1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Arbeitssicherheit » Gefährdungsbeurteilung »

Sind Chemikalienschutzhandschuhe Einmalhandschuhe?

Auswahlkriterien beachten
Sind Chemikalienschutzhandschuhe Einmalhandschuhe?

Chemikalien­schutzhand­schuhe bieten eine zeitlich begren­zte Bar­riere gegen Chemikalien. Der Ein­satz „dick­er“ Chemikalien­schutzhand­schuhe, die „lange hal­ten“ und daher oft mehrere Tage lang ver­wen­det wer­den, ist in der Prax­is oft die Regel – und falsch! Selb­st wenn der Hand­schuh über einen der­art lan­gen Zeitraum wed­er Fehlstellen oder Löch­er hat, ist er mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht mehr chemikalienbeständig. Jed­er flüs­sigkeits­dichte Hand­schuh ist ein Ein­mal­hand­schuh, der nach Benutzung entsorgt wer­den muss, solange der Her­steller keine beweiskräfti­gen Angaben zur Wiederver­wen­dung trifft.

Frank Zuther E‑Mail: zuther@frankzuther.de

Die meis­ten flüs­sigkeits­dicht­en Schutzhand­schuh­mod­elle wer­den als Chemikalien­schutzhand­schuhe aus­gelobt. Es gibt hun­dert­tausende ver­schieden­er Chemikalien mit den unter­schiedlich­sten Eigen­schaften. Auch gibt es Hun­derte von flüs­sigkeits­dicht­en Hand­schuh­mod­ellen aus unter­schiedlichen Mate­ri­alien und in ver­schiede­nen Wand­stärken. Jede Chemikalie kann reagieren und wech­sel­wirken – auch mit dem Hand­schuh­ma­te­r­i­al. Dies führt zu ein­er Begren­zung der Schutz­dauer und des Schutzum­fangs abhängig von fol­gen­den Faktoren:
  • Art der Chemikalie,
  • Kon­tak­tart der Chemikalien mit dem Hand­schuh­ma­te­r­i­al (Vol­lkon­takt / Teil- oder Spritzkontakt),
  • Kon­tak­t­dauer, Kon­tak­t­menge und Kon­tak­thäu­figkeit der Chemikalie mit dem Handschuhmaterial,
  • Tem­per­atur,
  • Hand­schuh­ma­te­r­i­al und der Bauart des Handschuhs.
Ein Prax­is­test kann zwar Hin­weise zur Auswahl mit Blick auf die Anforderung an die Grif­figkeit, das Tastempfind­en, den mech­a­nis­chen und ther­mis­chen Schutz geben. Die Gefährdung durch Chemikalien und die Beständigkeit eines Chemikalien­schutzhand­schuhs gegenüber Stof­fen oder Stof­fgemis­chen ist jedoch in den meis­ten Fällen wed­er sicht- noch spür­bar und im Prax­is­test kaum ermittelbar.
Hin­ter­gründe zu Chemikalienschutzhandschuhen
Ein Chemikalien­schutzhand­schuh soll seinen Nutzer vor dem Hautkon­takt mit einem Stoff (Chemikalie), mehreren Stof­fen oder Gemis­chen schützen. Dabei geht es nicht in erster Lin­ie um eine gesunde, schöne Haut, son­dern um den Schutz vor ern­sthaften, teil­weise lebens­bedrohlichen Erkrankun­gen der Organe oder des Blutes, die oft erst viele Jahre nach der Expo­si­tion ausbrechen.
Chemikalien­schutzhand­schuhe müssen die Anforderun­gen der Europäis­chen Richtlin­ie 89–686/EWG (PSA-Her­steller-Richtlin­ie) erfüllen. In Deutsch­land erfol­gt die Umset­zung dieser Richtlin­ie im Pro­duk­t­sicher­heits­ge­setz (ProdSG), wobei Regelun­gen speziell für PSA in der 8. Verord­nung zum Pro­duk­t­sicher­heits­ge­setz (8. ProdSV ) doku­men­tiert sind.
In der PSA-Her­steller­richtlin­ie wer­den Per­sön­liche Schutzaus­rüs­tun­gen abhängig vom Risiko, gegen das sie schützen sollen, in drei Kat­e­gorien eingeteilt. Je höher die PSA eingestuft wird, umso umfan­gre­ich­er sind die Bedin­gun­gen, die bei der Her­stel­lung zu beacht­en und im Pro­dukt zu real­isieren sind. Diese Kat­e­gorisierung hat nichts mit der Schutz­funk­tion zu tun. Sie bes­timmt die Anforderun­gen an die Kennze­ich­nung und Ein­hal­tung der für ein Pro­dukt gel­tenden geset­zlichen Bes­tim­mungen. Man unterscheidet:
  • Kat­e­gorie I: Ein­fache PSA (Schutz gegen ger­ingfügige Risiken)
  • Kat­e­gorie II: PSA zum Schutz vor mit­tleren Risiken
  • Kat­e­gorie III: Kom­plexe PSA (Schutz vor tödlichen Gefahren oder ern­sten und irre­versiblen Gesundheitsschäden)
Im beru­flichen Bere­ich – ins­beson­dere im Chemikalien­schutz – sind Kat­e­gorie III-Hand­schuhe Pro­duk­te der Wahl! Für diese Kat­e­gorie wird vom Her­steller ein nach­weis­lich geeignetes Leis­tung­spro­fil sowie eine hohe Pro­duk­tion­sregelmäßigkeit ver­langt, damit die von einem akkred­i­tierten und noti­fizierten Prüfin­sti­tut ermit­tel­ten Leis­tungs­dat­en mit gle­ich bleibend hoher Qual­ität in den Ein­satz gelan­gen. Erkennbar sind Kat­e­gorie-III-Hand­schuhe an der vier­stel­li­gen Num­mer am CE-Zeichen, das stel­lvertre­tend für das noti­fizierte Prüfin­sti­tut steht.
Dieses Prüfin­sti­tut ermit­telt die Leis­tungs­dat­en des Hand­schuhs anhand der stan­dar­d­isierten Prüfmeth­o­d­en der ein­schlägi­gen Nor­men. Entspricht das Pro­dukt den Nor­me­nan­forderun­gen, so wird „ver­mutet“, dass die PSA auch den grund­sät­zlichen Anforderun­gen der Europäis­chen Richtlin­ie entspricht (Kon­for­mitätsver­mu­tung).
Für Chemikalien­schutzhand­schuhe sind ins­beson­dere fol­gende Nor­men relevant:
  • EN 420 „All­ge­meine Anforderun­gen an Schutzhandschuhe“
  • EN 374 „Schutzhand­schuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen“
Teil 1: Ter­mi­nolo­gie und Leistungsanforderungen
Teil 2: Bes­tim­mung des Wider­standes gegen Penetration
Teil 3: Bes­tim­mung des Wider­standes gegen Per­me­ation von Chemikalien
EN 388 „Schutzhand­schuhe gegen mech­a­nis­che Risiken“
Maßge­blich für die Bew­er­tung, ob es sich um einen flüs­sigkeits­dicht­en, bzw. um einen Chemikalien­schutzhand­schuh han­delt oder nicht, ist die EN 374, Teil 1–3.
In EN 374, Teil 1 wer­den dabei u. a. all­ge­meine Anforderun­gen und Maß­gaben für Chemikalien­schutzhand­schuhe behan­delt. Hier ist beispiel­sweise fest­gelegt, dass der Hand­schuh eine flüs­sigkeits­dichte Min­destlänge haben muss, um als Chemikalien­schutzhand­schuh klas­si­fiziert wer­den zu können.
Teil 2 bein­hal­tet die Prü­fun­gen auf Flüs­sigkeits­dichtigkeit. Hierzu wer­den der Wass­er-Leck-Test und der Luft-Leck-Test herangezogen.
In Teil 3 ist schließlich das Prüfver­fahren zur Beständigkeit gegenüber Chemikalien, d.h. die Meth­ode zur Ermit­tlung der Durch­bruchzeit von Chemikalien durch das Hand­schuh­ma­te­r­i­al beschrieben.
Flüs­sigkeits­dichte Schutzhand­schuhe tra­gen entwed­er das Pik­togramm „Becher­glas“ oder „Erlen­mey­erkol­ben“. Bei­de Pik­togramme sym­bol­isieren den Schutz vor flüs­si­gen Stof­fen. Der Her­steller bescheinigt damit, dass die Hand­schuhe flüs­sigkeits­dicht sind. Zur Chemikalienbeständigkeit hält er weit­ere Dat­en bereit.
Das Pik­togramm Erlen­mey­erkol­ben bedeutet: Schutz gegen min­destens drei Stoffe aus drei Stof­f­grup­pen ein­er Liste von 12 Stof­fen (EN 374) mit ein­er Durch­bruchzeit von mehr als 30 Minuten nach EN 374–3. Wenn ein Hand­schuh zwar flüs­sigkeits­dicht nach EN 374 ist, die Durch­bruchzeit gegen min­destens drei Stoffe auf der Liste nach EN 374–3 jedoch weniger als 30 Minuten beträgt, wird er aktuell mit dem Pik­togramm Becher­glas gekennze­ich­net. Das ist jedoch nicht gle­ichbe­deu­tend mit „min­der­w­er­tigem Schutz“, denn er kön­nte nach Gefährdungser­mit­tlung dur­chaus aus­re­ichend lange gegen Durch­dringung der poten­tiellen Kon­tak­t­stoffe einge­set­zt werden.
Betriebliche Aspek­te zum Chemikalienschutz
Für die Anwen­dung im Betrieb muss ein Chemikalien­schutzhand­schuh so aus­gewählt wer­den, dass er in ein­er bes­timmten Arbeitssi­t­u­a­tion aus­re­ichend gut und lange genug schützt. Es gilt zu klären, ob der Schutz unter den betrieblichen Rah­menbe­din­gun­gen auch gegeben ist.
Trifft eine Chemikalie auf das Hand­schuh­ma­te­r­i­al, so kommt es möglicher­weise auch zu ein­er Reak­tion oder Wech­sel­wirkung, die den Hand­schuh zer­stören oder das Leis­tung­spro­fil des Hand­schuhs verän­dern und ihn unbrauch­bar machen kann. Dazu gehören:
  • 1. Zer­störung (z.B. Zer­set­zung von Naturkautschuk durch oxi­dierende Säuren)
  • 2. Mate­ri­alverän­derung (Degra­da­tion, z.B. Quellung)
  • 3. Pen­e­tra­tion (Durch­dringung auf­grund von Fehlstellen im Handschuhmaterial)
  • 4. Per­me­ation (Durch­dringung auf­grund der „Wan­derung“ von Molekülen durch das Handschuhmaterial)
Die Zer­störung des Hand­schuhs durch Chemikalien ist teil­weise gut – wenn auch meist zu spät – erkennbar. Nicht erkennbar ist jedoch die Durch­dringung (Per­me­ation). Die Molekül­wan­derung durch das Hand­schuh­ma­te­r­i­al sowie gegebe­nen­falls auch die zer­störende Wirkung begin­nt prak­tisch schon beim ersten Kon­takt mit der chemis­chen Sub­stanz und schre­it­et auch dann weit­er fort, wenn der weit­ere Kon­takt zwis­chen dem Hand­schuh und dem Gefahrstoff zeitweilig oder ganz unter­brochen wird. Dieser Effekt ist für die Frage nach der Wiederver­wen­dung von Chemikalien­schutzhand­schuhen von entschei­den­der Bedeu­tung. Er ist der Grund dafür, dass jed­er Chemikalien­schutzhand­schuh als Ein­mal­hand­schuh zu benutzen und nach Ver­wen­dung zu entsor­gen ist, sofern der Her­steller keine anderen Angaben trifft.
Hat die Chemikalie das Hand­schuh­ma­te­r­i­al kom­plett durch­wan­dert, so ist die soge­nan­nte „Durch­bruchzeit“ erre­icht. Die Chemikalie kann dann über die Haut in den Kör­p­er gelan­gen, sich dort unter Umstän­den anre­ich­ern und wirken.
Bei der Ermit­tlung der Durch­bruchzeit nach EN 374–3 wird im engeren Sinne nicht nur die Molekül­wan­derung ein­er Chemikalie durch das Hand­schuh­ma­te­r­i­al – also die Per­me­ation – bes­timmt, son­dern gle­ichzeit­ig auch die Pen­e­tra­tion, das heißt die Zer­störung des Hand­schuh­ma­te­ri­als durch Chemikalien sowie die Mate­ri­alverän­derung durch die Chemikalien (Degra­da­tion). Ein Beispiel: Trifft konzen­tri­erte Schwe­fel­säure auf einen elas­tomeren Hand­schuh, so wird die Säure nicht durch den Hand­schuh hin­durch­wan­dern, son­dern ihn allen­falls zer­stören, so dass dann die Säure durch die ent­stande­nen Kanäle hin­durch­fließen kann. Diese Mate­ri­alz­er­störung kann man teil­weise optisch ver­fol­gen, ins­beson­dere bei hellen Hand­schuhen (Schwärzung des Handschuhmaterials).
Bei der Ein­wirkung von organ­is­chen Stof­fen kann die Molekül­wan­derung auch mit ein­er Änderung der Mate­ri­aleigen­schaften ein­herge­hen. Dies ist oft nicht so deut­lich zu erken­nen. Teil­weise kann nach ein­er gewis­sen Kon­tak­tzeit eine Mate­ri­alquel­lung beobachtet wer­den. Damit ändern sich nicht nur die mech­a­nis­chen Leis­tungs­dat­en, son­dern auch die Wan­derungs­geschwindigkeit der Chemikalien durch das Hand­schuh­ma­te­r­i­al. Das kann bedeuten, dass eine Durch­bruchzeit von 60 Minuten plöt­zlich auf 10 Minuten reduziert wird. Diese Verän­derung der Eigen­schaften wird auch als Degra­da­tion beze­ich­net. Die Degra­da­tion kann reversibel sein, d.h. nach Unter­brechung des Chemikalienkon­tak­tes wieder verge­hen. Sie kann jedoch auch zu irre­versiblen Verän­derun­gen führen, die auch nach Unter­brechung des Chemikalienkon­tak­tes oder nach Abwaschen weit­er beste­hen bleiben.
Ken­nt­nisse zur Degra­da­tion eines Hand­schuhs sind von hoher Bedeu­tung für die Ein­schätzung der Schutz- und Ein­satzzeit und die Möglichkeit der Wiederver­wen­dung des Hand­schuhs. Bish­er wer­den von eini­gen Her­stellern zwar Angaben zur Degra­da­tion getrof­fen, jedoch sind diese Angaben bish­er nicht stan­dar­d­isiert und daher auch nicht vergleichbar.
Es ist geplant, die EN 374 um einen Teil 4 zu erweit­ern und darin eine Meth­ode zur Bes­tim­mung des Degra­da­tion­saus­maßes zu haben. Es bleibt abzuwarten, ob sich Indus­trie und Prüfin­sti­tute auf eine Meth­ode und Bew­er­tung eini­gen, die tat­säch­lich eine Aus­sage zur Ver­wen­dung absichert und Antwort auf eine mögliche Wiederver­wen­dung zulässt.
In Expertenkreisen herrscht Einigkeit, dass ein Chemikalien­schutzhand­schuh nach Kon­takt mit einem Stoff zu entsor­gen ist, solange der Her­steller keine klaren Aus­sagen zur Wiederver­wen­dung in der definierten Anwen­dung trifft.
Wie erk­lärt, durch­drin­gen Chemikalien Hand­schuhe nicht nur durch Fehlstellen und Löch­er. Die Molekül­wan­derung und die Mate­ri­alverän­derun­gen erfol­gen oft unmerk­lich. Durch das mehrmalige/mehrtägige Tra­gen von Chemikalien­schutzhand­schuhen „bis sie kaputt sind“ wird für den Anwen­der eine zusät­zliche Gefährdung geschaf­fen, die nicht akzep­tiert wer­den kann. Der Anwen­der fühlt sich geschützt, jedoch ist das Gegen­teil der Fall. Gle­ich­es gilt für die in vie­len Betrieben lei­der immer noch üblich zu sein scheinende Vor­gabe zum Hand­schuhaus­tausch „alt gegen neu“.
Auch kann nicht grund­sät­zlich angenom­men wer­den, dass ein dick­wandi­ger Hand­schuh chemikalienbeständi­ger ist, als ein dün­ner Hand­schuh. Hier kommt es immer auf das Zusam­men­spiel Chemikalie – Hand­schuh­ma­te­r­i­al an. Ein „dün­ner“ Hand­schuh kann dur­chaus eine bessere Chemikalienbeständigkeit haben, als ein dick­er Hand­schuh, der noch dazu einen schlechteren Tragekom­fort bietet. Mate­r­i­al und Bauart sind entscheidend!
Her­steller stellen soge­nan­nte Beständigkeit­sta­bellen zur Ver­fü­gung, in denen die Ergeb­nisse der Mes­sun­gen nach EN 374–3 (Bes­tim­mung der Per­me­ation) ver­schieden­er Chemikalien mit ihren Chemikalien­schutzhand­schuhen gelis­tet sind. Die ermit­tel­ten Durch­bruchzeit­en wer­den im Labor unter stan­dar­d­isierten Bedin­gun­gen bei Raumtem­per­atur durchge­führt. Sie bieten einen Anhalt­spunkt zur Auswahl eines geeigneten Hand­schuhs. Sie dienen zur ver­gle­ichen­den Leistungsbeschreibung.
Eine 1:1‑Übertragung dieser im Labor ermit­tel­ten Durch­dringungszeit­en auf die Beständigkeit in der Prax­is gibt es lei­der nicht. Unter Prax­is­be­din­gun­gen kön­nen die Chemikalien das Hand­schuh­ma­te­r­i­al auch schneller durch­wan­dern. Ohne eine Abstim­mung mit dem Her­steller sollte der Hand­schuh bei einem Chemikalienkon­takt sicher­heit­shal­ber nach etwa 50% der im Labor bes­timmten Durch­bruch­szeit entsorgt wer­den (Anwen­dungszeit = 50% der Durch­bruchzeit nach EN 374–3). Das bedeutet: Wurde für die Kom­bi­na­tion Hand­schuh / Chemikalie nach EN 374–3 eine Durch­bruchzeit von 60 Minuten bes­timmt, sollte der Hand­schuh in der betrieblichen Prax­is 30 Minuten nach dem ersten Chemikalienkon­takt entsorgt werden.
Dies ist nur als Faus­tregel zu sehen und gilt gewiss nicht für alle Stoffe und Gemis­che. Die Zusam­me­nar­beit mit dem Her­steller oder Liefer­an­ten ist bei der Beurteilung der Schutzwirkung und Schutzzeit von höch­ster Bedeu­tung! Gibt es keinen qual­i­fizierten Ser­vice oder ist dieser nicht zu erre­ichen, sollte von der Ver­wen­dung der Marke drin­gend abge­se­hen werden.
Grund­sät­zlich sind flüs­sigkeits­dichte elas­tomere Hand­schuhe mit Wand­stärken unter 0,15 mm nur für den Kurzzeitkon­takt konzip­iert. Nach Benet­zung mit Chemikalien sind diese in der Regel sehr schnell (inner­halb weniger Minuten) zu wechseln.
Wand­dünne Hand­schuhe von 0,1 mm („klas­sis­che“ Ein­mal­hand­schuhe) sind keine aus­re­ichend geeigneten Chemikalien­schutzhand­schuhe. Wenn über­haupt, stellen sie eine nur zeitlich sehr begren­zte Bar­riere gegenüber organ­is­chen Chemikalien dar, die im ein­stel­li­gen Minuten­bere­ich anzusiedeln ist.
Ein­mal­hand­schuhe sind dur­chaus im Labor­bere­ich und in vie­len anderen Bere­ichen geeignet, jedoch soll­ten sie nur von informierten Mitar­beit­ern ver­wen­det wer­den, die genau wis­sen, dass diese nach Chemikalienkon­takt kurzfristig gewech­selt wer­den müssen. Die Zeit, bis die auf den Hand­schuh aufgetrof­fene Chemikalie das Mate­r­i­al durch­dringt und auf der Haut auftrifft, beträgt oft nur eine Minute. Diese Pro­duk­te soll­ten daher allen­falls bei möglichen Spritzge­fährdun­gen einge­set­zt und nach Kon­takt mit Chemikalien sofort entsorgt wer­den. Darüber hin­aus sind die meis­ten Ein­mal­hand­schuhe mit max­i­mal 270 mm Länge inklu­sive Stulpe zu kurz für einen aus­re­ichen­den Schutz gegen Flüssigkeiten.
Beim Schutzbe­darf gegen biol­o­gis­che Stoffe (Bak­te­rien, Viren) sollte man eine geeignete Bestä­ti­gung über die Schutzzeit vom Liefer­an­ten anfordern. Diese Hand­schuhe soll­ten der EN 374 und der EN 455 (medi­zinis­che Hand­schuhe) entsprechen.
Hin­sichtlich der Mate­ri­alien wer­den in der Prax­is lei­der immer noch zu häu­fig Ein­mal­hand­schuhe aus Vinyl (weichgemacht­es PVC) und gepud­erte, qual­i­ta­tiv oft man­gel­hafte Naturla­tex­hand­schuhe einge­set­zt. Bei­de Hand­schuhtypen sind für die Anwen­dung nicht zu empfehlen. Vinyl­hand­schuhe enthal­ten im All­ge­meinen hohe Konzen­tra­tio­nen (bis zu 60%) an Weich­mach­ern, die von organ­is­chen Lösungsmit­teln leicht her­aus­gelöst wer­den kön­nen und den Hand­schuh so brüchig machen, dass Fehlstellen entste­hen. Weit­er­hin sind Vinyl­hand­schuhe mech­a­nisch sehr insta­bil – so reißen viele wand­dünne Vinyl­hand­schuhe schon beim Anziehen.
Die Ver­wen­dung gepud­ert­er Naturla­tex-Hand­schuhe ist in Deutsch­land unter­sagt. Diese Typen bieten keinen Schutz vor organ­is­chen Lösungsmit­teln, Kohlen­wasser­stof­fen oder Ölen. Dage­gen haben sich auch im Bere­ich der Ein­mal­hand­schuhe Nitril- und Neo­pren-Typen sehr bewährt.
Chemikalien­schutzhand­schuhe und Nor­mung – Aus­blick und Tendenzen
Die Über­ar­beitung der EN 374 wird bere­its seit einiger Zeit disku­tiert und einige Änderun­gen sind dur­chaus auf dem Weg der Umset­zung. Noch nicht beschlossen, aber wahrschein­lich ver­wirk­licht wer­den fol­gende Punkte:
  • Es soll nur noch ein Pik­togramm für Chemikalien­schutzhand­schuhe geben. Das Pik­togramm Becher­glas soll weg­fall­en, der Erlen­mey­erkol­ben bleibt bestehen.
  • Es ist eine Klas­si­fizierung in drei Hand­schuhtypen vorge­se­hen, die mit A, B oder C zu kennze­ich­nen sind.
  • Die bish­erige Liste mit den 12 Chemikalien aus den ver­schiede­nen chemis­chen Grup­pen wird um sechs weit­ere Chemikalien ergänzt. Diese wer­den die Klas­si­fizierung flüs­sigkeits­dichter Hand­schuhe zu Chemikalien­schutzhand­schuhen erhe­blich vereinfachen.
  • AQL – als Qual­ität­slev­el- soll ersat­z­los gestrichen wer­den. Dies wurde bish­er jedoch bei ein­er Bau­muster­prü­fung auch nicht überprüft.
  • Die Prü­fung nach EN 388 (mech­a­nis­che Risiken) soll für Chemikalien­schutzhand­schuhe nicht mehr oblig­a­torisch, son­dern frei­willig sein. Dies ist für Anwen­der von hoher Bedeu­tung, da ohne diese Werte keine Abschätzung der ver­gle­ichen­den mech­a­nis­chen Fes­tigkeit erfol­gen kann.
Die DIN EN 374–3 soll erset­zt wer­den gegen die DIN EN 16523–1: „Bes­tim­mung des Wider­stands von Mate­ri­alien gegen die Per­me­ation von Chemikalien — Teil 1: Per­me­ation von flüs­si­gen Chemikalien unter Dauerkon­takt; Deutsche Fas­sung prEN 16523–1:2013“. Diese wurde als Norm-Entwurf im Mai 2013 veröf­fentlicht. Das in dieser Norm beschriebene Prüfver­fahren ist für die Beurteilung der Wirk­samkeit von „Sperrschicht­en“ der Mate­ri­alien vorge­se­hen, aus denen Schutzk­lei­dungs­ma­te­r­i­al, Schutzhand­schuh- und Fußschutz­ma­te­r­i­al gegen das Ein­drin­gen von flüs­si­gen chemis­chen Stof­fen hergestellt wer­den. Die DIN EN 374 soll gestrichen wer­den, sobald die DIN EN 374–1, die auf die EN 374–3 hin­weist, entsprechend geän­dert wurde.
Die Änderun­gen der Nor­men kön­nen von jed­er­mann in dem öffentlichem Nor­men­por­tal ver­fol­gt und in der End­phase der Entschei­dung kom­men­tiert wer­den. Es ist empfehlenswert, dies zu tun, damit die Anforderun­gen und das Niveau nicht weit­er sinkt. Sehen Sie etwa alle 4 Wochen in dem Por­tal nach, welche Nor­men-Entwürfe kurz vor der Abseg­nung ste­hen und kom­men­tiert wer­den können:
Zusam­men­fas­sung
Jed­er Chemikalien­schutzhand­schuh ist unab­hängig von sein­er Wand­stärke („Dicke“) ein Ein­mal­hand­schuh. Eine Aus­sage zur Wiederver­wen­dung ist ohne geeignete Degra­da­tion­sangaben (Grad und Aus­maß der Änderung von Mate­ri­aleigen­schaften, die Ein­fluss auf Per­me­ation­swerte und die mech­a­nis­che Fes­tigkeit bewirken) nicht mach­bar. Aktuell ist der Her­steller gefordert, dem Anwen­der geeignete Dat­en zu vermitteln.
Qual­i­fizierte Her­steller haben kundi­ge Fach­ber­ater und einen qual­i­fizierten Kun­denser­vice. Nur Her­steller mit der­ar­tigem Ser­viceange­bot soll­ten Sie für einen möglichen Ein­satz in Erwä­gung ziehen. Beacht­en Sie auch, dass die Geset­zge­bung vor­sieht, die Mitar­beit­er an der Auswahl des opti­malen Schutzhand­schuh­es mit einzubeziehen.

Achtung: Nicht jed­er flüs­sigkeits­dichte Hand­schuh wird auf Chemikalienbeständigkeit geprüft. Einige klas­sis­che Bauar­ten aus Latex oder Latex auf Baum­woll-Trikot oder Vinyl-Typen wer­den zum Teil nur im Wass­er-Leck, bzw. Luft-Leck-Test nach EN 374–2 geprüft. Diese Bauar­ten wer­den sel­ten als Chemikalien­schutzhand­schuhe ange­boten. Sie sind für verdün­nte Reini­gungsmit­tel und für Wasch- und Säu­berungsak­tio­nen gedacht! Sie entsprechen meist als Kat­e­gorie I oder II und sind mit Hin­weisen auf die eingeschränk­te Nutzung trotz Flüs­sigkeits­dichtigkeit verse­hen. Lesen Sie daher die Her­stel­ler­in­for­ma­tio­nen immer sorgfältig!

Jedes Hand­schuh­ma­te­r­i­al hat Schwach­punk­te: Butyl bei unpo­laren Kohlen­wasser­stof­fen, Nitril bei Keto­nen, Neo­pren bei chlo­ri­erten Kohlen­wasser­stof­fen und Latex bei fast allen organ­is­chen Stof­fen und konzen­tri­erten Säuren.

Jed­er Chemikalien­schutzhand­schuh ist nach Chemikalienkon­takt als Ein­mal­hand­schuh anzuse­hen und zu entsor­gen, soweit der Her­steller keine (schriftlichen) Angaben zur Wiederver­wen­dung trifft.

Entschei­dend für die Auswahl eines geeigneten Schutzhand­schuhs, der gegen die indi­vidu­ellen Gefährdun­gen und Chemikalien bei bes­timmten Tätigkeit­en im Betrieb geeignet schützt, ist die Gefährdungs­beurteilung. Ob dabei ein Hand­schuh mit dem Pik­togramm Becher­glas oder Erlen­mey­erkol­ben zum Ein­satz kommt, ist kein entschei­den­des Kriterium.

Hand­schuhe, die nicht nach EN 374 geprüft wur­den, sind nicht für den Kon­takt mit Chemikalien vorgesehen.
Als flüs­sigkeits­dicht gel­ten nur Hand­schuhe, die neben den Anforderun­gen der EN 420 und der EN 388 auch die Anforderun­gen der EN 374 Teil 1–3 erfüllen!
Als Chemikalien­schutzhand­schuh gilt jed­er flüs­sigkeits­dichte Schutzhand­schuh, bei dem die Anforderun­gen der EN 374 Teil 1–3 und die Bedin­gun­gen zur PSA Kat­e­gorie III (CE xxxx) erfüllt sind (Qual­itäts­man­age­ment überwacht).
Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de