Die Beschäftigten bei archäologischen Ausgrabungen sind Wind und Wetter ausgesetzt, durch möglichen Einsturz von Gruben sowie biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe gefährdet. Belastungen, Gefahren und Maßnahmen dagegen erläutert eine Informationsschrift der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen.
Mit dem Begriff der archäologischen Ausgrabung werden sogleich Assoziationen mit römischen Hafenanlagen, griechischen Tempeln, ägyptischen Pyramiden und sagenhaften Schätzen geweckt.
Die Vielzahl der Funde bei archäologischen Ausgrabungen sind jedoch aus Sicht der Nicht-Fachwelt weit weniger spektakulär. Sie müssen häufig unter großem Zeitdruck und mit geringen personellen und finanziellen Ressourcen so gut wie möglich wissenschaftlich untersucht, dokumentiert und gegebenenfalls geborgen werden, um sie vor der unwiederbringlichen Zerstörung, zum Beispiel durch neugebaute Tiefgaragen und Straßen sowie fortschreitenden Kies- und Kohleabbau, für jetzige und folgende Generationen zu bewahren.
Hierbei sind die Beschäftigten auf Grabungen der ganzen Bandbreite möglicher Gefährdungen und Belastungen, von der Witterung über den möglichen Einsturz von Gruben und Gräben bis zum Umgang mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen, ausgesetzt. Maßnahmen sowie bewährte Methoden aus der archäologischen Praxis zur Vermeidung der genannten und weiterer Gefährdungen und Belastungen nennt eine neue Informationsschrift der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen mit dem Titel „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auf archäologischen Ausgrabungen“. Sie bietet den Beschäftigten auf Grabungen eine nach Themengebieten geordnete Handlungsanleitung für die sichere Ausführung von Ausgrabungsarbeiten. Führungskräfte, wie Amtsleiterinnen und Amtsleiter, Kulturdienststellenleiterinnen und Kulturdienststellenleiter, Grabungsleiterinnen und Grabungsleiter, Archäologinnen und Archäologen sowie Grabungstechnikerinnen und Grabungstechniker können mit Hilfe dieser Information ihre Verantwortung und Aufgaben im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht für die Beschäftigten auf der Grabung erkennen und notwendige Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ableiten.
Die Informationsschrift kann unter
www.unfallkasse-nrw.de im Bereich „Medien“ als pdf-Dokument heruntergeladen werden.
Interview Im schlimmsten Fall stürzen Grabenwände oder Mauern ein
Leider kam es in der Vergangenheit bei archäologischen Grabungen auch zu Todesfällen. Über die besonderen Gefährdungen und wie ihnen begegnet werden kann sprach „Sicherheitsbeauftragter“ mit Andreas Krieger, Abteilung Kultur und Verwaltung der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen (UK NRW).
Was sind die Hauptgefährdungen bei archäologischen Ausgrabungen?
Zur Ermittlung der Hauptgefährdungen auf archäologischen Ausgrabungen muss das mit diesen verbundene Risiko, welches als das Produkt der Wahrscheinlichkeit eines Körperschadens und dem Schadensausmaß definiert ist, ermittelt werden. Der Einsturz einer Grabenwand oder einer Mauer kann im schlimmsten Fall für den Verschütteten beziehungsweise darunter Begrabenen tödlich sein. Dass dies leider immer wieder passiert, zeigen Unfälle in Leipzig und Salzburg, bei denen Beschäftigte auf der Grabung zu Tode gekommen sind. Häufige Unfälle auf Grabungen sind das Stolpern, Umknicken und Stürzen auf den unebenen Grabungsflächen mit Verstauchungen, Prellungen und Brüchen.
Wird Arbeits- und Gesundheitsschutz bei archäologischen Ausgrabungen in der Praxis und von den Verantwortlichen ausreichend berücksichtigt?
Das Bewusstsein für den Arbeits- und Gesundheitsschutz bei archäologischen Ausgrabungen ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Insbesondere die früher häufig vernachlässigten Prüfungen der Arbeitsmittel, die Qualifizierung von Beschäftigten für die Bedienung besonderer Maschinen und Geräte sowie die regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei archäologischen Ausgrabungen sind mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Die vorhandenen Gefährdungen und Belastungen werden von den verantwortlichen Grabungsleitern im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt und bewertet sowie Maßnahmen zu deren Beseitigung beziehungsweise Reduzierung auf ein akzeptables Restrisiko festgelegt und umgesetzt.
Auch die Baustellenverordnung mit einem vom Bauherrn einzusetzenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator hat bei großen archäologischen Ausgrabungen zu einer Verbesserung der Koordination von Ausgrabungsarbeiten und anderen Bauarbeiten auf dem Gelände beigetragen und damit zu einer Reduzierung gegenseitiger Gefährdung.
Falls es doch noch Defizite gibt, worin bestehen sie am häufigsten?
Defizite im Arbeits- und Gesundheitsschutz bestehen immer dann, wenn aufgrund von Einsparungen notwendige Ausrüstung und Materialen zur Gewährleistung der Sicherheit nicht beschafft oder in mangelhafter Qualität beschafft werden. Beispielsweise trägt die Beschaffung hochwertiger Wetterschutzkleidung erheblich zur Gesunderhaltung der Beschäftigten bei, die nicht nur bei schönem Wetter und 20 °C auf der Ausgrabung sind. Auch lassen sich Grabungswerkzeuge und Funde in einem Wagen mit Ladefläche und geeigneten Vorrichtungen zur Ladungssicherung wesentlich sicherer transportieren als in einem Kleinbus ohne derartige Ausstattung.
Was kann noch getan werden?
Aus meiner Sicht muss der Arbeits- und Gesundheitsschutz noch verstärkt in die betrieblichen Abläufe, insbesondere in die Beschaffung, in die Bauunterhaltung, in die Qualifikation der Führungskräfte und in die regelmäßige Fortbildung aller Beschäftigten auf der Grabung integriert werden. Eine hilfreiche Übersicht, was alles dazugehört, finden Sie hierzu auch in der Informationsschrift „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz bei archäologischen Ausgrabungen“ im Anhang 1. (siehe linke Seite). Hilfreich ist auch der Besuch unserer Seminare zur „Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz bei archäologischen Ausgrabungen“, in welchen die grundlegenden Maßnahmen zur sicheren Organisation von Grabungen und typische Gefährdungen und Belastungen sowie mögliche Schutzmaßnahmen zu deren Beseitigung beziehungsweise Reduzierung thematisiert werden.
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