In einer Schule lernen und arbeiten hunderte Menschen. Damit alles reibungs- los und sicher läuft und alle gesund bleiben, gibt es einiges zu beachten. Verantwortlich dafür sind das Schulverwaltungsamt und die Schulleitung. Unterstützt werden sie von Sicherheitsbeauftragten.
Bettina Brucker
Ein Gymnasium in Frankfurt. Knapp 700 Schülerinnen und Schüler und 65 Lehrerinnen und Lehrer. Kurz vor acht Uhr wuselt es in den Treppenhäusern und Fluren. Ein Schüler stürzt auf der Außentreppe. Zum Glück nur eine Platzwunde am Knie und ein paar blaue Flecken. Doch was war die Ursache? Unachtsamkeit und Übermut oder ist der Treppenbelag beschädigt?
Sicherheitsfragen stellen sich an jeder Arbeitsstelle. In einer Schule sind das andere als in einem Handwerksbetrieb oder Krankenhaus. Die Tätigkeitsfelder in einer Schule betreffen einerseits die Verwaltung und andererseits den Schulbetrieb, also die Klassenräume, naturwissenschaftlichen Räume wie Chemie‑, Biologie- und Physiksaal, Sporthallen und ‑plätze, die Sanitärräume, die Mensa oder die kleine Werkstatt des Hausmeisters.
Für die Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes sind sowohl das Schulverwaltungsamt als auch die Schulleitung verantwortlich. Sie müssen dafür sorgen, dass die Beschäftigten, aber auch die Schülerinnen und Schüler vor Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren geschützt sind und dass im Notfall die erste Hilfe sichergestellt ist.
Nach §22 SGB VII muss jedes Unternehmen ab einer bestimmten Anzahl an Mitarbeitern einen Sicherheitsbeauftragten stellen. Dieser §22 gilt auch für Schulen. Für den äußeren Schulbereich – gemeint sind unter anderem die Gebäude und Außenanlagen – bestellt das Schulverwaltungsamt schriftlich einen Sicherheitsbeauftragten. Meist ist das der Hausmeister der Schule. Er meldet als Sicherheitsbeauftragter alle baulichen und technischen Sicherheitsmängel an die Schulleitung weiter. Kleinere Mängel beseitigt er in der Funktion als Hausmeister selbstständig, da Wartung und Pflege des Schulgebäudes und der Einrichtung zu seinen Dienstaufgaben gehören. Außerdem unterstützt er die Schulleitung bei der Information des nichtpädagogischen Personals zu sicherheits- und gesundheitsrelevanten Themen.
Für den so genannten inneren Schulbereich ist die Schulleitung Hoheitsträger. Die Schulleiterin beziehungsweise der Schulleiter bestellt für diesen Bereich, ebenfalls schriftlich, einen weiteren Sicherheitsbeauftragten. Das ist meist eine Lehrkraft der Schule. Eine der Hauptaufgaben dieser sicherheitsbeauftragten Lehrkraft ist es, die Schulleitung bei der Prävention und Gesundheitsförderung zu unterstützen und die Kolleginnen und Kollegen zum sicherheitsgerechten Handeln und gesundheitsbewussten Verhalten zu motivieren. Zudem wirbt sie auch bei den Schülerinnen und Schülern für Sicherheit und Gesundheit.
Sicherheitsbeauftragte gehören nicht zu den unmittelbaren Führungskräften. Sie arbeiten ehernamtlich und freiwillig. Sie werden in ihre Arbeit beziehungsweise Aufgaben eingewiesen. Sie haben eine beratende Funktion und sind weder aufsichts- noch weisungsbefugt. Sie haben keinerlei Verantwortung. Deshalb kann auch der Schulleiter als verantwortliche Führungskraft nicht zugleich Sicherheitsbeauftragter sein.
Hier mischt sich die sicherheitsbeauftragte Lehrkraft ein
Ende Juli „stolpert“ Katja R. im Korridor vor dem Lehrerzimmer über Campingtische, Liegestühle und aufblasbare Planschbecken. Jedes Jahr bringen die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler Gegenstände mit, damit der Schulhof für das Sommerfest zur Urlaubs-Oase umgestaltet werden kann. Doch im Korridor dürfen sie nicht gelagert werden, denn der ist auch Fluchtweg. Katja R. spricht deshalb in ihrer Funktion als Sicherheitsbeauftragte das Thema noch vor Unterrichtsbeginn im Lehrerzimmer an. Gemeinsam wird eine Lagermöglichkeit bestimmt. Zwei Kollegen und zwei Schüler räumen die Gegenstände unverzüglich dorthin. Katja R. macht außerdem eine Durchsage und informiert alle über diese Sicherheitsmaßnahme.
Sicherheitsbeauftragte Lehrkräfte sollten …
- die Schulleitung in den Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes unterstützen,
- ständige Ansprechpartner für Kolleginnen und Kollegen zu Sicherheits- und Gesundheitsfragen sein,
- an den sicherheitstechnischen Überprüfungen, Begehungen und Beratungen teilnehmen, die durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Aufsichtspersonen des Unfallversicherungsträgers oder der staatlichen Gewerbeaufsicht an der Schule stattfinden,
- regelmäßig Kontrollgänge auf dem Schulgelände und im Schulgebäude durchführen,
- Mängel, die zur Gefährdung führen können, der Schulleitung melden,
- Erste-Hilfe-Material prüfen,
- Feuerlöscher kontrollieren,
- Vorschläge machen, wie Sicherheitsmängel behoben werden können,
- Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaften aushängen,
- Laufwege für Veranstaltungen und Elternsprechstunden festlegen und kennzeichnen,
- Rettungswege regelmäßig überprüfen,
- Kenntnis von allen Unfallmeldungen nehmen,
- eine Unfallstatistik führen, um Unfallschwerpunkte und ‑ursachen erkennen zu können,
- zusammen mit der Schulleitung die Ursachen von Schülerunfällen ermitteln,
- Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen anregen,
- Lehrkräfte über Maßnahmen der Unfallverhütung und Sicherheitserziehung informieren,
- alle im Umfeld der Schule erreichbaren Hilfseinrichtungen, Krankenhäuser, Ärzte und Ordnungskräfte listen,
- beim Aufbau eines Schulsanitätsdienstes mithelfen,
- auf partnerschaftlicher Ebene mit den Kolleginnen und Kollegen Sicherheitsprobleme besprechen.
- sich einmischen und gefährliche Situationen mit Kolleginnen und Kollegen und Schülerinnen und Schülern besprechen und
- schulische Projekte und Maßnahmen zur Sicherheits- und Gesundheitsförderung initiieren und/oder organisieren.
Sicherheitsbeauftragte weisen stets höflich und sachlich auf eine Unfallgefahr hin, überlegen gemeinsam mit den Kol-leginnen und Kollegen oder den Schülerinnen und Schülern eine Lösung oder bitten konkret um die Beseitigung der Gefahr.
Persönliche Voraussetzungen
Daniel H. ist seit fünf Jahren Sicherheitsbeauftragter an einer Gesamtschule in Essen. Als Sportlehrer weiß er, wie wichtig es ist, dass der Barren, die Hochsprungmatte oder die Turnbänke in einem einwandfreien Zustand sind. Seine Erste-Hilfe-Kenntnisse frischt er regelmäßig auf. Doch er weiß auch, dass sich seine Kolleginnen und Kollegen bereits überfordert fühlen, wenn sie bei den Bundesjugendspielen eine Station betreuen sollen. So spricht er jedes Jahr gezielt die an, die das schon einmal gemacht haben und lässt sie mit einem Neuling zusammenarbeiten. Mit Flyern und im persönlichen Gespräch informiert er sie über ihre Aufgaben und die Sicherheitsaspekte.
Sicherheitsbeauftragter sollte eine Lehrkraft sein, die…
- Berufserfahrung hat,
- als Vollzeitkraft an der Schule beschäftigt ist,
- Sozialkompetenz und Fingerspitzengefühl besitzt,
- guten Kontakt sowohl zu Kollegen als auch zur Schulleitung hat,
- durch die Ausbildung besonders geeignet ist (z. B. Sport- oder Techniklehrer),
- ein ausgeprägtes Interesse an Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit hat und
- bereit ist, die Aufgabe für mehrere Jahre zu übernehmen.
Ist die Schule groß und werden mehrere Sicherheitsbeauftragte bestellt, empfiehlt es sich, diese aus unterschiedlichen Fachbereichen zu wählen. In der schriftlichen Bestellung sollte die inhaltliche, räumliche und gegenständliche Zuständigkeit festgeschrieben sein. Diese Abgrenzung ist auch empfehlenswert gegenüber Beauftragten für andere Bereiche wie etwa dem Gefahrstoffbeauftragten.
Jeder sollte sie kennen
Auf die Frage: „Wer ist denn an Ihrer Schule Sicherheitsbeauftragter?“, guckt so manche Lehrerin/mancher Lehrer verdutzt. „Keine Ahnung. Haben wir nicht, oder?!“
Damit alle wissen, wer sicherheitsbeauftragte Lehrkraft ist, was deren Aufgaben ist und welche Stellung sie hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten, darüber zu informieren. Dies sind:
- Vorstellung und offizielle Einführung bei der Gesamtlehrerkonferenz,
- Bekanntgabe bei Dienstbesprechungen sowie in der Versammlung der Schülervertretung,
- Aushang am Schwarzen Brett mit Name, Kontaktmöglichkeit und Sprechzeiten,
- Bekanntgabe auf der Homepage der Schule und im Intranet,
- Rundschreiben an die Lehrer/-innen,
- Vorstellung in der Schul-/Schülerzeitung.
Gute Bedingungen für eine erfolgreiche Arbeit
Die Schulleitung sollte voll und ganz hinter der sicherheitsbeauftragten Lehrkraft stehen. Und das Lehrerkollegium sollte sich einig sein, wie Sicherheit in der Schule praktiziert werden soll. Außerdem sollte die/der Sicherheitsbeauftragte …
- von der Lehrerkonferenz gewählt werden,
- regelmäßig fachspezifische und fächerübergreifende Fortbildungs‑, Informationsveranstaltungen oder Seminare z. B. der Unfallkasse oder Berufsgenossenschaft besuchen,
- bei der Gefährdungsbeurteilung mit einbezogen werden,
- zu allen Räumen der Schule Zutritt erhalten,
- ausreichend Zeit für die Arbeit zur Verfügungen haben, am besten durch die Ermäßigung einer Wochenstunde,
- von einer Schülerin/einem Schüler unterstützt werden.
- für die Teilnahme an Besichtigungen und Beratungen vom Unterricht freigestellt werden und
- in einen Arbeitskreis für Arbeits- und Gesundheitsschutz eingebunden sein, in dem sich Sicherheitsbeauftragte, Gefahrstoffbeauftragte, Strahlenschutzbeauftragte und Ersthelfer austauschen.
Sicherheits- und Gesundheitsthemen für eine Lehrerkonferenz
Für die Arbeit der mit der Sicherheit beauftragten Lehrkraft ist es hilfreich, wenn zunächst Sicherheits- und Gesundheitsthemen gesammelt werden, die für den schulischen Alltag relevant sind. Anschließend sollte gleich auch noch festgelegt werden, welche davon besonders wichtig und dringend sind. Zu dem einen oder anderen Thema kann dann der/die Sicherheitsbeauftragte in einer Lehrerkonferenz informieren.
Organisatorische Maßnahmen
-
- Ordnung in den Arbeitsbereichen,
- Lagerung von Chemikalien und Gefahrstoffen,
- Flucht- und Rettungswege,
- Umgang mit defekten Arbeitsmitteln,
- …
Verhalten bei Notfällen
-
- Verhalten bei einem Unfall innerhalb der Schule oder bei einem Ausflug,
- Brandschutzübungen,
- …
Psychische Gesundheit
-
- Entspannende Pausengestaltung,
- hoher Lärmpegel im Klassenraum,
- Belastungen durch den Umgang mit aggressiven Eltern,
- Beanspruchung durch das Verhalten schwieriger Schüler/-innen,
- …
Weitere Informationen …
… gibt es unter anderem
-
- über das Infoportal Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrkräfte in Baden-Württemberg unter www.arbeitsschutz-schule-bw.de,
- beim Bildungsserver Berlin-Brandburg unter www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de,
- bei der Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg unter www.schulrechthamburg.de
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