Die verschiedenen Verfahren des Elektroschweißens bringen unterschiedliche Gefährdungen mit sich, etwa die Entwicklung von Rauchen oder Stäuben. Alle Verfahren bergen aber die Gefahr von Stromverletzungen. Welche Maßnahmen davor schützen, erfahren Sie im zweiten Teil von „Sicher und gesund schweißen“.
Das wohl bekannteste Verfahren ist immer noch das Elektroden-Handschweißen, wobei die Elektrode im elektrischen Lichtbogen abgeschmolzen wird. Aus der Umhüllung entsteht eine Schutzgaswolke über der Schweißstelle, dem Schweißbad, welche die flüssige Metalloberfläche vor einer Oxidation mit dem Luftsauerstoff schützt. In Einzelfällen enthält die Umhüllung Legierungs- elemente, welche die Schmelze auflegieren. Zum Einsatz kommt das Elektroden-Handschweißen heute oft im Baubereich. Das Verfahren ist mit erheblicher Bildung von Schweißrauchen verbunden.
MIG- oder MAG-Verfahren
Weitaus häufiger anzutreffen ist heute das sogenannte MIG- (Metall-Inertgas-Schweißen) oder MAG- (Metall-Aktivgas-Schweißen) Verfahren. Hierbei wird ein Metalldraht von einer Haspel abgespult und im Lichtbogen aufgeschmolzen. Gelegentlich kommen Fülldrähte zum Einsatz, die Zusatzwerkstoffe enthalten. Fülldrähte verursachen jedoch eine sehr starke Rauchentwicklung. Das Inertgas, zumeist Argon, wird über das Schlauchpaket zum Brenner bzw. Lichtbogen gefördert und verhindert eine Oxidation.
Aktivgase, Gemische aus üblicherweise CO2 und Argon, beeinflussen zusätzlich den Abbrand, z.B. durch Temperaturerhöhung. Das MIG- oder MAG-Verfahren kommt dort zum Einsatz, wo mittlere bis hohe Abschmelzleistungen gefragt sind und eine hohe Flexibilität an den Einsatz des Verfahrens gestellt ist, wie im Automobil- und Schiffsbau, aber auch im Stahlbau. Insbesondere bei Fülldrähten ist die Rauchentstehung groß.
UP-Schweißverfahren
UP- (Unter Pulver) Schweißverfahren zeichnen sich durch höchste Abschmelzraten aus. Die Emission von Lärm und Schadstoffen ist bei diesen Verfahren gering, jedoch können sie nur beschränkt eingesetzt werden. Und zwar nur dort, wo eine Pulverschüttung möglich ist, Senkrechte- und Überkopfverfahren scheiden aus.
WIG-Schweißen
Beim WIG- (Wolfram-Inert-Gas) Schweißen wird der Lichtbogen zwischen einer nicht abschmelzenden Wolframkathode und dem Bauteil gezündet. Der Schweißzusatzwerkstoff wird im Lichtbogen aufgeschmolzen. Das Verfahren eignet sich für filigranere Bauteile, da die Abschmelzleistung gering ist. Die WIG-Elektroden können Thoriumdioxyd enthalten (rote Kennzeichnung). Sie strahlen radioaktiv und sind somit krebserregend. Die Gesundheitsbelastung beim Schweißen ist eher gering, jedoch entstehen hohe Gefährdungen beim Anschleifen der Elektrode, was eine Absaugung beim Schleifen mit geeigneter Staubabscheidung unabdingbar macht. In keinem Fall dürfen diese Stäube eingeatmet werden.
Plasmaschneiden und ‑spritzen
Zu den verwandten Verfahren gehört das Plasmaschneiden und ‑spritzen. Die Energieeinbringung erfolgt hierbei elektrisch, indem im Lichtbogen Gas elektrisch leitfähig zum Plasma wird. Hierbei sind Temperaturen von mehreren Tausend Grad möglich. Das Blech wird aufgeschmolzen und durch Gas oder Luft ausgeblasen. Beim Spritzen werden in die Plasmaflamme zumeist pulverförmige Werkstoffe eingeblasen, mitgerissen und auf die Bauteiloberfläche geschleudert, wo ein Teil haften bleibt. Alle Plasmaverfahren erzeugen sehr viel Gefahrstoffe, Strahlung und Lärm.
Bei Stromunfällen schnell zum Arzt
Allen Lichtbogenverfahren ist die elektrische Gefährdung gemein. Ein elektrischer Stromschlag führt zu Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand. Mit dem Gedanken verbunden „noch einmal gut gegangen“, haben Stromverletzte oft nur eine kleine Brandmarke davongetragen. Jedoch werden die Verletzungsfolgen unterschätzt. Bei starkem Stromdurchfluss bildet sich ein Brandkanal im Körper.
Diese inneren Verbrennungen führen zunächst unbemerkt zu Vergiftungen und lebensbedrohlichem Organversagen. Stromunfälle fordern daher immer eine schnelle ärztliche Behandlung.
Elektrische Gefährdung durch verrostete Klemmen usw.
Häufig unterschätzt wird die Ankopplung des Schweißbauteils an den Schweißstromkreis. Klemmen sind oft verrostet und können nicht fest mit dem Bauteil verbunden werden. Aus Bequemlichkeit wird bei kleineren Bauteilen darauf verzichtet, das Bauteil überhaupt anzuklemmen und lediglich die Schweißaufnahme, z.B. der Schweißtisch, angeklemmt. Dies führt in der Schweißrückleitung zu einem sehr hohen Übergangswiderstand, wodurch es zu einem Sekundärlichtbogen kommen kann, in dem die Bauteile aufschmelzen und ggf. Brände auslösen können. An großen Bauteilen muss die Bauteilklemme daher nachgezogen werden.
Kritisch ist auch das Schweißen an elektrisch betriebenen Maschinen. Hierzu zählt auch das Schweißen an am Kran hängenden Bauteilen. Neben einer festen Anbindung der Schweißrückleitung ist eine Isolation zwischen Bauteil und Kran unbedingt erforderlich, da andernfalls ein Stromfluss über die Kette und im Weiteren den elektrischen Schutzleiter (grün-gelber Draht) des Kranmotors zur „Erde“ und so zurück zum Schweißgerät erfolgen kann. Hierbei ist der Schutzleiter die „engste“ Stelle im Schweißstromkreis und verbrennt, was mit Sachschaden verbunden ist und zu neuen Gefährdungen, z.B. Rauche, einer defekten elektrischen Anlage und somit zur elektrischen Gefährdung am Kran selbst führt.
Eine häufig angetroffene Unart ist es, den Elektrodenhalter auf dem metallischen Gehäuse der Schweißgeräte abzulegen. Auch hier kommt es zu einem Abbrand eines Schutzleiters, dem der Schweißstromquelle, wenn der Schweißdraht mit dem geerdeten Gehäuse in Verbindung kommt und über die „Erde“ der Schweißstromkreis geschlossen wird.
Schutzkleidung muss trocken sein
Die Schweißerschutzkleidung bietet, wenn sie keine Beschädigungen hat, und wichtig: Trocken ist, einen guten Schutz gegen elektrische Durchströmung. Verschwitzte Unterkleidung ist vor Schweißarbeiten mit trockener zu wechseln. Elektroden sind nur mit Handschuhen zu wechseln. Sorgfalt ist trotzdem angesagt, da Drähte sie schnell durchstechen können.
Trockene Schweißermatten schützen nicht nur vor elektrischer Durchströmung bei Kontakt mit dem Bauteil, sondern sind beim Knien auf ihnen auch ergonomisch vorteilhaft.
Für den Einsatz unter erhöhter elektrischer Gefährdung geeignete Schweißgeräte tragen den Aufdruck „S“, ältere Geräte weisen ein „K“ oder (42V) auf.
Nebenarbeiten
Nicht vernachlässigt werden sollten die anderen Elektrogeräte, wie Winkelschleifer und Lampen. Es sind entweder Geräte mit Schutzkleinspannung oder Trenntransformatoren zu verwenden, wenn erhöhte elektrische Gefährdung vorliegt. Eine netzseitige Absicherung mit einem PCRCI, früher FI-Schalter genannt, sollte obligatorisch sein. Alle elektrischen Einrichtungen sind regelmäßig zu prüfen. Prüfungen, sowie alle Arbeiten an der Netzseite der Schweißgeräte, sind einer Elektrofachkraft zu übertragen. Sekundärseitige Arbeiten dürfen qualifizierte Schweißer selbst ausführen.
Auf die weiteren Gesundheitsgefährdungen durch Lärm, Strahlung und Gefahrstoffe wird in den folgenden Teilen dieser Serie zum Schweißen eingegangen.
Weitere Hilfen und Informationen finden Lichtbogenschweißer sowie Fach- und Führungskräfte im Internet bzw. bei den Berufsgenossenschaften.
Schriften:
- BGR 500 Kapitel 2.26 Schweißen, Schneiden und verwandte Verfahren
- BGI 553 Lichtbogenschweißer – Sicherheitslehrbrief
- BGI 746 Umgang mit thoriumoxidhaltigen Wolframelektroden beim Wolfram-Inertgasschweißen (WIG)
- BGI 594 Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln bei erhöhter elektrischer Gefährdung.
Dipl.-Ing. Bodo Kälble
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