Damit das Getränk frisch aus dem Zapfhahn sprudelt, wird es in der Schankanlage mit Kohlendioxid versetzt. Das freut den Kunden – Unternehmer und Mitarbeiter müssen beim Umgang mit Schankanlagen jedoch Präventionsmaßnahmen treffen. Denn Kohlendioxid, ein farb- wie geruchloses Gas, kann, wenn es ausströmt, ernsthaft die Gesundheit schädigen.
Dipl.-Ing. (FH) Rolf Schwebel Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) Leiter des Sachgebietes „Getränkeschankanlagen“
In Getränkeschankanlagen werden durch Druckgase Getränke wie Bier, Cola oder Getränkegrundstoffe (Sirup) gefördert und Wasser karbonisiert, das heißt mit Kohlendioxid versetzt.
Diese Gase werden allgemein als Schankgase bezeichnet. Als Schankgase zugelassen sind grundsätzlich nur die lebensmittelrechtlich unbedenklichen Gase Kohlendioxid (CO2 – E 290), Stickstoff (N2 – E 941) oder deren Gemische. Das am häufigsten verwendete Schank- beziehungsweise Druckgas ist Kohlendioxid, oder umgangssprachlich Kohlensäure.
Achtung: Kohlendioxid ist ein farb- und geruchloses Gas. Man sieht und riecht es also nicht. Und es besitzt eine gesundheitsschädigende Wirkung, die auch bei Anwesenheit von ausreichendem Sauerstoff zu Gesundheitsstörungen bis hin zum Tod führen kann.
Verschiedene Gefährdungen
Gefährdungen mit hohem Gesundheitsrisiko an einer Getränkeschankanlage sind insbesondere
- die Erstickungsgefahr durch unkontrolliert austretende Schankgase,
- das Gefahrenpotential druckführender Bauteile,
- der Haut- oder Augenkontakt mit reizenden oder ätzenden Reinigungs- und Desinfektionsmitteln (bei entsprechendem Einsatz),
- fehlende oder nicht ausreichend durchgeführte Unterweisungen der Beschäftigten im Umgang mit der Getränkeschankanlage (z. B. Wechsel der Druckgasflaschen und Getränkebehälter, Verhalten bei Gasalarm) aber auch
- fehlende Überprüfungen der gesamten Anlage auf Vorhandensein und Funktionsfähigkeit der sicherheitstechnisch erforderlichen Bauteile (z. B. Sicherheitsventil am Druckminderer, technische Maßnahmen zum Personenschutz).
Diese Gefährdungen sind in der vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen (Eine Muster-Gefährdungsbeurteilung steht unter <a href=“http://www.bgn.de” target=“_blank” title=“www.bgn.de”>www.bgn.de). Beschäftigte dürfen nur mit Tätigkeiten beauftragt werden, für die sie ausreichend qualifiziert sind. Sie müssen für Gefahren sensibilisiert werden und es müssen die vorgeschriebenen Unterweisungen durchgeführt werden. (Ein Muster-Unterweisungsnachweis ist zu finden unter <a href=“http://www.bgn.de” target=“_blank” title=“www.bgn.de”>www.bgn.de).
Aufgaben von Sicherheitsbeauftragten
Sicherheitsbeauftragte sollen Unternehmer und Führungskräfte bei der Gefährdungsbeurteilung unterstützen. Außerdem ist es ihre Aufgabe, ihre Kolleginnen und Kollegen auf Unfall- und Gesundheitsgefahren aufmerksam zu machen und sie zum Beispiel darauf hinweisen, dass sie:
- die Gaszufuhr vor dem Anschluss bzw. Wechsel der Getränke- und Grundstoffbehälter absperren,
- die Türen zu gefährdeten Bereichen (zum Beispiel Kühlraumtür) bei Tätigkeiten in diesen Bereichen ständig geöffnet lassen,
- den Druckminderer an die Flasche mithilfe eines Gabel- oder Ringschlüssels (keine Zange) sorgfältig anschließen,
- die Dichtheitsprüfung mittels beispielsweise Lecksuchspray nach jedem Flaschenwechsel durchführen sowie
- sich beim Alarmauslösen der Gaswarnanlage den Sicherheitsvorschriften gemäß verhalten.
Regelmäßige Sichtkontrollen auf augenscheinliche Mängel (zum Beispiel Kontrolle der Gasleitungen, der lösbaren Verbindungsstellen, bei Vorhandensein die Betriebsbereitschaft der Lüftungsanlage oder der Gaswarnanlage) erhöhen die Sicherheit und verringern mögliche Unfälle mit Personenschaden.
Tödliche CO2-Konzentration
Entweicht der komplette Inhalt einer 10-kg-Kohlendioxidflasche in einen in der Praxis üblichen Kühlraum („Bier-Kühlraum“) beziehungsweise in einen Raum mit geringem Volumen (zum Beispiel geschlossene „Teeküche“), so kann sich dort ein tödliches Kohlendioxid-/Luft-Gemisch bilden. Bereits eine CO2-Konzentration von circa 10 Volumen-Prozent in der Atemluft wirkt tödlich!
Anders ist es bei größeren Räumen: Aus einer handelsüblichen Kohlendioxidflasche mit einem Füllgewicht von 10 kg wird bei Austreten des gesamten Flascheninhalts eine Gasmenge von circa 5,1 m³ CO2 freigesetzt. Für diesen Fall sind bei einem Netto-Raumvolumen von circa 170 m³ und mehr keine weiteren Schutzmaßnahmen erforderlich.
Das Raumvolumen von 170 m³ führt dann zu einer CO2-Konzentration von maximal circa 3 Volumen-Prozent, diese Konzentration ist in der Regel noch akzeptiert.
Vorsicht, selbst der kurzzeitige Wechsel des Getränkebehälters oder der Austausch einer Kohlendioxidflasche kann für Sie eine tödliche Gefahr bedeuten, wenn unkontrolliert Gas austritt und keine Schutzmaßnahme getroffen wird.
Analog dem obigen Berechnungsbeispiel ist bei einer angeschlossenen 6‑kg-Kohlendioxidflasche ein Netto-Raumvolumen von circa 102 m³, bei einer angeschlossenen 2‑kg-Kohlendioxidflasche ein Netto-Raumvolumen von circa 34 m³ – ohne weitere Schutzmaßnahmen – ausreichend.
Technische und organisatorische Maßnahmen sind lebenswichtig
Getränkeschankanlagen müssen auf das Vorhandensein und die Wirksamkeit der erforderlichen Schutzmaßnahmen hin überprüft werden. Sowohl im technischen als auch im organisatorischen Bereich.
Zunächst: Schutzmaßnahmen sind immer für die Bereiche notwendig, in denen CO2 austreten kann. Insbesondere im Bereich der angeschlossenen Kohlendioxid- oder Mischgasflasche und der angeschlossenen Getränke- oder Grundstoffbehälter.
Geeignete Maßnahmen sind entweder
eine ausreichende natürliche Be- und Entlüftung der Räume beziehungsweise ein ausreichendes Raumvolumen (siehe Berechnungsbeispiel oben)
oder
der Einbau einer technischen Lüftung
oder
die Gas-Konzentration wird mit einer Gaswarnanlage überwacht.
Die ordnungsgemäße Installation der technischen Lüftung und der Gaswarnanlage müssen immer von einer geeigneten Fachfirma bescheinigt werden!
Technische Lüftung
Die technische Lüftung muss einen mindestens 2‑fachen Luftwechsel pro Stunde bei ständig laufender Lüftung gewährleisten. Ausreichende Frischluftzufuhr sowie eine Störungsanzeige, zum Beispiel rote Warnleuchte oder Hupe, sind erforderlich.
Gaswarnanlage für Kohlendioxid
Die Alarm- und Störungsmeldevorrichtung der Gaswarnanlage müssen nicht nur im sicheren Bereich, sondern auf jeden Fall auch im gefährdeten Bereich wahrgenommen werden können. Warum? Undichte Verbindungsteile an Gasleitungen, ein nicht vollständig schließender Zapfkopf, der zum Wechsel des Getränkebehälters abgenommen wird, undichte gasseitige Steckverbindungen oder Leckagen beim Wechsel von Gasflaschen führten bereits wiederholt zu einem unkontrollierten Gasaustritt mit Personenschaden. Eine Alarmierung nur im sicheren Bereich (zum Beispiel oberer Bereich der Kellertreppe oder Vorraum) ist bei Tätigkeiten im gefährdeten Bereich (zum Beispiel Bier-Kühlraum, geschlossene Teeküche) oftmals kaum wahrnehmbar.
Für einen ausreichenden Personenschutz sind Gaswarnanlagen nach DIN 6653–2 einzusetzen, die mit mindestens zwei Alarmschwellen ausgerüstet sind. Der Voralarm wird bei einer Kohlendioxid-Konzentration ab 1,5 Volumen-Prozent ausgelöst, der Hauptalarm bei 3 Volumen-Prozent und mehr. Vor- und Hauptalarm unterscheiden sich optisch und akustisch voneinander. Beim Hauptalarm darf keine Person ohne umluftunabhängigen Atemschutz den gefährdeten Bereich betreten. Insbesondere deshalb muss der Unternehmer die Beschäftigten über die bei der Gasalarmierung zu treffenden Maßnahmen unterweisen (zum Beispiel Alarmierung der Feuerwehr bei Hauptalarm).
Zu bevorzugen ist ein fester Anschluss der Gaswarnanlage an die Stromversorgung (und nicht mittels Stecker).
Beachtet werden müssen die vom Hersteller der Gaswarnanlagen vorgegebenen Hinweise in der Betriebsanleitung sowie alle Prüf- und Wartungsintervalle (zum Beispiel durchzuführende Funktionstests, wiederkehrende Kalibrierung, also Überprüfung, mit Prüfgas oder fristgemäßer Austausch der Sensoreinheit).
Fristen sind in der Gefährdungsbeurteilung zu vermerken.
Warnhinweise
An den Zugängen zu allen Räumen, in denen eine Gefährdung durch ausströmende Schankgase entstehen kann, sind Warnzeichen gemäß Abb. 5 bzw. 6 anzubringen. Dadurch soll jede Person vor dem Betreten dieser Räume auf eine mögliche Gefahr hingewiesen werden. Gefährdungen mit Gesundheitsrisiko sind bei CO2-Konzentrationen von mehr als 3 Vol.-% zu erwarten (z. B. in Bier-Kühlräumen).
Hinweis: Das Warnzeichen gemäß Abbildung 5 ist in der Neufassung der Technischen Regeln für Arbeitsstätten „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ (ASR A1.3) – Ausgabe Februar 2013 nicht mehr aufgeführt. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist zu entscheiden, ob es zum Beispiel für bereits in Betrieb befindliche Getränkeschankanlagen in Räumen weiterhin verwendet werden kann oder ob das aktuelle Warnzeichen gemäß Abbildung 6 zu nutzen ist. Alle Aufstellungsräume, in denen Druckgasflaschen zum Entleeren angeschlossen sind, sind mit dem Warnzeichen W029 „Warnung vor Gasflaschen“ zu kennzeichnen (s. Abb. 7).
Prüfungen – schon veranlasst?
Getränkeschankanlagen müssen durch „Befähigte Personen“ sicherheitstechnisch geprüft werden. Hierbei wird untersucht, ob die sicherheitstechnisch erforderlichen Bauteile vorhanden und funktionsfähig sind (zum Beispiel Sicherheitsventil am Druckminderer, technische Maßnahmen zum Personenschutz). Durch die Prüfungen sollen Beschädigungen sowie Mängel rechtzeitig erkannt und behoben werden, damit es während des Betriebes nicht zu gefährlichen Situationen wie beispielsweise unbeabsichtigtem Gasaustritt kommen kann. Befähigte Personen für die sicherheitstechnische Prüfung von Getränkeschankanlagen sind Fachkräfte, die zum Beispiel nach dem DGUV Grundsatz 310–007 „Ausbildung von Personen und Anerkennung von Lehrgängen für die sicherheitstechnische Prüfung von Getränkeschankanlagen“ (bisher: BGG/GUV‑G 968) ausgebildet worden sind. Informieren Sie sich im Zweifelsfall über deren Qualifikation.
Prüfungen sind vor Inbetriebnahme sowie wiederkehrend erforderlich. Nach dem derzeitigen Stand der Technik ist eine Frist von zwei Jahren angemessen. Die Ergebnisse der Prüfungen sind zu dokumentieren, zum Beispiel in der Prüfbescheinigung DGUV Grundsatz 310–008 „Prüfbescheinigung über die sicherheitstechnische Prüfung von Getränkeschankanlagen“ (bisher: BGG/GUV‑G 969).
Diese Prüfbescheinigung steht unter www.bgn.de, Wissen kompakt „Getränkeschankanlagen“ als Download zur Verfügung. Sie gewährleistet eine nachvollziehbare und überschaubare Dokumentation. Damit kann man auch gegenüber Behörden nachweisen, dass die Prüfung ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Die Durchführung der Prüfungen hat der Unternehmer zu veranlassen.
Weitere Informationen
Das sichere Betreiben einer Getränkeschankanlage kann oftmals komplex sein. Sicherheitsbeauftragte müssen sich für eine effiziente Beratung und tatkräftige Unterstützung ihrer Kolleginnen und Kollegen zumeist tiefer in die Thematik einarbeiten. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte an ihre zuständige Aufsichtsperson. Die Internetseite der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN), www.bgn.de, Wissen Kompakt „Getränkeschankanlagen“ bietet Ihnen weitere hilfreiche Informationen einschließlich praktischer Arbeits-Sicherheits-Informationen an. Nutzen Sie diesen Service.
Hygienische Aspekte von Getränkeschankanlagen können der Arbeits-Sicherheits-Information ASI 6.84 „Reinigung und Desinfektion von Getränkeschankanlagen“ entnommen werden.
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