Flüssiggas ist schnell verfügbar und mobil einsetzbar. Aufgrund dieser Vorteile setzen die Betriebe es häufig ein. Allerdings besitzt es auch Eigenschaften, die zwingend eine fachgerechte Verwendung erforderlich machen. Also Vorsicht: Flüssiggas ist schwerer als Luft und leicht entzündbar. Seine thermische Ausdehnung ist extrem hoch und es hat eine niedrige untere Explosionsgrenze.
Dipl.-Ing. (FH) Rolf Schwebel Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN)
Unfälle, auch mit verheerenden Folgen, sowie Besichtigungen durch Aufsichtspersonen zeigen immer wieder, dass bereits grundlegende Informationen im Umgang mit Flüssiggas oftmals unbekannt sind und rechtliche Anforderungen nicht eingehalten werden. Zum Beispiel: Welche Sicherheitseinrichtungen sind erforderlich? Wie wird ein Flaschenwechsel durchgeführt? Was ist beim Betrieb von Gasgeräten in Räumen oder im Freien zu beachten? Wie oft muss die Flüssiggasanlage geprüft werden? Wo kann man sich informieren? Bei der betrieblichen Wahl geeigneter Schutzmaßnahmen steht neben der Berücksichtigung der umfangreichen flüssiggasspezifischen Regelwerke die Gefährdungsbeurteilung im Vordergrund. Folglich wird dem Unternehmer und der Führungskraft ein hohes Maß an Eigenverantwortung abverlangt. Sie stellen sich oft die Frage: „Habe ich für die Sicherheit meiner Mitarbeiter alles getan?“ Sicherheitsbeauftragte können Unternehmer und Führungskräfte hierbei unterstützen.
Damit sich Unfälle oder sogar Brandkatastrophen nicht wiederholen, werden nachfolgend grundlegende Lösungen vorgestellt sowie Hinweise zu den erforderlichen organisatorischen Pflichten gegeben. Diese sind übertragbar auf praktisch alle Flüssiggas-Flaschenanlagen.
Aufstellung von Flüssiggasanlagen
Hierfür gibt es genaue Regelungen. Flüssiggasanlagen sind so aufzustellen, dass sie nicht öffentlich zugänglich sind, oder die Sicherheits- und Regeleinrichtungen sowie die Stellteile an der Versorgungsanlage (Flaschenabsperrventil) müssen gegen unbefugten Zugriff Dritter gesichert sein. Verschließbare Flaschenschränke, natürlich aus nicht brennbaren Baustoffen, sind hierzu gut geeignet.
Flüssiggasflaschen sind im Freien oder in einem besonderen Raum aufzustellen, zum Beispiel in einem Raum mit ausreichendem Luftwechsel. Arbeitsräume sollten nach Möglichkeit nicht als Aufstellungsorte gewählt werden. Wenn jedoch Flüssiggasflaschen in Arbeitsräumen (zum Beispiel Heizgeräte in Werkstätten) aufgestellt werden, dürfen sich in Arbeitsräumen bis 500 m³ sowie für jede weitere 500 m³ Rauminhalt grundsätzlich zwei Flüssiggasflaschen mit einem maximalen Füllgewicht von jeweils 14 kg befinden. Möglich ist auch eine Flüssiggasflasche mit einem maximalen Füllgewicht von 33 kg. In Arbeitsräumen über 500 m³ erhöht sich die zulässige Anzahl entsprechend.
Flüssiggasflaschen sind so aufzustellen, dass eine Erwärmung des Flüssiggases in der Flasche auf mehr als 50 Grad Celsius auszuschließen ist. Mindestabstände von 70 Zentimetern zwischen Flaschen und Heizgeräten sind dafür ausreichend.
Beim Betrieb der Flüssiggasanlage müssen Schutzbereiche nach Abbildung 1 eingehalten werden. In diesen Bereichen dürfen sich keine Kelleröffnungen und ‑zugänge, Zündquellen sowie brennbaren Stoffe (zum Beispiel brennbare Flüssigkeiten, Verpackungsmaterial) befinden.
Druckregelgeräte und Sicherheitseinrichtungen
Gasgeräte dürfen nur mit einem gleichmäßigen, auf das jeweilige Gerät abgestimmten Arbeitsdruck betrieben werden. Dies stellt man mit einem Druckregelgerät sicher. Bei handelsüblichen Geräten wie Bräter, Kocher oder Heizstrahler beträgt der Arbeitsdruck zumeist 50 mbar.
Gasgeräte, die dem Flaschendruck nicht ohne Druckregelgerät standhalten, müssen mit Sicherheitseinrichtungen gegen unzulässig hohen Druckanstieg ausgerüstet sein. Handelsübliche 50 mbar-Geräte halten in der Regel dem Flaschendruck nicht stand, da der Flaschendruck bei 20 Grad Celsius Umgebungstemperatur bereits circa 8 bar beträgt. Deshalb muss zusätzlich zum Druckregelgerät immer noch eine Sicherheitseinrichtung vorhanden sein. Sicherheitseinrichtungen gegen unzulässig hohen Druckanstieg sind zum Beispiel:
- Druckregelgeräte mit integrierter Überdrucksicherheitseinrichtung (siehe Abb. 2). Sie dürfen unter Berücksichtigung der Herstellerangaben grundsätzlich nur bis zu einer maximalen Entnahmemenge von 1,5 kg/h eingesetzt werden.
- Druckregelgeräte mit Sicherheitsabsperrventil (SAV) und Sicherheitsabblaseventil (PRV) mit Abblaseleitung ins Freie. Sie sind vorzugsweise bei Entnahmemengen von mehr als 1,5 kg/h einzusetzen, z.B. bei 33-kg-Flaschenanlagen.
Rohr- und Schlauchleitungen
Gasgeräte sind unter Verwendung von für Flüssiggas geeigneten Rohrleitungen anzuschließen. Geeignet sind Rohrleitungen, die den chemischen, thermischen und mechanischen Beanspruchungen standhalten und erforderlichenfalls korrosionsgeschützt sind.
Bei ortsveränderlichen Flüssiggasanlagen oder wenn besondere betriebstechnische Gründe vorliegen – wenn zum Beispiel Geräte zu Reinigungszwecken bewegt werden müssen -, dürfen anstelle von Rohrleitungen auch Schlauchleitungen verwendet werden. Schlauchleitungen müssen ebenfalls den chemischen, thermischen und mechanischen Beanspruchungen standhalten. Um zu gewährleisten, dass der Anschluss dicht ist, sollten vorzugsweise festeingebundene Schlauchleitungen, also Leitungen mit vom Hersteller fachgerecht angebrachten Schraubverbindungen, eingesetzt werden (siehe Abb. 3). Auch für Schlauchleitungen gibt es genaue Regelungen. Sie dürfen grundsätzlich nicht länger als 0,4 m sein. Davon darf nur abgewichen werden, wenn
- besondere betriebstechnische Gründe vorliegen, zum Beispiel die Aufstellung an wechselnden Standorten,
- besondere Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden wie die Verwendung von Schlauchbruchsicherungen gegen Gasaustritt und
- die Schlauchleitungen so kurz wie möglich sind.
In Gasleitungsanlagen in Räumen müssen in der Regel thermische Absperreinrichtungen verwendet werden. Thermische Absperreinrichtungen verhindern einen Gasaustritt in Folge von hohen Temperaturen (z.B. Brand), da sie die Gaszufuhr bei einer Temperatur von circa 100 Grad Celsius selbsttätig unterbrechen. Thermische Absperreinrichtungen sind als einzelnes Bauteil erhältlich, sie können auch im Druckregelgerät oder Schnellschlussventil integriert sein.
Raumlüftung wird oft unterschätzt
Eine Vergiftungsgefahr infolge von Kohlenmonoxidbildung (CO) lässt sich durch eine ausreichende Verbrennungsluftversorgung und gefahrlose Abgasabführung vermeiden. Dies gilt insbesondere für den Betrieb leistungsstarker Gasgeräte sowie Heizstrahler und Katalytöfen. Zu berücksichtigen sind dabei die einschlägigen Installationsvorschriften und Angaben der Gerätehersteller.
Unfallschwerpunkt „Flaschenwechsel“
Schwerste Unfälle ereignen sich oftmals beim Wechsel der Flaschen. Da hierbei Gas austreten kann, sind Zündquellen wie offenes Feuer, Geräte mit offenen Flammen beziehungsweise brennende Zigaretten beim Flaschenwechsel im Nahbereich verboten.
Nach Herstellung der Anschlussverbindung und vor Inbetriebnahme der Flüssiggasanlage muss die Anschlussverbindung (siehe Abb. 4: Flaschenabsperrventil/Druckregelgerät) unter Betriebsdruck – also bei geöffnetem Flüssiggasflaschen-Absperrventil und geschlossener Geräteabsperrarmatur – auf Dichtheit geprüft werden. Dies geschieht am einfachsten mithilfe eines schaumbildenden Mittels wie einem Lecksuchspray (siehe Abb. 4).
Hinweis Verwechselungsgefahr! Die Überwurfmuttern von Druckregelgeräten oder Schlauchleitungen werden an Flaschenventilen mit Drehrichtung nach links befestigt.
Flaschenlagerung
Beim Lagern von vollen oder entleerten Flüssiggasflaschen gilt immer:
- Die Läger dürfen dem allgemeinen Verkehr nicht zugänglich sein,
- Flaschen dürfen nicht in Verkehrswegen wie Treppen und Fluren gelagert werden,
- Flaschen sind grundsätzlich nur über Erdgleiche zu lagern,
- Flaschenventile müssen geschützt werden, zum Beispiel durch Verschlussmuttern und Schutzkappen,
- Flaschen sind gegen Umfallen oder Herabfallen zu sichern,
- Schutzbereiche müssen eingehalten werden (siehe Abb. 1) und
- ausreichende Be- und Entlüftung der Lagerräume sind zu gewährleisten.
Beförderung in Kraftfahrzeugen
Flüssiggasflaschen müssen immer mit geschlossenem Absperrventil und Ventilschutz (z.B. Schutzkappe) befördert werden. Die Flaschen sind gegen Verrutschen, Umfallen und Umherrollen durch Verzurren oder dergleichen zu sichern. Eine ausreichende Belüftung muss gewährleistet sein, zu bevorzugen ist daher die Beförderung beispielsweise in einem Anhänger.
Information und Beratung
Aufgrund der Komplexität der Problematik muss sich der Arbeitgeber, die Führungskraft und die Sicherheitsperson in der Regel fachkundig beraten lassen. Aufklärungsarbeit bieten Fachseminare der BGN sowie die zuständige Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft. Nutzen Sie diesen Service. Schaffen Sie bitte alle Voraussetzungen für Sicherheit und Gesundheit Ihrer Beschäftigten!
Hilfreiche Informationen zum Themenkomplex einschließlich bewährter Beispiele zur Zoneneinteilung gibt es bei der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) unter www.bgn.de, Wissen Kompakt „Flüssiggasanlagen“.
Unfallursachen und Mängel
Häufige Unfallursachen sind organisatorische Mängel und Fehlverhalten der Beschäftigten, zum Beispiel:
- Versorgungsanlagen werden nicht ausreichend dimensioniert und somit kann die benötigte Gasmenge nicht zur Verfügung gestellt werden.
- Informationen der Gerätehersteller werden nicht beachtet, insbesondere Angaben zum erforderlichen Luftwechsel.
- Gasgeräte werden ohne Zündsicherungen in Räumen betrieben.
- Sicherheitseinrichtungen wie zum Beispiel Einrichtungen gegen unzulässig hohen Druckanstieg, thermische Absperreinrichtungen oder Schlauchbruchsicherungen fehlen.
- Schutzbereiche werden nicht eingehalten.
- Dichtheitsprüfungen nach dem Flaschenwechsel und vor Inbetriebnahme der Flüssiggasanlage werden nicht durchgeführt.
- Unterweisung der Beschäftigten ist unzureichend.
- Prüfungen werden nicht veranlasst.
- stationäre Anlagen, z.B. stationär betriebener Herd, Grill – mindestens alle 4 Jahre,
- ortsveränderliche Anlagen, z.B. Heizstrahler, Katalytöfen sowie Anlagen in fliegenden Bauten – mindestens alle 2 Jahre,
- Flüssiggasanlagen in Fahrzeugen – mindestens alle 2 Jahre.
Prüfungen – ein Muss
Um die Sicherheit von Flüssiggasanlagen auf Dauer zu gewährleisten, müssen sie wiederkehrend von einer befähigten Person geprüft werden. Es gibt Prüffristen, die sich nach dem Stand der Technik bewährt haben:
Die Ergebnisse der Prüfungen müssen dokumentiert werden. Muster-Prüfbescheinigungen enthalten die DGUV Grundsätze 310–003 (bisher BGG 935) und 310–005 (bisher BGG 937).
Unsere Webinar-Empfehlung
Es gibt viele Fälle, in denen die Fallhöhe für eine herkömmliche Absturzsicherung nicht ausreicht. Beispiele für Arbeiten in geringer Höhe sind z.B. der Auf- und Abbau von Gerüsten, die Wartung von Industrieanlagen und Arbeiten in Verladehallen sowie Anwendungen in der Bahn und…
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