Arbeitssicherheit im Rampenlicht? Die Mitarbeiter als ihre Fans? Das ist eine lohnende Sache. Denn es gibt für den Bereich Arbeitssicherheit eine Menge Ver- und Gebote. Aber erst, wenn sie in der Praxis umgesetzt werden, können sie den Menschen und dessen Gesundheit schützen. Lesen Sie, wie man Mitarbeiter zum Mitmachen motiviert.
Bettina Brucker
Verbote und Gebote scheinen unser Leben in erster Linie einzuschränken. Deshalb ignorieren wir sie gerne, lehnen uns dagegen auf oder missachten Regeln. Hilfsmittel und Schutzausrüstungen, die zusätzlich für Sicherheit sorgen sollen, werden als überflüssig angesehen, schließlich „ist doch nie etwas passiert“. Doch es geht auch anders.
Stefan M. hat lange auf sein Cabriolet gespart. Im Frühjahr holt er es aus der Garage und los geht’s. Aufgemotzt hat er den sportlichen Flitzer mit breiten Felgen, einem massiven Überrollbügel und Schalensitzen mit Hosenträgergurten. Sein Chef wünscht sich, Stefan würde seine persönliche Schutzausrüstung als Dachdecker so selbstverständlich anlegen wie die Gurte in seinem Auto.
Britta K. ist begeisterte Mountainbikerin. Im Winter rast sie die Skipisten herunter. Mit ihrer kunststoffgepanzerten Ausrüstung sieht sie ein bisschen aus wie Lara Croft. Doch wenn schon sicher, dann auch cool. Das war für sie die Bedingung. Bei der Arbeit als Gärtnerin ist sie oft weniger achtsam. Die Sicherheitsschuhe und ‑handschuhe sind zwar bei vielen Tätigkeiten Pflicht und bei Baumschnittarbeiten muss sie zusätzlich einen Helm tragen. Doch die Ausrüstung findet sie unbequem und ihr gefallen die Farben nicht.
Wenn es um die persönliche Schutzausrüstung (PSA) der Mitarbeiter geht, sollte man diese bei der Auswahl mitentscheiden lassen. Die meisten Produkte gibt es in verschiedenen Ausführungen und Farben. Vor allem jüngeren Mitarbeitern ist ihr Aussehen wichtig, auch bei der Arbeit.
Auch „alte Hasen“ einbeziehen
Wer schon lange mit dabei ist, dem sind die Sicherheitsvorschriften in Mark und Bein übergegangen. Jährliche Schulungen? Da winken die „alten Hasen“ gerne ab. Das kennen sie doch alles schon, das ist verschwendete Zeit. Hier hilft es vor allem, mit immer neuem Schulungsmaterial, mit externen Experten oder direkt vor Ort die Schulungen durchzuführen. Legt man den Schwerpunkt dabei auf praktische Übungen, können die erfahrenen Mitarbeiter den Jüngeren noch etwas vormachen. Das fördert den gesunden Ehrgeiz. Und wenn dies Ansporn für eine sicherheitsbewusste Verhaltensänderung ist, hat sich die Schulung auf alle Fälle gelohnt.
Man begeistert sich nur für etwas, das Spaß macht oder von dem man sich einen Gewinn verspricht. Im Privaten begeistern sich die Leute zum Beispiel für Fußball, Motorsport oder Musik. Ihre Begeisterung wirkt meist ansteckend. Das liegt an folgenden Faktoren, wie die Tabelle unten aufzeigt.
Sicherheits- und Gesundheitstage
Ein Sicherheits- oder Gesundheitstag macht allen Spaß. Thema kann zum Beispiel ein Fahrertraining für Auto- oder Fahrradfahrer sein.
Gut in Erinnerung bleibt die Aktion, wenn es noch etwas zum Mitnehmen gibt, etwa eine ADAC-Rettungskarte oder einen Eiskratzer für die Autofahrer. Für die Radler bietet sich eine Sicherheitsweste in Signalfarbe an, die es im Handel bereits für einen Euro gibt. Doch geht es bei den Geschenken sowieso nicht um den Preis, sondern um die Geste und den „Anker“. Anker meint in diesem Falle die Erinnerung an das Sicherheitsthema, die mit dem Gegenstand verknüpft ist.
Begeistern können auch immer wieder Sicherheitswettbewerbe wie beispielsweise Geschicklichkeitsübungen mit dem Stapler. Mit ein bisschen Fantasie lässt sich auch über trockene Themen ansprechend informieren.
Jeder Mitarbeiter ist anders
Ob in einem technischen Beruf, Gesundheitsberuf oder im Büro: Die Mitarbeiter interessieren sich berufsbedingt für unterschiedliche Themen und gehen Aufgaben anders an. Wer die berufsspezifischen Eigenarten berücksichtigt, kann auch bei Sicherheitsthemen begeistern.
Einen Handwerker oder Techniker fasziniert beispielsweise das Video, in dem eine Melone beim Fall aus der Höhe zerplatzt, während sie – mit einem Helm geschützt – unversehrt bleibt. Er kombiniert aus dem Gesehenen und leitet die entsprechende Schlussfolgerung für sich ab. Mit solchen Filmen kann man also gut für das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung sensibilisieren.
Positiv formulieren
Bei Anweisungen sollte immer der positive Gesundheitsaspekt im Vordergrund stehen. Sagt man zu einem Pfleger: „Wenn du auf die Hebetechnik verzichtest, kannst du im schlimmsten Fall einen Bandscheibenvorfall bekommen“, speichert sein Gehirn: Hebetechnik – Bandscheibenvorfall. Deshalb sollte die Formulierung besser lauten: „Wenn du das so machst, schont das deinen Rücken und du fühlst dich abends fitter.“ Als Verknüpfung bleibt dann in der Erinnerung: Hebetechnik – Rücken schonend – fitter.
Praxisnah und ideales Schulungsmaterial für Bürobeschäftigte können Checklisten und Broschüren sein. Damit können sie selbständig den Sicherheitsfaktor am eigenen Bürostuhl oder Computer überprüfen und möglichen Handlungsbedarf aufdecken. Gibt es noch ein paar passende Tipps dazu, kann das ein Anreiz sein, sich wieder einmal um die eigene Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu kümmern.
Sicherheit muss also kein langweiliges Thema sein. Ganz im Gegenteil: Mit Kreativität lassen sich auch trockene Themen vermitteln. Der Sicherheitsbeauftragte kann dazu immer wieder neue Ideen einbringen. Er kennt seine Kollegen am besten und weiß, wie sie „ticken“.
Emotionen wecken
Dass Sicherheit begeistern kann, zeigt sich auch immer wieder beim Tag der offenen Tür von Polizei und Feuerwehr. Nicht nur die Schadensbekämpfung und Rettungsaktionen lassen die Besucher aufmerksam zuhören und Fragen stellen. Auch präventive Maßnahmen werden stets mit großem Interesse beachtet, ob es um Rauchmelder oder Einbruchsicherungen geht.
Das Konzept solcher Aktionstage lässt sich auch auf Sicherheitstage im eigenen Unternehmen übertragen. – Begeisterung ist eine emotionale Sache. Mit Show-Einlagen lässt sich persönliche Betroffenheit erzeugen. Der Feuerwehr gelingt das unter anderem mit Löschvorführungen an brennenden Weihnachtsbäumen, Bratpfannen oder Autos.
Die Polizei dagegen knackt Fenster und Türen oder betätigt sich unter dem Publikum als Taschendiebe. Das erregt Aufmerksamkeit. Die Zuschauer sind neugierig, wollen wissen, wie es weitergeht bzw. wie man sich vor solchen Ereignissen schützen kann. Als besonderer „Anker“, damit Informationen und neues Wissen hängen bleiben, bieten sich dann noch Mitmach-Aktionen an. So darf man bei der Feuerwehr z. B. mit der Drehleiter hoch hinaus oder bei der Polizei mit Blaulicht und Signal über den Hof fahren.
Ein Sicherheitstag im Unternehmen sollte wie bei den Profis ablaufen:
- Mit einer actionreichen Show neugierig machen.
- Den Präventionsgedanken dahinter und die möglichen Sicherheitsmaßnahmen dazu vermitteln.
- Durch eine Mitmach-Aktion das Sicherheitsthema des Tages mit einer positiven, emotionalen Erinnerung verknüpfen.
Profis zeigen, wie’s geht
Auf Messen zu Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit kann man die tollsten Shows erleben: Theatertrupps, die Arbeitsunfälle nachstellen, Kletter- und Seilkünstler, die sich vom Hallendach abseilen, Stuntmen und ‑frauen mit atemberaubenden Aktionen. Diese Künstler kann man meist auch fürs Unternehmen buchen. In größeren Städten gibt es dazu weitere Angebote.
Auch Organisationen wie die Bergwacht, das Technische Hilfswerk (THW) oder die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) bieten faszinierende Einblicke. Mit zum Teil spektakulären Aktionen begeistern sie für ihre Retteraufgaben und die Sicherheit allgemein. Damit ein aufsehenerregendes Programm finanziell machbar ist, können sich mehrere Betriebe für einen Sicherheitstag zusammenschließen. Auch die Innungen oder Kammern können solch einen Tag organisieren.
Die Devise heißt also immer: Aufmerksamkeit erregen. Wer eine Botschaft an die Mitarbeiter bringen will, muss das gut verkaufen. Das Marketing spielt hier eine wichtige Rolle.
Und danach? Vergessen Sie nicht, über Aktionen und Erfolge in Sachen Sicherheit zu berichten. Mit einem Aushang am Schwarzen Brett, einer Meldung mit Fotos im Intranet oder einem Bericht in der Betriebszeitschrift erreichen sie alle Mitarbeiter noch einmal mit dem sicherheitsrelevanten Thema.
Profis, die für die Sicherheit begeistern können:
- Theater-Interaktiv: www.theater-interaktiv.net
- Bergwacht: www.bergwacht.de/bergwacht-deutschland/de/Wir_ueber_uns/
- Technisches Hilfswerk: www.thw.de
- Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft: www.dlrg.de/
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