erhöht sich und bei Kontakt mit der Zündquelle entzündet sich der Stoff. Manipuliert man das Mischverhältnis des Stoffes (z.B. durch Aufstecken einer Sprühlanze auf den Sprühkopf), ist das Mischverhältnis zu mager und der Stoff wird beim Durchsprühen durch die Zündquelle nicht entzündet.
Ein vermeintlich nicht brennbarer Stoff
Stahlwolle wird in vielen Betrieben eingesetzt. Schon aufgrund ihres Namens gehen viele Anwender davon aus, dass Stahlwolle nicht brennt. Dieser Irrglaube kann allerdings sehr schnell zu einem Brand führen, wenn mit ihr falsch umgegangen wird. Schon der Kontakt mit einer 9V-Blockbatterie kann ausreichen, um die Stahlwolle zu entzünden. Wenn die Stahlwolle den Kontakt zwischen den Batterien schließt, kann ein Funke entstehen und Strom fließt (Kurzschluss!). Der fließende Strom erhitzt die Stahlwolle und es entsteht ein Brand.
Entzündbare Dämpfe – Brandgefahr
Entzündbare Dämpfe können bei brennbaren Flüssigkeiten entstehen. Diese Dämpfe sind IMMER schwerer als Luft und sinken daher zu Boden. Treffen sie dort auf eine Zündquelle, kommt es zu einer Entzündung und die Flamme wandert über Dämpfe zurück zum Ursprungsort. Daher ist es wichtig, Behältnisse mit entzündbaren Flüssigkeiten stets fest verschlossen zu halten, um eine Ausbreitung der entzündbaren Dämpfe zu vermeiden. Zündquellen müssen in Bereichen, in denen entzündbare Dämpfe auftreten, stets vermieden werden.
Entzündbare Flüssigkeiten – Explosionsgefahr
Sobald bei Flüssigkeiten entzündbare Dämpfe entstehen, ist es nicht mehr weit zu einer explosionsfähigen Atmosphäre. Diese setzt sich aus dem richtigen Mischverhältnis zwischen den Dämpfen einer brennbaren Flüssigkeit und Sauerstoff zusammen. Fügt man nun noch eine Zündquelle hinzu, kommt es unter diesen Voraussetzungen zur Explosion. Meist sind solche Bereiche, in denen eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann, mit einem gelben Dreieck und der Bezeichnung „EX“ in der Mitte gekennzeichnet. In diesen Bereichen sind Zündquellen unter allen Umständen zu vermeiden.
Technische Gase
Die Verwendung von technischen Gasen in der Industrie ist vielfältig. Zwei der am meisten verbreiteten technischen Gase sind Acetylen und Sauerstoff (Schweißgase). Auch hier ist äußerste Vorsicht im Umgang mit diesen technischen Gasen geboten. Wenn das Mischverhältnis zwischen Acetylen und Sauerstoff stimmt, kann eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen, die bei Kontakt mit einer Zündquelle explodieren kann. Hier reichen auch schon kleine Mengen aus, um schwere Unfälle zu verursachen.
Fazit
Aufgrund der Vielfalt der Gefahrstoffe in der Industrie sind auch die Gefahren vielfältig. Obwohl zahlreiche Vorschriften für den Umgang mit Gefahrstoffen existieren, passieren trotzdem schwere Unfälle. Deshalb ist es wichtig, die Mitarbeiter regelmäßig im Umgang mit Gefahrstoffen zu unterweisen, sie für die Gefahren zu sensibilisieren und an ihre Eigenverantwortung zu appellieren. Denn nur wer die Gefahr erkennt, kann sie auch vermeiden.
Literatur
- Anhang V zur RL /67/548/EWG – „Methoden zur Bestimmung der physikalisch chemischen Eigenschaften“ – A.9. Flammpunkt
- www.bgbau.de/gisbau/lehrgang/a‑z/9_2_zuend.htm
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